Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Frage der Steuerfreiheit von Aufwandsentschädigungen aus öffentlichen Kassen, insbesondere bei leitenden Gemeindebeamten.

 

Normenkette

EStG § 3 Ziff. 11; LStDV § 4 Ziff. 1; EStG § 3/12

 

Tatbestand

I.

Strittig ist, ob die dem Steuerpflichtigen (Stpfl.) in seiner Eigenschaft als Erster Beigeordneter und Vertreter des Hauptgemeindebeamten der Stadt X für 1953 bewilligte Aufwandsentschädigung von monatlich 100 DM gemäß § 3 Ziff. 11 des Einkommensteuergesetzes (EStG), § 4 Ziff. 1 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung (LStDV) lohnsteuerfrei ist. Das Finanzamt wies das Begehren des Stpfl. auf entsprechende Eintragung in der Lohnsteuerkarte ab. Es berief sich dabei auf einen Erlaß des Finanzministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 18. Oktober 1949 S 2172 - 5301/VC. Dieser erkenne eine steuerfreie Dienstaufwandsentschädigung nur für den ersten (leitenden hauptamtlichen) Gemeindebeamten an, nicht aber für sonstige auf Grund einer Wahl auf Zeit angestellte hauptamtliche Beamte der Gemeinde. Das Finanzamt ließ jedoch neben dem Pauschbetrag von 312 DM für beruflich bedingte Repräsentationsaufwendungen (ß 24 Abs. 3 der Lohnsteuer-Richtlinien - LStR -) einen schätzungsweise festgesetzten Werbungskostenbetrag von 600 DM zum Abzug zu.

Die Sprungberufung hatte Erfolg. Das Finanzgericht sah die volle Dienstaufwandsentschädigung als nicht zum steuerpflichtigen Arbeitslohn gehörig im Sinne von § 4 Ziff. 1 LStDV an. Der Ministerialerlaß sei als Verwaltungsanordnung für das Finanzgericht nicht bindend. Aus den vom Beschwerdegegner (Bg.) eingereichten Unterlagen für die Monate September und Oktober 1953 gehe hervor, daß er erhebliche Aufwendungen gehabt habe. Für den Besuch von künstlerischen, kulturellen, sportlichen und anderen Veranstaltungen, für Trinkgelder, Teilnahme an Tagungen, freiwillige Beiträge sowie für Getränke, Zigarren und Zigaretten für dienstliche Besucher - der Bg. selbst sei nach seinen glaubhaften Angaben Nichtraucher und trinke wegen seines Magenleidens nur wenig -, ferner für Unkosten bei Besprechungen in Gaststätten, Ferngespräche, Besprechungen bei auswärtigen Dienststellen, Blumenspenden, Benutzung von Taxen, Mehrausgaben bei Dienstreisen über die erstatteten Beträge hinaus, Führung von Gästen der Stadt usw. seien im Monat September rund 236 DM, im Oktober rund 199 DM aufgewendet worden. Wenn auch ein Teil dieser Aufwendungen Kosten repräsentativer Art seien, die die gesellschaftliche Stellung des Bg. mit sich bringe, so sei doch nicht zu erkennen, daß der größere Teil der Ausgaben ausschließlich durch die Erfüllung dienstlicher Verpflichtungen veranlaßt worden sei. Dabei müsse auch berücksichtigt werden, daß die seinerzeit von der Stadt X betriebene Auskreisung nach dem glaubwürdigen Vorbringen des Bg. zahlreiche Besprechungen in A. und dadurch Mehraufwendungen erforderlich gemacht habe, die der Bg. mindestens zum Teil aus seiner Aufwandsentschädigung habe bestreiten müssen. Es möge auch sein, daß der Bg. infolge Erkrankung, Urlaub oder überlastung des Hauptgemeindebeamten in vermehrtem Umfang zur Vertretung der Stadt herangezogen worden sei. Jedenfalls könne für 1953 nicht festgestellt werden, daß dem Bg. ein Aufwand offenbar nicht in der Höhe der gewährten Entschädigung erwachsen sei. Die ihm gewährte Aufwandsentschädigung von 100 DM monatlich gehöre deshalb, jedenfalls auf Grund der im Jahre 1953 gegebenen Verhältnisse, für dieses Jahr nach § 4 Ziff. 1 LStDV nicht zum steuerpflichtigen Arbeitslohn.

In seiner Rechtsbeschwerde (Rb.) macht der Vorsteher des Finanzamts geltend, das Finanzamt sei an den erwähnten Erlaß des Finanzministers des Landes Nordrhein-Westfalen, der durch einen Klarstellungserlaß vom 10. Juli 1950 S 2172 - 6414/VC ausdrücklich bestätigt werde, gebunden. Der Innenminister als oberste Aufsichtsbehörde für Gemeinden habe diesen Erlassen zugestimmt. Den Herausgebern der Erlasse sei die Rechtslage unzweifelhaft bekannt gewesen. Es sei aus der vom Bg. eingereichten Aufstellung für die Monate September und Oktober auch nicht einwandfrei zu erkennen, welcher Teil der geltend gemachten Ausgaben zu den nicht abzugsfähigen Kosten der Lebenshaltung gehöre. Die vom Finanzamt bewilligten 600 DM Werbungskosten seien deshalb ausreichend. Im übrigen dürften die Kosten, die dem Bg. für die Vertretung des leitenden hauptamtlichen Gemeindebeamten entstanden seien, nicht berücksichtigt werden, da diese bereits in der steuerfreien Aufwandsentschädigung des Hauptgemeindebeamten enthalten seien und nicht doppelt angesetzt werden dürften.

