Entscheidungsstichwort (Thema)

Bilanzberichtigung und verdeckte Gewinnausschüttung

 

Leitsatz (NV)

Wird die Leistung eines Sachversicherers zur Entschädigung eines betrieblichen Schadens auf dem Privatkonto des Gesellschafter-Geschäftsführers verbucht und ist davon auszugehen, dass es sich hierbei nicht um ein Versehen, sondern um einen außerbetrieblichen, durch den Gesellschafter-Geschäftsführer veranlassten Vorgang handelt, so kommt die bilanzielle Neutralisierung dieses Vorganges durch Einbuchung einer (schuldrechtlichen) Ersatzforderung gegen den Gesellschafter-Geschäftsführer im Wege der Bilanzberichtigung nicht in Betracht. Steuerlich handelt es sich bei dieser Ersatzforderung vielmehr um eine Einlageforderung.

 

Normenkette

KStG § 8 Abs. 3 S. 2; EStG § 4 Abs. 2

 

Verfahrensgang

FG des Saarlandes (Urteil vom 05.02.2003; Aktenzeichen 1 K 49/99; EFG 2003, 566)

 

Tatbestand

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, betrieb in gemieteten Räumen ein Bräunungsstudio, eine Sauna und den Handel mit entsprechendem Zubehör. Ihr Stammkapital wurde seit Februar 1991 (Streitjahr) von ihrem seitdem alleinigen Geschäftsführer X gehalten.

Im Jahre 1993 stellte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) im Rahmen einer betriebsnahen Veranlagung fest, dass das Bräunungsstudio am … Juli 1991 durch einen Brand zerstört worden war. Der Geschäftsbetrieb wurde am … Oktober 1991 wieder aufgenommen. Der Brandschaden der Klägerin wurde mit 76 150 DM von der Feuerversicherung des Vermieters anerkannt. Nach Abzug rückständiger Mietschulden wurden im September 1991 an die Klägerin 61 005,61 DM ausgezahlt. Die Zahlung erfolgte nicht auf das Geschäftskonto der Klägerin bei der Z-Bank, sondern auf ein Konto bei der A-Bank, welches am 15. Mai 1991 auf den Namen von X angelegt eingerichtet worden war. Dieses Konto ist weder in der laufenden Buchhaltung noch in der Bilanz zum 31. Dezember 1991 als betriebliches Konto der Klägerin ausgewiesen. Der Zufluss der Entschädigung wurde buchhalterisch nicht erfasst. Es wurde auch keine Forderung gegenüber dem Gesellschafter-Geschäftsführer ausgewiesen. Die Neuanschaffungen, Reparaturen usw., die der Gesellschafter-Geschäftsführer für die Klägerin zahlte, wurden dem Verrechnungskonto hingegen als Privateinlagen gutgeschrieben. Auf dem Verrechnungskonto, das zum 1. Januar 1991 eine Forderung der Klägerin in Höhe von 18 834,04 DM auswies, bestand zum 31. Dezember 1991 eine Verbindlichkeit in Höhe von 46 597,30 DM.

Das FA behandelte die Versicherungsleistung infolge der Überweisung auf das Konto des Gesellschafter-Geschäftsführers als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) und erließ einen entsprechenden Körperschaftsteuerbescheid.

Die dagegen gerichtete Klage blieb ohne Erfolg. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) des Saarlandes vom 5. Februar 2003 1 K 49/99 ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2003, 566 abgedruckt.

Ihre Revision stützt die Klägerin auf Verletzung materiellen Rechts.

Sie beantragt, das FG-Urteil aufzuheben, den angefochtenen Körperschaftsteuerbescheid 1991 zu ändern und die Einnahmen aus der Entschädigung nicht als vGA anzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist unbegründet. Das FG hat im Ergebnis zu Recht eine vGA im Umfang der von X vereinnahmten Entschädigungsleistung angenommen.

Unter einer vGA i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrages gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG auswirkt und in keinem Zusammenhang zu einer offenen Ausschüttung steht. Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der Senat die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (ständige Rechtsprechung des Senats).

Dass im Streitfall die Klägerin die Entschädigung des Sachversicherers ihrem Gesellschafter überlassen hat, stellt danach eine vGA dar. Insbesondere fehlt es nicht an der erforderlichen gesellschaftlich veranlassten Vermögensminderung. Denn nach den den Senat bindenden (vgl. § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―) Feststellungen des FG hat X (als alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Klägerin) die Entschädigungsleistung als eigene angesehen und als solche auf seinem Privatkonto vereinnahmt. Eine bloße Fehlbuchung lag nicht vor (s. dazu zuletzt Bundesfinanzhof, Urteil vom 18. April 2002 III R 43/00, BFHE 199, 140, BStBl II 2003, 149; Senatsurteil vom 24. März 1998 I R 88/97, BFH/NV 1998, 1374). Die von der Klägerin angeführten Gründe für die Verbuchung auf dem Privatkonto haben das FG nicht überzeugt. Da Verstöße gegen die Denkgesetze oder Erfahrungswerte weder erkennbar noch gerügt sind, ist der Senat an diese Würdigung gebunden. Unabhängig davon sind diese Gründe ―die Vermeidung einer für die Klägerin nachteiligen Saldierungssituation bei der Hausbank― in der Tat nicht tragfähig, weil sich diese Vermeidungsabsicht, wie das FG zutreffend betont, gleichermaßen durch die Neueröffnung eines Kontos durch die Klägerin selbst hätte verwirklichen lassen.

Handelt es sich also nicht um einen innerbetrieblichen Schaden der Klägerin (vgl. dazu z.B. Senatsurteil vom 13. September 2000 I R 10/00, BFH/NV 2001, 584), sondern um eine außerbetriebliche Schadenszufügung, die durch den Gesellschafter-Geschäftsführer gesellschaftlich mitveranlasst ist, hat diese Ausschüttungscharakter. Infolgedessen kommt die bilanzielle Neutralisierung dieser Schadenszuführung im Wege der Bilanzberichtigung (vgl. § 4 Abs. 2 EStG) durch Einbuchung einer (schuldrechtlichen) Ersatzforderung gegen X nicht in Betracht. Die gesellschaftlich veranlasste Vermögensminderung kann nicht durch einen solchen Ersatzanspruch rückgängig gemacht werden. Vielmehr stellt der Ersatzanspruch (und seine Erfüllung) das Gegenstück (den actus contrarius) zu der Ausschüttung dar und wird als solcher nach ständiger Rechtsprechung des Senats als verdeckte Einlage (§ 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG) behandelt (vgl. z.B. Senatsurteile vom 18. Dezember 1996 I R 26/95, BFHE 182, 190; vom 30. Mai 2001 I B 176/00, BFH/NV 2001, 1456; vom 29. Mai 1996 I R 118/93, BFHE 180, 405, BStBl II 1997, 92).

 

Fundstellen

Haufe-Index 1119021

BFH/NV 2004, 667

DB 2005, 5

DStRE 2004, 388

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