Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfahrensrecht/Abgabenordnung

 

Leitsatz (amtlich)

über die Kosten des gerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens wird von Amts wegen entschieden. Die Gerichte sind insoweit nicht an die Anträge der Parteien (§ 96 FGO) gebunden.

Der BFH kann die Kostenentscheidungen und Streitwertfestsetzungen des FG und des FA von Amts wegen zum Nachteil des Stpfl. ändern.

Die Kosten des Verfahrens sind dem Stpfl. aufzuerlegen, wenn er nur eine formelle änderung des Urteilstenors oder des Bescheides, nicht jedoch einen Erfolg in der Sache selbst erreicht.

 

Normenkette

FGO §§ 96, 121, 135

 

Gründe

Aufzuheben war die Kostenentscheidung des angefochtenen Urteils. Dem Finanzgericht (FG) erschien es nach § 309 AO - in der vor dem 1. Januar 1966 geltenden Fassung - angemessen, die Kosten des Rechtsmittelverfahrens der Staatskasse aufzuerlegen. Es begründete seine Entscheidung wie folgt. Bei der gegebenen Sachlage hätten Gewinnfeststellungsbescheide, in denen die Beteiligten äußerlich als Mitunternehmer - wenn auch mit einem Gewinnanteil von 0 DM - behandelt worden seien, nicht ergehen dürfen. Es hätte vielmehr durch einen negativen Gewinnfeststellungsbescheid eindeutig festgestellt werden müssen, daß mangels Mitunternehmerschaft die Voraussetzungen einer Gewinnfeststellung nach § 215 Abs. 2 AO nicht vorlagen.

Die Kostenentscheidung des angefochtenen Urteils, gegen die die Prozeßbeteiligten keine Einwendungen erhoben, war von Amts wegen nachzuprüfen. über die Kosten des Verfahrens wird von Amts wegen entschieden. Mit dieser Begründung erkannte das Bundesverwaltungsgericht eine änderung der Kostenentscheidung zum Nachteil des Klägers im Berufungsverfahren (OVG) an (siehe Urteil des Bundesverwaltungsgerichts V C 62.61 vom 23. Mai 1962, Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts Bd. 14. S. 171). Der Grundsatz gilt auch im Zivilprozeß (siehe Baumbach-Lauterbach, Zivilprozeßordnung, 28. Aufl., 1965 § 308 der Zivilprozeßordnung - ZPO - Anm. 2). Für die Kostenentscheidungen bestehen die Grenzen nicht, die sonst die Anträge der Prozeßbeteiligten den Entscheidungen der Gerichte im Zivilprozeß wie im Steuerprozeß nach der FGO setzen.

Dem FG ist insoweit zuzustimmen, als es ausführt, daß im vorliegenden Fall negative Gewinnfeststellungsbescheide zu erlassen gewesen wären (siehe BFH-Urteil IV 5/64 U vom 20. Mai 1965, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 82 S. 671, BStBl III 1965, 489). Dennoch hätten dem Revisionskläger die Kosten des Verfahrens auferlegt werden müssen, da er im endgültigen Ergebnis unterlag. Es ist nicht gerechtfertigt, wegen eines nur formellen Fehlers im richtigen Verfahren - hier im Verfahren der einheitlichen Gewinnfeststellung - ohne sachliche Auswirkung dem Staat die Kosten aufzuerlegen, während der angefochtene Verwaltungsakt und die angefochtene gerichtliche Entscheidung inhaltlich bestehen bleiben. Wenn durch die unrichtige Behandlung der Sache Rechtsmittelgebühren oder Auslagen entstanden wären, hätte § 314 AO in der vor dem 1. Januar 1966 geltenden Fassung (nach dem 1. Januar 1966 § 7 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes in Verbindung mit § 140 FGO) die Möglichkeit geboten, die Kosten nicht zu erheben. Im vorliegenden Falle entstanden die Kosten jedoch nicht wegen unrichtiger Sachbehandlung.

 

Fundstellen

Haufe-Index 424239

BStBl III 1966, 594

BFHE 1966, 561

BFHE 86, 561

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