Leitsatz (amtlich)

Verwendet ein VOL-Landwirt das Holz, das er in setnem der gesonderten Gewinnermittlung (§ 8 Abs. 2 VOL) unterliegenden forstwirtschaftlichen Betriebsteil geschlagen hat, im landwirtschaftlichen Betrieb, so liegt eine Entnahme vor, die mit dem Teilwert und nicht nur mit den Herstellungskosten des entnommenen Holzes als Betriebseinnahme anzusetzen ist.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 1, 3, § 6 Abs. 1 Nr. 4, § 13 Abs. 1 Nr. 1, § 14 Abs. 1; VOL § 2 Abs. 1, § 8 Abs. 2

 

Tatbestand

Streitig ist bei den einheitlichen Gewinnfeststellungen für die Veranlagungszeiträume 1959 und 1960, ob durch die Verwendung des im eigenen Wald geschlagenen Holzes im landwirtschaftlichen Betrieb der Steuerpflichtigen ein Gewinn realisiert wird.

Die Revisionsbeklagte ist eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GdbR). Sie betrieb eine Mühle, ein Sägewerk und eine Land- und Forstwirtschaft. Den Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft ermittelte sie nach der Verordnung über die Aufstellung von Durchschnittsätzen für die Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft (VOL). Der auf die forstwirtschaftlich genutzten Flächen entfallende Teileinheitswert betrug 9 288 DM. Der Gewinn hieraus wurde nach § 8 Abs. 2 VOL gesondert ermittelt.

Die GdbR entnahm im Wirtschaftsjahr 1959/60 aus dem eigenen Wald 200 fm Holz zum Neubau von Wirtschaftsgebäuden der eigenen Landwirtschaft. Der Marktwert des selbsterzeugten Holzes betrug 14 000 DM.

Das FA berichtigte auf Grund des Ergebnisses einer Betriebsprüfung die einheitlichen Gewinnfeststellungen. Es rechnete die mit 8 400 DM, also mit einem Abschlag von 40 v. H. geschätzten Herstellungskosten des selbsterzeugten Holzes je zur Hälfte den nach der VOL ermittelten Gewinnen für die Veranlagungszeiträume 1959 und 1960 hinzu. Es berief sich auf Anweisungen des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen vom 24. Juli 1954, vom 18. August 1960 und vom 4. August 1961 (vgl. DStZ B 1961, 467). Danach sei Nutzholz, das für den Aufbau von Wirtschaftsgebäuden aus dem eigenen Wald entnommen werde, bei nichtbuchführenden Land- und Forstwirten, bei denen der Ertrag aus den forstwirtschaftlich genutzten Flächen durch den Grundbetrag nicht abgegolten sei, mit den Herstellungskosten anzusetzen. Da diese infolge der langjährigen Umtriebszeit nicht einwandfrei zu ermitteln seien, stehe es den Land- und Forstwirten nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 4 EStG frei, anstelle der Herstellungskosten den höheren Teilwert anzusetzen. Das nicht amtlich veröffentlichte Urteil des BFH IV 13/57 vom 27. November 1958 (StRK, Einkommensteuergesetz, § 6 Abs. 1 Nr. 4, Rechtsspruch 10; Die Information über Steuer und Wirtschaft, Ausgabe L 1959 S. 88 - Inf/L 1959, 88 -), in dem in Fällen dieser Art eine Gewinnrealisierung für das erzeugte Holz abgelehnt werde, sei nicht anzuwenden.

Die Sprungberufung der GdbR hatte Erfolg. Das FG führte aus, durch die Verwendung von Nutzholz aus den zum eigenen VOL-Betrieb gehörenden forstwirtschaftlich genutzten Grundstücksflächen für den Bau von landwirtschaftlichen Betriebsgebäuden werde der Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft nicht beeinflußt. Es liege keine Entnahme im Sinne des § 4 Abs. 1 Sätze 1 und 2 und des § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG vor. Eine Entnahme erfordere die Überführung eines Gegenstandes in den außerbetrieblichen Bereich (Hinweis auf das BFH-Urteil VI 19/63 U vom 7. Februar 1964, BFH 79, 264, BStBl III 1964, 328). Trotz der gesonderten Ermittlung des Gewinns aus den forstwirtschaftlich genutzten Grundstücksflächen liege ein einheitlicher Betrieb vor (Hinweis auf das BFH-Urteil IV 13/57).

