Entscheidungsstichwort (Thema)

Anrechnung zu niedriger Tabaksteuerzeichen auf die Tabaksteuerschuld

 

Leitsatz (NV)

1. Sind zu niedrige Tabaksteuerzeichen für eine Packung Tabakwaren verwendet worden, so ist nur der Unterschied zwischen der bereits entrichteten und der tatsächlich zu zahlenden Tabaksteuer nachzuerheben.

2. Zur Revisibilität tatrichterlicher Schätzungen.

 

Normenkette

TabStG 1980 § 8 Abs. 1 S. 1, § 13 Abs. 3; TabStDV § 7 Abs. 2; FGO § 118 Abs. 2, § 96 Abs. 1 S. 1; AO 1977 § 162

 

Tatbestand

Im Anschluß an eine Außenprüfung forderte der Beklagte und Revisionskläger (Hauptzollamt - HZA -) von der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin) wegen festgestellter Fehlmengen bei Zigarren und einer unaufklärbaren Wenigerverwendung von Steuerzeichen im Steuerwert von . . . DM für Zigarren und . . . DM für Zigarillos insgesamt . . . DM Tabaksteuer an.

Der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) zum Teil statt. Es setzte den wegen der Fehlmengen bei Zigarren festgestellten Betrag auf . . . DM herab. Wegen der Wenigerverwendung von Steuerzeichen vertrat es folgende Auffassung: Entgegen der Meinung des HZA sei in dem Fall, daß ein Tabakerzeugnis mit Steuerzeichen versehen worden sei, die nicht dem Packungsinhalt entsprächen, nur die Differenz zwischen der bereits entrichteten und der tatsächlich zu zahlenden Tabaksteuer und nicht etwa der zutreffende Betrag in voller Höhe ohne Anrechnung des tatsächlich verwendeten Steuerzeichens nachzuerheben. Dies ergebe sich daraus, daß § 11 Abs. 3 des Tabaksteuergesetzes (TabStG) in der Fassung vom 6. Mai 1953, wonach Steuerzeichen, die nicht bestimmungsgemäß verwandt worden seien, als nicht verwandt gelten, nicht in das TabStG 1980 übernommen worden sei. Die in § 8 TabStG 1980 enthaltene Regelung, daß die Steuer durch Verwendung von Steuerzeichen zu entrichten sei, besage nicht, daß fehlerhaft verklebte Steuerzeichen nicht auf die entstandene Tabaksteuerschuld angerechnet werden dürften. Für diese Auslegung spreche auch § 17 TabStG 1980, wo - wenn auch in anderem Zusammenhang - ausdrücklich geregelt sei, daß die Steuer nur in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen bereits entrichteter Steuer und tatsächlich entstandener Steuer nachzuzahlen sei. Ausgehend von dieser Rechtsauffassung sei erheblich, daß der Prüfer neben dem Wenigerverbrauch von Steuerzeichen bei der Klägerin auch einen völlig über sämtlichen Erfahrungssätzen liegenden Mehrverbrauch festgestellt habe, der weder durch Verkleben, Beschädigung oder ähnliche Umstände erklärbar sei. Dies lasse nach Überzeugung des Senats nur den Schluß zu, daß Packungen mit falschen Steuerzeichen versehen worden seien oder es sich lediglich um buchmäßigen Weniger- bzw. Mehrverbrauch handele. Im Rahmen der gebotenen Schätzung sei bei der Wenigerverwendung der Steuerzeichen die als Mehrverbrauch ausgewiesene bereits entrichtete Tabaksteuer zum Teil anzurechnen. Von den als Mehrverbrauch ausgewiesenen Steuerzeichen müßten 30 % wegen der von der Klägerin zu vertretenden Mängel der Anschreibungen als Sicherheitszuschlag unberücksichtigt bleiben. Der Wenigerverwendung von Steuerzeichen bei Zigarren im Steuerwert von . . . DM stehe ein anzurechnender Mehrverbrauch im Steuerwert von . . . DM (. . . DM; ./. 30 %) gegenüber, während der Wenigerverbrauch bei Zigarillos im Steuerwert von . . . DM ein anzurechnender Mehrverbrauch im Steuerwert von . . . DM (. . . ./. 30 %) gegenüberstehe. Im Umfang der verbleibenden Wenigerverwendung von Steuerzeichen sei die Tabaksteuer zu entrichten. Sie entspreche dem Steuerwert der wenigerverwendeten Steuerzeichen und betrage insgesamt . . . DM.

