Leitsatz (amtlich)

Die Anpassung zugesagter wie auch bereits laufend gezahlter Pensionsbezüge an die - gegenüber dem Zeitpunkt der Zusage - entscheidend veränderten Verhältnisse (allgemeines Ansteigen der Lebenshaltungskosten) für die Zukunft ist keine nachträgliche Erhöhung der Pensionsbezüge eines Gesellschafter-Geschäftsführers, wenn auch die Pensionen der Arbeiter und der übrigen Angestellten an die steigenden Lebenshaltungskosten angepaßt werden.

 

Normenkette

KStG § 6 Abs. 1 S. 2

 

Tatbestand

Streitig ist die steuerrechtlich zutreffende Behandlung der Erhöhung einer dem geschäftsführenden, die Gesellschaft beherrschenden Gesellschafter gegebenen Pensionszusage kurz vor seinem termingerechten Ausscheiden aus der Geschäftsführung.

Die Revisionsklägerin (Steuerpflichtige), eine GmbH, hatte im Jahre 1955 ihrem geschäftsführenden, an ihrem Stammkapital mit 60 v. H. beteiligten Gesellschafter eine Pensionszusage gegeben, nach der dieser nach Vollendung seines 70. Lebensjahres eine Pension von monatlich 1 000 DM erhalten sollte. Durch Beschlüsse der Gesellschafterversammlung vom 17. März und 24. November 1964 wurde die Pension zunächst um 750 DM, danach um weitere 150 DM angehoben. Am 1. Dezember 1964 schied der Berechtigte wegen Erreichens der Altersgrenze aus der Geschäftsführung aus. Die Erhöhungsbeträge von insgesamt 900 DM monatlich buchte die Steuerpflichtige als laufenden, den Gewinn mindernden Aufwand.

Die Feststellung dieses Sachverhalts aus Anlaß einer Ende des Jahres 1967 bei der Steuerpflichtigen durchgeführten Betriebsprüfung führte zur Beanstandung dieses Vorgehens und zum Erlaß berichtigter, auf § 225 AO gestützter Steuerbescheide für die Streitjahre (1964 bis 1966) durch den Revisionsbeklagten (das FA). Einspruch und Klage der Steuerpflichtigen blieben ohne Erfolg. Das FG führte aus:

Das FA habe die Erhöhungsbeträge zu Recht als verdeckte Gewinnausschüttung behandelt. Die Steuerpflichtige würde einem ihr fremden Geschäftsführer eine Erhöhung der zugesagten Pensionsbezüge um 90 v. H. nicht gewährt haben. Auch könne angesichts der obwaltenden Umstände nicht angenommen werden, daß diese Erhöhung der Pensionsbezüge als Entlohnung ihres geschäftsführenden Gesellschafters für zukünftige Dienstleistungen gedacht gewesen sei; eine Entlohnung seiner in der Vergangenheit geleisteten Dienste könne nach ständiger Rechtsprechung im Hinblick auf die dem Berechtigten mögliche Einflußnahme auf die Beschlüsse der Gesellschaft steuerrechtlich nicht anerkannt werden (Urteil des BFH I 164/62 U vom 31. Juli 1963, BFH 77, 328, BStBl III 1963, 440, und der in gleicher Sache ergangene Beschluß des BVerfG 1 BvR 495/63 und 325/66 vom 11. Juli 1967, BVerfGE 22, 156).

Gegen diese Entscheidung richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Revision der Steuerpflichtigen mit dem Antrag, die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen. Zur Begründung läßt die Steuerpflichtige vortragen:

Es entspreche praktischer Erfahrung, daß in der Wirtschaft leitenden Angestellten auch noch kurz vor ihrer Pensionierung eine Erhöhung ihrer Pensionsbezüge gewährt werde. Im Streitfalle handle es sich indes nicht um einen Fall nachträglicher Erhöhung der Pensionsbezüge mit Wirkung für die Vergangenheit. Vielmehr hätten die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung vom 17. März und 24. November 1964 ausweislich ihrer Begründung allein den Zweck gehabt, der seit der Zusage im Jahre 1955 eingetretenen Geldentwertung Rechnung zu tragen. Die Erhöhung sei in Anlehnung an die Anpassung der amtlichen Rentenerhöhungssätze durchgeführt worden. Eine entsprechende Gleitklausel sei auch in die Verträge der übrigen leitenden Angestellten aufgenommen worden. Von einem Mißbrauch seiner beherrschenden Stellung durch den Berechtigten könne daher keine Rede sein.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.