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die als Revision zu behandelnde Rechtsbeschwerde des FA führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (Berufung).

1. Die Vorentscheidung ging zu Unrecht davon aus, daß das Verbringen selbstgeschlagenen Holzes aus dem forstwirtschaftlichen Betriebsteil in den VOL-Betrieb desselben Steuerpflichtigen nicht als Entnahme zu beurteilen sei. Das FG konnte sich zwar für seine Auffassung auf das BFH-Urteil IV 13/57 stützen. Die Grundsätze dieser Entscheidung sind indessen durch die neuere Entwicklung der Rechtsprechung zum Entnahmebegriff überholt.

a) Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG sind Entnahmen alle Wirtschaftsgüter, die der Steuerpflichtige dem Betrieb für "betriebsfremde Zwecke" im Laufe des Wirtschaftsjahres entnommen hat. Die Rechtsprechung des BFH entwickelte hierzu die Auffassung, daß die Überführung von Wirtschaftsgütern aus einem Betrieb in einen anderen Betrieb desselben Steuerpflichtigen in der Regel keine Entnahme darstellt. Die mehreren Betriebe bilden eine Einheit, innerhalb deren kein Raum für eine Entnahme für "betriebsfremde Zwecke" ist (vgl. BFH-Urteil VI 19/63 U mit weiteren Angaben). Denn die Wirtschaftsgüter verlassen nicht die betriebliche Sphäre. In Einschränkung dieser Rechtsprechung wurde jedoch für Fälle, in denen die steuerliche Erfassung der in den überführten Wirtschaftsgütern enthaltenen stillen Reserven nicht sichergestellt war, auch eine Entnahme bejaht, wenn das Wirtschaftsgut in ein Betriebsvermögen anderer Einkunftsart überführt wird (vgl. BFH-Urteil IV 72/65 vom 16. März 1967, BFH 88, 129, BStBl III 1967, 318; VI 9/65 vom 14. April 1967, BFH 88, 331, BStBl III 1967, 391). "Betriebsfremder Zweck" im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG ist somit nicht nur ein privater Zweck. An dieser Auffassung, die sich für die Auslegung des Entnahmebegriffs in erster Linie auf den Zweck der Entnahmevorschriften im Rahmen des Systems der steuerlichen Gewinnermittlung stützt (finaler Entnahmebegriff), hält der Senat fest.

b) Die Fortentwicklung dieser Grundgedanken rechtfertigt es allgemein, eine Entnahme in der Regel dann anzunehmen, wenn anders die im verwendeten Wirtschaftsgut enthaltenen stillen Reserven endgültig der Besteuerung entgehen würden. Diese Voraussetzungen können ausnahmsweise auch dann vorliegen, wenn das verwendete Wirtschaftsgut im Bereich der gleichen Einkunftsart verbleibt, die besondere Gestaltung der Gewinnermittlung aber bei Verneinung einer Entnahme die stillen Reserven für immer der Besteuerung entzöge. Das ist der Fall, wenn der im forstwirtschaftlichen Betriebsteil erzielte Gewinn gesondert (nach § 4 Abs. 3 EStG) zu ermitteln ist und das geschlagene Holz in dem der Besteuerung nach Durchschnittsätzen unterliegenden landwirtschaftlichen Betriebsteil verwendet wird. Mit dem Wortlaut und dem Wortsinn des § 4 Abs. 1 EStG ist es vereinbar, den forstwirtschaftlichen und den landwirtschaftlichen Betrieb in einem solchen Fall mit Rücksicht auf die von der VOL vorgeschriebene unterschiedliche Gewinnermittlungsart beider Betriebsteile steuerrechtlich als getrennte Betriebe anzusehen.

