Entscheidungsstichwort (Thema)

Klagebefugnis von Miteigentümern -- Nutzung "zu eigenen Wohnzwecken" bei Miteigentümern

 

Leitsatz (NV)

Einem Miteigentümer steht ein Abzugsbetrag nach §10e Abs. 1 EStG nicht zu, wenn er die Wohnung einem anderen Miteigen tümer zur ausschließlichen Nutzung überlassen hat und sich in der für ihn "fremden" Wohnung lediglich zur Mithilfe im Rahmen verwandschaftlicher Beziehungen aufhält.

 

Normenkette

EStG § 10e Abs. 1; FGO § 40 Abs. 2, § 48 Abs. 2, § 118 Abs. 2, § 126 Abs. 4

 

Verfahrensgang

FG München

 

Tatbestand

Die Klägerinnen und Revisionsklägerinnen E (Klägerin zu 1) und ihre beiden Töchter, S (Klägerin zu 2) und K (Klägerin zu 3) sind Miteigentümerinnen des Grundstücks W- Straße 21, 19 und 19a, E zu 1/2, die Töchter zu je 1/4.

In den Jahren 1986 und 1987 errichteten die Klägerinnen unmittelbar neben dem 1951 auf dem Grundstücksteil W-Straße 21 gebauten und von E bewohnten Einfamilienhaus zwei weitere Einfamilienhäuser (W- Straße 19 und 19a). Seit Bezugsfertigkeit war das Gebäude W-Straße 21 -- wie bisher -- E, das Gebäude W-Straße 19 K mit Familie und das Gebäude W-Straße 19a S mit Familie zur Nutzung zugewiesen worden. Mit den Erklärungen zur einheitlichen und gesonderten Feststellung der Steuerbegünstigung nach §10e des Einkommensteuergesetzes (EStG) für die Streitjahre 1988 und 1989 beantragten die Klägerinnen hinsichtlich des Grundstücks W-Straße 19a für E für beide Jahre jeweils einen anteiligen Abzugsbetrag von 7 500 DM und für S jeweils einen Abzugsbetrag entsprechend ihrem Miteigentumsanteil von 1/4 zuzüglich nicht ausgenutzter Beträge -- insgesamt 4 020 DM für 1988 und 3 757 DM für 1989 -- festzustellen. Für K wurde kein anteiliger Abzugsbetrag geltend gemacht.

Der Beklagte und Revisionbeklagte (das Finanzamt -- FA --) gewährte in den Feststellungsbescheiden für 1988 und 1989 nur die beantragten Abzugsbeträge für S. Er war der Auffassung, E stehe kein (anteiliger) Abzugsbetrag zu, weil sie das Haus W-Straße 19a nicht zu eigenen Wohnzwecken genutzt habe.

Das FA hat während des Einspruchsverfahrens die beiden Häuser 19a und 21 besichtigt. Danach umfaßt das Gebäude 19a im Erdgeschoß Arbeitszimmer, Wohnzimmer und Küche, im Obergeschoß Elternschlafzimmer, Kinderzimmer und ein kleines Zimmer mit einem Bett. Das Dachgeschoß ist zu einem Raum ausgebaut und eingerichtet mit einem Bett, Sofa, zwei Stühlen und einem Kleiderschrank, in dem sich bei der Besichtigung außer einem Mantel und einer Schürze nichts wesentliches befand. Dieser Raum wird nach Angaben der Klägerin zu 1 zum Teil von ihr bewohnt und zum Teil als Gästezimmer benutzt. In dem kleinen Raum übernachte sie, wenn eines der Kinder krank sei. Im Haus W-Straße 21 stehen der Klägerin zu 1 Eß- und Wohnzimmer, Küche, Bad, Schlafzimmer sowie ein Arbeits- und Lesezimmer zur Verfügung.

Der Einspruch der Klägerinnen blieb ohne Erfolg.

