Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Der aus der Veräußerung eines Schiffes erzielte Gewinn gehört nicht zu den in § 34 c Abs. 4 EStG tarifbegünstigten Einkünften von Handelsschiffen im internationalen Verkehr.

EStG § 34 c Abs. 4 in der Fassung des Art. 1 Ziff. 16 StändG 1965 vom 14. Mai 1965 (BGBl I S. 377,

 

Normenkette

EStG § 34c/4; EStDV § 68b/2; GG Art. 20, 100/1

 

Tatbestand

Streitig ist im Verfahren der einheitlichen Gewinnfeststellung 1960, ob für den Veräußerungsgewinn, den die Bfinnen bei dem Verkauf ihres einzigen Schiffes am 23. Januar 1960 erzielt haben, der begünstigte Steuersatz des § 34 c Abs. 4 EStG in Anspruch genommen werden kann.

Die von den Bfinnen betriebene Partenreederei veräußerte 1960 ihr einziges Schiff ins Ausland und erzielte hierbei einen Veräußerungsgewinn von 139.441 DM. Da das Schiff bis dahin im internationalen Verkehr eingesetzt wurde, behandelte das Finanzamt 50 v. H. der dabei erzielten Erträge als ausländische Einkünfte gemäß § 34 c Abs. 4 EStG, wandte jedoch auf den Veräußerungsgewinn der Partenreederei diesen Steuersatz nicht an. Es vertrat unter Hinweis auf § 68 b Ziff. 2 EStDV 1960 die Auffassung, daß Einkünfte aus dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr nur solche seien, die auf Beförderungen zwischen ausländischen Häfen oder vom Ausland in das Inland, nicht aber auf Veräußerungsgewinne entfielen. Das Finanzamt war auch insoweit an den Erlaß der Finanzbehörde der Freien und Hansestadt Hamburg vom 7. Juli 1959 (BStBl II S. 95), nach dem Gewinne aus der Veräußerung von Schiffen nicht zu den Einkünften aus dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr gehörten, gebunden.

Einspruch und Berufung blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht begründete seine Entscheidung wie folgt.

Die Vorschrift des § 34 c Abs. 4 Satz 1 EStG verlange nicht nur, daß die zu begünstigenden ausländischen Einkünfte "aus dem Betrieb" von Handelsschiffen, sondern zusätzlich "im internationalen Verkehr" erzielt sein müßten. Gewinne, die bei der Veräußerung von Schiffen erzielt würden, gehörten nicht zu den Einkünften von Handelsschiffen im internationalen Verkehr, weil sie nicht durch den Einsatz von Schiffen in der Seefahrt erzielt würden. Daß der Gesetzgeber die Vorschrift des § 34 c Abs. 4 Satz 1 EStG auch nur so verstanden haben könnte, ergebe sich aus der Systematik des Einkommensteuerrechts, in dem die Steuerpflicht von Veräußerungsgewinnen bei den verschiedenen Einkunftsarten besonders geregelt werden. Es sei auch sinnvoll und gerecht, Gewinne aus der Veräußerung von Seeschiffen nicht in § 34 c Abs. 4 EStG zu begünstigen, weil solche Gewinne nur dann, wenn sie aus der Veräußerung des Betriebs oder eines Teilbetriebs erzielt würden, nicht als laufender Gewinn der Tarifbesteuerung unterlägen.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. der Bfinnen ist nicht begründet.

Nach § 34 c Abs. 4 EStG 1958 ff. konnten die obersten Finanzbehörden der Länder mit Zustimmung des Bundesministers der Finanzen und im Benehmen mit dem Bundesminister für Wirtschaft die Einkommensteuer bei ausländischen Einkünften unbeschränkt Steuerpflichtiger aus dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr in einem Pauschbetrag festsetzen. Dabei galten 50 v. H. der Einkünfte aus dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr als ausländische Einkünfte im Sinne des Satzes 1 (ß 34 c Abs. 4 EStG). Durch Rechtsverordnung konnten Vorschriften erlassen werden u. a. über den Begriff der ausländischen Einkünfte (ß 34 c Abs. 6 Ziff. 1 EStG). Von dieser Ermächtigung machte der Verordnungsgeber in § 68 b Abs. 2 EStDV 1958 ff. Gebrauch, wonach ausländische Einkünfte im Sinn des § 34 c EStG u. a. Einkünfte aus dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr sein sollten, soweit die Einkünfte auf Beförderungen zwischen ausländischen Häfen oder vom Ausland in das Inland entfielen. Diese Vorschriften bildeten die Rechtsgrundlage der Vorentscheidung.

