Entscheidungsstichwort (Thema)

Verrechenbarer Verlust nach § 15 a Abs. 4 EStG

 

Leitsatz (NV)

1. In dem Verfahren über die Feststellung der verrechenbaren Verlustanteile nach § 15 a Abs. 4 EStG ist neben dem betroffenen Kommanditisten auch die Kommanditgesellschaft klagebefugt.

2. Erhebt der Kommanditist in dem Verfahren nach § 15 a Abs. 4 EStG eine unzulässige Klage, so ist er in einem zulässigen Klageverfahren der KG notwendig beizuladen.

 

Normenkette

AO 1977 § 360 Abs. 3; FGO § 60 Abs. 3, § 48; EStG § 15a Abs. 4

 

Verfahrensgang

FG München

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin ist eine GmbH & Co. KG (KG), an der der Kläger und Revisionskläger X als einziger Kommanditist beteiligt ist. Der X ist auch Alleingesellschafter der Komplementärin.

Im Streitjahr (1988) hatte er seine Kommanditeinlage von 500 000 DM auf 1 Mio. DM erhöht und zur Eintragung ins Handelsregister angemeldet. Die Eintragung erfolgte am 10. Januar 1989.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) erließ am 4. Mai 1990 einen Feststellungsbescheid. Für die an der KG beteiligten Feststellungsbeteiligten stellte er die Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit . /. 749 912 DM, den auf den X entfallenden Verlust aus Gewerbebetrieb mit 758 184 DM, den nach § 15a Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) verrechenbaren Verlust mit 731 607 DM sowie den bei der Einkommensteuerveranlagung des X ausgleichs- oder abzugsfähigen Verlust in Höhe von 26 577 DM fest. Der Bescheid wurde dem X als Empfangsbevollmächtigten mit Wirkung für und gegen alle Feststellungsbeteiligten bekanntgegeben. In der Anlage zum Bescheid (EST 1, 2, 3 B) ist der X als Feststellungsbeteiligter ausgewiesen.

Gegen den Bescheid legte der nunmehrige Prozeßbevollmächtigte der Kläger "im Namen und im Auftrag" der GmbH & Co. KG Einspruch mit der Begründung ein, den gesamten Verlust aus Gewerbebetrieb in Höhe von 758 184 DM als abzugsfähig festzustellen.

Im Anschluß an eine Außenprüfung stellte das FA mit Änderungsbescheid vom 29. April 1991 den auf den Kommanditisten entfallenden Verlust mit 641 035 DM, den verrechenbaren Verlust mit 607 975 DM sowie den ausgleichs- oder abzugsfähigen Verlust mit 33 060 DM fest.

Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) legte die für die KG erhobene Klage als auch im Namen des X erhoben aus und wies die Klagen mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1996, 434 veröffentlichten Gründen als unbegründet ab.

Mit der vom FG zugelassenen Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Sie beantragen sinngemäß, unter Aufhebung der Vorentscheidung den geänderten Feststellungsbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung dahingehend zu ändern, daß der auf den X entfallende Verlust mit 641 035 DM, der verrechenbare Verlust mit 107 975 DM und der ausgleichs- oder abzugsfähige Verlust mit 533 060 DM festgestellt wird.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist zum Teil begründet, zum Teil unbegründet. Sie ist unbegründet, soweit sie von dem X eingelegt wurde. Insoweit war sie mit der Maßgabe zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --), daß die Klage des X unzulässig und deshalb durch Prozeßurteil zu verwerfen ist. Die Revision der KG ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).

I. Gegenstand des Verfahrens ist die Feststellung der verrechenbaren und damit ausgleichsfähigen Verlustanteile des X in dem Verfahren nach § 15 a Abs. 4 EStG. In diesem Verfahren ist neben dem Gesellschafter, um dessen ausgleichsfähigen oder nur verrechenbaren Verlust es geht (§ 48 Abs. 1 Nr. 2 FGO), auch die Personengesellschaft als solche klagebefugt (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 14. Dezember 1995 IV R 106/94, BFHE 179, 368, BStBl II 1996, 226).

II. Die Revision des X ist unbegründet. Das FG hat insoweit die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Allerdings ist die Klage unzulässig. Sie war deshalb durch Prozeßurteil abzuweisen.