Der Bg. verweist demgegenüber auf ein nicht veröffentlichtes Urteil des Senats IV 107/51 vom 3. Oktober 1951, in welchem bereits bei einem Stadtdirektor, der Vertreter des Oberstadtdirektors war, die Steuerfreiheit einer Dienstaufwandsentschädigung von 100 DM monatlich anerkannt worden sei.

Wegen der allgemeinen Bedeutung der strittigen Rechtsfrage sind auf Ersuchen des Senats der Bundesminister der Finanzen und der Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen dem Verfahren gemäß § 287 Ziff. 2 der Reichsabgabenordnung (AO) beigetreten.

Der Bundesminister der Finanzen hat in einem umfangreichen Schriftsatz zu den grundsätzlichen Fragen Stellung genommen. Er weist dabei zunächst auf die Entwicklungsgeschichte hin. Nach § 36 Abs. 2 EStG 1925 seien zunächst nicht nur die aus öffentlichen Kassen gewährten Dienstaufwandsentschädigungen steuerfrei gewesen, sondern auch die den im privaten Dienst beschäftigten Personen gezahlten ausdrücklich vereinbarten Aufwandsentschädigungen; die letzteren jedoch nur, wenn sie in der Höhe des nachgewiesenen Dienstaufwands gewährt wurden und die tatsächlichen Aufwendungen offenbar nicht überstiegen. Es habe damals also nur ein Unterschied hinsichtlich der Beweispflicht bestanden. Wegen der daraus entstandenen Unzuträglichkeiten bei privaten Arbeitnehmern habe das EStG 1934 beide Fälle verschieden behandelt. Bei der damals allein aufrechterhaltenen grundsätzlichen Steuerfreiheit der Aufwandsentschädigungen im öffentlichen Dienst (ß 3 Ziff. 13 EStG 1934, jetzt § 3 Ziff. 11 EStG) sei davon ausgegangen worden, daß die öffentlich-rechtlichen Körperschaften Aufwandsentschädigungen nur in dem zur Bestreitung des Dienstaufwands erforderlichen Umfang bewilligten, so daß Ersparnisse regelmäßig nicht erzielt würden. Die unterschiedliche gesetzliche Regelung habe zur Folge, daß bei Aufwandsentschädigungen im öffentlichen Dienst die typisierende Betrachtung, bei sogenannten Aufwandsentschädigungen im privaten Dienst (Pauschvergütungen zur Abgeltung von Werbungskosten) dagegen die Betrachtung des einzelnen Falles im Vordergrund stehen müsse.

Bei der Ausübung des auch in der Gesetzesbegründung 1934 hervorgehobenen Rechts, nachzuprüfen, ob die unter der Bezeichnung "Aufwandsentschädigung" gezahlten Beträge tatsächlich der Deckung eines entstandenen Aufwands dienen, komme es deshalb nicht darauf an, daß dem einzelnen Empfänger der Aufwandsentschädigung tatsächlich anzuerkennende Aufwendungen in der Höhe der Aufwandsentschädigung erwachsen. Es seien vielmehr die Verhältnisse maßgebend, die bei den Empfängern von Aufwandsentschädigungen nach der Art ihrer Dienststellung - also der jeweiligen Beamtengruppe - erfahrungsgemäß vorliegen (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs VI A 532/36 vom 14. Oktober 1936, Slg. Bd. 40 S. 165, Reichssteuerblatt - RStBl - 1937 S. 390; Abschn. 17 LStR).

Die Aufwandsentschädigungen im öffentlichen Dienst seien schon bei der Bewilligung haushaltsmäßig nachgewiesen und unterlägen der Kontrolle durch die Parlamente und des zuständigen Rechnungshofes. Das rechtfertige die Annahme, daß von der Möglichkeit zur Gewährung von Aufwandsentschädigungen in der Regel zurückhaltend Gebrauch gemacht werde. Daraus ergebe sich von vornherein eine praktische Begrenzung der Nachprüfungsmöglichkeit. Es sei zweckdienlich, die Nachprüfungen nicht vom einzelnen Finanzamt vornehmen zu lassen, weil dieses nicht über die erforderlichen Erfahrungen und Vergleichsmöglichkeiten verfüge. Allgemeine Anordnungen, wie sie Abschn. 22 LStR 1940 und heute noch Abschn. 17 LStR enthielten, dienten auch zur Entlastung der Finanzämter. Die Einschränkung des Nachprüfungsrechts der Finanzämter zugunsten allgemeiner Anordnungen sei auch in der Rechtsprechung unter anderem durch das bereits erwähnte Urteil des Reichsfinanzhofs vom 14. Oktober 1936 anerkannt worden.

