Entscheidungsstichwort (Thema)

Wechselseitige Arbeitsverhältnisse zwischen Ehegatten

 

Leitsatz (NV)

Wechselseitige Arbeitsverhältnisse zwischen Ehegatten entsprechen im Regelfall in ihrem Inhalt und ihrer Durchführung nicht dem, was zwischen Fremden üblich ist.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 4, § 12 Nr. 2

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute. Sie wurden für die Streitjahre 1976 bis 1979 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger betreibt Weinhandel und Weinimport; er ist außerdem bei einer Unternehmensberatungs-GmbH als Gesellschafter-Geschäftsführer nichtselbständig tätig. Die Klägerin ist Versicherungsagentin.

Am 1. Juli 1975 schlossen die Kläger wechselseitig Arbeitsverträge mit im wesentlichen gleichem Wortlaut; als Tätigkeitsbereiche waren in den Verträgen für den Kläger Verwaltungs-, Buchführungs- und Organisationsarbeiten sowie die Erledigung aller steuerlichen Aufgaben und für die Klägerin der Verkauf von Wein, das Führen der Verkaufskasse und tägliche Abstimmungsarbeiten angegeben. Die Regelung in § 3 in der Fassung der beiden Verträge vom 1. Oktober 1975 lautet: ,,Der Arbeitnehmer (die Arbeitnehmerin) erhält als Gegenleistung ein monatliches Entgelt von 520 DM. Dieser Betrag ist fällig am Ultimo eines jeden Monats, und zwar netto. Die darauf entfallende Lohnsteuer in Höhe von 10 % (pauschaliert) entsprechend den lohnsteuerlichen Vorschriften trägt die Arbeitgeberin (der Arbeitgeber)." In § 4 der beiden Verträge ist der Abschluß einer Direktversicherung vereinbart. Im Nachtrag vom 1. Oktober 1975 heißt es: ,,Des weiteren wird vereinbart, daß an jedem zweiten Tag gearbeitet wird. Die Arbeitszeit pro Arbeitstag beträgt 6 Stunden." Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) erkannte die Arbeitsverträge und die Direktversicherungsbeiträge nicht an. Er änderte demgemäß für die Streitjahre die Einkommensteuerbescheide der Kläger und die Gewerbesteuerbescheide der Klägerin. Die Einsprüche der Kläger gegen die Einkommensteueränderungsbescheide und der Klägerin gegen die Gewerbesteueränderungsbescheide hatten keinen Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klagen ab. Es entschied, daß die Arbeitsverträge zwischen den Klägern in den angefochtenen Steuerbescheiden nicht zu berücksichtigen seien, weil sie nicht den von der Rechtsprechung geforderten Grundsätzen für die steuerliche Anerkennung von Arbeitsverträgen zwischen Ehegatten entsprächen.Die Kläger rügen mit der Revision die Verletzung materiellen Rechts und Verstöße gegen verfahrensrechtliche Vorschriften. Sie haben die während des Revisionsverfahrens geänderten Einkommensteuer- und Gewerbesteuerbescheide für die Streitjahre 1978 und 1979 zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.

Die Kläger beantragen, das FG-Urteil aufzuheben und der Klage stattzugeben.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

