Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer Gewerbesteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Patentberichterstatter sind gewerbesteuerpflichtig.

 

Normenkette

EStG § 15/1, § 18 Abs. 1 Nr. 1; GewStG § 2 Abs. 1

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Beschwerdeführer (bf.) als Patentberichterstatter gewerbesteuerpflichtig ist.

Er ist Bürovorsteher bei einem Patentanwalt. Daneben übt er eine selbständige Tätigkeit als Patentberichterstatter aus. Insoweit beschäftigt er sich im Auftrag von Erfindern, Patentanwälten oder Firmen mit Nachforschungen nach Patentschriften und Patentanmeldungen beim Patentamt. Wie sich aus dem vom Bf. eingereichten Schriftwechsel und aus dem sonstigen Akteninhalt ergibt, sieht der Bf. für die im allgemeinen in München nicht ansässigen Auftraggeber die Register und Akten des Patentamts ein und nimmt Aktenabschriften vor, wobei die Wertung dem Auftraggeber vorbehalten bleibt. In einem anderen Falle hatte er sich durch Vorsprache beim Patentamt um Beschleunigung der Veröffentlichung eines Bekanntmachungsbeschlusses zu bemühen. Zur Durchführung seiner Aufträge braucht er Erfahrung und Sachkenntnis; bei der Materialsammlung hilft ihm auch seine Ehefrau. Eine besondere Ausbildung als Patentberichterstatter gibt es nicht; der Bf. ist in einem Patentanwaltsbüro als technischer Zeichner und später als Bürovorsteher ausgebildet. Nebenbei hat er Fachschulen für kaufmännische und technische Ausbildung besucht. Nach einem Schreiben des Präsidenten des Deutschen Patentamts vom 28. September 1953 ist die Tätigkeit der Patentberichterstatter nicht rein mechanischer Art, sondern erfordert eine gewisse höhere Vorbildung.

Die Vorinstanzen haben für den Veranlagungszeitraum 1952 die Gewerbesteuerpflicht des Bf. nach § 2 Abs. 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) bejaht. Das Finanzgericht führt dazu aus, die Tätigkeit des Bf. als Patentberichterstatter falle nicht unter die selbständige Tätigkeit des § 18 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Eine wissenschaftliche Tätigkeit übe er nicht aus, da nur bereits vorhandenes Material aufzufinden und zusammenzustellen, nicht aber festzustellen und zu begutachten sei, in welchem Zusammenhang Idee und Patentschrift stehen. Gerade diese Arbeit sei den Auftraggebern selbst vorbehalten. Die Tätigkeit des Bf. sei auch keinem der im § 18 Abs. 1 Ziff. 1 EStG aufgeführten Berufe ähnlich. Vergleichsweise komme nur der beratende Ingenieur in Frage; der Bf. berate aber nicht, nehme auch inhaltlich nicht zu den Ideen Stellung. Auch auf § 18 Abs. 1 Ziff. 3 EStG könne sich der Bf. nicht stützen, da es sich nicht um eine gelegentliche, sondern um eine planmäßige, auf Gewinnerzielung gerichtete gewerbliche Tätigkeit handle.

Zur Begründung seiner Rechtsbeschwerde (Rb.) trägt der Bf. unter Bezugnahme auf die von ihm eingereichten Unterlagen vor, daß seine Tätigkeit ein umfangreiches technisches Wissen voraussetze, und daß zum Patentberichterstatter mehr gehöre als ein Ingenieur an Kenntnissen von vornherein mitbringe. Er prüfe und begutachte das vorliegende Material auf seine Brauchbarkeit. Die Grundlage für seine wissenschaftliche Arbeit liege in seiner 35jährigen Berufstätigkeit sowie in seiner Vorbildung. Seine Arbeit des Heraussuchens erfordere ein wissenschaftliches Vorgehen; eher sei noch die Auswertung durch den Auftraggeber eine schematische Tätigkeit.

Außerdem sei eine ähnlichkeit der Tätigkeit des Patentberichterstatters mit der in § 18 Abs. 1 Ziff. 1 aufgeführten Ingenieur-Tätigkeit gegeben. Wegen der geringen Zahl an Patentberichterstattern sei es verständlich, daß dieser Beruf nicht ausdrücklich im EStG als freiberuflicher genannt worden sei. Andere Patentberichterstatter seien bisher auch noch nicht zur Gewerbesteuer herangezogen worden.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist nicht begründet.

Zu den gewerbesteuerpflichtigen Einkünften im Sinne des § 2 GewStG gehören nicht die Einkünfte aus freien Berufen im Sinne des § 18 EStG. Wie das Finanzgericht zutreffend hervorgehoben hat, kann freiberufliche Tätigkeit nur aus zwei Gründen angenommen werden, nämlich, wenn entweder der Beruf des Bf. in § 18 Abs. 1 Ziff. 1 EStG aufgeführt, bzw. einem der dort angeführten Berufe "ähnlich" ist, oder wenn eine "wissenschaftliche" Tätigkeit vorliegt.

