Leitsatz (amtlich)

1. Wechselt der Mieter eines Gebäudes die Gehtreppe durch eine Fahrtreppe aus, so wird die Fahrtreppe Bestandteil des Gebäudes.

2. Der Wille des Mieters, die Fahrtreppe nach § 95 Abs. 2 BGB nur zu einem vorübergehenden Zweck in das Gebäude einzufügen, muß mit den tatsächlichen Umständen im Einklang stehen.

 

Normenkette

BGB §§ 90, 93-94, 95 Abs. 2; BHG § 19 Abs. 2

 

Tatbestand

Die Klägerin betreibt in Berlin (West) in einem seit dem Jahre 1958 gemieteten zweigeschossigen Ladengebäude den Einzelhandel mit Textilien. Im Jahr 1963 hat sie das ebenfalls zweigeschossige Nachbarladengebäude gemietet, das Mauerwerk zwischen beiden Gebäuden durchbrechen lassen und ein einheitliches Ladengeschäft geschaffen.

Im Jahr 1967 hat die Klägerin in dem zuerst gemieteten Gebäude die in das erste Stockwerk führende Treppe (Stahlkonstruktion) mit Zustimmung der Vermieterin abmontieren und dafür eine Fahrtreppe einbauen lassen. Für die Anschaffungs- und Herstellungskosten der Fahrtreppe hat die Klägerin die Gewährung der Investitionszulage nach § 19 Abs. 2 BHG 1964 beantragt.

Das FA hat den Antrag abgelehnt. Der Einspruch und die Klage blieben erfolglos. Das FG führte aus: Die Fahrtreppe sei nach ihrem Einbau in die Geschäftsräume der Klägerin kein bewegliches Wirtschaftsgut mehr. Sie sei mit der Einfügung in das Gebäude ein wesentlicher Bestandteil des unbeweglichen Gebäudes geworden. Es komme nicht darauf an, ob die Fahrtreppe wieder leicht herausgelöst und anderweitig verwendet werden könne. Die Fahrtreppe sei auch nicht nur zu einem vorübergehenden Zweck in das gemietete Gebäude eingefügt worden. Eine bindende Verpflichtung der Klägerin zur Herausnahme der Fahrtreppe und zur Herstellung des alten Zustandes liege zur Zeit noch nicht vor. Die Fahrtreppe sei auch keine Betriebsvorrichtung, selbst wenn daneben noch weitere Treppen vorhanden seien. Ihre Beziehung zu dem Gebäude trete gegenüber der betrieblichen Nutzung innerhalb des in dem Gebäude unterhaltenen Gewerbebetriebs nicht in den Hintergrund.

Mit der Revision rügt die Klägerin mangelnde Sachaufklärung und die Verletzung von Bundesrecht. Sie macht geltend:

Das FG habe im Tatbestand des Urteils unterstellt, es handele sich bei dem Geschäft der Klägerin um ein Kaufhaus. Der neugeschaffene Laden habe jedoch weder vom Sortiment noch von der räumlichen Abmessung her den Charakter eines Kaufhauses. Das Geschäft sei ein Einzelhandelsfachgeschäft für Oberbekleidung.

Ein wesentlicher Bestandteil einer Sache im Sinne des § 93 BGB liege vor, wenn seine Trennung zur Vernichtung wirtschaftlicher Werte führe. Die Fahrtreppe sei als Ganzes angeliefert, auf die vorhandenen Fundamente aufgelegt und mit wenigen Schrauben befestigt worden. Auf gleiche Weise könne sie wieder leicht entfernt und an einem anderen Ort aufgestellt werden. Ihre Entfernung führe weder zur Zerstörung noch zur Wesensänderung des Gebäudes.

Zu den wesentlichen Bestandteilen eines Gebäudes nach § 94 Abs. 2 BGB gehöre eine Treppe. Sie sei in dem Ladengeschäft in Gestalt einer zentral gelegenen Gehtreppe vorhanden. Die Fahrtreppe sei für die Nutzung des Gebäudes nicht erforderlich. Sie stelle eine zusätzliche Verkaufshilfe dar, um Laufkundschaft aus der Passage an die Auslagen im Obergeschoß heranzuführen.

