Entscheidungsstichwort (Thema)

Ermittlung des Firmenwerts nach der indirekten Methode

 

Leitsatz (NV)

Zur Berechnung des durchschnittlich erzielbaren Gewinns und des von diesem abzuziehenden Unternehmerlohns bei der Ermittlung des Firmenwerts nach der indirekten Methode

 

Normenkette

EStG § 6 Abs. 1 Nr. 2; FGO § 76

 

Tatbestand

Der Revisionskläger ist Erbe der Klägerin. Die Klägerin war Komplementärin der C-KG mit einem Kapitalanteil von 52 v. H. Kommanditisten waren Frau K mit einem Kapitalanteil von 46 v. H. und deren Kinder B und A mit Kapitalanteilen von je 1 v. H. Die KG betrieb den Einzelhandel mit Goldwaren. Der Ehemann der Gesellschafterin K (AK) war aufgrund eines Arbeitsvertrags mit der KG als Geschäftsführer tätig. Sein Gehalt, das 1963 festgesetzt worden war und seitdem unverändert geblieben ist, betrug monatlich 2 000 DM. Infolge von Auseinandersetzungen über die Arbeitsleistung des AK kam es zu Streitigkeiten auch zwischen der Klägerin und Frau K und zur Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses mit den Kommanditisten durch die Klägerin. Diese Streitigkeiten, in deren Folge im Jahre 1969 mehrere Prozesse angestrengt wurden, wurden durch Abschluß eines Vergleichs vor dem Landgericht F am 9. Dezember 1970 beendet. Nach dem Vergleich bestand Einvernehmen, daß die Kommanditisten zum 31. Dezember 1969 aus der Gesellschaft ausgeschieden waren. Der Betrieb wurde von der Klägerin ab 1. Januar 1970 als Einzelunternehmen fortgeführt. Auch das Arbeitsverhältnis mit AK wurde beendet. Aufgrund des Vergleichs hat die Klägerin an die ausscheidenden Kommanditisten Abfindungen von insgesamt 390 000 DM zu zahlen.

Bei der Erklärung zur Feststellung des Gewinns der KG für 1969 wurde für die Kommanditisten ein Veräußerungsgewinn in Höhe von 65 061 DM erklärt. Die Klägerin machte die an die ausgeschiedenen Kommanditisten als ,,lästige Gesellschafter" zu zahlenden bzw. bereits gezahlten 390 000 DM abzüglich der Kapitalkonten der Kommanditisten zum 31. Dezember 1969 in Höhe von 308 622 DM, das sind 81 378 DM, zuzüglich Rechtsanwaltsgebühren für die Auseinandersetzung in Höhe von 13 725,10 DM als persönlich zu tragende Betriebsausgaben geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) erließ einen entsprechenden, nach § 100 Abs. 2 der Reichsabgabenordnung (AO) vorläufigen Gewinnfeststellungsbescheid vom 26. Juli 1971.

Nach einer im Jahre 1974 durchgeführten Betriebsprüfung stellte das FA sich auf den Standpunkt, die Klägerin habe den Teil der Abfindung, den sie über den Nennwert der Kapitalkonten der Kommanditisten hinaus geleistet habe, für den Erwerb eines Geschäftswerts in Höhe von (390 000 DM ./. 314 470,73 DM Kapitalkonten laut Betriebsprüfung =) 75 529,27 DM gezahlt, der als nicht abschreibungsfähiger Aktivposten ,,Geschäftswert" zu behandeln sei. Das FA berichtigte dementsprechend gemäß § 225 AO den Feststellungsbescheid 1969.

Im Einspruchsverfahren machte die Klägerin geltend, der durchschnittliche steuerliche Gewinn der Jahre 1967 bis 1969, den das FA der Berechnung des Firmenwerts zugrunde gelegt hatte, sei zu korrigieren. Außerdem müßten ersparte Zinsen, Eigenkapitalverzinsung und Unternehmerlohn abgezogen werden. Der angemessene Unternehmerlohn für die Klägerin betrage monatlich 5 000 DM. Im einzelnen hat die Klägerin hierzu vorgetragen: Die Höhe des Unternehmerlohns von 5 000 DM richte sich nach der langjährigen Tätigkeit und den fachlichen Kenntnissen der Geschäftsführerin in der Juwelier- und Goldschmiedebranche. Sie sei seit über 30 Jahren leitend in ihrem Geschäft tätig und habe sich einen namhaften Ruf in ihrer Branche geschaffen. Große fachliche Kenntnisse sowie die persönliche Behandlung ihrer Kundschaft zeichneten sie aus. Bis 1969 hätte sie an AK als Geschäftsführer monatlich 2 000 DM gezahlt. Im Vergleich zu AK sei ihre Leistung sicherlich mit dem dreifachen Wert anzusetzen. Bei ihrer Berechnungsmethode kam die Klägerin zu einem anteiligen Firmenwert der Kommanditisten in Höhe von 16 000 DM nach der direkten und von ./. 266 490 DM nach der indirekten Methode.