Mit der Klage trugen sie vor, zwar sei jeder Miteigentümerin ein Haus zur eigenen Nutzung zugewiesen worden. Tatsächlich habe jedoch die Klägerin zu 1 zusammen mit ihrer Tochter und deren Kindern das Haus W- Straße 19a bewohnt. Die Klägerin zu 1 habe die zwei noch nicht schulpflichtigen Kinder ihrer nach der Scheidung teilweise wieder berufstätigen Tochter betreut und deren Haushalt geführt. Sie habe "ihr" Haus nur als Refugium für gelegentlich notwendige "Regenerationsphasen" benutzt, ansonsten in dem Haus der Tochter gewohnt, wo sie auch ein Zimmer zur Verfügung habe. Bei der Ortsbesichtigung des FA habe zwar das Zimmer der Klägerin zu 1 im Dachgeschoß des Hauses Nr. 19a unbewohnt, deren Haus Nr. 21 dagegen bewohnt und belebt ausgesehen; dies sei jedoch untypisch; die Klägerin zu 1 habe in der Zeit unmittelbar vor dem Erörterungstermin schwerpunktmäßig in ihrem Haus gewohnt, weil die Tochter und deren Kinder sich zu einer längeren Kur auswärts aufgehalten hätten.

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen. Es führte aus, schon die ausschließliche und uneingeschränkte Zuweisung der einzelnen Einfamilienhäuser zur Nutzung jeweils durch eine der Klägerinnen allein spreche dafür, daß nur S das Haus W-Straße 19a zu eigenen Wohnzwecken genutzt habe. Dem entspreche, daß nach den Feststellungen des FA bei einer Ortsbesichtigung Gestaltung und Einrichtung der Räumlichkeiten auf die Wohnbedürfnisse von S zugeschnitten seien, während das Haus W-Straße 21 den persönlichen Bedürfnissen der Klägerin zu 1 entspreche und auch nur von ihr allein genutzt werde. Soweit E die Räume und Einrichtungen im Rahmen der Kinderbetreuung und Haushaltsführung mitbenutze, sei dies keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken, sondern eine Nutzung im Rahmen verwandtschaftlicher Hilfeleistung. Zweck des Aufenthalts sei das Betreuen der Kinder und nicht das Bewohnen. Da beide Wohnungen unmittelbar nebeneinander lägen, sei die Nutzung entsprechend der Zuweisung auch möglich gewesen.

Mit der Revision rügen die Klägerinnen Verletzung von §10e Abs. 1 EStG.

Das Tatbestandsmerkmal "Nutzung zu eigenen Wohnzwecken" entspreche dem vergleichbaren Tatbestandsmerkmal in §21a EStG. Nach Ansicht der Finanzverwaltung hierzu (Abschn. 164b der Einkommensteuer- Richtlinien) dürften aus Vereinfachungsgründen die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach §21a EStG ausschließlich nach dem Miteigentumsanteil eines jeden Miteigentümers ermittelt werden, wenn diese ein Einfamilienhaus gemeinsam bewohnten. Gleiches gelte bei unentgeltlicher Überlassung eines Miteigentumsanteils.

Der Bundesfinanzhof (BFH) habe in den Urteilen vom 31. Oktober 1991 X R 9/91 (BFHE 166, 85, BStBl II 1992, 241) und vom 26. Januar 1994 X R 94/91 (BFHE 173, 345, BStBl II 1994, 544) die sozialpolitische Zielsetzung der Begünstigungsvorschrift betont und deshalb eine Nutzung durch Kinder i. S. des §32 EStG als Nutzung zu eigenen Wohnzwecken beurteilt. Eine Eigennutzung sei deshalb auch bei unentgeltlicher Überlassung an andere unterhaltsberechtigte Personen -- wie im Streitfall die Tochter --anzunehmen.

Bewohnen sei ein tatsächlicher Vorgang. Übernachte jemand -- wie hier die Klägerin zu 1 in "ihrem Haus" W-Straße 21 -- nur in einer Wohnung, wohne er nach der Rechtsprechung zu §1 des Gesetzes zur Grunderwerbsteuerbefreiung beim Erwerb von Einfamilienhäusern, Zweifamilienhäusern und Eigentumswohnungen (GrEstEigWoG) nicht dort (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Mai 1990 V K 141/86, Entscheidungen der Finanzgerichte -- EFG -- 1990, 592, und FG Schleswig-Holstein, Urteil vom 27. Oktober 1992 III 622/90, EFG 1993, 98).

Die Klägerinnen beantragen, das angefochtene Urteil aufzuheben und den mit den Feststellungserklärungen für 1988 und 1989 beantragten Sonderausgabenabzug zu gewähren.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet; sie war deshalb zurückzuweisen (§126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).

1. Die Klagen der Klägerinnen zu 2 und 3 sind nicht, wie das FG angenommen hat, unbegründet, sondern unzulässig. Die Entscheidung des FG stellt sich damit schon aus anderen Gründen als richtig dar (vgl. §126 Abs. 4 FGO).

