Entscheidungsstichwort (Thema)

Zu den Voraussetzungen der Vereinigung aller Anteile an einer Personengesellschaft und zum Begriff des ",wirtschaftlich bedeutungslosen Zwerganteils" i. S. des rheinland-pfälzischen GrEStG 1970

 

Leitsatz (NV)

1. Unter "Anteil der (Personen-)Gesellschaft" i. S. der Tatbestände des § 1 Abs. 3 GrEStG 1983 bzw. des § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 bis 4 des rh.-pf. GrEStG 1970 ist die gesellschaftsrechtliche Beteiligung an der Personengesellschaft zu verstehen, d. h. die aus der Mitgliedschaft in der Personengesellschaft folgende gesamthänderische Mitberechtigung hinsichtlich des (aktiven) Gesellschaftsvermögens. Eine Beteiligung an der Personengesellschaft in diesem Sinne hat grundsätzlich auch derjenige Gesellschafter inne, der keinen Anteil am Gesellschaftskapital (und am Gewinn und Verlust) der Gesellschaft hat. Ein solcher Gesellschafter ohne kapitalmäßige Beteiligung ist zwar am Wert des Gesellschaftsvermögens nicht beteiligt, wohl aber ist er gesamthänderischer Mitinhaber der zum (aktiven) Gesellschaftsvermögen gehörenden Sachen, Forderungen und Rechte. Denn die Beteiligung an der Gesamthandsgemeinschaft ist mit der Mitgliedschaft in der Personengesellschaft notwendigerweise und untrennbar verbunden.

2. Als "wirtschaftlich bedeutungslose Zwerganteile" i. S. des § 2 Abs. 3 Satz 2 des rh.-pf. GrEStG 1970 sind nach dessen Sinn und Zweck solche Gesellschaftsbeteiligungen anzusehen, die keine oder nur eine geringfügige Teilhabe am Reinvermögen (Kapital) der Gesellschaft gewähren.

3. Zum sog. Treuhandgesellschafter.

 

Normenkette

GrEStG 1983 § 1 Abs. 3; Rheinland-pfälzisches GrEStG 1970 § 2 Abs. 3 S. 1 Nrn. 1-4, S. 2

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine KG, war zunächst -- ab 1. Januar 1976 -- mit einer Kapital- und Ergebnisbeteiligung von 50 % an dem Festkapital der H-KG als persönlich haftende Gesellschafterin beteiligt. Die restlichen KG-Beteiligungen befanden sich in den Händen von Mitgliedern der Familie H, darunter des Kommanditisten J.

Mit Vertrag vom 8./9. Dezember 1981 erwarb die Klägerin mit Wirkung vom 30. Juni 1981 alle von den Mitgliedern der Familie H gehaltenen KG-Anteile mit Ausnahme des Kommanditanteils des J.

Aufgrund einer "Treuhandvereinbarung" vom 15. Januar 1982 wurde der bislang aufgrund Dienstvertrages vom 27. August 1980 als Leiter des "administrativen Bereichs" der H-KG fungierende Gesamtprokurist X als sog. "treuhänderischer Komplementär" ohne Kapital- sowie Gewinn- und Verlustbeteiligung in die H-KG aufgenommen.