Gegen die im Urteil des Senats IV 47/54 S vom 22. September 1955, Slg. Bd. 62 S. 488, Bundessteuerblatt (BStBl) 1956 III S. 181, erstmalig vertretene abweichende Ansicht bestünden erhebliche Bedenken. Nach Beamtenrecht sei jeder Beamte grundsätzlich verpflichtet, die von vorgesetzten Dienststellen erlassenen Anordnungen auszuführen und ihre allgemeinen Richtlinien zu befolgen. Glaube ein Behördenangehöriger, Bedenken gegen eine Anordnung der vorgesetzten Dienststelle geltend machen zu müssen, weil er der Ansicht sei, die Anordnung stehe mit einer gesetzlichen Vorschrift nicht in Einklang oder sei aus anderen Gründen nicht zu befolgen, so habe er diese Bedenken der vorgesetzten Dienststelle vorzutragen. Werde die Anordnung von der zuständigen Stelle bestätigt, so müsse der Beamte sie ausführen, sofern nicht das ihm aufgetragene Verhalten strafbar und die Strafbarkeit für ihn erkennbar sei (vgl. für die Bundesbeamten §§ 56, 55 des Bundesbeamtengesetzes, für zahlreiche Länderbeamte, für die das Deutsche Beamtengesetz noch gelte, § 7 des Deutschen Beamtengesetzes, der die Freiheit des Untergebenen in der Geltendmachung rechtlicher Bedenken gegen dienstliche Anordnungen stärker einschränke als das Bundesrecht). Auch für einen Einzelfall könne dem Finanzamt die Nachprüfung untersagt werden, solange eine solche Anordnung nicht einen offenbaren Mißbrauch darstelle. Die im Urteil IV 47/54 S vertretene Ansicht des Bundesfinanzhofs führe auch zu einer Rechtsunsicherheit; es könne dann nicht mehr übersehen werden, ob der Betrag, der als Aufwandsentschädigung festgesetzt werde, weil er zur Bestreitung des in Betracht kommenden Aufwands für erforderlich gehalten werde, dem Empfänger der Aufwandsentschädigung auch schließlich verbleibe oder etwa durch eine Besteuerung teilweise entzogen werde.

Die typisierenden und pauschalierenden allgemeinen Anordnungen dienten im übrigen auch dazu, die Gleichmäßigkeit der Besteuerung zu sichern. Die gleichmäßige Besteuerung der Angehörigen einer bestimmten Gruppe von öffentlich Bediensteten (z. B. der Bürgermeister oder auch der Angehörigen der obersten Behörden des Bundes oder eines Landes) sei bei der gegenwärtigen Zersplitterung der Finanzverwaltung ein wichtiges Anliegen. Bei der Pauschalierung müßten jedoch die Grenzen beachtet werden, die solchen Pauschalierungsanordnungen gesetzt seien, wenn sie nicht dem Sinn der gesetzlichen Vorschriften entgegenstehen sollen. Die Grenze werde nur dann überschritten, wenn in die Anordnungen auch Personengruppen oder Kreise einbezogen würden, bei denen offenbar sei, daß die Aufwendungen, die durch eine steuerfreie Aufwandsentschädigung abgegolten werden könnten, überhaupt nicht hätten.

Pauschalierungen seien im übrigen auch bei Werbungskosten nicht selten; sie dienten hier hauptsächlich der Vereinfachung (Beispiele: Abschn. 21, 24 Abs. 4 und 24 a LStR). Die Rechtsprechung, z. B. Urteile des Bundesfinanzhofs IV 342/53 U vom 8. April 1954, Slg. Bd. 58 S. 722, BStBl 1954 III S. 188, und I 259/54 U vom 19. Juli 1955, Slg. Bd. 61 S. 275, BStBl 1955 III S. 304, räume hier der Verwaltung ein uneingeschränktes Recht zum Erlaß von Verwaltungsanordnungen ein, ohne daß den Steuergerichten eine Auslegungsmöglichkeit zuerkannt werde; sie erkenne also insoweit eine klare Trennung zwischen Rechtsprechung und Verwaltung an. Um ihren Zweck zu erreichen, müßten die Pauschalierungen an einfache Merkmale anknüpfen, wie z. B. für Hauptgemeindebeamte an die Einwohnerzahl. Ebenso werde es in Kauf zu nehmen sein, wenn allen Angehörigen einer Behörde oder einer Gruppe von Behördenangehörigen steuerfreie Aufwandsentschädigungen bewilligt würden, obwohl einzelne Angehörige steuerlich anzuerkennende Aufwendungen nicht oder nicht in Höhe der Aufwandsentschädigung hätten. Es müsse der Verwaltung (gegebenenfalls unter Mitwirkung des Gesetzgebers, soweit vorgesehen) überlassen werden, aus Zweckmäßigkeitsgründen für die Festsetzung von Aufwandsentschädigungen Gruppen von Bediensteten zu bilden. Dabei werde das entscheidende Gewicht darauf zu legen sein, ob den einer Gruppe zugehörigen Personen, gegebenenfalls nach ihren durchschnittlichen Verhältnissen, dem Grund nach ein anzuerkennender Aufwand erwachse. Da regelmäßig davon ausgegangen werden könne, daß bei der Bildung der Gruppen mit der erforderlichen Sorgfalt vorgegangen worden sei, werde sich dann hinsichtlich der Höhe der Aufwandsentschädigungen in solchen Fällen im allgemeinen kaum noch ein Anlaß zu Beanstandungen ergeben, es sei denn, daß es sich um ganz aus dem Rahmen fallende Tatbestände handle, bei denen ersichtlich sei, daß dem Empfänger ein entsprechender Aufwand offenbar nicht erwachse. Hier dürfte auch die Grenze liegen, bei deren überschreitung die Steuergerichte Anlaß hätten, einer Pauschalierungsanordnung oder einer Verwaltungsübung, die einer ausdrücklichen Pauschalierung gleichkomme, die Anerkennung zu versagen; wenn z. B., wie im Urteil IV 47/54 S erwähnt, die Ministerialzulage auch auf Arbeiter (etwa Reinemachefrauen) ausgedehnt worden wäre, so könne die Ausübung des Nachprüfungsrechts durch die Steuergerichte zu einer Aberkennung der Steuerfreiheit der Ministerialzulage bei dieser Gruppe führen. Tatsächlich sei jedoch den Arbeitern eine solche Zulage nicht zugestanden worden. Daß dem Büropersonal bei obersten Bundes- oder Landesbehörden ein zusätzlicher Aufwand aus seiner dienstlichen Tätigkeit offenbar nicht erwachse, könne man nicht ohne weiteres sagen.