Der Einspruch hatte, was die Ermittlung des Firmenwerts angeht, im Ergebnis keinen Erfolg. Das FA berücksichtigte zwar bei der Ermittlung des Firmenwerts nach der indirekten Methode einen Unternehmerlohn, kam dabei aber unter Berücksichtigung der Korrekturen beim Durchschnittsgewinn entsprechend dem Vorbringen der Klägerin noch zu einem Firmenwert von 154 490 DM, wovon 74 251 DM auf die Anteile der Kommanditisten entfielen. Das FA folgerte hieraus, der gesamte streitige Betrag sei Aufwand für den Erwerb des (anteiligen) Firmenwerts gewesen. Als angemessenen Unternehmerlohn der Klägerin berücksichtigte das FA einen Betrag von 3 800 DM. Unter Berücksichtigung der Relation zum Gehalt des früheren Geschäftsführers AK erscheine ein monatliches Gehalt im Jahre 1969 von 3 800 DM als angemessen. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage teilweise statt. Es ermittelte den Geschäftswert nach der indirekten Methode, setzte dabei als Unternehmerlohn der Klägerin einen Betrag von 52 000 DM an, lehnte jedoch den Abzug ersparter Zinsen und einer angemessenen Eigenkapitalverzinsung ab. Das FG korrigierte die Berechnungsmethode des FA auch insofern, als es als Wert des Betriebsvermögens nicht dessen Buchwert, sondern dessen Teilwert abzog.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung des Urteils des FG und zur Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung.

1. Die Verfahrensrüge, das FG habe dadurch, daß es auf die von der Klägerin vorgelegte Aufstellung über die Entwicklung der Gehälter leitender Angestellter nicht eingegangen sei, gegen den klaren Inhalt der Akten verstoßen, ist nicht begründet. Das FG ist auf dieses Vorbringen der Klägerin eingegangen und hat sich mit ihm auseinandergesetzt. Wenn das FG, wie sich aus den Ausführungen unter 3. ergibt, unzutreffende Folgerungen aus dem Vorbringen der Klägerin gezogen hat, so handelt es sich dabei nicht um einen Verfahrensfehler, sondern um einen Fehler bei der Anwendung materiellen Rechts.

2. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) kann die einem ausscheidenden Gesellschafter einer Personengesellschaft gezahlte Abfindung als Betriebsausgabe nur abgezogen werden, wenn und soweit im Betriebsvermögen der Personengesellschaft keine stillen Reserven und auch kein Geschäfts- oder Firmenwert enthalten sind, die auf den das Unternehmen fortführenden Gesellschafter übergehen; dabei spricht eine Vermutung dafür, daß die den Buchwert des Gesellschaftsanteils (Kapitalkonto) übersteigenden Zahlungen die Gegenleistung für die übergehenden stillen Reserven und / oder einen Geschäfts- oder Firmenwert bilden (vgl. Urteil vom 25. Januar 1979 IV R 56/75, BFHE 127, 32, BStBl II 1979, 302, m. w. N.). Das FG-Urteil befaßt sich nur mit der Frage, ob ein Geschäfts- oder Firmenwert vorhanden war, nicht damit, ob in Einzelwirtschaftsgütern des Betriebsvermögens der KG stille Reserven vorhanden waren. Das Urteil war schon aus diesem Grunde aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen, damit das FG entsprechende Feststellungen nachholen kann.

3. a) Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, daß bei der Ermittlung des Geschäftswerts nach der sogenannten indirekten Methode bei der Ermittlung des Reinertrags vom Jahresgewinn ein angemessener Unternehmerlohn abzuziehen ist (BFH-Urteile vom 8. Dezember 1976 I R 215/73, BFHE 121, 402, BStBl II 1977, 409, und in BFHE 127, 32, BStBl II 1979, 302), und daß die den Substanzwert bestimmenden Wirtschaftsgüter mit dem Teilwert anzusetzen sind (Urteil in BFHE 121, 402, BStBl II 1977, 409). Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, daß das FG der Ertragswertermittlung einen zu hohen durchschnittlich erzielbaren Gewinn zugrunde gelegt hat.

b) Der Ertragswert eines Unternehmens ist ein in die Zukunft weisender Wert und bestimmt sich nach den voraussichtlich künftig erzielbaren Gewinnen. Für die Schätzung der für die Zukunft zu erwartenden nachhaltigen Jahresgewinne bilden die in der Vergangenheit tatsächlich erwirtschafteten Gewinne einen wichtigen Anhaltspunkt (Urteil in BFHE 127, 32, BStBl II 1979, 302). Deshalb müssen außergewöhnliche, das wahre Betriebsergebnis verfälschende Umstände ausgeschaltet werden (Maaßen, Finanz-Rundschau - FR - 1976, 315, 321). Auch der erkennende Senat hat bereits im Urteil in BFHE 127, 32, BStBl II 1979, 302 betont, daß dann, wenn künftig die bisher nicht gewinnmindernd berücksichtigte Arbeitsleistung des Unternehmensinhabers entfällt und der Unternehmenserwerber die ausfallende Arbeitskraft durch einen Arbeitnehmer ersetzen muß, dem künftigen Mehraufwand bei der Schätzung des danach nachhaltig zu erzielenden Gewinns Rechnung getragen werden muß.