Wenn die Fahrtreppe jedoch als Bestandteil des Gebäudes angesehen würde, so sei sie ein Scheinbestandteil im Sinne des § 95 Abs. 2 BGB. Sie – die Klägerin – habe sich der Vermieterin gegenüber verpflichten müssen, beim Auszug den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen, es sei denn, ein der Vermieterin genehmer Mietnachfolger übernehme diese Verpflichtung. Diese ihre schon bestehende Verpflichtung habe das FG verkannt. Auf Grund des verhältnismäßig einfachen Ein- und Ausbaus der Fahrtreppe habe sie die Möglichkeit, die Treppe auch in ihren anderen Häusern zu verwenden.

Auf jeden Fall müsse die Fahrtreppe als Betriebsvorrichtung angesehen werden. Sie ersetze keine Gehtreppe, sondern stelle eine zusätzliche Verkaufshilfe dar, so daß sie in einer besonderen Beziehung zu dem auf dem Grundstück ausgeübten Gewerbebetrieb stehe und die Beziehung zu dem Gebäude in den Hintergrund rücke.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision hat keinen Erfolg.

Die Rüge der mangelnden Sachaufklärung greift nicht durch. Es kann dahingestellt bleiben, ob das FG mit der Bezeichnung „Kaufhaus” die Vorstellung eines Warenhauses verbunden hat oder ob es als Kaufhaus auch ein Einzelhandelsgeschäft bezeichnen wollte, das sich über die räumliche Größe eines üblichen Ladengeschäfts hinaus ausgedehnt hat. Das FG hat aus dieser Bezeichnung in den Entscheidungsgründen keine für die Klägerin nachteiligen Folgerungen gezogen. Die Entscheidung beruht nicht auf der Unterscheidung zwischen den Begriffen „Kaufhaus” und „Einzelhandelsfachgeschäft”. Eine tatsächliche Feststellung zur Art des von der Klägerin betriebenen Unternehmens erübrigte sich, da sie nicht rechtserheblich gewesen wäre.

Gegen die rechtliche Würdigung des Streitfalles durch das FG bestehen keine Bedenken. Das FG hat die Investitionszulage zu Recht versagt.

Die Investitionszulage wird nach § 19 Abs. 2 BHG nur für neue abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter gewährt, die zum Anlagevermögen eines Westberliner Betriebes gehören. Der Begriff des beweglichen Wirtschaftsguts ist unter Beachtung von Sinn und Zweck des BHG nach den Grundsätzen des Einkommensteuerrechts auszulegen (Urteil des BFH VI 55/65 vom 29. Juli 1966, BFH 87, 313, BStBl III 1967, 125; VI R 59/67 vom 17. Mai 1968, BFH 92, 257, BStBl II 1968, 565). Zur Klärung der Frage, ob das Wirtschaftsgut beweglich ist, ist auch steuerlich von den Vorschriften des bürgerlichen Rechts über die Sachen (§§ 90 ff. BGB) auszugehen (Hinweis unter anderem auf BFH-Urteil I 261/64 vom 23. August 1966, BFH 87, 201, BStBl III 1967, 67).

Nach bürgerlichem Recht sind Sachen im Sinne des § 90 BGB beweglich. Die Vorschriften der §§ 93 bis 95 BGB regeln die Frage, ob eine Sache auch Gegenstand besonderer Rechte bleibt, wenn sie mit einer anderen Sache, insbesondere mit einem Grundstück oder mit einem Gebäude verbunden wird: Wesentliche Bestandteile können nicht Gegenstand besonderer Rechte sein. Sie teilen das Schicksal der Sache, zu der sie gehören.

Dem folgt die steuerliche Betrachtung insofern, als neu angeschaffte oder hergestellte bewegliche Wirtschaftsgüter nach wie vor zum beweglichen Anlagevermögen gehören, auch wenn sie mit bereits vorhandenen Wirtschaftsgütern des beweglichen Anlagevermögens vermischt oder verbunden und gemeinsam mit ihnen betrieblich verwendet werden (BFH-Urteil VI 55/65, a. a. O.). Sie gehören dagegen zum unbeweglichen Vermögen, wenn sie wesentliche Bestandteile eines Grundstücks oder Gebäudes geworden sind. Auch in diesem Falle wird allerdings eine mit einem Grundstück verbundene oder in ein Gebäude eingefügte Sache steuerlich als bewegliches Anlagegut behandelt, sofern es sich bei der Sache um eine Betriebsvorrichtung handelt (BFH-Urteil VI R 59/67, a. a. O.).