Daß dann bei Verwendung des Holzes im Bereich der Gewinnermittlung nach Durchschnittsätzen ohne Annahme einer Entnahme der Wert des Holzes nicht mehr steuerlich erfaßt werden würde, ergibt sich aus folgenden Erwägungen. Im Grundbetrag (§ 2 Abs. 1 VOL), der ein Durchschnittsatz ist, sind alle Aufwendungen abgegolten, die die Wirtschaftsführung mit sich bringt. Sie sind hinsichtlich des in der Landwirtschaft benötigten Holzes in dem Umfang berücksichtigt, der sich ergäbe, wenn das Holz auf dem Markt erworben worden wäre. Handelte es sich um einen buchführenden landwirtschaftlichen Betrieb, bei dem im Gesamtbetrag der Aufwendungen der Verbrauch erworbenen Holzes mit den marktgerechten Anschaffungskosten enthalten wäre, so ergäbe sich im selben Wirtschaftsjahr oder infolge der AfA im Laufe eines längeren Zeitraumes ein entsprechend verminderter Gewinn. Da die Besteuerung nach der VOL eine pauschalierte Form der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG ist (vgl. BFH-Urteile IV 351/64 U vom 3. Juni 1965, BFH 83, 207, BStBl III 1965, 576; IV 180/61 U vom 3. Juni 1965, BFH 83, 213, BStBl III 1965, 579), ist von der Fiktion auszugehen, daß der landwirtschaftliche Gewinn in gleicher Weise nach Maßgabe des marktgerechten Anschaffungswerts des selbsterzeugten Holzes gemindert wird. Dieser Minderung muß unter dem Gesichtspunkt der Gleichmäßigkeit der Besteuerung eine entsprechende Gewinnerhöhung im forstwirtschaftlichen Betrieb vorangehen, durch die der Wert des Holzes als forstwirtschaftlicher Gewinn in Erscheinung tritt. Denn eine Erhöhung des Grundbetrags im Sinne des § 2 Abs. 1 VOL ist nicht möglich. Es ist daher gerechtfertigt und notwendig, die Fälle des Eigenverbrauchs selbsterzeugten Holzes im landwirtschaftlichen Betriebsteil ebenso zu behandeln wie diejenigen Fälle, in denen das im forstwirtschaftlichen Betriebsteil gewonnene Holz auf dem Markt veräußert und das für Zwecke des landwirtschaftlichen Betriebs benötigte Holz käuflich erworben wird. Das hat zur Folge, daß im forstwirtschaftlichen Betriebsteil der Gewinn aus dem Holzverkauf in dieser Höhe realisiert und der Einkommensteuer unterworfen wird. Die Sache liegt hier anders als bei einem buchführenden Landwirt (vgl. BFH-Urteil IV 166/62 vom 29. September 1966, BFH 87, 28, BStBl III 1967, 3), der bei Verwendung eigenen Holzes AfA nur nach Maßgabe der tatsächlichen Herstellungskosten des Holzes und nicht nach Maßgabe der Wiederbeschaffungskosten geltend machen kann. Deshalb sind bei ihm die laufenden Gewinne entsprechend höher und die Gewinnverwirklichung beschränkt sich, wie der erkennende Senat in der Entscheidung IV 166/62 ausgeführt hat, auf die Rückgängigmachung solcher Betriebsausgaben, die sich bereits steuerlich ausgewirkt haben.