c) Im Streitfall ist zu berücksichtigen, daß - wie zwischen den Parteien unstreitig ist - die monatliche Vergütung des damaligen Geschäftsführers AK in Höhe von 2 000 DM seit 1963 nicht erhöht worden ist. Wenn auch der Streit über den Wert der Arbeitsleistung des AK schließlich zur Auflösung der Gesellschaft geführt hat, so kann daraus doch nicht gefolgert werden, nach dem Ausscheiden des AK habe das Unternehmen auf eine vergleichbare Arbeitskraft verzichten können. Es besteht vielmehr die Möglichkeit, daß nach dem Ausscheiden von AK eine andere Arbeitskraft eingestellt werden mußte und auch eingestellt worden ist. Sollte dies der Fall sein, so wäre dies auch bei der Geschäftswertermittlung in der Weise zu berücksichtigen, daß der durchschnittliche Gewinn der Vorjahre um die nach dem Ausscheiden von AK anfallenden Kosten einer Ersatzkraft zu mindern wäre.

Eine abschließende Entscheidung ist nicht möglich, da die tatsächlichen Feststellungen des FG eine verbindliche Aussage darüber, ob und gegebenfalls in welcher Höhe dem Unternehmen zusätzlicher Personalaufwand nach dem Ausscheiden des AK entstanden ist, nicht zulassen. Das FG wird entsprechende Feststellungen nachholen und auf dieser Grundlage neu berechnen müssen, ob und in welcher Höhe ein Geschäftswert vorhanden war.

d) Sollte das FG zu dem Ergebnis kommen, daß auch unter Berücksichtigung des Wegfalls der Arbeitsleistung des AK ein Geschäftswert vorhanden war, so wird es auch nähere Feststellungen über die Umstände treffen müssen, die dazu geführt haben, daß dem Unternehmen zinslose Darlehen zur Verfügung gestellt worden sind. Wenn das FG ausführt, ein Abzug ersparter Zinsen käme nur bei der direkten, nicht hingegen bei der indirekten Methode zur Ermittlung des Geschäftswerts in Betracht, so übersieht es, daß die ersparten Zinsen nicht - wie der Unternehmerlohn - vom durchschnittlich erzielbaren Gewinn abzuziehen wären, sondern daß sie bereits bei der Ermittlung des durchschnittlich erzielbaren Gewinns abgezogen werden müßten. Es ist außergewöhnlich, daß einem Unternehmen Kapital in Gestalt von Darlehen unverzinslich zur Verfügung gestellt wird. Geschieht dies gleichwohl, so können dafür außerbetriebliche Gründe, insbesondere verwandtschaftliche oder sonstige persönliche Beziehungen zu dem oder den Inhabern des Unternehmens maßgebend sein. Sollten die Feststellungen des FG dazu führen, daß der Zinsverzicht der Darlehensgläubiger auf persönlichen Beziehungen zu den Gesellschaftern beruht, so könnte der Zinsvorteil nicht als ein dem Unternehmen als solchem anhaftender Vorteil, sondern als ein außergewöhnlicher Umstand anzusehen sein, der jedenfalls auf Dauer dem Unternehmen nicht erhalten bleibt. In diesem Falle wäre bei der Ermittlung des durchschnittlich erzielbaren Gewinns ein entsprechender Zinsaufwand gewinnmindernd zu berücksichtigen.

e) Geht man davon aus, daß das Gehalt des ausgeschiedenen Geschäftsführers AK bei Geltung üblicher Bedingungen im Jahre 1969 3 560 DM monatlich betragen hätte und daß andererseits, wovon das FG in tatsächlicher Hinsicht ausgegangen ist, ,,der Klägerin wegen ihrer langjährigen Erfahrungen in der Goldwarenbranche und ihres besonderen Geschickes im Umgang mit Kunden eine erheblich höhere Vergütung zustand als sie der Geschäftsführer AK mit monatlich 2 000 DM erhalten hatte", so kann dem FG auch nicht darin beigepflichtet werden, daß der Klägerin als angemessener Unternehmerlohn nur ein Betrag von monatlich 4 000 DM zuzüglich einer erfolgsabhängigen Vergütung von jährlich 4 000 DM zustand. Sollten die Feststellungen des FG ergeben, daß das angemessene Gehalt des ausgeschiedenen Geschäftsführers AK auch bei den von diesem tatsächlich erbrachten Leistungen höher als das vereinbarte und gezahlte Gehalt von 2 000 DM war und bei etwa 3 500 DM lag, so müßte das FG für die Klägerin einen wohl nicht unerheblich über 52 000 DM liegenden Unternehmerlohn ansetzen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 415039

BFH/NV 1987, 580

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