Der Begriff des Aufwandes in § 3 Ziff. 11 EStG decke sich sachlich mit dem der Werbungskosten (ß 9 EStG), was von jeher anerkannt worden sei; doch sei die besondere Struktur des öffentlichen Dienstes zu beachten. Hinsichtlich der beruflich bedingten Repräsentationsaufwendungen habe sich nach dem Kriege ein allgemeiner Zug zur Ausweitung bemerkbar gemacht. Die Zahl der Fälle, in denen echter Dienstaufwand anzuerkennen sei, dürfte gegenüber früher größer geworden sein; das gelte nicht zuletzt für die leitenden Gemeindebeamten. Aufwendungen anläßlich gegenseitiger Bewirtungen seien jedoch wie bisher Kosten der allgemeinen Lebensführung. Dagegen sei der dienstlich verursachte Verpflegungsaufwand außerhalb der Arbeitsstätte, wenn eine "Dienstreise" nicht vorliege, zu berücksichtigen. Bei Dienstreisen würden die Kosten - wenigstens in der Regel - vergütet. Hinsichtlich der Höhe des seiner Art nach anzuerkennenden Aufwandes sei nicht kleinlich zu verfahren, zumal bei öffentlich Bediensteten die Möglichkeit der Geltendmachung erhöhter Werbungskosten stark eingeschränkt sei, wenn eine Aufwandsentschädigung bewilligt sei.

Für den streitigen Fall sei die sogenannte Zweigleisigkeit der Gemeindeverfassung in Nordrhein-Westfalen zu beachten. Für den Vertreter des Hauptgemeindebeamten in kreisangehörigen Städten, wie damals die Stadt X. sei zwar in dem maßgebenden Erlaß des Finanzministers des Landes Nordrhein-Westfalen die Anerkennung einer steuerfreien Aufwandsentschädigung nicht vorgesehen. Diese Anordnung sei aber nicht so zu verstehen, daß bei solchen Beamten in keinem Fall eine steuerfrei Aufwandsentschädigung anerkannt werden könne. Die Anordnung solle vielmehr offenbar nur den Regelfall treffen; wenn bei einem Beamten vom Regelfall abweichende Verhältnisse vorlägen, so bestünden keine Bedenken, wenn ein Finanzamt abweichend von der grundsätzlichen Anordnung die volle oder teilweise Steuerfreiheit einer Aufwandsentschädigung anerkenne. Die Annahme einer solchen Abweichung setze eine sorgfältige Prüfung des Sachverhalts voraus. Auch die Frage, in welchem Umfang in solchem Falle Steuerfreiheit anzunehmen sei, müsse unter Beachtung der besonderen Verhältnisse des Falles geprüft werden. Im streitigen Falle könne eine solche Abweichung von der Regel anerkannt und die Aufwandsentschädigung für das Jahr 1953 voll als steuerfrei behandelt werden.

Der Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen hat sich zwar den grundsätzlichen Darlegungen des Bundesministers der Finanzen angeschlossen, nicht aber dessen Auffassung zum Streitfall. Der Erlaß vom 18. Oktober 1949 beruhe auf der Kenntnis der damaligen Verhältnisse und habe zumindest für die Vergangenheit seine innere Berechtigung. Der Innenminister habe dem Erlaß zugestimmt. Wenn der Bg. auf die "Reichsrichtlinien und Grundsätze für die Einstufung von Gemeindebeamten" (Runderlaß des Reichsministers des Innern vom 22. Juli 1941) hinweise, die für das Land Nordrhein-Westfalen gälten und die für die allgemeinen Vertreter des Hauptgemeindebeamten eine Aufwandsentschädigung bis zu 1.200 DM jährlich versähen, so müsse demgegenüber die nach dem Zusammenbruch eingeführte "Zweigleisigkeit" der Gemeindeverwaltung beachtet werden. Im Erlaß des Innenministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 13. November 1947, der an sich die Fortgeltung der Reichsrichtlinien anerkenne, seien deshalb Vorschläge enthalten, nach denen die Gemeinden nur noch für den ersten hauptberuflich tätigen Gemeindebeamten eine um 25 v. H. gekürzte Aufwandsentschädigung gewähren sollten. Im übrigen sehe dieser Erlaß nur noch für den Stellvertreter eines Oberstadtdirektors eine (ebenfalls um 25 v. H. zu kürzende) Aufwandsentschädigung vor. Die geplante änderung der besoldungsrechtlichen Richtlinien sei noch in Vorbereitung.

Der Bg. hat kurz vor der anberaumten mündlichen Verhandlung auf die inzwischen ergangene Verordnung über die Eingruppierung der mit Landesbeamten nicht gleich zu bewertenden Beamten der Gemeinden und Gemeindeverbände im Lande Nordrhein-Westfalen vom 5. Juli 1956 (Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Nordrhein-Westfalen Ausgabe A S. 185 - kurz: Eingruppierungsverordnung -) hingewiesen, die in ihrem § 6 in Verbindung mit § 5 in Gemeinden von 60.001 bis 100.000 Einwohnern für den Ersten Beigeordneten die Gewährung einer Aufwandsentschädigung bis zu 145 DM monatlich zulasse.

In der mündlichen Verhandlung haben die Vertreter des Bundesministers der Finanzen die bisherigen Ausführungen noch ergänzt. Es müsse insbesondere zwischen Steuerverwaltungsbestimmungen negativer und positiver Art zu § 3 Ziff. 11 EStG unterschieden werden. Werde darin ein echter Dienstaufwand abgelehnt, so könne Steuerfreiheit nur gewährt werden, soweit der Steuerpflichtige einen ausreichenden Einzelnachweis erbringe. Werde aber ein echter Dienstaufwand in einer allgemeinen Verwaltungsbestimmung anerkannt, so sei diese Bestimmung aus Gründen der Gleichmäßigkeit ebenso wie sonstige Pauschalregelungen allgemein zu beachten. Unter diesem Gesichtswinkel sei auch die im Urteil IV 47/54 S berührte Frage der Anerkennung der Ministerialzulage zu behandeln.