Für die Frage, ob eine Sache wesentlicher Bestandteil geworden ist, ist der bürgerlich-rechtlichen Regelung auch steuerlich zu folgen. In den Fällen, in denen Sachen in ein Gebäude nur zu einem vorübergehenden Zweck eingefügt werden (§ 95 Abs. 2 BGB), bedeutet das, daß bewegliche Wirtschaftsgüter trotz der Einfügung in ein Gebäude ohne Rücksicht auf den Grad der Festigkeit der Verbindung ihre Eigenschaft als bewegliches Wirtschaftsgut des Anlagevermögens nicht verlieren.

Die Einfügung zu einem vorübergehenden Zweck setzt bürgerlich-rechtlich voraus, daß schon bei der Vornahme der Einfügung ihre spätere Aufhebung gewollt oder nach der Sachlage, insbesondere nach der Art des Zwecks der Verbindung zu erwarten ist. Maßgebend ist der Wille des Einfügenden. Er muß jedoch typisch, d. h. mit dem nach außen in Erscheinung tretenden Sachverhalt vereinbar sein. Weist die tatsächliche Art der Einfügung bei objektiver Betrachtung notwendig auf einen Dauerzweck hin, so wird die zum Ausdruck gebrachte Absicht, nur zu einem vorübergehenden Zweck einfügen zu wollen, bürgerlich-rechtlich als unbeachtlich angesehen. Vorübergehend ist der Zweck nur, wenn ihm seiner Natur nach bereits eine zeitliche Begrenzung innewohnt. Auf die Dauer der Einfügung kommt es dabei nicht an. Andererseits ist eine Sache, deren Lebensdauer kurz ist, nicht zu einem vorübergehenden Zweck eingefügt, wenn sie für die gesamte Lebensdauer der Sache dem Grundstück eingefügt wird. Bei dem Mieter eines Gebäudes spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, daß er eine Sache zu einem vorübergehenden Zweck einfügt, wenn er sie auf Grund seines Gebrauchsrechts einfügt und sie nur seinen Zwecken dient (vgl. von Staudinger, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 11. Aufl., § 95 Anm. 7; Soergel-Siebert, Bürgerliches Gesetzbuch, 10. Aufl., § 95 Anm. 2 bis 4).

Das FG hat bei der Auslegung des Begriffs „beweglich” im Sinne des § 19 Abs. 2 BHG die nach § 95 Abs. 2 BGB maßgebenden Rechtsgrundsätze nicht außer acht gelassen. Seine Ausführungen sind nicht zu beanstanden.

Ist zur Herstellung eines Gebäudes eine Gehtreppe eingefügt worden und wird sie von dem Mieter durch eine Fahrtreppe ersetzt, so ist auch diese zur Herstellung eingefügt und damit wesentlicher Bestandteil des Gebäudes geworden. Ohne eine Treppe, gleichviel welcher Art, wäre das Gebäude oder doch der entsprechende Teil nicht benutzbar.

Im Streitfall hat die eingefügte Fahrtreppe bei objektiver Betrachtung einen Dauerzweck zu erfüllen, nämlich den Zugang zu dem Obergeschoß zu ermöglichen. Der Einfügung dieser Treppe wohnt also nicht etwa von der Natur ihres Zweckes her gesehen eine zeitliche Begrenzung inne. Daß die Klägerin als Mieterin die Fahrtreppe eingefügt hat und diese den Verkaufszwecken ihres Geschäfts besonders dienen soll, führt nicht notwendig zu der Annahme, daß sie die Fahrtreppe nur zu einem vorübergehenden Zweck in das Gebäude eingefügt habe. Ihr Wille müßte, wie oben dargelegt, schon bei der Vornahme der Einfügung auf deren spätere Aufhebung gerichtet gewesen sein. Dem Zweck der Einfügung müßte seiner Natur nach bereits eine zeitliche Begrenzung innewohnen. Wenn das FG dies auf Grund seiner Feststellungen verneint hat, so ist das eine Sachverhaltsfeststellung, an die der Senat gebunden ist (§ 118 Abs. 2 FGO). Daß das FG gegen Verfahrensvorschriften oder die Denkgesetze verstoßen hätte, ist weder dargetan noch erkennbar.