Mit seiner vom FG zugelassenen Revision wendet sich das HZA nur gegen die Herabsetzung des wegen der Wenigerverwendung von Steuerzeichen nacherhobenen Betrages und trägt vor: Es sei umstritten, ob die Verwendung von Steuerzeichen mit einem zu niedrigen Steuerwert im Ergebnis zu einer Nachforderung lediglich des Differenzbetrages führe oder ob das fehlverwendete Steuerzeichen als nicht verwendet mit der Folge anzusehen sei, daß die Steuer in voller Höhe nacherhoben werden müsse. Der Reichsfinanzhof (RFH) habe, gestützt auf § 11 TabStG in der damaligen Fassung, entschieden, daß nur die Differenz zwischen richtigem Steuerbetrag und dem durch Verwendung des unzutreffenden Steuerzeichens entrichtetem Steuerbetrag nachgefordert werden dürfe (Urteil vom 30. Mai 1928 IV A 160/28, Zeitschrift für Zölle + Verbrauchsteuern - ZfZ - 1928, 276; a. A. Horstmann, ZfZ 1930, 395). Daß fehlverwendete Steuerzeichen als nicht verwendet angesehen werden dürften, ergebe sich nunmehr möglicherweise aus § 7 der Verordnung zur Durchführung des Tabaksteuergesetzes (TabStDV). Die Frage der Anrechnung bedürfe im Streitfall aber schon deshalb keiner abschließenden Entscheidung, weil die vom FG vorgenommene Saldierung unter keinem Gesichtspunkt zutreffen könne. Es sei nachgewiesen und auch das FG habe angenommen, daß bei der Klägerin eine Wenigerverwendung von Steuerzeichen vorliege. Es bestehe mit dem FG auch Einigkeit darüber, daß eine Mehrverwendung vorliege. Dem FG könne aber nicht darin gefolgt werden, daß die mehrverwendeten Steuerzeichen ausgerechnet nur auf den Packungen der Tabakwaren, bei denen eine Steuerzeichen-Wenigerverwendung vorgelegen habe, angebracht worden seien. Das FG habe verkannt, daß die Beweislast dafür, daß zumindest eine Teilversteuerung stattgefunden habe, bei der Klägerin liege. Es habe eine unzulässige Beweislastumkehr vorgenommen. Tatsächlich bestünden genügend andere Möglichkeiten, den Verbleib der mehrverbrauchten Steuerzeichen zu erklären, z. B. Diebstahl, versehentliche Vernichtung, Doppelverklebung. In diesen Fällen erfolge keine Erstattung, weil diese nur vorgesehen sei, wenn Steuerzeichen zurückgegeben, vernichtet oder ungültig gemacht würden (§ 13 Abs. 3 TabStG 1980). Dann könne aber auch keine Anrechnung stattfinden. Die Ermittlung des insoweit vom FG vorgenommenen ,,Sicherheitszuschlages" von 30 % bleibe unklar. Der Sicherheitszuschlag lasse auch erkennen, daß das FG andere Ursachen des Mehrverbrauchs als Verwechslungen oder lediglich buchmäßige Abweichungen nicht ausgeschlossen habe. Nicht nachvollziehbar sei auf jeden Fall die vorgenommene Saldierung auf DM-Basis. Logisch wäre eine Gegenrechnung in Stück des Steuerzeichen-Mehrverbrauchs gegen Stück Packung-Wenigerverwendung. Bei der von der Vorinstanz praktizierten Methode werde möglicherweise ein Mehrverbrauch angerechnet, der von der Anzahl der Steuerzeichen her überhaupt nicht hätte verwendet werden können, was einer gesetzlich nicht vorgesehenen Erstattung möglicherweise überzahlter Steuerzeichen gleichkomme. Dies belege das folgende Beispiel:

Mehrverbrauch:

100 Steuerzeichen zu 2 DM Steuerwert

Minderverwendung:

200 Steuerzeichen zu 1 DM Steuerwert

Es müßten - obwohl der Saldo auf DM-Basis null betrage - mindestens 100 Packungen den Betrieb ohne Steuerzeichen verlassen haben. Die beim Bezug von Steuerzeichen entstehende Tabaksteuerzeichenschuld sei nicht der bei der Entfernung von Tabakwaren aus dem Herstellungsbetrieb entstehenden Tabaksteuerschuld in jedem Gesichtspunkt gleichzusetzen.

