Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Grunderwerbsteuerpflicht einer Sicherungsübereignung von Gebäuden auf fremdem Boden.

 

Normenkette

GrEStG § 1/1/3, § 2 Abs. 2 Ziff. 3, § 9; StAnpG § 11/1

 

Tatbestand

Eine Fischereigesellschaft mbH hat auf dem im Eigentum des Landes stehenden Hafengelände in X. auf Grund eines mit dem Seewasserstraßenamt abgeschlossenen Vertrages vom 18. u. 20. September 1948 einen Lagerschuppen mit Kontorgebäude errichtet. Mit Vertrag vom 15. Februar 1950 übertrug die Fischereigesellschaft das Eigentum an der baulichen Anlage auf die Beschwerdeführerin (Bfin.) zur Sicherung von Forderungen mit der Maßgabe, daß der GmbH auf Grund eines vereinbarten Leihverhältnisses die weitere Benutzung erlaubt wurde.

Streitig ist die Grunderwerbsteuerpflicht dieser Sicherungsübereignung. Die Vorinstanzen haben die Freistellung von der Steuer versagt. Die Rechtsbeschwerde (Rb.) kann keinen Erfolg haben.

 

Entscheidungsgründe

Unstreitig handelt es sich bei der baulichen Anlage um ein massives Gebäude, das durch Fundamente aus Stampfbeton fest mit dem Boden verbunden ist. Nach § 2 Abs. 2 Ziff. 3 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Ziff. 3 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) ist die übereignung eines Gebäudes auf fremdem Boden der Grunderwerbsteuer unterworfen.

Zu Unrecht macht die Bfin. unter Berufung auf die §§ 93, 94 BGB geltend, daß durch den Vertrag vom 15. Februar 1950 das Eigentum nicht rechtswirksam auf sie übertragen sei. Es ist zwar richtig, daß nach § 94 BGB Gebäude grundsätzlich zu den wesentlichen Bestandteilen des Grundstücks gehören, die nach § 93 BGB nicht Gegenstand besonderer - vom Eigentum am Grundstück unabhängiger - Rechte sein können. Nach § 95 BGB sind aber solche Gebäude nicht Bestandteile eines Grundstücks, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden sind. Die Voraussetzungen des § 95 BGB sind im Streitfall gegeben. In dem Vertrag vom 18. u. 20. September 1948 (ß 2 Abs. 1) hat das Seewasserstraßenamt die Zustimmung zur Errichtung des Lagerschuppens und zur Benutzung des Hafengeländes nur unter dem Vorbehalt jederzeitigen Widerrufs für das Land als Eigentümerin des Hafengeländes erteilt. Darüber hinaus ist der Vertrag befristet auf die Dauer des Bestehens der baulichen Anlagen und bis zu einem Widerruf der landespolizeilichen Genehmigung (ß 2 Abs. 1 des Vertrages). Für die Errichtung auf nur vorübergehende Zeit spricht auch die Abrede, daß bei Aufhebung des Vertrages infolge Nichtzahlung des vereinbarten Entgelts die baulichen Anlagen von der Fischereigesellschaft oder auf ihre Kosten zu beseitigen sind (ß 3 Abs. 3 des Vertrages). Da somit der Lagerschuppen mit Kontorgebäude nicht auf Grund der §§ 93, 94 BGB in das Eigentum des Landes als Grundstückseigentümerin übergegangen war, hat die GmbH durch den Vertrag vom 15. Februar 1950 das Eigentum rechtswirksam auf die Bfin. übertragen.

Der weitere Einwand der Bfin., die Sicherungsübereignung käme wirtschaftlich nur der Bestellung eines Pfandrechts gleich, steht der Steuerpflicht nicht entgegen. Der Grunderwerbsteuer als einer Rechtsverkehrsteuer unterliegen grundsätzlich die in Betracht kommenden Rechtsvorgänge ohne Rücksicht darauf, welche wirtschaftlichen Ziele mit ihnen verfolgt werden.