Mit Vertrag vom 3. März 1982 zwischen der Klägerin und J, der bis dahin eine Kommanditbeteiligung in Höhe von 5 v. H. am Festkapital der H-KG inne hatte, verkaufte und übertrug J seinen Kapitalanteil an die Klägerin. Zugleich wurde vereinbart, daß er persönlich haftender Gesellschafter der H-KG ohne Kapitalbeteiligung werde. Mit einem weiteren Vertrag vom 3. März 1982 vereinbarten die Klägerin und J, daß dieser als sog. "treuhänderischer Komplementär" in die H- KG aufgenommen sei, wobei seine Rechtsbeziehung zur H-KG und zu den Mitgesellschaftern der H-KG sich im "Innenverhältnis ... ausschließlich nach dem Anstellungsvertrag mit der Firma H" richte. Aufgrund des Anstellungsvertrages vom 18. März 1976 war J als Leiter des "operativen Bereichs" und Gesamtprokurist in der H-KG tätig und trug zusammen mit dem Leiter des administrativen Bereichs die Gesamtverantwortung für das Unternehmen. Die als sog. "Treuhandvereinbarung" überschriebene Absprache sah im einzelnen vor, daß J -- wie der andere "treuhänderische Komplementär" X -- am Gewinn und Verlust der H-KG nicht teilnehme und die Klägerin "Trägerin des Gesellschaftskapitals und -vermögens" sei und sich verpflichte, den Komplementär "von allen Haftungsfolgen, Rechtsnachteilen und Kosten freizustellen, die gegen ihn in seiner Eigenschaft als persönlich haftender Gesellschafter ... geltend gemacht werden". Die Klägerin verzichte "auf die Geltendmachung von Ausgleichsansprüchen, die ihr bei einer Inanspruchnahme infolge der gesetzlichen Gesamtschuldnerschaft gegen Herrn J zustünden".

Die "Treuhandvereinbarung" der Klägerin mit X hat den gleichen Wortlaut.

Nach dem neugefaßten Gesellschaftsvertrag der H-KG vom 3. März 1982 nahmen die Klägerin die Rechtstellung der alleinigen Kommanditistin mit einer Einlage von ... DM und die Herren X und J die Funktion von Komplementären ohne Kapitaleinlage ein. Für den Fall der Kündigung oder des Ausscheidens eines persönlich haftenden Gesellschafters sollten die anderen Gesellschafter die H-KG fortführen. Einem Komplementär sollte durch Gesellschafter-Beschluß ohne Angabe von Gründen das Recht zur Vertretung der Gesellschaft entzogen werden können mit der Folge, daß er aus der KG ausscheide. Die Beschlüsse der Gesellschafter sollten grundsätzlich mit einfacher Mehrheit gefaßt werden, wobei die persönlich haftenden Gesellschafter über je eine Stimme und die Kommanditistin über zehn Stimmen verfügen sollten. Die persönlich haftenden Gesellschafter sollten am Gewinn und Verlust nicht teilnehmen. Für den Fall, daß alle persönlich haftenden Gesellschafter ausschieden oder die H-KG aus anderen Gründen aufgelöst werde, sollte die Kommanditistin das Geschäft ohne Liquidation mit Aktiven und Passiven übernehmen können. Im Falle des Ausscheidens eines persönlich haftenden Gesellschafters oder nach Liquidation sollten die persönlich haftenden Gesellschafter keinen Anspruch auf ein Abfindungsguthaben haben. ...

Zum Vermögen der H-KG gehörten im Zeitpunkt des Eintritts des "treuhänderischen Komplementärs" J und der Übernahme seines Kommanditanteils in Höhe von 5 v. H. durch die Klägerin die folgenden Grundstücke: ...

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) würdigte den Vorgang als Anteilsvereinigung i. S. von § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a des Rheinland-pfälzischen Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) 1970 und erließ unter Mitwirkung der Belegenheitsfinanzämter die folgenden Grunderwerbsteuerbescheide: ...

Als Bemessungsgrundlagen setzte das beklagte FA unter Bezugnahme auf § 19 Abs. 2 GrEStG 1970 jeweils die Hälfte der auf 140 v. H. erhöhten Einheitswerte der Grundstücke an.

Mit der nach erfolglosen Einsprüchen erhobenen Klage begehrte die Klägerin die Aufhebung der angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheide. Sie machte geltend, die Rechtsstellung der persönlich haftenden Gesellschafter J und X habe -- trotz der Einschränkungen im Innenverhältnis -- die Existenz einer vollwertigen Personenhandelsgesellschaft im Rechtsleben nicht in Frage stellen können. Die Rechtsbindungen, denen die Komplementäre J und X gegenüber der Klägerin ausgesetzt gewesen seien, hätten ihnen weder die Möglichkeit noch die Rechtsmacht genommen, einen von dem der Klägerin abweichenden, andersartigen Sachherrschaftswillen bezüglich der Betriebsgrundstücke nach außen wirtschaftlich zu entfalten.

