Entscheidungsstichwort (Thema)

Wesentliche Beteiligung: Herabsinken der Beteiligung unter die 25-%-Grenze infolge Kapitalerhöhung und anschließende Anteilsveräußerung, Kapitalersetzendes Darlehen bzw. Gesellschafterdarlehen bzw. Gesellschafterbürgschaft als nachträgliche Anschaffungskosten, Abtretung von Gesellschafterdarlehen an Mitgesellschafter bei gleichzeitiger Anteilsveräußerung an einen Dritten

 

Leitsatz (amtlich)

1. § 17 EStG setzt nicht voraus, daß der Gesellschafter bis zur Veräußerung der Beteiligung wesentlich am Kapital der Gesellschaft beteiligt bleibt. Die Steuerverhaftung tritt auch hinsichtlich solcher Anteile ein, die der Gesellschafter in einem Zeitpunkt erwirbt, in dem er nicht mehr wesentlich beteiligt war; es genügt, daß er einmal während des 5-Jahreszeitraums wesentlich beteiligt war.

2. Außerhalb der durch das Kapitalersatzrecht bewirkten Kapitalbindung einer von den Gesellschaftern einer Kapitalgesellschaft gewährten Finanzierungshilfe muß auch das Einkommensteuerrecht die Entscheidung der Gesellschafter respektieren, daß sie der Gesellschaft nicht Eigenkapital, sondern Fremdkapital zur Verfügung stellen wollen.

 

Orientierungssatz

1. Es ist für die Steuerpflicht nach § 17 EStG unerheblich, daß der Kläger im Streitjahr einen Geschäftsanteil veräußert hat, den er erst in einem Zeitpunkt erworben hatte, als er --infolge einer zwischenzeitlichen Kapitalerhöhung-- nicht mehr wesentlich an der GmbH beteiligt war. Die Steuerverhaftung einer wesentlichen Beteiligung tritt unabhängig davon ein, ob diese als Einheit oder nacheinander in mehreren Einzelakten erworben wurde; die einzelnen erworbenen Geschäftsanteile verlieren insoweit einkommensteuerrechtlich ihre Selbständigkeit. Was für den Erwerb von Anteilen gilt, die zusammengerechnet eine wesentliche Beteiligung ergeben, gilt auch für ihre Veräußerung. Es ist ohne Bedeutung, welche einzelnen Geschäftsanteile aus der wesentlichen Beteiligung veräußert werden.

2. Nachträgliche Anschaffungskosten einer wesentlichen Beteiligung: Darlehen und Bürgschaften der Gesellschafter sind dann durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt, wenn und insoweit sie kapitalersetzenden Charakter haben. Ist eine Kapitalbindung nach Kapitalersatzrecht eingetreten, dann führt der Ausfall des Gesellschafters mit seinen Forderungen gegenüber der Gesellschaft auch dann zu nachträglichen Anschaffungskosten, wenn er anläßlich der Veräußerung der Geschäftsanteile teilweise auf seine Forderungen gegenüber der Gesellschaft verzichtet hat; es kommt deshalb für die Höhe der nachträglichen Anschaffungskosten nicht darauf an, welche Rechtsfolgen sich an einen solchen Verzicht knüpfen.

3. Veräußert ein wesentlich beteiligter Gesellschafter im Rahmen der Auflösung einer Kapitalgesellschaft seinen Gesellschaftsanteil und tritt er --im Rahmen der Auseinandersetzung der Gesellschafter untereinander-- eine Darlehensforderung gegen die Gesellschaft an einen Mitgesellschafter ab, so kann dieser Verlust des Rückforderungsanspruchs gegen die Gesellschaft zu nachträglichen Anschaffungskosten i.S. des § 17 Abs.2 EStG führen, wenn der Anspruch auf kapitalersetzenden Finanzierungshilfen des wesentlich beteiligten Gesellschafters beruht. Dem steht nicht entgegen, daß der Erwerber der Forderung und der Erwerber der Geschäftsanteile verschiedene Personen sind.