Der Senat hat es in ständiger Rechtsprechung als nicht angängig erklärt, der Aufzählung im § 18 EStG einen allgemeinen Grundsatz zu entnehmen; ein Beruf muß vielmehr, wenn er als "ähnlich" anerkannt werden soll, tatsächlich einem bestimmten in der Gesetzesvorschrift aufgeführten Beruf ähnlich sein. Nur auf diese Weise sei eine einigermaßen bestimmte Abgrenzung möglich (siehe Urteil des Bundesfinanzhofs IV 6/53 U vom 4. Februar 1954, Slg. Bd. 58 S. 618, Bundessteuerblatt - BStBl - 1954 III S. 147). Zu dem Berufsstand der Patentanwälte, die freiberuflich sind, gehört der Bf. nicht (siehe §§ 1 ff. des Patentanwaltsgesetzes vom 28. September 1933 in der Fassung vom 2. Juli 1949, Gesetz und Verordnungsblatt des Wirtschaftsrats des Vereinigten Wirtschaftsgebiets - WiGBl - S. 149). Nach Art der Tätigkeit und der Vorbildung des Bf. kommt hier vergleichsweise nur der freie Beruf eines Ingenieurs in Frage, wobei am nächsten die Einbeziehung unter die beratenden Ingenieure liegen würde. Der Bf. übt jedoch keine beratende Tätigkeit im Sinne einer eigenen geistigen Leistung aus, sondern er trägt nur im Rahmen seines Auftrages aus den Registern des Patentamtes Material zusammen, dessen Auswertung Sache des Auftraggebers ist. Ebensowenig ist die Anfertigung von Aktenauszügen eine beratende, gutachtliche Leistung; der Bf. berät auch seine Auftraggeber nicht, sondern übermittelt ihnen nur tatsächliche Feststellungen ohne eigene Stellungnahme. Die Würdigung des Sachverhalts durch das Finanzgericht gibt daher zu Beanstandungen keinen Anlaß. An den Bf. wenden sich neben Firmen und Erfindern auch auswärtige Patentanwälte, die sich nicht etwa von ihm beraten lassen wollen, sondern nur aus Zeitmangel oder aus sonstigen Gründen nicht selbst nach München kommen wollen. Die Unrichtigkeit der Ausführungen des Bf. ergibt sich schon daraus, daß andernfalls zahlreiche auswärtige Patentanwälte sich von dem Bürovorsteher eines anderen Patentanwalts in dem gesetzlich festgelegten Geschäftskreis "beraten" lassen würden (siehe § 9 des Patentanwaltsgesetzes). Ebensowenig ist es beratende, gutachtliche Tätigkeit, wenn der Bf. z. B. wegen Beschleunigung der Veröffentlichung eines Beschlusses auftragsgemäss beim Patentamt vorspricht. Schließlich ist der Bf. nicht Ingenieur, so daß auch äußerlich keine Verbindung zum Beruf des Ingenieurs besteht.

Der Bf. übt somit keinen "ähnlichen" Beruf im Sinne des § 18 Abs. 1 Ziff. 1 EStG aus.

Seine Tätigkeit kann aber auch nicht als wissenschaftlich angesehen werden. Dies ergibt sich zum Teil bereits aus den vorangegangenen Ausführungen. Wenn auch eine akademische Vorbildung nicht unbedingt Voraussetzung für eine wissenschaftliche freiberufliche Tätigkeit ist, so kann doch nach der Rechtsprechung des Senats von wissenschaftlichen Arbeiten nur gesprochen werden, wenn grundsätzliche Fragen oder konkrete Fälle systematisch in ihren Ursachen erforscht, begründet und in einen Verständniszusammenhang gebracht werden. Einer sich lediglich auf Tatsachendarstellung beschränkenden Tätigkeit wird regelmäßig der Charakter wissenschaftlicher Arbeiten nicht zugesprochen werden können (siehe Urteil des Bundesfinanzhofs IV 104/52 U vom 13. November 1952, Slg. Bd. 57 S. 83, BStBl 1953 III S. 33, insbesondere S. 35). Um eine Tätigkeit im letzteren Sinne handelt es sich aber hier. Es ist nicht zu verkennen, daß der Bf. ein großes Maß von Erfahrung zu seiner Tätigkeit benötigt, aber nicht, um den Wert oder Unwert der Erfindung zu beurteilen, sondern um sich in den Registern des Patentamts zurecht zu finden, und um in den Rahmen fallende Aktenauszüge und formale Auskünfte darüber machen zu können. In diesem Sinn ist auch das Schreiben des Präsidenten des Patentamts vom 28. September 1953 zu verstehen, wonach diese Tätigkeit nicht rein mechanische Art ist, sondern eine gewisse höhere Vorbildung fordert. Das bedeutet aber noch nicht, daß es sich um eine wissenschaftliche Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 EStG handelt. So erklärt es sich auch, daß die Patentberichterstatter ganz verschiedene Vorbildung haben, und sogar die Ehefrau des Bf. ihm bei der Materialbeschaffung mithilft.

Das Finanzamt hat daher mit Recht den Bf. mit seinen Einkünften als Patentberichterstatter für gewerbesteuerpflichtig erklärt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 408393

BStBl III 1956, 89

BFHE 1956, 240

BFHE 62, 240

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