Der frühere Reichsfinanzhof hat daher in ständiger Rechtsprechung die sogenannten fiduziarischen übereignungen, wie die Einräumung von Treuhandeigentum und die übertragung von Sicherungseigentum, als steuerpflichtig behandelt (vgl. u. a. Urteile des Reichsfinanzhofs II A 485/21 vom 10. Januar 1922, Slg. Bd. 8 S. 89 ff.; besonders betreffend die Sicherungsübereingung: II A 298/25 vom 9. Juni 1925, Mrozek, GrEStG § 1 Rechtsspr. 19; II A 161/35 vom 13. September 1935, Slg. Bd. 38 S. 191 ff., und II A 301/35 vom 5. Juni 1936, Reichssteuerblatt - RStBl. - S. 748 f.). In den zuletzt angeführten beiden Urteilen hat sich der Reichsfinanzhof auch mit dem § 11 Ziff. 1 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) auseinandergesetzt, nach dem bei der Besteuerung Wirtschaftsgüter, die zum Zweck der Sicherung übereignet werden, dem Veräußerer zugerechnet werden, soweit nichts anderes bestimmt ist. Der Reichsfinanzhof hat unter wörtlicher Zitierung der Begründung zu § 11 StAnpG (RStBl. 1934 S. 1405, 1406) darauf hingewiesen, daß in den §§ 1 und 4 des damaligen Grunderwerbsteuergesetzes 1927 solche Sondervorschriften gegenüber der allgemeinen Regelung des § 11 StAnpG zu erblicken sind und daß daher jeder übergang des Eigentums an einem Grundstück (Gebäude auf fremdem Boden) der Grunderwerbsteuer auch dann unterliegt, wenn die übereignung "zum Zwecke der Sicherung" erfolgt. Die gleichen Erwägungen sind auch maßgebend für das jetzt geltende Grunderwerbsteuergesetz 1940, das, wie das frühere Gesetz, grundsätzlich die Besteuerung des Rechtsverkehrs zum Gegenstand hat. Hinzu kommt, daß in der Begründung zum Grunderwerbsteuergesetz 1940 in Ziff. I 1 der Einleitung (RStBl.) 1940 S. 388) unter Hinweis auf die Abweichung vom § 11 StAnpG ausdrücklich auf die angeführte Begründung zum Steueranpassungsgesetz Bezug genommen wird. Der Senat sieht keine Veranlassung, von der Rechtsprechung des früheren Reichsfinanzhofs über die grundsätzliche Steuerpflicht von Sicherungsübereignungen abzuweichen. Da der Sicherungsnehmer - unbeschadet der unter Umständen gegebenen Rückgabeverpflichtung - Eigentum im Rechtssinne erwirbt, kann bei der Grunderwerbsteuer als einer Rechtsverkehrsteuer Erwägungen darüber kein Raum gegeben werden, ob und inwieweit wirtschaftlich und im Konkurse die Stellung des Sicherungseigentümers nur der eines Pfandgläubigers ähnelt.

Bei dieser Rechtslage kann der von der Bfin. angeschnittenen Frage keine maßgebende Bedeutung zukommen, ob durch die Besteuerung der Sicherungsübereignung die Kreditgewährung in den entsprechenden Fällen erschwert wird; es kann deshalb auch dahingestellt bleiben, ob bei der hohen laufenden Belastung durch die Zinsen und Nebenkosten eines Bankkredits die einmalige Erhebung der Grunderwerbsteuer für das zur Sicherung übereignete Gebäude wesentlich ins Gewicht fällt.

Zu Unrecht beruft sich die Bfin. für ihre Auffassung auf das nicht zur amtlichen Veröffentlichung bestimmte Urteil des IV. Senats IV 421/51 vom 13. März 1952 (Deutsche Steuer-Rundschau 1952 S. 177). Das Urteil betrifft die Anwendung der Bestimmung des § 116 Abs. 1 der Reichsabgabenordnung (AO), nach der, wenn ein Unternehmen oder ein Betrieb im ganzen übereignet wird, der Erwerber neben dem früheren Unternehmer für bestimmte Steuern haftet. Nach dem Tatbestand des Urteils hatte ein Steuerpflichtiger sein Büroinventar, seine Lagervorräte und einen Teil seines Maschinenparks an einen Gläubiger zur Sicherung übereignet. Der IV. Senat hat die Anwendung des § 116 Abs. 1 AO deshalb verneint, weil nach dem Sachverhalt keine rechtsgeschäftliche übereignung des ganzen Betriebs als solchen anzunehmen war.

Unerheblich ist auch, daß die Bfin. sich das Sicherungseigentum zur Rettung ihrer Forderungen gegen die Fischereigesellschaft hat einräumen lassen. Eine Freistellungsvorschrift ist insoweit nur für bestimmte Grundpfandgläubiger und ihnen gleichgestellte, im einzelnen aufgeführte Beteiligte im § 9 GrEStG enthalten. Bei der eindeutigen Fassung dieser Ausnahmevorschrift ist für eine ausdehnende Anwendung auf Personen, die wirtschaftlich eine ähnliche Stellung wie die erwähnten Grundpfandgläubiger und die ihnen ausdrücklich gleichgestellten Beteiligten haben, kein Raum. Auch insoweit ist für die Rechtsfrage, wer "Grundpfandgläubiger" ist, entsprechend dem Charakter der Grunderwerbsteuer als einer Rechtsverkehrsteuer grundsätzlich die rechtliche, nicht die wirtschaftliche Betrachtungsweise maßgebend (vgl. die zu der ähnlichen Vorschrift des § 14 GrEStG 1927 ergangenen, schon angeführten Urteile des Reichsfinanzhofs vom 13. September 1935, Slg. Bd. 38 S. 191 ff., und vom 5. Juni 1936, RStBl. S. 748 f.). Die Grundsätze dieser Entscheidungen sind nach der Begründung zu § 9 GrEStG 1940 (RStBl. 1940 S. 404 linke Spalte vorletzter Absatz) auch für das jetzt geltende Grunderwerbsteuergesetz maßgebend. Es heißt wörtlich in der Begründung (a. a. O.): "Die Vorschrift (des § 9 Abs. 5) gilt ... nur zugunsten derjenigen Personen, auf die sie sich ihrem ausdrücklichen Wortlaut nach bezieht." Da die Begründung im Gesetz ihren Niederschlag gefunden hat, vermag der Senat keine ausdehnende Anwendung des § 9 GrEStG auf Sicherungseigentümer anzuerkennen.

Nach alledem war die Rb. mit der Kostenfolge aus § 307 AO als unbegründet zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 407509

BStBl III 1952, 310

BFHE 1953, 809

BFHE 56, 809

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