 

Normenkette

EStG § 17 Abs. 1-2, 4

 

Verfahrensgang

FG München

 

Tatbestand

Die Kläger, Revisionskläger und Revisionsbeklagten (Kläger) --Ehegatten-- wurden für das Streitjahr 1985 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger war seit 1980 Geschäftsführer und Gesellschafter der F-GmbH, an deren Stammkapital von 21 000 DM er mit 7 000 DM beteiligt war. 1981 hatte die GmbH ihr Stammkapital auf 100 000 DM erhöht; der Kläger hatte an der Kapitalerhöhung mit 15 000 DM teilgenommen. 1982 hatte er die ursprüngliche Stammeinlage von 7 000 DM, kurz darauf weitere 5 000 DM veräußert, so daß er in der Folgezeit am Stammkapital der GmbH nur noch mit 10 000 DM beteiligt war.

Die GmbH wies in ihrer Bilanz zum 31. Dezember 1981 einen Verlustvortrag in Höhe von 603 163 DM und zum 31. Dezember 1982 einen Verlustvortrag in Höhe von 1 050 822 DM aus. Die Gesellschafter gewährten deshalb der GmbH im Jahr 1982 im Verhältnis ihrer Beteiligungen an der GmbH unverzinsliche Darlehen; das Darlehen des Klägers betrug ab 1983 31 500 DM. Ferner verbürgten sich die Gesellschafter, ebenfalls im Verhältnis ihrer Beteiligungen, 1983 selbstschuldnerisch für ein Darlehen der V-Bank an die GmbH in Höhe von 500 000 DM. Die Bürgschaft des Klägers über 50 000 DM (ohne Zinsen, Provisionen und Nebenkosten) war zeitlich bis zum 31. Dezember 1984 begrenzt.

Die Gesellschafter verlängerten ihre Bürgschaften über diesen Zeitpunkt hinaus nicht. Die V-Bank kündigte deshalb das Darlehen mit der Folge, daß der Geschäftsführer der GmbH am 6. Februar 1985 die Konkurseröffnung beantragte und am 2. Mai 1985 über das Vermögen der GmbH das Konkursverfahren eröffnet wurde.

Am 30. Januar 1985 veräußerte der Kläger seinen Geschäftsanteil um 5 000 DM. Außerdem leistete er aufgrund seiner Bürgschaftsverpflichtung 55 000 DM an die V-Bank. Seine Darlehensforderung in Höhe von 31 500 DM und seine Rückgriffsforderung gegenüber der GmbH aus der Bürgschaft in Höhe von 55 000 DM übertrug er zum Gesamtpreis von 7 000 DM auf einen Mitgesellschafter. Das Konkursverfahren wurde am 5. August 1985 infolge eines zwischen der Gesellschaft, den Gesellschaftsgläubigern und den Gesellschaftern geschlossenen Vergleichs eingestellt.

In ihrer Einkommensteuererklärung für 1985 machten die Kläger u.a. einen Verlust aus der Veräußerung des Geschäftsanteils in Höhe von (96 500 DM ./. 12 000 DM =) 84 500 DM geltend. Der Beklagte, Revisionskläger und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - -FA--) berücksichtigte diesen Betrag bei der Einkommensteuerveranlagung nicht. Der Einspruch blieb insoweit erfolglos. Das FA vertrat die Ansicht, daß der Kläger mit dem 1985 veräußerten, auf der Kapitalerhöhung beruhenden Gesellschaftsanteil am Kapital der GmbH nicht wesentlich beteiligt gewesen sei. Daran würde sich auch nichts ändern, wenn die Darlehen und Bürgschaften kapitalersetzenden Charakter gehabt haben sollten.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage teilweise statt. Der Kläger sei wesentlich i.S. von § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG) an der GmbH beteiligt gewesen, so daß die Veräußerung der ihm noch verbliebenen Geschäftsanteile im Jahr 1985 zu einem Verlust in Höhe von 5 000 DM geführt habe. Der Verlust aus der Veräußerung der Darlehensforderung und der Rückgriffsforderung aus der Bürgschaft erhöhe den Veräußerungsverlust jedoch nicht. Der Kläger habe diese Darlehen gesondert veräußert; sie würden deshalb von § 17 EStG nicht erfaßt.