1. Die Voraussetzungen, unter denen die Rechtsprechung das Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung annimmt, sind zwischen den Beteiligten nicht streitig. Der Rechtsstreit geht vielmehr allein um die Anwendbarkeit des Grundsatzes der Nichtanerkennung rückwirkender Rechtsgestaltungen (vgl. BFH-Urteile I 216/60 U vom 10. April 1962, BFH 75, 137, BStBl III 1962, 318; I 135/65 vom 6. März 1968, BFH 92, 205, BStBl II 1968, 482; I R 172/69 vom 17. Februar 1971, BFH 102, 47, BStBl II 1971, 463, mit weiterer Rechtsprechung).

Wie der erkennende Senat in seinem Urteil I 178/63 U vom 10. November 1965 (BFH 84, 202, BStBl III 1966, 73) ausgeführt hat, erfordern es die verschiedenen Möglichkeiten, die Mitarbeit insbesondere des die Gesellschaft beherrschenden Gesellschafters in der Geschäftsführung zu gestalten, daß von vornherein klar und eindeutig vereinbart sein muß, ob und ggf. in welcher Höhe ein Entgelt gezahlt werden soll. Für eine zurückliegende Zeit kann weder ein Gehalt vereinbart noch der Höhe nach bestimmt noch ein bereits vereinbartes Gehalt erhöht werden. Dasselbe gilt hinsichtlich einer dem geschäftsführenden Gesellschafter gewährten Pensionszusage. Ließe man nachträgliche Vereinbarungen hinsichtlich der Gehalts- oder der Pensionsbezüge zu, so könnte der Gewinn willkürlich so beeinflußt werden, wie es bei der Beurteilung der steuerlichen Auswirkungen bei der Gesellschaft jeweils am günstigten ist.

2. Der Senat stimmt der Steuerpflichtigen indes darin zu, daß die die Gesellschafterbeschlüsse vom 17. März und 24. November 1964 auslösenden Überlegungen eine andere steuerrechtliche Beurteilung rechtfertigen. Die mit der Pensionszusage verfolgte Sicherstellung eines bestimmten Lebensstandards des Berechtigten rechtfertigt eine nominelle Anpassung der zugesagten Pensionsbezüge, wenn sich die im Zeitpunkt der Pensionszusage gegebenen Verhältnisse entscheidend geändert haben (allgemeines Ansteigen der Lebenshaltungskosten). In dieser Anpassung der Bezüge für die Zukunft sieht der Senat keine Erhöhung der Bezüge, die nach den oben dargelegten Grundsätzen nicht gebilligt werden könnte. Voraussetzung ist allerdings, daß die Steuerpflichtige auch die Pensionen ihrer Arbeiter und Angestellten an die steigenden Lebenshaltungskosten anpaßt.

Das FG wird deshalb noch in tatsächlicher Hinsicht zu prüfen haben, ob die Steuerpflichtige - wie sie vorgetragen hat - in die Verträge mit anderen, ihr gesellschaftsrechtlich nicht verbundenen Mitarbeitern Gleitklauseln aufgenommen hat und zu welchem Zeitpunkt, wie sie hinsichtlich solcher Mitarbeiter verfahren ist, die - gleich ihrem geschäftsführenden Gesellschafter - bereits aus der aktiven Tätigkeit ausgeschieden sind, und ob die hier vorgenommene Erhöhung der Bezüge in dem durch eine Anpassung etwa gebotenen Rahmen bleibt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 413189

BStBl II 1972, 501

BFHE 1972, 143

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