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage als unbegründet abgewiesen.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Sie beantragt, die Vorentscheidung und die angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheide aufzuheben.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Im Ergebnis zu Recht hat das FG angenommen, daß die angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheide rechtmäßig seien.

1. Der vorliegende Rechtsstreit betrifft die Anwendung und Auslegung von revisiblem Landesrecht (GrEStG 1970). Zwar ist § 160 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO), aus dem sich die Revisibilität der landesrechtlichen Vorschriften des Grunderwerbsteuerrechts ergab, durch Art. 1 Nr. 37 des Gesetzes vom 21. Dezember 1992 (BGBl I 1992, 2109, BStBl I 1993, 90) mit Wirkung ab 1. Januar 1993 aufgehoben worden. Jedoch hält der erkennende Senat in ständiger Rechtsprechung die Revisibilität landesrechtlicher Vorschriften für gegeben, wenn diese noch im Zeitpunkt der Einlegung der Revision bestand (vgl. z. B. Senatsentscheidungen vom 13. April 1994 II R 93/90, BFHE 174, 380, BStBl II 1994, 817, und vom 18. Mai 1994 II R 119/90, BFH/NV 1995, 267). Letzteres trifft im Streitfall zu.

2. Zutreffend ist die Vorinstanz davon ausgegangen, daß eine Vereinigung aller Anteile an der H-KG i. S. von § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a GrEStG 1970 bei der Klägerin nicht schon allein deswegen anzunehmen ist, weil diese seit dem 3. März 1982 allein am Kapital und am Ergebnis der H- KG beteiligt war.

a) Unter "Anteil der (Personen-)Gesellschaft" i. S. der Tatbestände des § 1 Abs. 3 GrEStG 1983 ist die gesellschaftsrechtliche Beteiligung an der Personengesellschaft zu verstehen (vgl. z. B. Boruttau/Egly/Sigloch, Grunderwerbsteuergesetz, Kommentar, 13. Aufl., § 1 Rdnr. 697 und 700, m. w. N.; Sosnitza, Deutsche Verkehrsteuer-Rundschau -- DVR -- 1975, 82, 83 f.; Stahl, Steuer und Wirtschaft -- StuW -- 1979, 237, 238; Binz/Freudenberg/Sorg, Deutsches Steuerrecht -- DStR -- 1990, 753 f.), d. h. die aus der Mitgliedschaft in der Personengesellschaft folgende gesamthänderische Mitberechtigung hinsichtlich des (aktiven) Gesellschaftsvermögens (vgl. auch Sosnitza, a. a. O.). Eine Beteiligung an der Personengesellschaft in diesem Sinne hat grundsätzlich auch derjenige Gesellschafter inne, der -- wie im Streitfall die Komplementäre der H-KG -- keinen Anteil am Gesellschaftskapital (und am Gewinn und Verlust) der Gesellschaft hat. Ein solcher Gesellschafter ohne kapitalmäßige Beteiligung ist zwar am Wert des Gesellschaftsvermögens nicht beteiligt, wohl aber ist er gesamthänderischer Mitinhaber der zum (aktiven) Gesellschaftsvermögen gehörenden Sachen, Forderungen und Rechte. Denn die Beteiligung an der Gesamthandsgemeinschaft ist mit der Mitgliedschaft in der Personengesellschaft notwendigerweise und untrennbar verbunden.

b) Diese -- § 1 Abs. 3 GrEStG 1983 betreffenden -- Grundsätze gelten -- vorbehaltlich des § 2 Abs. 3 Satz 2 GrEStG 1970 (vgl. dazu unten 4.) -- in gleicher Weise für die in § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 bis 4 GrEStG 1970 statuierten Steuertatbestände.