1. Zahlt ein Gewerbetreibender Arbeitslohn aufgrund eines Ehegatten-Arbeitsvertrags, so sind die Lohnzahlungen nur Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG), wenn das Arbeitsverhältnis ertragsteuerlich anzuerkennen ist; ist dies nicht der Fall, stellen die Zahlungen nichtabzugsfähige Ausgaben i. S. des § 12 Nr. 2 EStG dar. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) können Arbeitsverträge zwischen Ehegatten ertragsteuerlich nur berücksichtigt werden, wenn sie auf klaren und eindeutigen Abmachungen beruhen und wenn sie entsprechend den Vereinbarungen tatsächlich durchgeführt werden; ferner müssen Vertragsinhalt und Vertragsdurchführung dem entsprechen, was zwischen Fremden üblich ist (z. B. Urteile vom 13. November 1986 IV R 322/84, BFHE 148, 168, BStBl II 1987, 121; vom 14. Oktober 1981 I R 34/80, BFHE 134, 293, BStBl II 1982, 119). Entsprechend diesen Grundsätzen hat der BFH entschieden, daß ertragsteuerlich zu beachtende Ehegatten-Arbeitsverträge nicht vorliegen, wenn sich zwei Ehegatten wechselseitig verpflichten, mit ihrer vollen Arbeitskraft jeweils im Gewerbebetrieb des anderen tätig zu sein (Urteil vom 26. Februar 1969 IR 165/66, BFHE 95, 44, BStBl II 1969, 315). In dem nicht veröffentlichten Urteil vom 20. Oktober 1983 IV R 131/81 hat der BFH ausgesprochen, daß wechselseitige Arbeitsverträge zwischen Ehegatten nicht den zwischen Fremden üblichen Vereinbarungen entsprechen und deshalb ertragsteuerlich nicht anerkannt werden können, wenn beide Ehegatten Inhaber von in Nachbarorten gelegenen Lebensmittelgeschäften sind und jeder Ehegatte im Betrieb des anderen als Arbeitnehmer beschäftigt ist; dabei hat der BFH als unerheblich angesehen, ob der jeweilige Arbeitnehmer- Ehegatte tatsächlich seine volle Arbeitskraft dem jeweiligen Arbeitgeber-Ehegatten zur Verfügung gestellt hat.

Auch im Streitfall können die zwischen den Klägern vereinbarten Arbeitsverträge ertragsteuerlich nicht berücksichtigt und die gezahlten Löhne nicht als Betriebsausgaben abgesetzt werden.

Aufgrund der besonderen persönlichen Beziehungen zwischen Ehegatten sind strenge Anforderungen an Inhalt und Durchführung von Ehegatten-Arbeitsverträgen zu stellen (BFHE 148, 168, BStBl II 1987, 121, m. w. N.). Dies muß mit Rücksicht auf die Bewältigung der Arbeiten im eigenen Haushalt insbesondere gelten, wenn Ehegatten wechselseitige Arbeitsverträge zur Mitarbeit im Betrieb des anderen Ehegatten abschließen.

Es kommt nur sehr selten vor, daß fremde Gewerbetreibende neben der Führung des eigenen Betriebs ihre Arbeitskraft durch wechselseitige Arbeitsverträge dem jeweils anderen Betriebsinhaber zur Verfügung stellen. Statt die eigene Arbeitskraft dem Betrieb des anderen zu widmen, werden es fremde Geschäftsleute vorziehen, durch Arbeitsleistung im eigenen Betrieb dessen Ertragskraft zu steigern. Für einen Unternehmer wird es im allgemeinen nur dann sinnvoll sein, seine Arbeitskraft im Betrieb eines anderen Unternehmers einzusetzen und dafür die im eigenen Betrieb anfallenden Arbeiten einem fremden Arbeitnehmer zu übertragen, wenn er für die Erledigung der Arbeiten mangels eigener fachlicher Qualifikation eine andere Fachkraft benötigt oder wenn sich der Unternehmer durch das anderweitige Tätigwerden insgesamt einen höheren Ertrag verspricht.

Nach diesen Grundsätzen kann nicht angenommen werden, daß bei gleicher Sachlage wie im Streitfall fremde Gewerbetreibende wechselseitige Arbeitsverträge abgeschlossen hätten. Damit entsprechen die Arbeitsverträge der Kläger in ihrem Inhalt nicht dem, was üblicherweise zwischen Fremden vereinbart wird; dies hat zur Folge, daß die Arbeitsverhältnisse ertragsteuerlich nicht berücksichtigt werden können.