Zwar waren die Klägerinnen zu 2 und 3 nach §48 Abs. 2 FGO in der für die vorliegende Klage maßgeblichen Fassung vor Inkrafttreten des Art. 6 Nr. 3 des Grenzpendlergesetzes vom 24. Juni 1994 (BGBl I 1994, 1395 = §48 Abs. 2 FGO a. F.) als Mitberechtigte grundsätzlich befugt, Klage gegen die Feststellungsbescheide 1988 und 1989 zu erheben. Voraussetzung für die Zulässigkeit der Klage ist aber auch in den Fällen des §48 Abs. 2 FGO a. F. die Geltendmachung einer Verletzung eigener Rechte i. S. des §40 Abs. 2 FGO (z. B. BFH-Urteil vom 23. Oktober 1991 I R 86/89, BFHE 166, 74, BStBl II 1992, 185, m. w. N.). Hieran fehlt es.

Mit ihrer Klage haben die Klägerinnen zu 2 und 3 beantragt, der Klägerin zu 1 einen ihrem Miteigentumsanteil an dem Haus W- Straße 19a entsprechenden Abzugsbetrag nach §10e Abs. 1 EStG zu gewähren. Die Entscheidung über die Frage, ob die Klägerin zu 1 die Nutzungsvoraussetzungen des §10e EStG erfüllt, berührt die Klägerinnen zu 2 und 3 jedoch unter keinen denkbaren Umständen. Eine eigene Rechtsverletzung haben die Klägerinnen zu 2 und 3 nicht geltend gemacht.

2. Die Revision der Klägerin zu 1 ist unbegründet; einem Miteigentümer steht ein Abzugsbetrag nicht zu, wenn er die Wohnung einem anderen Miteigentümer zur ausschließlichen Nutzung überlassen hat und sich lediglich in der "fremden" Wohnung zur Mithilfe im Rahmen verwandtschaftlicher Beziehungen aufhält.

Grundförderung nach §10e Abs. 1 EStG kann ein Steuerpflichtiger beanspruchen, wenn er eine zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung im eigenen Haus oder eine eigene Eigentumswohnung hergestellt oder angeschafft hat. Bei einem Anteil an der zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung steht dem Steuerpflichtigen nach §10e Abs. 1 Satz 5 EStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung des EStG 1987 (= §10e Abs. 1 Satz 6 EStG i. d. F. ab 1990) der entsprechende Teil des Abzugsbetrages zu.

3. Was unter Nutzung zu "eigenen Wohnzwecken" zu verstehen ist, ist im Gesetz nicht erläutert.

a) "Eigenen" Wohnzwecken dient eine vom Steuerpflichtigen angeschaffte oder hergestellte Wohnung dann, wenn sie von ihm selbst und gegebenenfalls den mit ihm in einer Haushaltsgemeinschaft lebenden Familienangehörigen als Wohnung genutzt wird (vgl. BFH-Urteile in BFHE 173, 345, BStBl II 1994, 544; vom 14. Dezember 1994 X R 74/91, BFHE 176, 117, BStBl II 1995, 259 Ziff. 2 der Gründe). Nach der zu §§21, 21a EStG ergangenen Rechtsprechung ist der Tatbestand der Selbstnutzung auch dann erfüllt, wenn der Eigentümer andere Personen, insbesondere nahe Verwandte, Lebensgefährten, Freunde oder Bekannte in seine Wohnung aufnimmt und die Wohnung zusammen mit diesen gemeinsam nutzt. Voraussetzung dabei ist jedoch, daß der Steuerpflichtige die Räume -- ebenfalls wie im Fall der Familiengemeinschaft -- selbst mitnutzt oder daß die Räume ihm ständig zur Verfügung stehen (BFH-Urteil vom 8. August 1990 IX R 122/86, BFHE 162, 244, BStBl II 1991, 171). Gleiches gilt für den Begriff der "Nutzung zu eigenen Wohnzwecken", da der Gesetzgeber den unterschiedlichen Begriffen keine grundsätzlich andere Bedeutung zugemessen hat (ausführlich Urteil in BFHE 173, 345, BStBl II 1994, 544). Dies bestätigt §10e Abs. 1 Satz 3 EStG: Danach liegt eine "Nutzung zu eigenen Wohnzwecken" auch dann vor, "wenn Teile einer zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung unentgeltlich überlassen werden". Die Vorschrift betrifft Fälle, in denen abgegrenzte Teile der Wohnung Verwandten, Freunden usw. unentgeltlich zur ausschließlichen Nutzung überlassen werden. Vorausgesetzt ist jedoch, daß der Eigentümer den übrigen Teil der Wohnung zu eigenen Wohnzwecken nutzt. Für Miteigentümer gilt nichts anderes.