1. Der angefochtene Feststellungsbescheid nach § 15 a Abs. 4 EStG und der Änderungsbescheid vom 29. April 1991 ergingen gegenüber dem X als Inhaltsadressaten. Sie weisen den X als Feststellungsbeteiligten aus. Damit war die Bekanntgabe an den X als Empfangsbevollmächtigten ihm gegenüber zugleich auch als Feststellungsbeteiligten erfolgt und wirksam (§ 122 Abs. 1 Satz 3 der Abgabenordnung -- AO 1977 --).

2. Innerhalb der Einspruchsfrist des § 355 AO 1977 legte nur die KG Einspruch ein. Der nunmehrige Prozeßbevollmächtigte trat im Einspruchsschreiben vom 16. Mai 1990 ausdrücklich namens und im Auftrag der KG auf. Eine Auslegung dieser nach ihrem Wortlaut eindeutigen Erklärung ist nicht möglich, zumal sie von einem Angehörigen der steuerberatenden Berufe abgegeben worden ist. Auch gegen den Änderungsbescheid hat der X keinen Einspruch eingelegt. Damit ist der Feststellungsbescheid in der Gestalt des Änderungsbescheides vom 29. April 1991 gegenüber dem X formell bestandskräftig.

3. Zwar hätte das FA den X zu dem Einspruch der KG hinzuziehen müssen (§ 360 Abs. 3 AO 1977). Hieraus ergibt sich für den X jedoch keine Klagebefugnis, denn er wurde durch die Einspruchsentscheidung weder materiell noch formell beschwert.

Die Zulässigkeit der Klage ist eine Sachurteilsvoraussetzung, die der BFH auch im Revisionsverfahren und unabhängig von erhobenen Revisionsrügen von Amts wegen zu beachten hat (vgl. BFH-Urteil vom 28. Februar 1990 I R 156/86, BFHE 160, 123, BStBl II 1990, 696).

III. Die Revision der KG ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO). Das FG hat die notwendige Beiladung des X unterlassen. Dieser Verfahrensfehler ist vom erkennenden Senat vom Amts wegen zu berücksichtigen.

1. Die notwendige Beiladung des X ist erforderlich, weil er an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt war, daß die Entscheidung nach § 15 a Abs. 4 EStG auch ihm gegenüber nur einheitlich ergehen kann (§ 60 Abs. 3 FGO).

2. Der Beiladung des X steht nicht entgegen, daß dieser selbst Klage erhoben hat. Denn die unzulässige Klage des X verhindert, daß die materielle Entscheidung über die zulässige Klage der KG dem X gegenüber auch ohne Hinzuziehung wirksam werden kann (vgl. BFH-Urteil in BFHE 160, 123, BStBl II 1990, 696).

Die notwendige Beiladung kann im Revisionsverfahren nicht nachgeholt werden (§ 123 Satz 1 FGO). Ihre Unterlassung führt mithin zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.

IV. Zur weiteren Behandlung des Streitfalles weist der Senat auf folgendes hin:

Die materielle Beurteilung durch die Vorentscheidung entspricht im Ergebnis der ständigen Rechtsprechung des BFH (vgl. z. B. Senatsurteil in BFHE 179, 368, BStBl II 1996, 226, 230; Beschluß vom 28. Mai 1993 VIII B 11/92, BFHE 171, 300, BStBl II 1993, 665; Urteil vom 14. Mai 1991 VIII R 111/86, BFHE 164, 526, BStBl II 1992, 164; Beschluß vom 19. Mai 1987 VIII B 104/85, BFHE 150, 514, BStBl II 1988, 5). Der eindeutige Wortlaut der Vorschrift sowie deren Begründung durch die Gesetzesmaterialien (vgl. BTDrucks 8/4157, S. 4, 5) rechtfertigen nach Ansicht des Senats nicht eine Auslegung, die über die eng umgrenzten Tatbestandsmerkmale des § 15 a Abs. 1 Satz 2 EStG hinaus zur Ausgleichs- oder Abzugsfähigkeit von Verlusten führt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 422278

BFH/NV 1997, 795

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