Gegen das Urteil haben sowohl die Kläger als auch das FA Revision eingelegt. Sie rügen Verletzung materiellen Rechts (§ 17 Abs. 1 bzw. Abs. 2 EStG).

Die Kläger beantragen sinngemäß,

die Revision des FA zurückzuweisen, die Vorentscheidung

aufzuheben und die Einkommensteuer 1985 der Kläger

unter Abänderung des Einkommensteuerbescheides

vom 15. Dezember 1992 auf 11 588 DM herabzusetzen.

Das FA beantragt sinngemäß,

die Revision der Kläger zurückzuweisen und die

Vorentscheidung insoweit aufzuheben, als sie die

Einkommensteuer 1985 der Kläger unter Berücksichtigung

eines Veräußerungsverlustes nach § 17 EStG

in Höhe von 5 000 DM festgesetzt hat.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist nicht begründet. Auf die Revision der Kläger war das Urteil des FG jedoch aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - -FGO--)

I. Revision des FA

Das FG hat zutreffend entschieden, daß dem Kläger durch die Veräußerung seiner restlichen Geschäftsanteile an der F-GmbH in Höhe von 10 000 DM ein nach § 17 EStG zu berücksichtigender Veräußerungsverlust entstanden ist.

1. Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten 5 Jahre am Kapital der Gesellschaft wesentlich beteiligt war. Dasselbe gilt für Verluste aus der Veräußerung solcher Beteiligungen und der Auflösung der Kapitalgesellschaft (vgl. u.a. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 3. Juni 1993 VIII R 81/91, BFHE 172, 407, BStBl II 1994, 162, m.w.N.).

2. Die Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 EStG liegen im Streitfall vor; insbesondere war der Kläger im Sinne dieser Vorschrift wesentlich am Kapital der GmbH beteiligt.

a) Der Kläger war bis zur Erhöhung des Stammkapitals der GmbH im Jahre 1981 mit 1/3 und deshalb mit mehr als 25 v.H. am Kapital der GmbH beteiligt. § 17 EStG setzt nicht voraus, daß er dies auch bis zur Veräußerung der --oder eines Teils der-- Beteiligung im Jahre 1985 geblieben ist; es kommt allein darauf an, daß der Steuerpflichtige innerhalb der letzten 5 Jahre vor der Veräußerung der verbliebenen Geschäftsanteile wesentlich am Kapital der GmbH beteiligt war (BFH-Urteile vom 7. Juli 1992 VIII R 54/88, BFHE 169, 49, BStBl II 1993, 331, m.w.N.; vom 29. Juni 1995 VIII R 68/93, BFHE 178, 160, BStBl II 1995, 722, und vom 16. Mai 1995 VIII R 33/94, BFHE 178, 197, BStBl II 1995, 870).

b) Es ist im Rahmen des § 17 EStG auch unerheblich, daß der Kläger im Streitjahr einen Geschäftsanteil veräußert hat, den er erst 1981 und damit in einem Zeitpunkt erworben hatte, als er --infolge der Kapitalerhöhung-- nicht mehr wesentlich an der GmbH beteiligt war.

Die Steuerverhaftung einer Beteiligung i.S. von § 17 EStG tritt unabhängig davon ein, ob diese als Einheit oder nacheinander in mehreren Einzelakten erworben wurde; die einzelnen erworbenen Geschäftsanteile verlieren insoweit einkommensteuerrechtlich ihre Selbständigkeit (BFH-Urteile vom 18. September 1984 VIII R 119/81, BFHE 142, 130, BStBl II 1985, 55; vom 7. Juli 1992 VIII R 56/88, BFH/NV 1993, 25). Das gilt auch für den Fall, daß bei einer Kapitalerhöhung junge Aktien erworben werden und dadurch die bisher wesentliche Beteiligung auf 25 v.H. des Stammkapitals oder darunter sinkt (BFH-Urteil vom 10. November 1992 VIII R 40/89, BFHE 173, 17, BStBl II 1994, 222).