b) Überläßt der Steuerpflichtige nicht nur abgegrenzte Teile, sondern die ganze Wohnung einer anderen Person zur ausschließlichen Nutzung, liegt -- abgesehen von der Wohnungsüberlassung im Rahmen der Unterhaltsgewährung (BFH-Urteil in BFHE 173, 345, BStBl II 1994, 544), hierzu nachstehend unter 5. -- keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken vor. Nutzt ein anderer als der Eigentümer eine Wohnung aus eigenem Recht, wird die Wohnung aus dessen Sicht zu eigenen, aus der Sicht des Überlassenden zu fremden Wohnzwecken genutzt. Im Urteil vom 23. Februar 1994 X R 131/93 (BFHE 173, 551, BStBl II 1994, 694) hat der erkennende Senat deshalb entschieden, daß dem Steuerpflichtigen, der aufgrund eines einkommensteuerrechtlich anzuerkennenden Mietvertrages seine eigene Wohnung dem studierenden Sohn überlassen hat, ein Abzugsbetrag nach §10e EStG nicht zusteht, weil die Wohnung aus Sicht des Steuerpflichtigen zu fremden Wohnzwecken genutzt wird. Aus denselben Erwägungen kann der Eigentümer, der seine Wohnung dem von ihm getrennt lebenden Ehegatten überlassen hat, einen Abzugsbetrag auch dann nicht beanspruchen, wenn er sich besuchsweise oder zur Kinderbetreuung dort aufhält (BFH-Urteil vom 26. Januar 1994 X R 17/91, BFHE 173, 352, BStBl II 1994, 542).

c) Mit dem Begriff Nutzung zu Wohnzwecken ist ein durch eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit, Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises gekennzeichneter Lebenssachverhalt umschrieben (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Beschluß vom 25. März 1996 4 B 302/95, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht 1996, 893), der aus einer Vielzahl von Einzeltatsachen besteht, die einer Gesamtwürdigung bedürfen und deshalb unterschiedlich zu gewichten sein können. Der Eigentümer muß die tatsächliche Sachherrschaft an den seinen persönlichen und wirtschaftlichen Bedürfnissen entsprechenden Räumen haben (vgl. BFH-Urteil vom 29. November 1988 IX R 91/85, BFHE 155, 334, BStBl II 1989, 322). Ausdruck hierfür sind beispielsweise das un beschränkte Zutrittsrecht zu den Räumen sowie das Recht, über den Zutritt anderer Personen selbständig zu bestimmen, die Ausstattung sowie Art und Umfang, in dem bestimmte Räume genutzt werden können. Diese Kriterien dienen auch der Abgrenzung zu anderen Nutzungen aufgrund eines vorübergehenden Zwecks wie Besuch, Kinderbetreuung usw. Nicht erforderlich ist zwar, daß es sich um die einzige Wohnung des Steuerpflichtigen handelt und ob er sich in ihr überwiegend aufhält (BFH-Urteil vom 31. Mai 1995 X R 140/93, BFHE 178, 140, BStBl II 1995, 720). Eine "Nutzung zu eigenen Wohnzwecken" erfordert auch kein ständiges und überwiegendes Bewohnen des begünstigten Objekts (vgl. BFH-Urteile vom 28. März 1990 X R 160/88, BFHE 160, 481, BStBl II 1990, 815; vom 14. März 1989 IX R 45/88, BFHE 157, 80, BStBl II 1989, 776 sowie vom 7. April 1987 IX R 133--135/84, BFHE 150, 12, BStBl II 1987, 565); ohne Bedeutung ist deshalb, ob es sich bei der Wohnung um die Hauptwohnung oder um den Mittelpunkt der Lebensinteressen handelt (BFH-Urteil in BFHE 178, 140, BStBl II 1995, 720).

d) Die Nutzung aufgrund fremden Rechts steht der Annahme einer eigenen Wohnnutzung grundsätzlich entgegen. Aus den von der Klägerin zu 1 zitierten, die Besonderheiten einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft betreffenden Urteilen des IX. Senats in BFHE 162, 244, BStBl II 1991, 171, und vom 26. Juni 1990 IX R 148/86 (BFH/NV 1990, 773) ergibt sich nichts anderes. Ein vergleichbarer Sachverhalt liegt hier nicht vor.