Der Vertreter des Finanzministers des Landes Nordrhein-Westfalen gab eine Darstellung über die Entwicklung der umstrittenen Anordnungen und wies darauf hin, daß die Reichsrichtlinien die Aufwandsentschädigungen zum Zwecke eines "würdigen Auftretens" gewährt sehen wollten, was über den Begriff des steuerlich anzuerkennenden echten Dienstaufwandes hinausgehe.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Rb. ist nicht begründet. Die Vorinstanz hat zutreffend § 3 Ziff. 11 EStG 1953 auf die dem Bg. von der Stadt X neben seinem Gehalt gewährte Aufwandsentschädigung angewandt.

Wie der Senat in dem Urteil IV 47/54 S vom 22. September 1955 ausgeführt hat, ist § 3 Ziff. 11 EStG sachlich im wesentlichen eine Vereinfachungsvorschrift. Sie geht davon aus, daß die als Aufwandsentschädigung aus einer öffentlichen Kasse für öffentliche Dienste gewährten Bezüge, die zahlenmäßig genau bestimmt sein müssen, Werbungskosten im Sinn des § 9 EStG abgelten. Diese Auffassung wird auch von der Steuerverwaltung vertreten, wie die Stellungnahme des Bundesministers der Finanzen (I 2 a) ergibt. Die Vereinfachung besteht hauptsächlich darin, daß der Entschädigungsempfänger nicht im einzelnen die Höhe des tatsächlichen Aufwandes nachzuweisen und das Finanzamt diesen Aufwand nicht auf der Lohnsteuerkarte besonders zu vermerken braucht, die Entschädigung also weder als Einnahme noch als Ausgabe berücksichtigt wird. § 3 Ziff. 11 EStG ist mithin keine auf eine steuerliche Vergünstigung, eine Steuerermäßigung, hinstrebende Vorschrift, wenn sie auch insofern zu einem gewissen steuerlichen Vorteil führen kann, als sie sich infolge ihrer gesetzestechnischen Verselbständigung auch dann voll auswirkt, wenn die sonstigen Werbungskosten das stets zu berücksichtigende Werbungskostenpauschale für Arbeitnehmer nicht erreichen.

Die Befreiungsvorschrift setzt deshalb voraus, daß im jeweiligen Falle tatsächlich ein der Entschädigung entsprechender Aufwand in Betracht kommt. Infolge des Verzichts auf den Einzelnachweis muß diese Voraussetzung dann als erfüllt angesehen werden, wenn nach den Gesamtumständen des Falles oder, falls Gruppen von Entschädigungsempfängern gleichartig tätig sind, wenn nach den allgemeinen Erfahrungen bei dieser Gruppe mit einem tatsächlichen Aufwand ungefähr in der Höhe der Entschädigung gerechnet werden kann.

Durch die Festsetzung von Pauschbeträgen soll die praktische Handhabung erleichtert werden. Die vom Gesetzgeber nach § 3 Ziff. 11 EStG erstrebte Vereinfachung würde nicht erreicht werden, wenn die Feststellung, ob der entschädigte Aufwand ganz, zum Teil oder gar nicht die sachliche Eigenschaft von Werbungskosten hat, in jedem Fall genau vorgenommen würde. Es soll deshalb nach § 4 Ziff. 1 Satz 5 LStDV nur insoweit, als "offenbar" die Entschädigung einen tatsächlichen (durchschnittlichen) Aufwand übersteigt, § 3 Ziff. 11 EStG nicht angewendet werden.

Hieraus folgt einmal, daß es auf die Bezeichnung der gewährten Entschädigung als Aufwandsentschädigung nicht entscheidend ankommen kann, sondern stets nur auf deren sachliche Bedeutung. Immerhin wird aus der Kennzeichnung als Aufwandsentschädigung schon von vornherein eher auf den Willen der gewährenden Behörde, einen wirklichen Aufwand zu entschädigen, geschlossen werden können, als wenn die gewährten Beträge eine Bezeichnung führen, die auf ein zusätzliches Gehalt schließen läßt, wie das z. B. bei der vom Bundesminister der Finanzen in seiner Stellungnahme in Bezug genommenen sogenannten Ministerialzulage der Fall ist, zu deren Wesen sich der Senat bereits in der anfangs erwähnten Entscheidung IV 47/54 S geäußert hat und die sich, jedenfalls in ihrer heutigen allgemeinen Form und auch nach ihrer Entstehungsgeschichte, im wesentlichen als eine Leistungs-(Funktions-)Zulage für die in einem Ministerium oder einer sonstigen Zentralbehörde tätigen Beamten und Angestellten darstellt.

Aus dem Sinn und Zweck des § 3 Ziff. 11 EStG folgt weiter das Erfordernis der sachlichen Nachprüfung durch das mit der Bearbeitung des einzelnen Falles befaßte Finanzamt, wie ebenfalls schon im Urteil IV 47/54 S dargelegt. Dem Bundesminister der Finanzen ist darin zuzustimmen, daß die dem Finanzamt vorgesetzten Behörden für bestimmte Gruppen von Fällen die Feststellungen in tatsächlicher Beziehung, die an sich dem einzelnen Finanzamt obliegen, zusammenfassend durchführen und das Ergebnis in Form von Verhaltensweisungen den nachgeordneten Finanzämtern, gegebenenfalls unter Nennung bestimmter Grenzbeträge, bekanntgeben können. Gegenüber den Steuergerichten sind derartige Verhaltensweisungen rechtlich nicht bindend. Ihr Inhalt hat im gerichtlichen Verfahren keine größere Bedeutung, als sie ein von einer Partei herbeigeführtes Sachverständigengutachten hätte.