Was für den Erwerb von Anteilen gilt, die zusammengerechnet eine wesentliche Beteiligung ergeben, gilt auch für ihre Veräußerung. Es ist für die Besteuerungsfolge aus § 17 EStG ohne Bedeutung, welche einzelnen Geschäftsanteile aus der wesentlichen Beteiligung veräußert werden; § 17 EStG bietet keine Anhaltspunkte für eine Auslegung des Inhalts, daß die veräußerten Anteile zuvor ein Teil der wesentlichen Beteiligung gewesen sein müßten (BFH-Urteil in BFHE 173, 17, BStBl II 1994, 222, unter 2. der Gründe). Es genügt, daß die veräußerten Anteile 1 v.H. der Beteiligung übersteigen und der veräußernde Gesellschafter einmal während des 5-Jahreszeitraums wesentlich beteiligt war (BFH-Urteil in BFHE 169, 49, BStBl II 1993, 331, m.w.N.). Der Senat läßt --wie auch schon in dieser Entscheidung-- offen, ob anders zu entscheiden wäre, wenn eine wesentliche Beteiligung insgesamt veräußert würde und anschließend innerhalb des 5-Jahreszeitraums eine weitere (Minderheits-)Beteiligung erworben und veräußert würde (zum Streitstand vgl. Schmidt, Einkommensteuergesetz, 15. Aufl., § 17, Rz. 77)

II. Revision der Kläger

Der Senat kann nicht abschließend beurteilen, ob und inwieweit der teilweise Ausfall des Klägers mit seinem Rückforderungsanspruch aus dem der GmbH gewährten Darlehen und mit seinem Rückgriffsanspruch aus der übernommenen Bürgschaft zu einem im Rahmen des § 17 EStG zu berücksichtigenden Veräußerungsverlust führt.