Die Saldierung würde auch zu einer ungleichmäßigen Steuererhebung führen, weil bei einem Herstellungsbetrieb, in dem eine Wenigerverwendung festgestellt werde, eine Mehrverwendung anzurechnen wäre, während diese bei einem Betrieb ohne Wenigerverwendung außer Ansatz bleibe.

Die Klägerin trägt vor: Es sei entgegen der Darstellung der Revision nicht streitig, daß ein Mehrverbrauch von Steuerzeichen auf eine Wenigerverwendung angerechnet werden könne. Es sei bei ihr jahrzehntelang keine Tabaksteuer wegen Wenigerverwendung von Steuerzeichen erhoben worden. Die richtige Entscheidung darüber, ob eine Verrechnung erfolgen könne, setze eine Kenntnis über die Ursachen eines Mehr- oder Wenigerverbrauchs von Tabaksteuerzeichen voraus: Ein Mehrverbrauch von Steuerzeichen könne auf Mehrfachklebungen, Verwechslungen, Falschbuchungen bei der Dateneingabe, Verlust und Diebstahl beruhen. Eine Wenigerverwendung könne durch nicht verbuchte Retouren, Verwechslungen, Falschbuchungen bei der Dateneingabe oder unbanderolierten Versand an Kunden im Inland verursacht sein. Mit Ausnahme des Falls der Verwechslungen und des unbanderolierten Versands führten diese Ursachen nicht zur Verkürzung des staatlichen Steueranspruchs. Bei Verwechslungen stehe der Wenigerverwendung dabei zwingend ein Mehrverbrauch gegenüber, die Verkürzung des staatlichen Steueranspruchs sei auf den Saldo beschränkt. Das FG habe aufgrund der Beweisaufnahme die Überzeugung gewonnen, daß der über sämtlichen Erfahrungssätzen liegende Mehrverbrauch weder durch Verkleben, Beschädigung oder ähnliche Umstände erklärbar sei und dies nur den Schluß zulasse, daß Packungen mit falschen Steuerzeichen versehen worden seien oder daß es sich lediglich um buchmäßigen Weniger- bzw. Mehrverbrauch handele. Diese Feststellungen seien tatsächlicher Art und für die vorliegende Instanz bindend.

 

Entscheidungsgründe

Die nur gegen die Herabsetzung der hinsichtlich der Wenigerverwendung von Steuerzeichen erfolgten Besteuerung eingelegte Revision ist begründet. Die Sache ist unter Aufhebung der Vorentscheidung insoweit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Die Vorinstanz hat rechtsfehlerfrei angenommen, daß in Fällen, in denen feststeht, daß zu niedrige Steuerzeichen für eine Packung verwendet worden sind, nur die Differenz zwischen der bereits entrichteten und der tatsächlich zu zahlenden höheren Tabaksteuer nachzuerheben ist. Das im Streitfall anzuwendende TabStG 1980 enthält keine Vorschrift, die einer Anrechnung verwendeter Steuerzeichen von zu niedrigem Wert auf die tatsächlich entstandene Steuerschuld entgegensteht. Die in § 8 Abs. 1 Satz 1 TabStG 1980 getroffene Regelung, daß die Steuer durch Verwendung von Steuerzeichen zu entrichten ist, besagt nicht, daß fehlerhaft verklebte Steuerzeichen von zu niedrigerem Wert nicht auf die geschuldete höhere Steuer angerechnet werden dürfen. Auch § 7 Abs. 2 TabStDV, der bestimmt, daß das Steuerzeichen zu verwenden ist, das zur Versteuerung des Erzeugnisses bestimmt ist und nach Menge und Packungspreis dem Inhalt der Packung entspricht, schließt weder nach seinem Wortlaut noch seinem Sinn und Zweck eine Anrechnung aus. Im übrigen hat, wie auch das HZA vorgetragen hat, bereits der RFH (in ZfZ 1928, 276) für vergleichbare Fälle die Auffassung vertreten, daß lediglich der Unterschiedsbetrag nachzufordern sei. Der RFH hat so entschieden (im gleichem Sinne Schröter, TabStG, 1956, § 11 Anm. 6), obwohl § 11 Abs. 3 TabStG a. F. vorsah, daß Steuerzeichen, die nicht bestimmungsgemäß verwandt worden sind, als nicht verwandt gelten. Eine Anrechnung der bereits entrichteten Steuer im Falle der Verwendung von Steuerzeichen von zu niedrigem Wert kann dann aber erst recht erfolgen, nachdem das TabStG 1980 eine dem früheren § 11 Abs. 3 TabStG entsprechende Vorschrift nicht mehr enthält und keine einleuchtenden Gründe dargelegt oder sonst erkennbar sind, die nach dem geltenden TabStG gegen eine Anrechnung sprechen.