3. Nicht zu folgen vermag der erkennende Senat der Ansicht des FG, die Klägerin habe den Tatbestand des § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a GrEStG 1970 dadurch verwirklicht, daß ihr die von den Komplementären J und X gehaltenen Gesellschaftsbeteiligungen als "Treugeberin" zuzurechnen seien. Denn die Komplementäre J und X fungierten nicht als "Treuhänder" oder "Beauftragte" der Klägerin, sondern hielten ihre Beteiligungen an der H-KG auch im Innenverhältnis zur Klägerin im eigenen Interesse und für eigene Rechnung.

Kennzeichnend für die (fiduziarische Vollrechts-)Treuhand ist die durch den Treuhandvertrag schuldrechtlich gebundene Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen im eigenen Namen und kraft eigener Rechtsmacht für fremde Rechnung (Beuthien, Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht -- ZGR -- 1974, 26, 29). Bezieht sich die Treuhand auf einen (Personen-)Gesellschaftsanteil, so handelt der Treuhänder (in zivilrechtlicher Sicht) nach außen hin zwar im eigenen Namen, d. h., er und nicht der Treugeber (Auftraggeber) ist als Gesellschafter und mithin als Träger aller Rechte und Pflichten aus dem Gesellschaftsverhältnis anzusehen (statt vieler Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, 2. Aufl., S. 1534). Im Innenverhältnis, d. h. im Verhältnis zum Treugeber (Auftraggeber), handelt er jedoch auf dessen Rechnung. In diesem Innenverhältnis ist der Treuhänder gegenüber dem Treugeber Beauftragter. Dementsprechend ist der Treuhandvertrag je nachdem, ob der Treuhänder unentgeltlich oder entgeltlich tätig wird, als Auftrag (§§ 662 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches -- BGB --) oder als Geschäftsbesorgungsvertrag (§§ 675, 663, 665 bis 670, 672 bis 674 BGB) zu qualifizieren (vgl. Beuthien, ZGR 1974, 26, 40; vgl. auch Karsten Schmidt, a. a. O., S. 1533). Dies bedeutet insbesondere, daß der Treuhänder als "Beauftragter" bei seiner Verwaltungstätigkeit die Weisungen des Treugebers zu beachten hat (vgl. § 665 BGB). Typisch ist in diesem Zusammenhang auch die Vereinbarung schuldrechtlicher Stimmrechtsbindungen (vgl. Karsten Schmidt, a. a. O., S. 1537). Ferner ist der Treuhandgesellschafter gehalten, dem Treugeber das Treugut auf Anforderung (zurück) zu übertragen und den auf das Treugut entfallenden Gewinn herauszugeben (§ 667 BGB) sowie ihm Auskünfte zu erteilen und Rechenschaft abzulegen (§ 666 BGB). Des weiteren kann der Treuhänder vom Treugeber gemäß den §§ 670, 675 BGB Ausgleich für alle ihm aus der Gesellschafterstellung entstandenen Verluste verlangen.

a) Zunächst spricht weder für noch gegen das Vorliegen eines Treuhandverhältnisses (Auftragsverhältnisses), daß die beiden Komplementäre J und X weder am Gesellschaftskapital (-reinvermögen) noch am Gewinn und Verlust beteiligt waren sowie im Falle ihres Ausscheidens aus der H-KG und im Falle deren Liquidation eine Abfindung bzw. einen Anteil am Liquidationsüberschuß nicht beanspruchen konnten.

b) Des weiteren kann die Auffassung des FG, es liege eine treuhänderische Beteiligung der beiden Komplementäre vor, auch nicht entscheidend auf die Bezeichnung der Verträge zwischen der Klägerin und den beiden persönlich haftenden Gesellschaftern J und X vom 15. Januar 1982 und 3. März 1982 als sog. "Treuhandvereinbarungen" und den darin verwendeten Begriff des "treuhänderischen Komplementärs" gestützt werden. Denn der in der Rechtspraxis verwendete Begriff der "Treuhand" ist mehrdeutig. Entscheidend ist allein der materielle Inhalt der Abreden.