Auch der Senat hält die Einfügung zu einem nur vorübergehenden Zweck nicht für gegeben. Es kann dahingestellt bleiben, ob nicht schon die mit dem Einbau der Treppe verbundenen kostspieligen Umbauarbeiten dem Willen zur vorübergehenden Einfügung widersprechen. Mit dem FG ist nicht zu ersehen, daß bereits bei dem Einbau der Fahrtreppe der Wille der Klägerin dahin gegangen sei, die Treppe nach vorübergehender, wenn auch langzeitlicher Verwendung wieder herauszunehmen. Das Schreiben der Vermieterin vom 14. Februar 1967 setzt zwar für die Genehmigung der Umbauarbeiten ausdrücklich voraus, daß die Klägerin bei Beendigung des Mietverhältnisses auf Wunsch der Vermieterin den vor dem Umbau bestehenden Zustand wiederherstellt. Das besagt aber nur, daß die Vermieterin die Herausnahme verlangen könne, läßt also offen, ob es wirklich zur Herausnahme kommt. Zudem kann die Verpflichtung der Klägerin durch einen Nachmieter abgenommen werden. Demnach ist nicht der Wille der Klägerin, sondern allenfalls der der Vermieterin beim Einbau der Fahrtreppe auf die spätere Aufhebung der Einfügung gerichtet gewesen. Wenn die Klägerin die Verpflichtung zur Wiederherstellung des früheren Zustandes übernahm, so geschah das, um den Umbau durchführen zu können, bekundete aber nicht den – angeblich bei ihr gegebenen – Willen, die Fahrtreppe auch selbst nur für einen begrenzten Zeitraum in das Gebäude einzubauen und sie nach Erreichung des Zwecks wieder abzumontieren. Auch sonst hat ein solcher Wille in dem Sachverhalt, wie ihn die Klägerin gestaltet hat, keinen erkennbaren Ausdruck gefunden.

Schließlich ist der vorübergehende Zweck des Einbaus auch deswegen zu verneinen, weil die Lebensdauer einer Fahrtreppe kurz ist, nach den Umständen des Streitfalls die Fahrtreppe also für ihre gesamte Lebensdauer in das Gebäude eingefügt ist. Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer einer Fahrtreppe (Rolltreppe) beträgt nach den unter Mitwirkung der beteiligten Fachverbände vom BdF herausgegebenen Tabellen für AfA sieben Jahre (AfA-Lexikon, 3. Aufl., S. 162). Im Zeitpunkt des Einbaus der Fahrtreppe bestand das Mietverhältnis der Klägerin bereits zehn Jahre. Nachdem die Klägerin im Verlauf dieses Zeitraums den gemieteten Gebäudekomplex für ihr geschäftlichen Bedürfnisse hat herrichten lassen, ist mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit anzunehmen, daß die Dauer des Mietverhältnisses sowohl die betriebsgewöhnliche wie die tatsächliche Nutzungsdauer der Fahrtreppe überschreiten wird.

Das FG hat es auch mit Recht abgelehnt, die Fahrtreppe als Betriebsvorrichtung anzuerkennen. Eine Fahrtreppe erleichtert dem kaufenden Publikum den Besuch der oberen Stockwerke eines Geschäfts. Die Fahrtreppe ist insbesondere in einer Großstadt nicht mehr ein Mittel der Werbung, sondern selbstverständlicher Kundendienst. Sie steht nach der Verkehrsauffassung in keiner besonderen Beziehung zu dem in dem Gebäude ausgeübten Gewerbebetrieb, sondern dient unmittelbar der Benutzung des Gebäudes. Es ist keine betriebliche Besonderheit eines Textilfachgeschäftes, mit einer Fahrtreppe ausgestattet zu sein. Bei ihr überwiegt eindeutig die Beziehung zu dem Gebäude, in das sie eingefügt worden ist. Diese Auffassung entspricht auch der bewertungsrechtlichen Behandlung der Fahrtreppen (Hinweis auf Abschn. 14 Abs. 1 des Ländererlasses vom 31. März 1967, BStBl II 1967, 127, und die Kommentare zum Bewertungsgesetz von Gürsching-Stenger, § 68 Anm. 77; Rössler-Troll, 8. Aufl., § 68 Anm. 29, Steinhardt, § 68 Anm. 17).

 

Fundstellen

Haufe-Index 557348

BStBl II 1971, 157

BFHE 1971, 562

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