2. Die vom FG vorgenommene Schätzung kann auf der Grundlage der bisherigen tatsächlichen Feststellungen der Höhe nach keinen Bestand haben.

Der Bundesfinanzhof ist als Revisionsinstanz an die zu den tatsächlichen Feststellungen gehörende Schätzung durch die Vorinstanz gemäß § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) gebunden. Er kann aber nach seiner ständigen Rechtsprechung die Schätzung daraufhin überprüfen, ob die Schätzung überhaupt zulässig war, ob das FG anerkannte Schätzungsgrundsätze, Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze beachtet hat, ob die gezogenen Folgerungen schlüssig sind und ob das FG-Urteil auf Verfahrensfehlern, insbesondere mangelnder Sachaufklärung, beruht (vgl. z. B. Urteile vom 15. Januar 1985 IX R 81/83, BFHE 143, 61, BStBl II 1985, 252, und vom 18. Dezember 1984 VIII R 195/82, BFHE 142, 558, BStBl II 1986, 226, 229).

a) Im Streitfall war das FG dem Grunde nach gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz FGO i. V. m. § 162 der Abgabenordnung (AO 1977) zu einer eigenen Schätzung befugt. Gegen die stillschweigende Annahme des FG, daß eine weitere Aufklärung der Ursachen des festgestellten Mehrverbrauchs und Wenigerverbrauchs von Steuerzeichen nicht möglich gewesen und die Buchführung der Klägerin mangelhaft und deswegen nicht der Besteuerung zugrunde zu legen war (vgl. §§ 158, 162 AO 1977), sind keine zulässigen und begründeten Revisionsrügen erhoben worden. Eine Schätzungsbefugnis hätte nur dann bereits dem Grunde nach nicht bestanden, wenn das FG die Überzeugung gewonnen hätte, daß die bei der Außenprüfung festgestellte Wenigerverwendung von Steuerzeichen ausschließlich auf solche Mängel der Buchführung der Klägerin zurückzuführen sei, die die Schlußfolgerung gerechtfertigt hätten, daß tatsächlich eine zu einer Erhebung von Steuern berechtigende Wenigerverwendung von Steuerzeichen nicht vorgelegen habe. Eine derartige Überzeugung hatte das FG aber nicht gewonnen.

b) Die Ausführungen des FG ermöglichen auf der Grundlage der bisherigen tatsächlichen Feststellungen dem Senat jedoch nicht die Überprüfung, ob die Schätzung der Höhe nach insgesamt in sich schlüssig ist.

Zwar hält die Auffassung des FG, wegen der von der Klägerin zu vertretenden Mängel der Anschreibungen müsse bei dem zu berücksichtigenden Mehrverbrauch ein Sicherheitsabschlag von 30 % vorgenommen werden, einer Überprüfung stand. Das FG hat damit dem Umstand Rechnung getragen, daß der tatsächliche Mehrverbrauch von Steuerzeichen niedriger gewesen sein kann als der vom Prüfer anhand der Bücher der Klägerin und der Bestandsaufnahme festgestellte Mehrverbrauch von Steuerzeichen. Das FG hat rechtsfehlerfrei wegen der bestehenden und nicht aufklärbaren Unsicherheiten zu Lasten der Klägerin einen Abschlag von dem anzurechnenden Mehrverbrauch vorgenommen. Die Einwände der Revision gegen die Höhe des Abschlags greifen nicht durch. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte war das FG zu einer griffweisen Schätzung befugt. Gegen die Höhe des Abschlags von 30 % sind durchgreifende Gründe nicht vorgebracht worden und auch nicht ersichtlich.

