Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Die Steuerbegünstigung von Ausgaben zur Förderung gemeinnütziger Zwecke setzt uneigennützige Beweggründe nicht voraus.

 

Normenkette

EStG § 10/1/2/e, § 10b

 

Tatbestand

Der Steuerpflichtige (Stpfl.) hat im Jahre 1949 an den "Sozialen Wohnungsbaufonds" der Stadt X 4.000 DM als verlorenen Zuschuß gezahlt. Im Rechtsbeschwerdeverfahren ist nur noch streitig, ob der Abzugsfähigkeit dieses Betrages als Sonderausgabe gemäß § 10 Abs. 1 Ziff. 2e des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1949 der Umstand entgegensteht, daß die Zahlung zum "Freikauf von Wohnraum" erfolgte.

Das Finanzgericht hat entschieden, daß die Leistung des Stpfl. ihren Spendencharakter nicht dadurch verliert, daß sich der Stpfl. mit ihr eine Auflockerung seiner Wohnverhältnisse verschaffte. Der durch Freikauf von Wohnraum erzielte Vorteil beruhe nicht auf einer geldwerten Gegenleistung des Spendenempfängers und stehe daher zur eigenen Leistung des Stpfl. nicht im Verhältnis eines echten Leistungsaustausches. Ein derartiger mit der Spende verbundener persönlicher Vorteil sei unschädlich, weil durch ihn die Förderung des gemeinnützigen Zwecks des Fonds nicht in Frage gestellt werde.

Der beschwerdeführende Vorsteher des Finanzamts vertritt dagegen die Auffassung, daß das Finanzgericht den Begriff der Sonderausgaben im Sinne des § 10 Abs. 1 Ziff. 2e EStG verkannt habe. Die Zahlung an den Fonds entspringe nicht uneigennützigen Zwecken. Der Annahme eines Leistungsaustausches stehe nicht entgegen, daß der Geber einen nicht geldwerten Vorteil erlangt habe.

 

Entscheidungsgründe

Der Rechtsbeschwerde (Rb.) ist der Erfolg zu versagen.

In dem Urteil IV 342/52 U vom 12. Januar 1953 (Bundessteuerblatt - BStBl - 1953 III S. 66) hat der erkennende Senat die Abzugsfähigkeit von Zuschüssen gemäß § 7c EStG an Stadtgemeinden zum Zwecke der Freimachung von Wohnraum grundsätzlich bejaht. In dem Urteil IV 329/51 U vom 6. März 1952 (BStBl 1952 III S. 114) ist ausgeführt, daß ein Zuschuß im Sinne des § 7c EStG nicht deshalb zu verneinen ist, weil der Zuschußgeber nicht irgendeinen auch nur mittelbaren Vorteil erlangen darf.

Diese Grundsätze haben bei der Auslegung des § 10 a. a. O. in entsprechender Weise zu gelten. Zu den durch die Vorschrift begünstigten Zwecken gehört auch die Förderung des gemeinnützigen Wohnungsbaues. Siehe "Mitteilung betreffend allgemeine Anerkennung besonders gemeinnütziger Zwecke", veröffentlicht im Ministerialblatt des Bundesministers der Finanzen 1949/1950 S. 5. In dem Erlaß des Bundesministers der Finanzen (a. a. O. S. 6) über "Steuerbegünstigung von Ausgaben zur Förderung des Wohnungsbaues" vom 17. November 1949, III S. 2120 - 217/49, ist ausgeführt, daß die Verwirklichung dieser Zwecke auch von steuerlicher Seite her gefördert werden soll. Weder der Wortlaut noch der Sinn und Zweck der Gesetzesvorschrift lassen erkennen, daß der Gesetzgeber die Steuerbegünstigung davon abhängig machen wollte, daß der Spender mit den Ausgaben nur uneigennützige Zwecke verfolgen darf. Vielmehr sind die Voraussetzungen der Gesetzesvorschrift als erfüllt anzusehen, wenn die Ausgaben zur Förderung gemeinnütziger Zwecke, hier zur Förderung des sozialen Wohnungsbaues, getätigt worden sind. Eine einengende Auslegung der Gesetzesvorschrift würde zu einer mit ihrem Zweck nicht zu vereinbarenden Schmälerung der Mittel zur Förderung des Wohnungsbaues führen. Der Beschwerdegegner hat zutreffend darauf hingewiesen, daß man die Verwaltungsbehörden vor eine nur schwer zu meisternde Aufgabe stellen würde, wollte man ihnen zumuten, in jedem einzelnen Falle den inneren Beweggrund für eine Spende festzustellen. Soweit die Ausführungen in Steuer und Wirtschaft 1948 Spalte 750 eine andere Rechtsauffassung vertreten, kann ihnen nicht gefolgt werden. In der Sache ist mündliche Verhandlung beantragt. Es erschien dem Senat jedoch zweckmäßig, gemäß § 294 Abs. 2 der Reichsabgabenordnung vorerst ohne diese zu entscheiden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 407674

BStBl III 1953, 210

BFHE 1954, 547

BFHE 57, 547

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