Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulassungsfreie Revision: nicht mit Gründen versehenes FG-Urteil

 

Leitsatz (NV)

Enthält das Urteil des Finanzgerichts keine Begründung dazu, ob ein von den Klägern erklärter Werbungskostenüberschuß bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen ist, so ist die Entscheidung insoweit im Sinne § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO nicht mit Gründen versehen.

 

Normenkette

FGO § 116 Abs. 1 Nr. 5, § 119 Nr. 6

 

Verfahrensgang

FG Berlin

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute. Im Streitjahr (1989) erklärten sie Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, aus Kapitalvermögen und aus der Vermietung einer im Alleineigentum des Klägers stehenden Einliegerwohnung.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) berücksichtigte im Einkommensteuerbescheid 1989 antragsgemäß bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit Mehraufwendungen für doppelte Haushaltsführung. Den Abzug von Aufwendungen für Familienheimfahrten und Mehraufwendungen für Verpflegung versagte er mangels Nachweises.

Im Einspruchsverfahren änderte das FA den angefochtenen Bescheid zum Nachteil der Kläger. Die beantragte Zusammenveranlagung lehnte es ebenso ab wie den Abzug von Mehraufwendungen wegen doppelter Haushaltsführung. Da das Mietverhältnis über die Einliegerwohnung für einkommensteuerliche Zwecke nicht anzuerkennen sei, berücksichtigte es auch den geltend gemachten Werbungskostenüberschuß bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nicht.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit der Begründung ab, die Voraussetzungen für eine Zusammenveranlagung seien nicht erfüllt; damit entfalle auch der Werbungskostenabzug.

Gegen diese Entscheidung legten die Kläger Revision ein; sie rügen die Verletzung des § 119 Nr. 6 der Finanzgerichtsordnung (FGO). Die Vorentscheidung habe nur zu der Frage der Zusammenveranlagung und der Werbungskosten wegen doppelter Haushaltsführung Ausführungen gemacht. Zum Werbungskostenabzug bei den Einkünften aus der Vermietung der Einliegerwohnung habe das FG sich nicht geäußert. Das Urteil sei deshalb i. S. von § 119 Nr. 6 FGO nicht mit Gründen versehen.

Die Kläger beantragen, die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

Das FA hat keinen Antrag gestellt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO). Hinsichtlich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ist die Entscheidung i. S. von § 119 Nr. 6 FGO nicht mit Gründen versehen.

Nach § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO ist die Revision ohne Zulassung statthaft, wenn als wesentlicher Verfahrensmangel gerügt wird, daß die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist. Dieser Verfahrensmangel ist insbesondere dann gegeben, wenn die Entscheidungsgründe einzelne Ansprüche oder einzelne selbständige Angriffs- oder Verteidigungsmittel mit Stillschweigen übergehen (vgl. Senatsurteil vom 10. März 1987 IX R 51/86, BFH/NV 1988, 35, m. w. N.).

Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor. Aus dem FG-Urteil ergibt sich lediglich, daß das FG den Werbungskostenabzug bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit versagt hat, weil die Kläger im Streitjahr nicht zusammengelebt hätten. Weder bezieht sich die Begründung des FG ausdrücklich auf die Einkünfte aus Ver mietung und Verpachtung, noch besteht ein Zusammenhang zwischen der Frage des Getrenntlebens der Kläger und dem Werbungskostenabzug. Es ist nicht von vornherein auszuschließen, daß der von den Klägern erklärte Werbungskostenüberschuß bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen ist. Ob die Voraussetzungen für einen solchen Werbungskostenabzug vorliegen, wird das FG im zweiten Rechtsgang zu prüfen haben.

 

Fundstellen

Haufe-Index 423665

BFH/NV 1997, 184

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