e) Aus der Rechtsprechung zum Begriff des Bewohnens in §1 GrEStEigWoG ergeben sich entgegen der Auffassung der Klägerin keine anderen Gesichtspunkte. Nach dem BFH-Urteil vom 18. August 1993 II R 33/93 (BFH/NV 1994, 404, m. w. N.) umfaßt der Begriff des Bewohnens eine Vielzahl von Einzeltatsachen, die sich über einen längeren Zeitraum, beginnend mit dem Einzug und endend mit dem Auszug, zutragen, und bedarf einer Gesamtwürdigung. Voraussetzung ist auch hier, daß der Steuerpflichtige in der Wohnung sein Heim hat; ohne Bedeutung ist dagegen die Häufigkeit, mit der er seine Wohnung aufsucht (z. B. BFH-Urteil vom 11. Februar 1981 II R 131/80, BFHE 132, 490, BStBl II 1981, 330).

4. Bei Anwendung dieser Grundsätze liegt eine Nutzung des Gebäudes W-Straße 19a zu eigenen Wohnzwecken durch die Klägerin zu 1 nicht vor.

Nach den nicht mit Verfahrensrügen angefochtenen Feststellungen des FG waren die drei Häuser auf dem im Miteigentum stehenden Grundstück jeweils einer Miteigentümerin zur ausschließlichen Nutzung zugewiesen, das hier streitige Haus W-Straße 19a der Klägerin zu 2, das Haus W-Straße 21 der Klägerin zu 1. Letzteres war nach den Wohnbedürfnissen der Mutter, die Wohnung in dem unmittelbar daneben liegenden, durch den Garten auf einem Fußweg zu erreichenden Haus W-Straße 19a nach den Bedürfnissen der Tochter und ihrer Kinder eingerichtet und ist deren Haushalt. Die Feststellung des FG, angesichts dieser Wohnsituation sei der Aufenthalt der Mutter in der nur wenige Schritte von ihrer eigenen Wohnung liegenden Wohnung der Tochter nicht auf Dauer angelegt, sondern allein durch die im Rahmen verwandtschaftlicher Beziehungen üblichen Hilfeleistungen, durch die Kinder betreuung und Haushaltsführung für die berufstätige Tochter bedingt, ist Ergebnis der Würdigung tatsächlicher Verhältnisse. Hieran ist der BFH als Revisionsgericht gebunden (§118 Abs. 2 FGO), wenn sie nicht durch Denkfehler oder die Verletzung von Erfahrungssätzen beeinflußt worden ist. Selbst wenn eine andere Schlußfolgerung möglich gewesen wäre, schließt dies die Bindung nicht aus (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., §118 Rz. 41, mit Rechtsprechungsnachweisen). Insbesondere verstieß das FG weder gegen Denkgesetze noch gegen Erfahrungssätze, wenn es wegen der geringen Entfernung der beiden Wohnungen dem Umstand keine besondere Bedeutung beimaß, daß die Mutter bei Bedarf auch in der Wohnung der Tochter übernachten durfte.

5. Die Nutzung der Wohnung W-Straße 19a durch ihre Tochter kann der Klägerin zu 1 nicht als eigene Wohnnutzung zugerechnet werden.

Der erkennende Senat hat zwar im Urteil in BFHE 173, 345, BStBl II 1994, 544 ausgeführt, auch die Überlassung einer Wohnung aufgrund unterhaltsrechtlicher Verpflichtungen könne nach dem Wortsinn noch als Nutzung zu eigenen Wohnzwecken aufgefaßt werden, wenn es sich um unterhaltsberechtigte Personen handele, die im EStG als typischerweise zur Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft des Steuerpflichtigen gehörend -- wie Kinder i. S. des §32 EStG oder der Ehegatte des Steuerpflichtigen bei Vorliegen der Voraussetzungen für eine Zusammenveranlagung -- einkommensteuerrechtlich typisierend als zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehörend berücksichtigt werden. Entgegen der Auffassung der Klägerin lassen sich diese Überlegungen auf andere -- theoretisch gegenüber dem Eigentümer unterhaltsberechtigte Personen -- nicht übertragen (ausführlich BFH-Urteil in BFHE 173, 352, BStBl II 1994, 542).

 

Fundstellen

Haufe-Index 66379

BFH/NV 1998, 160

HFR 1998, 182

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