Wenn der Bundesminister der Finanzen glaubt, es müsse hinsichtlich der sachlichen Auswirkung zwischen Weisungen negativer Art, die die Anwendbarkeit des § 3 Ziff. 11 EStG für bestimmte Gruppen von Personen ablehnen, und Weisungen positiver Art, die Anwendbarkeit in bestimmter Höhe bejahen, graduell unterschieden werden, so vermag der Senat dem nicht zu folgen. Es kann nicht anerkannt werden, daß in Fällen negativer Art dem Steuerpflichtigen ein gegenteiliger Nachweis eher offenstehe als in den Fällen positiver Art und daß in den letztgenannten Fällen das Nachprüfungsrecht ein geringeres Ausmaß habe, daß mit anderen Worten - angewendet etwa auf den Fall der Ministerialzulage - dann, wenn man das Vorliegen auch nur irgendeines geringen echten Aufwandes bei einer kleinen Gruppe von Angehörigen einer obersten Behörde feststellen könne, die Verwaltung nunmehr von sich aus berechtigt sei, die Höhe des anzuerkennenden Aufwandes mehr oder weniger beliebig ohne nähere überprüfung für alle Beamten und Angestellten der Behörde zu bestimmen, so daß - entgegen dem Urteil IV 47/54 S - die Steuerfreiheit der Ministerialzulage im praktischen Ergebnis bis auf geringfügige Ausnahmen bestehen bliebe. Bei einer solchen Handhabung würde übersehen, daß der Frage, in welcher Höhe echter Dienstaufwand für eine bestimmte Gruppe von Beamten in gleicher Dienststellung anzuerkennen ist, die gleiche rechtliche Bedeutung zukommt wie der Frage, ob überhaupt echter Dienstaufwand gegeben ist.

Die generelle überwachung einer rechtlich ordnungsmäßigen Handhabung der steuerlichen Befreiungsvorschrift obliegt, wie auch der Bundesminister der Finanzen ausführt, den Rechnungshöfen als den Kontrollorganen der Verwaltung. Diese sind nur an das Gesetz, nicht an die Verwaltungsanweisungen gebunden; sie haben diese vielmehr auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen und dabei auch die Grundsätze der Rechtsprechung zu beachten. Aus den vom Bundesminister der Finanzen angeführten Urteilen IV 342/53 U vom 8. April 1954 und I 259/54 U vom 19. Juli 1955 kann im übrigen nicht auf ein besonderes Recht der Verwaltung geschlossen werden, Anordnungen zu erlassen, die mit dem durch die Rechtsprechung ausgelegten Gesetzesrecht nicht zu vereinbaren sind. Eine solche Anordnung wäre aber das generelle Verbot, die bei obersten Behörden gewährten und von diesen selbst als steuerfrei behandelten offenbaren Stellenzulagen auf das sachliche Vorliegen der Steuerfreiheit hin überhaupt noch zu überprüfen.

Nach den Ausführungen zu 1. ist das Finanzgericht nicht rechtsirrig verfahren, wenn es seiner Entscheidung vornehmlich den in seiner rechtlichen Wirksamkeit nicht bestrittenen Beschluß der Stadt X zugrunde gelegt hat, nach dem dem Bg. als dem Ersten Beigeordneten eine monatliche Aufwandsentschädigung von 100 DM (1.200 DM jährlich) bewilligt worden ist.

