Entscheidungsstichwort (Thema)

Wertfortschreibung auf Grund des Wegfalls der Mietpreisbindung bei einem mit öffentlichen Mitteln geförderten Einfamilienhaus

 

Leitsatz (NV)

1. Der Wegfall der Eigenschaft ,,öffentlich gefördert" bewirkt eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse.

2. Da bei der Bewertung eines Grundstücks im Ertragswertverfahren der Grundstückswert durch Anwendung eines Vervielfältigers auf die Jahresrohmiete ermittelt wird, gehören zu den tatsächlichen Verhältnissen auch jegliche, die zulässige Miete beeinflussenden rechtlichen Eigenschaften.

3. Der Wegfall der Mietpreisbindung hat zur Folge, daß mietpreisrechtlich die Wohnung zur freifinanzierten Wohnung wird.

 

Normenkette

BewG § 22 Abs. 1 Nr. 1, §§ 27, 78 S. 2, § 79 Abs. 2 S. 2, Abs. 5, § 81f

 

Verfahrensgang

FG Rheinland-Pfalz

 

Tatbestand

Die Kl. sind Eigentümer eines im Jahre 1966 erbauten Einfamilienhauses in X. Auf den 1. Januar 1974 hatte das FA den Einheitswert für das mit öffentlichen Mitteln geförderte Wohngrundstück auf 40 400 DM festgestellt. Es war dabei anhand seines Mietspiegels für die Landgemeinden um Y von einer für öffentlich geförderte Nachkriegsbauten ermittelten üblichen Jahresrohmiete von 26,25 DM / qm ausgegangen. Nachdem die Mietpreisbindung zum 31. Dezember 1980 weggefallen war, nahm das FA zum 1. Januar 1981 eine Wertfortschreibung vor und stellte mit Bescheid vom 29. Mai 1981 den Einheitswert auf 56 400 DM fest. Die Jahresrohmiete schätzte das FA anhand seines Mietspiegels für freifinanzierte Nachkriegsbauten mit Heizung und Bad auf 39,90 DM / qm zuzüglich zweier Garagen zu je 240 DM.

Mit der Klage begehren die Kl. die Aufhebung des Wertfortschreibungsbescheids. Sie weisen darauf hin, daß ein vom FA Z aufgestellter Mietspiegel u. a. für A, eine teurere Nachbargemeinde von X, für öffentlich geförderte Nachkriegsbauten mit Heizung und Bad nach Ablauf der Förderung nur eine Jahresrohmiete von 28,70 DM / qm vorsehe; der Einheitswert sei daher zu hoch festgestellt. Der Mietspiegel des FA sei schon deshalb fehlerhaft, weil er die öffentlich geförderten Objekte nach Ablauf der Mietpreisbindung den freifinanzierten Objekten gleichstelle. Das FG hat der Klage stattgegeben.

Mit der vom Senat zugelassenen Revision beantragt das FA, die Klage unter Aufhebung des angefochtenen Urteils abzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und zur Abweisung der Klage.

1. Zutreffend ist das FG stillschweigend davon ausgegangen, daß der Wegfall der Eigenschaft ,,öffentlich gefördert" in bezug auf das Grundstück der Kl. eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse bewirkt. Da bei der Bewertung eines Grundstücks im Ertragswertverfahren der Grundstückswert durch Anwendung eines Vervielfältigers auf die Jahresrohmiete (unter Berücksichtigung der §§ 81 und 82 BewG) ermittelt wird (§ 78 Satz 2 BewG), gehören zu den wertbestimmenden tatsächlichen Verhältnissen auch jegliche, die zulässige Miete beeinflussenden rechtlichen Eigenschaften (vgl. Senatsurteil vom 18. Dezember 1985 II R 229 /83, BFHE 146, 95, BStBl II 1986, 445).

2. Das FG-Urteil ist jedoch aufzuheben, weil es auf der unzutreffenden Annahme beruht, die üblich erzielbare Miete für Grundstücke, deren Bebauung mit öffentlichen Mitteln gefördert worden war, liege nach Wegfall der mit der Förderung verbundenen Mietpreisbindung stets unter der Miete, die im Hauptfeststellungszeitpunkt für freifinanzierte Objekte erzielbar war. Der Wegfall der Mietpreisbindung hat vielmehr zur Folge, daß mietpreisrechtlich die Wohnung zur freifinanzierten Wohnung wird (BFHE 146, 95, BStBl II 1986, 445). Daraus folgt, daß Ausgangspunkt für die Wertermittlung im Zuge einer Wertfortschreibung die übliche Miete im Hauptfeststellungszeitpunkt (§ 79 Abs. 5 i. V. m. § 27 BewG) ist (vgl. Senatsurteil vom 15. Oktober 1986 II R 230/81, BFHE 148, 174, BStBl II 1987, 201). Diese ist in Anlehnung an die Jahresrohmiete zu schätzen, die für Räume gleicher oder ähnlicher Art, Lage und Ausstattung am 1. Januar 1964 regelmäßig gezahlt wurde (§ 79 Abs. 2 Satz 2 BewG). Dabei kann regelmäßig - mangels unmittelbar vergleichbarer Objekte - auf die Spiegelmiete zurückgegriffen werden, weil die örtlichen Mietspiegel in ihren Aufgliederungen nach Mietpreisregelungen und den anderen gemäß § 79 Abs. 2 Satz 2 BewG maßgebenden Kriterien (insbesondere Baujahr und Ausstattung) den vom Gesetz gestellten Anforderungen für die Schätzung der üblichen Miete entsprechen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 10. August 1984 III R 41/75, BFHE 142, 289, BStBl II 1985, 36, mit weiteren Hinweisen).

3. Der Senat entscheidet in der Sache selbst (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO). Die Klage ist abzuweisen, weil das FA zutreffend die Spiegelmiete für freifinanzierte nach Ausstattung und sonstigen Kriterien vergleichbare Objekte der Wertermittlung zugrunde gelegt hat. Die sich daraus ergebende Wertabweichung gegenüber dem zum 1. Januar 1974 festgestellten Wert erreicht die Fortschreibungsgrenzen des § 22 Abs. 1 Nr. 1 BewG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 416129

BFH/NV 1989, 626

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