c) Eine Gesamtwürdigung und Auslegung des Inhalts der Vereinbarungen ergibt für das Vorliegen einer Stellung der beiden Komplementäre als Treuhänder bzw. Beauftragte der Klägerin keine hinreichenden Anhaltspunkte.

aa) Die Stellung als persönlich haftende Gesellschafter vermittelte J und X die Berechtigung, die Geschäfte der H-KG zu führen und diese zu vertreten. Die Klägerin war als Kommanditistin von der Führung der Geschäfte und von der Vertretung ausgeschlossen (vgl. §§ 164 und 170 des Handelsgesetzbuches -- HGB --). Sie konnte auch nicht über ein Weisungsrecht gemäß § 665 BGB aufgrund einer Stellung als Treugeberin (Auftraggeberin) Einfluß auf die Geschäftsführung der Komplementäre nehmen. Zwar heißt es in dem jeweiligen § 1 Satz 2 der sog. Treuhandvereinbarungen vom 15. Januar 1982 und 3. März 1982, die Rechtsbeziehungen der Komplementäre zur H-KG und den Mitgesellschaftern "richten sich im Innenverhältnis ausschließlich nach dem Anstellungsvertrag mit der Firma ... (H-KG)". Dennoch kann daraus ein Weisungsrecht der Klägerin gegenüber den Komplementären nicht hergeleitet werden. Die ursprünglichen Dienstverträge der H- KG mit J und X vom 18. März 1976 und 27. August 1980 sahen zwar in deren jeweiligen § 8 vor, daß J und X, die seinerzeit noch Prokuristen waren, gegenüber ihren Vorgesetzten -- darunter auch die Klägerin, die damals noch die Stellung einer Komplementärin der H-KG inne hatte -- weisungsgebunden waren. Die entsprechenden Regelungen sind jedoch durch die "Zusatzverträge" zu den o. a. Anstellungsverträgen vom 3. März 1982 aufgehoben und damit der neuen gesellschaftsrechtlichen Lage, wonach die Klägerin die Stellung einer Kommanditistin und die bisherigen Prokuristen persönlich haftende Gesellschafter wurden, angepaßt worden.

bb) Die beiden Komplementäre J und X unterlagen des weiteren in bezug auf ihre Berechtigung zur Mitwirkung bei der Fassung von Gesellschafter-Beschlüssen auch keiner -- wie dargelegt, für Treuhandverhältnisse typischen -- Stimmrechtsbindung gegenüber der Klägerin. Daß die Klägerin aufgrund ihrer Stimmenmehrheit innerhalb der H-KG (vgl. § 15 des Gesellschaftsvertrages vom 3. März 1982) die Möglichkeit hatte, die Komplementäre bei Gesellschafterbeschlüssen zu überstimmen, spricht entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht für eine Treuhänderstellung der Komplementäre. Denn diese Dominanz der Klägerin bei der Fassung von Gesellschafterbeschlüssen folgte bereits aus ihrer Stellung als (Mehrheits-)Gesellschafterin der H-KG und nicht etwa aus der rechtlichen Möglichkeit, aufgrund einer Treugeberposition auf das Abstimmungsverhalten der Komplementäre bei Gesellschafterbeschlüssen Einfluß zu nehmen.