Aber die Schätzung ist - wie die Revision zu Recht rügt - insoweit nicht nachvollziehbar, als aus ihr nicht hervorgeht, aus welchem Grunde das FG den von ihm geschätzten (gegenüber dem buchmäßigen um 30 % reduzierten) Mehrverbrauch insgesamt auf den Wenigerverbrauch angerechnet hat. Die vom FG gewählte Schätzungsmethode, bei der eine volle Anrechnung des wertmäßig geschätzten Mehrverbrauchs von Steuerzeichen auf den wertmäßigen Wenigerverbrauch erfolgt ist, wäre nur dann schlüssig, wenn in tatsächlicher Hinsicht davon auszugehen wäre, daß die Verwechslung von Steuerzeichen immer nur auf die Weise erfolgt ist, daß Steuerzeichen von zu niedrigem Wert auf Packungen mit höherem Wert verklebt worden sind. Denn nur in diesen Fällen konnte eine Anrechnung der fehlerhaft verwendeten Steuerzeichen von niedrigerem Wert auf die geschuldete höhere Steuer erfolgen. In den Fällen, in denen auf Packungen von niedrigerem Wert zu hohe Steuerzeichen verklebt worden sind, ist der die geschuldete Steuer übersteigende Betrag des verwendeten Steuerzeichens verbraucht und steht für eine Anrechnung oder Verrechnung nicht mehr zur Verfügung. Denn es gibt - wie die Revision zutreffend ausgeführt hat - keine Rechtsgrundlage für einen Erstattungsanspruch des Herstellers in solchen Fällen, in denen er Steuerzeichen von zu hohem Wert auf Packungen mit niedrigerem Wert verklebt. Derartige Fälle erfüllen nicht die Voraussetzungen, unter denen nach § 13 Abs. 3 TabStG eine Erstattung bei der Steuerzeichenschuld erfolgen kann. Das TabStG enthält auch sonst keine Vorschriften, nach denen bei dieser Fallgestaltung eine Erstattung vorzunehmen wäre. Das aber bedeutet, daß insoweit ein nicht anrechnungsfähiger Mehrverbrauch vorliegt und die vom FG gewählte Schätzungsmethode nur für den Fall plausibel ist, daß in tatsächlicher Hinsicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit angenommen werden könnte, daß keine Steuerzeichen von höherem Wert auf Packungen mit niedrigerem Wert verklebt worden sind. Die Vorentscheidung enthält keine Feststellungen, aus denen sich ausdrücklich oder auch nur mittelbar ergibt, daß und aus welchen Gründen das FG von einem derartigen Sachverhalt ausgegangen ist. Den Sicherheitsabschlag von 30 % bei der Schätzung des anrechenbaren Mehrverbrauchs hat das FG ausschließlich damit begründet, ,,daß von den als Mehrverbrauch ausgewiesenen Steuerzeichen 30 % wegen der von der Klägerin zu vertretenden Mängel der Anschreibungen als Sicherheitszuschlag unberücksichtigt bleiben müssen". Diese Begründung des FG gibt keinen Raum für eine dahingehende Auslegung, daß damit auch die Fälle abgegolten sein sollten, in denen eine Anrechnung deshalb ausscheidet, weil Steuerzeichen von höherem als für die Packung tatsächlich in Betracht kommenden Wert verwendet worden sind.

3. Das FG wird klären müssen, ob Tatsachen oder sonstige Umstände vorliegen, die aus seiner Sicht die Würdigung rechtfertigen, daß die von ihm angenommene Verwechslung von Steuerzeichen stets nur in der Weise erfolgt ist, daß Zeichen von niedrigerem Wert auf Packungen mit höherem Wert verwendet worden sind. Sollten Anhaltspunkte für eine derartige Fallgestaltung nicht bestehen und auch eine weitere Sachverhaltsaufklärung, insbesondere auch unter Berücksichtigung der Stückzahlen des Mehr- oder Wenigerverbrauchs von Steuerzeichen, nicht möglich sein, so bedeutet dies nicht, daß eine Anrechnung eines Mehrverbrauchs überhaupt nicht vorzunehmen ist. Vielmehr ist das FG auch insoweit wiederum zu einer alle Umstände berücksichtigenden griffweisen Schätzung des Anteils befugt, zu dem eine Verrechnung des Mehrverbrauchs mit einem Wenigerverbrauch ausscheidet.

 

Fundstellen

Haufe-Index 417966

BFH/NV 1992, 415

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