1. Wie der Senat wiederholt entschieden hat, kann die Inanspruchnahme aus einer Bürgschaft des Gesellschafters für eine Verbindlichkeit der Kapitalgesellschaft bei diesem zu nachträglichen Anschaffungskosten der Beteiligung i.S. des § 17 Abs. 2 EStG führen, wenn die Übernahme der Bürgschaft ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis hat. Entsprechendes gilt bei Verlust eines Gesellschafterdarlehens, das seine Ursache im Gesellschaftsverhältnis hat (vgl. die Nachweise im BFH-Urteil vom 27. Oktober 1992 VIII R 87/89, BFHE 170, 53, BStBl II 1993, 340, m.w.N.). Der erkennende Senat hat in den dort genannten Entscheidungen ausgeführt, daß Darlehen und Bürgschaften dann "durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt" sind, wenn und insoweit sie kapitalersetzenden Charakter haben; andernfalls liege ein in der privaten Vermögenssphäre eintretender und damit einkommensteuerrechtlich unbeachtlicher Vermögensverlust vor (vgl. z.B. --für Darlehen-- Urteil vom 7. Juli 1992 VIII R 24/90, BFHE 168, 551, BStBl II 1993, 333, unter 3. der Gründe und --für Verluste aus der Übernahme einer Bürgschaft-- Urteil vom 11. Januar 1966 I 53/63, BFHE 85, 13, BStBl III 1966, 218; zum Streitstand Heinicke in Schmidt, a.a.O., § 22 Rz. 150, "Risikogeschäfte"; Blümich/Stuhrmann, Einkommensteuergesetz, Kommentar, 15. Aufl., § 22 Rdnr. 158 "Bürgschaftsprovision"). Daran hält der Senat fest. Außerhalb der durch das Kapitalersatzrecht bewirkten Kapitalbindung einer von den Gesellschaftern geleisteten Finanzierungshilfe muß auch das Einkommensteuerrecht die Entscheidung der Gesellschafter respektieren, daß sie der Gesellschaft nicht Eigenkapital, sondern Fremdkapital zur Verfügung stellen wollen (zum Grundsatz der Finanzierungsfreiheit im Gesellschaftsrecht vgl. u.a. Urteile des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 26. November 1979 II ZR 104/77, BGHZ 75, 334, 337; vom 13. Juli 1981 II ZR 256/79, BGHZ 81, 252, 257, und vom 26. März 1984 II ZR 171/83, BGHZ 90, 381, 390). Ist nach diesen Grundsätzen eine Kapitalbindung nach Kapitalersatzrecht eingetreten, dann führt der Ausfall des Gesellschafters mit seinen Forderungen gegenüber der Gesellschaft auch dann zu nachträglichen Anschaffungskosten, wenn er --wie auch der Kläger in seiner Revisionsbegründung behauptet hat-- anläßlich der Veräußerung der Geschäftsanteile teilweise auf seine Forderungen gegenüber der Gesellschaft verzichtet hat (BFH-Urteil in BFHE 168, 551, BStBl II 1993, 333, unter 2. b cc der Gründe); es kommt deshalb für die Höhe der nachträglichen Anschaffungskosten nicht darauf an, welche Rechtsfolgen sich an einen solchen Verzicht knüpfen (zum Streitstand BFH-Beschluß vom 27. Juli 1994 I R 23/93, I R 58/93, I R 103/93, BFHE 175, 264, BStBl II 1995, 27, unter II. 2. der Gründe).

2. Im Streitfall ist für die Beurteilung, ob und ggf. in welcher Höhe kapitalersetzende Finanzierungsleistungen des Klägers vorlagen, eine weitere Aufklärung des Sachverhalts durch das FG erforderlich.

a) Das FG durfte die Frage, ob die Finanzierungsleistungen kapitalersetzenden Charakter haben, nicht mit dem Hinweis offen lassen, daß der Kläger die Forderungen gegen die GmbH gesondert veräußert habe und dieser Sachverhalt nicht von § 17 EStG erfaßt werde. Der erkennende Senat hat bereits in seinem Urteil vom 18. August 1992 VIII R 13/90 (BFHE 169, 90, BStBl II 1993, 34, unter 2. der Gründe) ausgeführt, daß die Abtretung einer Darlehensforderung an einen Mitgesellschafter der Veräußerung des Gesellschaftsanteils zuzuordnen sei, wenn sie im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung der Gesellschafter untereinander erfolge. So liegt der Fall auch hier. Dem steht nicht entgegen, daß der Erwerber der Forderungen und der Erwerber der Geschäftsanteile verschiedene Personen sind. Der erforderliche sachliche Zusammenhang der Abtretung der Forderungen mit der Auseinandersetzung der Gesellschafter ergibt sich aus deren Entscheidung, die Gesellschaft über ein Konkursverfahren in die Liquidation zu entlassen (zu den hier in Betracht kommenden verschiedenen Möglichkeiten vgl. u.a. BGH-Urteil vom 19. Dezember 1994 II ZR 10/94, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1995, 658, m.w.N.). Der Verlust des Rückforderungsanspruchs aus dem Darlehen und der Rückgriffsforderung aus der Bürgschaft führt deshalb dann zu nachträglichen Anschaffungskosten i.S. des § 17 Abs. 2 EStG, wenn diese Ansprüche auf kapitalersetzenden Finanzierungshilfen des Klägers beruhen; die Abtretung der Forderungen läßt deren Kapitalbindung nach Kapitalersatzrecht unberührt (BGH-Urteil vom 21. März 1988 II ZR 238/87, BGHZ 104, 33; Lutter/Hommelhoff, GmbH-Gesetz, 14. Aufl., §§ 32a/b Rdnr. 60).