Es kann dahinstehen, ob in besonders gelagerten Ausnahmefällen möglicherweise eine andere ertragsteuerliche Beurteilung in Betracht zu ziehen ist. Ein solcher Ausnahmefall kann in der Streitsache nicht angenommen werden. Die von der Klägerin für den Betrieb des Klägers übernommenen Arbeiten (Verkauf von Wein, Führung der Verkaufskasse und Abstimmungsarbeiten) hätte dieser auch selbst übernehmen können, ohne daß es für ihn nachteilig gewesen wäre. Bei der Führung der Verkaufskasse und den Abstimmungsarbeiten handelt es sich um Aufgaben, für die der Kläger offensichtlich die erforderliche Qualifikation besessen hat, wie sich daraus ergibt, daß er ähnliche Arbeiten (Verwaltung, Buchführung, Organisation) für die Klägerin übernommen hat. Dies gilt erst recht für den Tätigkeitsbereich ,,Weinverkauf". Soweit die Klägerin den Wein im zeitlichen Zusammenhang mit den Arbeiten für die eigene Versicherungsagentur verkauft hat, kann nicht davon ausgegangen werden, daß sie diese Tätigkeit in einem Unterordnungsverhältnis zum Kläger - also nichtselbständig - ausgeübt hat. Es muß auch weiter angenommen werden, daß die Klägerin dazu befähigt war, die vom Kläger im Rahmen seines Arbeitsvertrags im Betrieb der Klägerin übernommenen Arbeiten ,,Verwaltung", ,,Buchführung" und ,,Organisation" selbst auszuführen, sonst wäre sie andererseits nicht qualifiziert gewesen, im Betrieb des Klägers die Verkaufskasse zu führen und Abstimmungsarbeiten zu erledigen. Da somit die gesamte Tätigkeit der Klägerin im Betrieb des Klägers und ein sehr erheblicher Teil der Tätigkeit des Klägers im Betrieb der Klägerin auch vom jeweiligen Betriebsinhaber selbst hätten erledigt werden können, entsprechen die Verträge insoweit nicht dem, was zwischen Fremden üblich ist. Für die ertragsteuerliche Beurteilung kann es dann nicht mehr darauf ankommen, daß die Klägerin für einen Teilbereich ihres Arbeitgebiets (nämlich für den Bereich ,,Steuern") möglicherweise nicht die notwendige fachliche Qualifikation besessen hat und sie sich deshalb einer anderen fachkundigen Person bedienen mußte. Die notwendige Gesamtbeurteilung der beiden Arbeitsverhältnisse hat zur Folge, daß sie in vollem Umfange ertragsteuerlich nicht anerkannt werden können.

Im Streitfall spricht gegen die ertragsteuerliche Berücksichtigung der Arbeitsverträge zwischen den Klägern auch der Umstand, daß der Kläger zusätzlich als Geschäftsführer einer Unternehmensberatungs-GmbH nichtselbständig tätig war. Es ist wenig wahrscheinlich, daß der Kläger neben der durch diese Tätigkeit bedingten Belastung und neben den Arbeiten im eigenen Betrieb wöchentlich noch etwa 18 Stunden im Betrieb der Klägerin als Arbeitnehmer tätig war; dabei ist nicht beachtet, daß der Kläger unter Umständen noch Arbeiten im eigenen Hausstand übernommen hat. Soweit die Arbeiten im Haushalt allein von der Klägerin ausgeführt worden sind, hätte sie zusätzlich zu der Beschäftigung im Betrieb des Klägers im Umfange von wöchentlich etwa 18 Stunden noch die Arbeiten im eigenen Gewerbebetrieb leisten müssen. Die Kläger haben es unterlassen, detaillierte und plausible Angaben dazu zu machen, daß bei einer solchen Gesamtbelastung die tatsächliche Durchführbarkeit der vereinbarten Arbeitsverhältnisse noch möglich war.

2. Auch die von den Klägern mit der Revision vorgetragenen Verfahrensrügen können der Revision nicht zum Erfolg verhelfen.

Von einer Begründung wird nach Art. 1 Nr. 8 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs abgesehen.

3. Da die ertragsteuerlichen Voraussetzungen für die Anerkennung der Arbeitsverträge der Kläger nicht vorliegen, können auch die Direktversicherungsleistungen nicht als Betriebsausgabe abgezogen werden (BFH-Urteil vom 28. Juli 1983 IV R 103/82, BFHE 139, 376, BStBl II 1984, 60).

 

Fundstellen

Haufe-Index 415788

BFH/NV 1989, 19

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