Im Steueränderungsgesetz (StändG) 1965 (vgl. Art. 1 Ziff. 16 StändG 1965 vom 14. Mai 1965, BGBl I S. 377, BStBl 1965 I S. 217) erhielt die bisherige Vorschrift des § 34 c Abs. 4 EStG die folgende Fassung: "Bei ausländischen Einkünften unbeschränkt Steuerpflichtiger aus dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr ist die darauf entfallende Einkommensteuer nach § 34 Abs. 1 Satz 1 zu bemessen. Dabei gelten 50 v. H. der Einkünfte aus dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr als ausländische Einkünfte im Sinne des Satzes 1; Abs. 2 findet keine Anwendung. Auf den restlichen zu versteuernden Einkommensbetrag ist § 34 Abs. 1 Satz 2 sinngemäß anzuwenden. An Stelle der Anwendung der Sätze 1 bis 3 kann der Steuerpflichtige die Anwendung des Abs. 1 verlangen". Diese Auffassung des § 34 c Abs. 4 EStG ist erstmals für den Veranlagungszeitraum 1959 anzuwenden, wenn die Veranlagungen noch nicht rechtskräftig sind (Art. 1 Ziff. 21 StändG 1965). Da beide Fassungen der Vergünstigungsvorschrift in ihrem streitentscheidenden Teil - Berücksichtigung von 50 v. H. der Einkünfte aus dem Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr als ausländische Einkünfte - übereinstimmen, ist es gleichgültig, ob die Vorschrift des StändG 1958 (vgl. Art. 1 Ziff. 29 StändG 1958 vom 18. Juli 1958, BGBl I S. 473, BStBl 1958 I S. 412) oder die des StändG 1965 (vgl. Art. 1 Ziff. 16) der Entscheidung über die Rb. zugrunde gelegt wird.

Es ist auch unerheblich, ob die in § 34 c EStG dem Verordnungsgeber erteilte Ermächtigung und die auf Grund dieser Ermächtigung zur Durchführung des Gesetzes ergangene Bestimmung des § 68 Ziff. 2 EStDV den Anforderungen des Art. 80 des Grundgesetzes entspricht. Denn es bestehen gegen die Versagung der begehrten Vergünstigung schon deshalb keine Bedenken, weil nach beiden Fassungen des § 34 c Abs. 4 EStG der aus der Veräußerung erzielte Gewinn von der Vergünstigung ausgeschlossen ist. Denn Gewinne, die durch Veräußerung von Schiffen erzielt werden, gehören, worauf die Vorinstanz zutreffend hinwies, nicht zu den Einkünften von Handelsschiffen im internationalen Verkehr. Das können nur solche Einkünfte aus der internationalen Seeschiffahrt sein, die durch den Einsatz von Seeschiffen erzielt werden. Die zur Durchführung des § 34 Abs. 4 EStG erlassene Vorschrift des § 68 b Ziff. 2 EStDV schränkt deshalb nicht die Vergünstigung des § 34 c Abs. 1 EStG ein, sondern enthält eine zutreffende Klarstellung des Begriffs der Einkünfte von Handelsschiffen im internationalen Verkehr. Die Vorinstanz lehnte daher mit zutreffenden Gründen die Anwendung des § 34 c Abs. 4 EStG auf den Veräußerungsgewinn ab.

 

Fundstellen

Haufe-Index 411919

BStBl III 1966, 93

BFHE 1966, 255

BFHE 84, 255

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