b) Es spricht viel dafür, daß sich der kapitalersetzende Charakter dieser Finanzierungshilfen schon daraus ergibt, daß die GmbH im Zeitpunkt ihrer Zusagen überschuldet war (zu den Voraussetzungen einer Überschuldung i.S. des Kapitalersatzrechtes BGH-Urteil vom 13. Juli 1992 II ZR 269/91, BGHZ 119, 201, 213 f.) Das FG wird dazu noch weitere Feststellungen zu treffen haben. Nur wenn sich herausstellen sollte, daß die GmbH lediglich buchmäßig überschuldet war, muß ergänzend geklärt werden, ob sie im Zeitpunkt der Zusage der Kredithilfen oder später kreditunwürdig war (BGH-Urteile vom 11. Juli 1994 II ZR 146/92, BGHZ 127, 1, 6; vom 4. Dezember 1995 II ZR 281/94, Der Betrieb --DB-- 1996, 465 mit Anm. Goette, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 1996, 554; vom 19. September 1996 IX ZR 249/95, Betriebs-Berater --BB-- 1996, 2316). Sollte die GmbH erst nach der Zusage der Kredithilfen durch den Kläger kreditunwürdig geworden sein, ist der Sachverhalt nach den Grundsätzen zu beurteilen, die die Rechtsprechung für Kredite entwickelt hat, die der Gesellschafter in der Krise der Gesellschaft stehen ließ (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 168, 551, BStBl II 1993, 333, und zu den in Betracht kommenden Indizien BGH in DB 1996, 465). Das FG wird dabei zu berücksichtigen haben, daß ein in der Krise gewährtes Darlehen mit dem Nennwert, ein in der Krise stehengelassenes Darlehen aber mit dem gemeinen Wert anzusetzen ist, den es in diesem Zeitpunkt hatte. Der Senat verweist insoweit auf sein Urteil VIII R 16/94 vom heutigen Tage (BFHE 183, 402) und --hinsichtlich der Wirkungen eines Zwangsvergleichs auf das kapitalersetzende Darlehen-- auf das Urteil des BGH vom 6. April 1995 II ZR 108/94 (BB 1995, 1371 mit Anm. K. Schmidt, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht 1995, 969).

c) Von einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts kann im Streitfall nicht deshalb abgesehen werden, weil der Kläger seine Kredithilfen in einem Zeitpunkt gewährt bzw. zugesagt hat, in dem er nicht mehr wesentlich am Kapital der GmbH beteiligt war. Zwar macht der eigenkapitalersetzende Charakter eines Darlehens oder einer Bürgschaft eine nicht wesentliche Beteiligung nicht zu einer "ähnlichen Beteiligung" i.S. von § 17 Abs. 1 Satz 3 EStG (BFH-Urteil vom 19. Mai 1992 VIII R 16/88, BFHE 168, 170, BStBl II 1992, 902); ihr Verlust führt jedoch deshalb zu nachträglichen Anschaffungskosten i.S. von § 17 Abs. 2 EStG, weil sie innerhalb des 5-Jahreszeitraums zugesagt wurden, der nach § 17 Abs. 1 EStG zur Steuerverstrickung des Gewinns aus der Veräußerung einer Beteiligung führt (s. zu I. der Gründe).

 

Fundstellen

Haufe-Index 66236

BFH/NV 1998, 100

BStBl II 1999, 342

BFHE 183, 397

BFHE 1998, 397

BB 1997, 2415-2417 (Leitsatz und Gründe)

DB 1997, 2409-2411 (Leitsatz und Gründe)

DStR 1997, 1807-1809 (Leitsatz und Gründe)

DStRE 1997, 917 (Leitsatz)

DStZ 1998, 399

DStZ 1998, 399-401 (Leitsatz und Gründe)

HFR 1998, 27

StE 1997, 718 (Leitsatz)

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