Entscheidungsstichwort (Thema)

Bilanzberichtigung nur bei fehlerhafter Bilanz

 

Leitsatz (NV)

Mußte nach den im Streitjahr geltenden Rechtsprechungsgrundsätzen ein Grundstücksteil nicht als notwendiges Privatvermögen behandelt werden, so ist dessen Ansatz in der Bilanz nicht fehlerhaft. Eine erfolgsneutrale Ausbuchung im Wege der Bilanzberichtigung ist deshalb nicht zulässig.

 

Normenkette

EStG §§ 4-5

 

Tatbestand

Die Kläger waren Gesellschafter einer OHG. Diese errichtete 1972 ein Wohn- und Bürogebäude, das wie folgt genutzt wurde: 14,16 v. H. eigenbetrieblich, 54,46 v. H. fremdbetrieblich und 31,38 v. H. für Wohnzwecke der Gesellschafter. Die OHG behandelte das gesamte Grundstück von Anfang an als Betriebsvermögen.

In der Eröffnungsbilanz zum 1. Januar 1978 buchte die OHG den zu Wohnzwecken der Gesellschafter genutzten Grundstücksteil einschließlich der damit in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Verbindlichkeiten erfolgsneutral aus.

Nach einer Betriebsprüfung vertrat das Finanzamt (- FA -) die Auffassung, daß die von der OHG vorgenommene Bilanzberichtigung rückgängig zu machen sei, weil nach Abschn. 14 Abs. 4 der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) 1978 das gesamte Grundstück als Betriebsvermögen habe behandelt werden können.

Die hiergegen erhobene Sprungklage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte aus: Die Voraussetzungen für eine Bilanzberichtigung hätten nicht vorgelegen, weil die Schlußbilanz zum 31. Dezember 1977 keinen fehlerhaften Bilanzansatz enthalten habe. Die Behandlung des zu eigenen Wohnzwecken genutzten Grundstücksteils als Betriebsvermögen sei zulässig gewesen. Zwar müsse nach dem Beschluß des Großen Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 26. November 1973 GrS 5/71 (BFHE 111, 242, BStBl II 1974, 132, 136) der zu Wohnzwecken für die Gesellschafter genutzte Gebäudeteil eigentlich als zum notwendigen Privatvermögen gehörendes selbständiges Wirtschaftsgut behandelt werden. Nach der in Abschn. 14 Abs. 4 EStR 1978 enthaltenen Verwaltungsregelung, die von der Rechtsprechung nicht in Frage gestellt worden sei (BFH-Urteil vom 2. Oktober 1980 IV R 42/79, BFHE 131, 497, BstBl II 1981, 63) könne jedoch ein Grundstück, das mehr als zur Hälfte die Voraussetzungen für die Behandlung als Betriebsvermögen erfülle, im ganzen als Betriebsvermögen behandelt werden. Im Streitfall habe das Grundstück mehr als zur Hälfte die Voraussetzung zur Behandlung als Betriebsvermögen erfüllt gehabt.

Abschn. 14 Abs. 8 Satz 3 EStR 1978, der sich mit Grundstücken von Personengesellschaften befasse, schränke die Verwaltungsanweisung in Abschn. 14 Abs. 4 EStR 1978 nicht ein. Es könne nicht davon ausgegangen werden, daß Abschn. 14 Abs. 4 EStR 1978 für im Eigentum von Personengesellschaften stehenden Grundstücken nicht anwendbar sei. Dies ergebe sich auch aus der inzwischen klarstellenden Anweisung in Abschn. 13 b Abs. 3 EStR 1981.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet. Eine Bilanzberichtigung war nicht möglich, weil die Bilanz der OHG per 31. Dezember 1977 keinen fehlerhaften Bilanzansatz enthielt.

Die gegenüber dem Urteil des BFH vom 29. November 1960 I 117/60 S (BFHE 72, 500, BStBl III 1961, 183) geänderte Rechtsprechung (BFH-Urteile vom 6. Juni 1973 I R 194/71, BFHE 109, 519, BStBl II 1973, 705, und vom 22. Mai 1975 IV R 193/71, BFHE 116, 328, BStBl II 1975, 804) findet auf den Streitfall keine Anwendung, weil die OHG am 1. Januar 1978 den von ihren Gesellschaftern zu Wohnzwecken genutzten Grundstücksteil nicht als notwendiges Privatvermögen behandeln mußte. Das ergibt sich - wie das FG zutreffend ausgeführt hat - aus der in Abschn. 14 Abs. 4 EStR 1978 wiedergegebenen Rechtsprechung des BFH, wonach ein Grundstück, das mehr als zur Hälfte die Voraussetzungen für die Behandlung als Betriebsvermögen erfüllt, als ganzes - also auch hinsichtlich eines zu eigenen Wohnzwecken genutzten Teils - als Betriebsvermögen behandelt werden konnte.

Diese Voraussetzungen lagen im Streitfall am 31. Dezember 1977 nach den Feststellungen des FG vor. Der Senat ist an diese Feststellungen gebunden, da sie nicht mit einer zulässigen und begründeten Verfahrensrüge angefochten worden sind (§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

 

Fundstellen

Haufe-Index 416780

BFH/NV 1990, 429

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