cc) Die Komplementäre J und X waren in bezug auf ihre Gesellschaftsbeteiligungen auch nicht dem -- für ein Treuhandverhältnis (Auftragsverhältnis) charakteristischen -- Herausgabeanspruch gemäß § 667 BGB ausgesetzt. Zutreffend hat das FG darauf hingewiesen, daß den sog. Treuhandvereinbarungen sowie den Dienstverträgen keine schuldrechtliche Vereinbarung entnommen werden könne, "daß der persönlich haftende Gesellschafter jederzeit seine treuhänderisch gehaltene Rechtsstellung (= den Gesellschaftsanteil) auf Verlangen auf die Klägerin zu übertragen habe". Zu Unrecht sieht jedoch das FG das Fehlen einer solchen Vereinbarung deswegen für unschädlich an, weil die Klägerin es jederzeit durch Initiierung eines entsprechenden Gesellschafterbeschlusses in der Hand gehabt habe, die persönlich haftenden Gesellschafter aus der H-KG hinauszudrängen. Letzteres ist zwar richtig; indessen folgte diese Möglichkeit wiederum nicht aus ihrer Rechtsstellung als vermeintliche Treugeberin, sondern allein aus ihrer Position als Mehrheitsgesellschafterin der H-KG und den entsprechenden Regelungen im Gesellschaftsvertrag vom 3. März 1982.

dd) Fehlte es nach dem Vorgesagten zu aa) bis cc) insbesondere sowohl an einer Weisungsbefugnis i. S. des § 665 BGB als auch an einem Herausgabeanspruch in bezug auf die Gesellschaftsanteile gemäß § 667 BGB, so mangelte es an den essentiellen und für das Treuhand- bzw. Auftragsverhältnis typischen Erfordernissen.

Demgegenüber fällt nicht ins Gewicht, daß sich die Klägerin in den sog. Treuhandvereinbarungen verpflichtet hatte, die Komplementäre "von allen Haftungsfolgen, Rechtsnachteilen und Kosten freizustellen", die gegen diese in ihrer Eigenschaft als persönlich haftende Gesellschafter der H- KG geltend gemacht würden. Dies gilt um so mehr, als sich die nicht am Kapital und Ergebnis der H-KG beteiligten Komplementäre J und X im Falle ihrer Inanspruchnahme oder bevorstehenden Inanspruchnahme für Gesellschaftsschulden (vgl. § 161 Abs. 2 i. V. m. § 128 HGB) auch ohne eine solche Vereinbarung nicht nur bei der KG (vgl. § 110 HGB), sondern -- da die Klägerin die alleinige am Kapital und Ergebnis beteiligte Gesellschafterin der H-KG war, in vollem Umfang (vgl. § 426 BGB) -- auch bei der Klägerin schadlos halten konnten.

4. Gleichwohl ist die Vorentscheidung im Ergebnis zu bestätigen. Dies folgt aus den Besonderheiten des für die Beurteilung des Streitfalles maßgeblichen GrEStG 1970. Nach dessen § 2 Abs. 3 Satz 2 steht der Steuerpflicht gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 1 bis 4 (hier: § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a) nicht entgegen, "wenn ein wirtschaftlich bedeutungsloser Zwerganteil von der Vereinigung ( ... ) ausgeschlossen ist".

Als "wirtschaftlich bedeutungslose Zwerganteile" i. S. des § 2 Abs. 3 Satz 2 GrEStG 1970 sind nach dessen Sinn und Zweck solche Gesellschaftsbeteiligungen anzusehen, die keine oder nur eine geringfügige Teilhabe am Reinvermögen (Kapital) der Gesellschaft gewähren. Diese Voraussetzung ist im Streitfall erfüllt, weil die Komplementäre J und X am Kapital (Reinvermögen) der H-KG nicht beteiligt waren. Die Komplementäre sollten bei ihrem Ausscheiden aus der H-KG und im Falle deren Abwicklung weder eine Abfindung erhalten noch am Auseinandersetzungsguthaben teilhaben. Inhaberin des gesamten Gesellschaftskapitals war, nachdem sie mit Vertrag vom 3. März 1982 die Kommanditbeteiligung des J in Höhe von 5 v. H. zu ihrem bis dahin gehaltenen Kommanditanteil in Höhe von 95 v. H. hinzuerworben hatte, allein die Klägerin.

 

Fundstellen

Haufe-Index 421031

BFH/NV 1996, 433

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