Anders als für den Bürgermeister und dessen Stellvertreter (vgl. dazu § 45 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen vom 21. Oktober 1952 - GemO -, Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Nordrhein-Westfalen 1952 S. 269, sowie Erste Verwaltungsverordnung zu § 45 vom 10. November 1952, Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen 1952 S. 1615) ist die Leistung einer Aufwandsentschädigung an den Gemeindedirektor (vgl. § 47 GemO) und dessen Beigeordneten (vgl. §§ 49 und 51 GemO) gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt. Es gelten hier für den strittigen Zeitraum im Grundsatz noch die schon oben unter I 2 b erwähnten, amtlich nicht veröffentlichten "Reichsrichtlinien" für die Besoldung der Gemeindebeamten (Erlaß des Reichsministers des Innern vom 22. Juli 1941); siehe auch § 23 der oben unter I 2 c erwähnten Eingruppierungsverordnung vom 5. Juli 1956 sowie die Erlasse des Innenministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 13. November 1947 III A. 619/47 und vom 27. Dezember 1951 III A 4067/51). Die Reichsrichtlinien ließen für den allgemeinen Vertreter des leitenden hauptamtlichen Bürgermeisters die Gewährung einer Dienstaufwandsentschädigung in Höhe von 50 v. H. der diesem gewährten Aufwandsentschädigung (die für Städte mit mehr als 30.000 bis 100.000 Einwohnern den Betrag von 3.000 RM nicht überschreiten durfte) zu; in keinem Fall durfte die Entschädigung für den Vertreter mehr als 1.200 RM jährlich betragen. Die sich im Rahmen der Reichsrichtlinien haltenden Aufwandsentschädigungen wurden grundsätzlich als steuerfrei, also als Abgeltung echten Dienstaufwandes angesehen (vgl. Abschn. 22 LStR 1940). Durch die nach dem Zusammenbruch in Nordrhein-Westfalen eingeführte Aufspaltung der Gemeindeleitung in einen politischen Posten (Bürgermeister) und einen fachlichen Posten (Gemeindedirektor) hat eine Aufgabenaufteilung stattgefunden; ferner sind die Besoldungsvorschriften der GemO durch die Besatzungsmächte verschärft worden (vgl. § 27 der abgeänderten Deutschen GemO in der Fassung der Verordnung Nr. 21 der britischen Militärregierung vom 1. April 1946, Amtsblatt der Militärregierung Deutschland, britisches Kontrollgebiet, Nr. 7 S. 127). Darauf ist auch die in dem erwähnten, nur Vorschläge enthaltenden Erlaß des Innenministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 13. November 1947 vorgesehene Einschränkung von Aufwandsentschädigungen auf die Gemeindedirektoren (Stadtdirektoren kreisangehöriger Städte) zurückzuführen. Nach diesem Erlaß sollten auch noch Stellvertreter von Oberstadtdirektoren (d. H. von Gemeindedirektoren kreisfreier Städte) Aufwandsentschädigungen erhalten können. Der Erlaß des Finanzministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 18. Oktober 1949 S 2172 - 5301/VC in Verbindung mit dem klarstellenden Erlaß vom 10. Juli 1950 S 2172 - 6414/VC (beide abgedruckt in Lohnsteuer-Kartei, herausgegeben von den Oberfinanzdirektionen Düsseldorf, Köln und Münster, Abschn. 1 zu § 4 Ziff. 1 LStDV) geht steuerlich insoweit darüber noch hinaus, als er jedwede Anerkennung einer steuerfreien Dienstaufwandsentschädigung für Vertreter des "leitenden hauptamtlichen Gemeindebeamten" (Gemeindedirektor) den Finanzämtern untersagt und nur einen nachgewiesenen, auf der Lohnsteuerkarte eingetragenen Mehraufwand anerkennen will. Wie der Streitfall und auch andere Fälle, so der vom Bg. erwähnte Fall des nicht veröffentlichten Urteils IV 107/51 vom 3. Oktober 1951, erkennen lassen, haben die Gemeinden jedoch offensichtlich ohne Beanstandung durch die Aufsichtsbehörden über den von diesen vorgeschlagenen Personenkreis hinaus in weiterer Anwendung der Reichsrichtlinien an die Stellvertreter des Gemeinde- (Stadt-) Direktors auch in kreisangehörigen Städten Aufwandsentschädigungen bewilligt.

Unter diesen Umständen brauchte die Vorinstanz den eingehenden Weisungen des Innenministers und des Finanzministers des Landes Nordrhein-Westfalen keine entscheidende sachliche Bedeutung beizumessen, und zwar nicht nur insoweit, als die Weisungen mangels Rechtsnormcharakters rechtlich nicht bindend sind, sondern auch insoweit, als sie den Niederschlag von Erfahrungen einer mit der Sachlage vertrauten behördlichen Stelle bilden und deshalb dem Gutachten eines Sachverständigen gleichen, das im allgemeinen bei der gerichtlichen Sachwürdigung angemessen zu berücksichtigen ist. Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, wenn die Vorinstanz den Gemeindebeschluß über die Aufwandsentschädigung unabhängig von den Weisungen unmittelbar auf seine sachliche Berechtigung hin in steuerlicher Beziehung untersucht hat. Es bestehen hiergegen um so weniger Bedenken, als die vom Bg. neu angeführte Eingruppierungsverordnung vom 5. Juli 1956 in ihren §§ 5 und 6 die Zulässigkeit einer Aufwandsentschädigung auch bei dem Posten des Bg. bestätigt, und zwar bis zu einer die strittige Entschädigung noch übersteigenden Höhe. Daß die Eingruppierungsverordnung nach ihrem § 22 formell erst mit dem 1. April 1956 in Kraft getreten ist, hindert nicht, aus ihr Schlüsse in tatsächlicher Hinsicht auch für vergangene Zeiträume zu ziehen. Denn es kann nicht angenommen werden, daß sich die in der Verordnung behandelten Tätigkeiten in ihrem Wesen selbst gewandelt und deshalb die Neuregelung veranlaßt hätten. Es wird vielmehr umgekehrt angenommen werden müssen, daß die Neuregelung gerade auf den Erfahrungen der Vergangenheit aufbaut und sich nur hinsichtlich der Höhe den inzwischen veränderten Verhältnissen anpaßt, die einengenden früheren Verwaltungsanweisungen also offensichtlich den tatsächlichen Verhältnissen nicht ausreichend gerecht wurden.

Daraus, daß die Reichsrichtlinien es als Zweck der Aufwandsentschädigung bezeichnet haben, den Beamten die mit ihrem Amt verbundene angemessene und würdige Vertretung der Körperschaft, in deren Dienst sie stehen, zu ermöglichen, kann noch nicht geschlossen werden, wie der Vertreter des Finanzministers des Landes Nordrhein-Westfalen meint, daß die Reichsrichtlinien den Begriff des Aufwandes grundsätzlich weiter genommen hätten als den steuerlich maßgebenden. Dem widerspricht schon der Umstand, daß die Zahlen der Reichsrichtlinien steuerlich alsbald übernommen worden sind.

Das Finanzgericht hat weiter zu Recht nur noch untersucht, ob dem Bg. offenbar ein echter Aufwand (Werbungskosten) in der der bewilligten Entschädigung entsprechenden Höhe nicht entstanden ist.