Gegen diese Beurteilung kann nicht eingewendet werden, daß sich bei einer Veräußerung des Betriebsgebäudes wegen der nach § 2 Abs. 1 VOL zu berücksichtigenden erhöhten AfA ein entsprechend niedrigerer (fiktiver) Restbuchwert und damit ein erhöhter Veräußerungsgewinn ergäbe, so daß der Besteuerung letzten Endes doch nichts entginge. Denn kommt es wirklich zur Veräußerung, so ist bei der Berechnung des Veräußerungsgewinns von dem fiktiven Restbuchwert unter Berücksichtigung des tatsächlich angesetzten forstwirtschaftlichen Entnahme- und des landwirtschaftlichen (fiktiven) Einlagewerts des verwendeten selbsterzeugten Holzes auszugehen.

Anders wäre es, wenn das Gebäude im forstwirtschaftlichen Betriebsteil errichtet worden wäre. Denn dann würde bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG die Grundbetragsfiktion des § 2 Abs. 1 VOL nicht eingreifen. Die AfA würden von den tatsächlichen Aufwendungen ausgehen, die sich dann nach den Herstellungskosten des Holzes richten würden, die ein buchführender Forstwirt ansetzen müßte (vgl. BFH-Urteil IV 166/62).

c) Den hier für den steuerrechtlichen Entnahmebegriff und die notwendige Gewinnrealisierung entwickelten Grundsätzen liegen die gleichen Überlegungen zugrunde, von denen die ständige Rechtsprechung bei dem Wechsel der Gewinnermittlungsmethoden ausgeht (vgl. zuletzt BFH-Urteil IV R 202/67 vom 28. Mai 1968, BFH 92, 555, BStBl II 1968, 650). Danach muß, ohne daß es dafür eine ausdrückliche Gesetzesvorschrift gibt, der Gewinn eines Wirtschaftsjahres erhöht werden, in dem die Gewinnermittlungsart gewechselt wird, wenn anders bestimmte Betriebseinnahmen endgültig der steuerlichen Erfassung entgingen.

2. Der Entnahmewert des Holzes ist der Teilwert (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG). Das gilt auch für die Einnahmen-Überschuß-Rechnung. Sie ist eine vereinfachte Form der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG (vgl. BFH-Urteil IV R 202/67), die deshalb in der Regel so auszulegen und abzugrenzen ist, daß sie auf die Dauer gesehen möglichst zu dem gleichen Ergebnis führt wie der Vermögensvergleich (vgl. Grundsatzurteil I 35/57 S vom 17. Mai 1960, BFH 71, 151, BStBl III 1960, 306). Da die entnommenen Wirtschaftsgüter aus dem für sich zu behandelnden Betriebsvermögen ausscheiden, müssen auch bei der Einnahmen-Überschuß-Rechnung die für die Bewertung von Entnahmen geltenden allgemeinen Grundsätze angewendet werden. Daraus folgt, daß der Teilwert des Holzes eine zusätzliche Betriebseinnahme bei der Ermittlung des forstwirtschaftlichen Gewinns ist.

3. Die Gewinnverwirklichung tritt im forstwirtschaftlichen Betriebsteil ein. Dort gehört das selbstgeschlagene Holz zum Umlaufvermögen. Als Teilwert des entnommenen Holzes sind daher grundsätzlich die Wiederbeschaffungskosten der Großhandelsstufe anzusetzen, also der Marktpreis, den der Land- und Forstwirt für seinen Erwerb aufzuwenden gehabt hätte. Die Gewinnverwirklichung umfaßt daher nicht nur die Herstellungskosten des Holzes, sondern auch den natürlichen Holzzuwachs und einen angemessenen Gewinnzuschlag.

Das FG traf zwar zur Bemessung des Teilwerts keine Feststellungen. Diese Feststellungen brauchen aber hier nicht nachgeholt zu werden, da das FA bei der Berechnung des Entnahmewerts den Marktpreis um 40 v. H. kürzte, damit einen Holzwert ansetzte, der keinesfalls zu hoch ist, und da eine Erhöhung des Wertansatzes zuungunsten des Steuerpflichtigen nicht zulässig ist (§ 96 Abs. 1 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung).

 

Fundstellen

Haufe-Index 68617

BStBl II 1969, 584

BFHE 1969, 176

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