Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufwendungen für beruflich genutzten Bereich auf einer Empore im Wohnhaus keine Betriebsausgaben

 

Leitsatz (NV)

Aufwendungen für einen beruflich genutzten Bereich auf einer Empore im Wohnhaus sind mangels räumlicher Trennung vom privaten Wohnteil keine Betriebsausgaben (Anschluß an BFH-Urteil vom 6. Februar 1992 IV R 85/90, BFHE 167, 114, BStBl II 1992, 528).

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 4, § 12 Nr. 1

 

Verfahrensgang

FG Münster

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) erzielten im Streitjahr (1988) Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit. Die Klägerin war daneben als Architektin freiberuflich tätig. Im Rahmen der Ermittlung ihrer freiberuflichen Einkünfte machte sie Aufwendungen für eine als häusliches Arbeitszimmer bezeichnete Räumlichkeit in Höhe von 3401 DM geltend. Der Arbeitsraum liegt im Dachgeschoß des selbstgenutzten Einfamilienhauses der Kläger. Er ist mit der Eßdiele im Erdgeschoß über eine offene Treppe verbunden. Über diesen Treppenaufgang sind auch die übrigen Räume im Obergeschoß des Hauses zu erreichen. Links vom Arbeitsplatz liegen die Schlafzimmer der Kläger mit dazugehörigem Bad. Diese Zimmer sind nur durch den Arbeitsraum zu erreichen. Rechts befindet sich das Zimmer des im Streitjahr zwölfjährigen Sohnes mit Flur und Bad. Diese Räume sind über die Treppe und in deren Verlängerung über eine Nische des Arbeitsraumes zugänglich. Der Arbeitsplatz ist von den rechts und links liegenden Räumen des Obergeschosses durch Trennwände und Türen abgegrenzt. Zur Eßdiele und zum Treppenaufgang fehlt jedoch eine trennende Wand. Zur Eßdiele ist der Arbeitsplatz lediglich durch ein rd. 90 cm hohes Holzgeländer abgeteilt.

Nach den vom Finanzgericht (FG) übernommenen Angaben der Kläger wird der Arbeitsraum mindestens 80 Stunden pro Monat beruflich genutzt.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) erkannte die geltend gemachten Aufwendungen für den Arbeitsraum nicht als Betriebsausgaben an. Das FG gab der hiergegen gerichteten Klage unter Berufung auf das Urteil des FG Schleswig-Holstein vom 7. April 1987 II 132/84 (III) (Entscheidungen der Finanzgerichte 1987, 453) statt.

Hiergegen richtet sich die vom Bundesfinanzhof (BFH) zugelassene Revision des FA, mit der die Verletzung materiellen Rechts gerügt wird.

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sind nach § 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) als Betriebsausgaben bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit abzuziehen, wenn dieser Raum ausschließlich oder fast ausschließlich beruflich genutzt wird; einem Abzug der Aufwendungen steht allerdings bei einer mehr als nur geringfügigen privaten Mitbenutzung die Vorschrift des § 12 Nr. 1 EStG entgegen (ständige Rechtsprechung; vgl. BFH-Urteile vom 28. Oktober 1964 IV 168/63 S, BFHE 81, 45, BStBl III 1965, 16, und zuletzt vom 30. März 1989 IV R 45/87, BFHE 156, 204, BStBl II 1989, 509).

In Anwendung dieser Grundsätze hat der VI.Senat des BFH mit Urteil vom 6. Dezember 1991 VI R 101/87 (BFHE 166, 285, BStBl II 1992, 304) entschieden, daß nach der Lebenserfahrung von einer schädlichen privaten Mitveranlassung auszugehen ist, wenn es an einer klaren Abgrenzung des Arbeitszimmers vom privaten Wohnbereich fehlt. Daraus hat der VI.Senat des BFH gefolgert, daß ein zum Wohnzimmer hin offener Raum mangels räumlicher Trennung vom privaten Wohnbereich steuerlich nicht als häusliches Arbeitszimmer anzuerkennen ist (ebenso BFH-Urteil vom 6. Dezember 1991 VI R 110/90, BFH/NV 1992, 380). Der erkennende Senat hat sich dieser zu den Werbungskosten bei nichtselbständiger Arbeit ergangenen Entscheidung des VI.Senats angeschlossen (Urteil vom 6. Februar 1992 IV R 85/90, BFHE 167, 114, BStBl II 1992, 528). Er hält hieran fest. Insbesondere ist daran festzuhalten, daß - abgesehen von unselbständigen Gebäudeteilen, die zwangsläufig mehreren Zwecken dienen (z.B. Treppenhäuser) - bei der Aufteilung eines Gebäudes in Wirtschaftsgüter des Privatvermögens einerseits und des Betriebsvermögens andererseits der durch Wände und Türen abgeschlossene Raum die kleinste Einheit darstellt (vgl. Schmidt/Heinicke, Einkommensteuergesetz, § 4 Anm. 38d). Zwar sagt die Abgeschlossenheit eines Raumes nichts über die Art seiner Nutzung aus (Eckert, Der Steuerberater - StB - 1993, 214). Erst die Abgeschlossenheit macht den Raum aber zu einem Gebäudeteil, über dessen Nutzungsart sich überhaupt eine nachprüfbare Aussage treffen läßt. Deshalb kann es auch keine Rolle spielen, ob sich abgeschlossene Räume eher zur privaten Mitbenutzung eignen als offene Gebäudeteile wie Galerien, Dielen oder Teile des Wohnzimmers (so aber Eckert, StB 1993, 214).

Im Streitfall entspricht die bauliche Gestaltung des Wohn- und Arbeitsbereichs der in den bereits vom BFH entschiedenen Fällen. Es kann keinen Unterschied machen, ob der Arbeitsraum über die offene Treppe und ohne Wände mit dem Wohnzimmer oder - wie im Streitfall - mit einer Eßdiele verbunden ist, zumal auch die Eßdiele und der angrenzende Wohnraum nicht durch eine Tür voneinander getrennt waren.

Hinzu kommt, daß der Arbeitsraum zugleich als Diele für das Obergeschoß diente, von der aus Schlaf- und Badezimmer der Eltern sowie die dem Sohn zur Verfügung stehenden Räume allein zu erreichen waren. Eine solche Diele ist nicht mit einem Zimmer zu vergleichen, das lediglich zum Durchgang für einen einzigen weiteren Raum benutzt wird (BFH-Urteil vom 19. August 1988 VI R 69/85, BFHE 154, 128, BStBl II 1988, 1000).

 

Fundstellen

Haufe-Index 64981

BFH/NV 1994, 853

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