Der hier in Betracht kommende Aufwand liegt hauptsächlich oder ausschließlich auf dem Gebiete der sogenannten Repräsentation, also der Wahrnehmung der Belange der öffentlichen Körperschaft (der Stadtgemeinde), die in den Dienstbereich des Stpfl. fallen, im Verkehr nach außen, Dritten gegenüber, also insbesondere Teilnahme an Tagungen, Besprechungen und anderen Veranstaltungen, soweit die Teilnahme zur Erledigung der Dienstgeschäfte erforderlich ist oder bei vernünftiger Würdigung der Dinge im ausschließlichen Interesse der öffentlichen Körperschaft liegt.

Die Abgrenzung dieses beachtlichen Aufwandes gegenüber den nach § 12 Abs. 1 Satz 2 EStG nicht abzugsfähigen Aufwendungen für die Lebensführung wird im Hinblick darauf, daß es sich äußerlich betrachtet in beiden Fällen oft um gleichartig erscheinende Vorgänge handelt, meist nur im Wege sinnvoller Schätzung unter angemessener Berücksichtigung der allgemeinen Verkehrsauffassung und der Erfahrungen des Lebens möglich sein. Zur Abgrenzung siehe auch insbesondere die Ausführungen in den Urteilen des Reichsfinanzhofs VI A 253/36 vom 8. April 1936, Slg. Bd. 39 S. 250, RStBl 1936 S. 814, VI A 532/36 vom 14. Oktober 1936, Slg. Bd. 40 S. 165, RStBl 1937 S. 390, und IV 45/38 vom 7. Juli 1938, RStBl 1939 S. 81, Urteil des Bundesfinanzhofs IV 23/53 U vom 14. Januar 1954, Slg. Bd. 58 S. 439, RStBl 1954 III S. 79, sowie Abschn. 24 Abs. 3 LStR.

Wenn das Finanzgericht bei der Würdigung der Höhe des Aufwandes dem ihm glaubwürdig erscheinenden Vorbringen des Bg. Gewicht beigemessen und daraus den Schluß gezogen hat, daß ein wesentlich unter der gewährten Entschädigung bleibender tatsächlicher Aufwand nicht anzunehmen ist, so handelt es sich dabei in erster Linie um Tatsachenwürdigung. Daß insbesondere der zuvor dargelegte Begriff des echten Repräsentationsdienstaufwandes verkannt worden wäre, ist nicht erkennbar. Das Finanzgericht konnte insbesondere davon ausgehen, daß der besondere Aufgabenkreis des Stpfl. als eines leitenden Kommunalbeamten zu vielfachen echten Repräsentationsverpflichtungen führte. Der Fall liegt aus diesem Grunde wesentlich anders als die vom Bundesminister der Finanzen in seiner Stellungnahme vielfach in Betracht gezogenen Fälle der großen Menge der Angehörigen zentraler, insbesondere staatlicher Dienststellen, deren Aufgabenbereich sich im wesentlichen im Innendienst erschöpft und bei denen höchstens ausnahmsweise, nicht regelmäßig außerdienstliche Aufwendungen entstehen, die bei der gebotenen verallgemeinernden, typisierenden Betrachtung ebensowenig Grundlage einer ständigen echten Aufwandsentschädigung sein können wie in den vergleichbaren Fällen der Masse der Kommunalbeamten, bei denen offenbar auch verwaltungsseitig die Anerkennung eines laufenden echten Aufwandes verneint wird; einer abschließenden Betrachtung zu diesen Fällen bedarf es jedoch im Rahmen des vorliegenden Streitfalles nicht.

Nicht zu beanstanden ist, daß die Vorinstanz auch die im strittigen Jahr angefallenen besonderen Aufwendungen, die mit der Ausgliederung der Stadt X aus dem Landkreis zusammenhängen, mitberücksichtigt hat. Auch die durch den Urlaub und die besondere Belastung des Hauptgemeindebeamten entstandenen Mehraufwendungen des Bg. konnten in diesem Rahmen mit erfaßt werden. Ob der durch Erkrankung des Hauptgemeindebeamten verursachte besondere weitere Aufwand durch die bewilligte Aufwandsentschädigung bereits abgegolten sein sollte, mag zweifelhaft sein. Dagegen, daß das Finanzgericht bei seiner Sachwürdigung diese Sonderaufwendungen ebenfalls mitberücksichtigt hat, sind Bedenken nicht zu erheben. Der Umstand, daß der Hauptgemeindebeamte selbst infolge seiner Erkrankung die ihm zugebilligte Aufwandsentschädigung im Streitjahr möglicherweise nicht voll zweckentsprechend hat verwenden können, würde noch nicht, wie das Finanzamt meint, die Außerachtlassung der damit zusammenhängenden Sonderaufwendungen beim Bg. rechtfertigen.

Wenn das Finanzgericht hervorhebt, daß der Bg. Nichtraucher sei und wegen seines Magenleidens nur wenig trinke, so muß allerdings dieser Punkt bei der Betrachtung einer Aufwandsentschädigung bedeutungslos bleiben, denn es sind hierbei die durchschnittlichen Verhältnisse zugrunde zu legen. Der Eigenverbrauch an Rauchwaren würde im übrigen niemals Werbungskosten und Dienstaufwand bilden. Im Rahmen der Gesamtbetrachtung spielt dieser Punkt indessen keine wesentliche Rolle. Ebenso kann dahingestellt bleiben, ob und inwieweit Mehraufwendungen bei echten Dienstreisen über die erstatteten Beträge hinaus berücksichtigungsfähig sind, da der wesentlichste Teil der beachtlichen Aufwendungen des Bg. im Verkehr mit Dritten bei dienstlichen Handlungen als Vertreter der Stadtgemeinde entstanden sein dürfte.

Nach alledem war der Rb. der Erfolg zu versagen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 408521

BStBl III 1957, 111

BFHE 1957, 291

BFHE 64, 291

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