Entscheidungsstichwort (Thema)

Entnahme infolge Teilung eines Grundstücks nach § 8 WEG

 

Leitsatz (NV)

Wird ein zum notwendigen Betriebsvermögen gehörendes Gebäude, das teils eigenbetrieblich, teils fremdbetrieblich, teils zu Wohnzwecken durch Vermietung und Verpachtung oder Eigengebrauch genutzt wird, durch Teilungserklärung nach § 8 WEG in Miteigentumsanteile aufgeteilt, wird die eigenen Wohnzwecken dienende Eigentumswohnung zwangsläufig notwendiges Privatvermögen.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 1 S. 2

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger war im Streitjahr (1985) gewerblich tätig. Zum Betriebsvermögen seines Unternehmens gehörten zwei nach Abschn. 14 Abs. 4 der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) 1984 und früher in vollem Umfang bilanzierte, zusammenliegende bebaute Grundstücke, auf denen sich das Ladenlokal und sonstige Betriebsräume des Unternehmens, zwei vermietete Ladenlokale, eine von den Klägern bewohnte Wohnung sowie mehrere fremdvermietete Wohnungen, Appartements und Zimmer befanden.

Mit notariellem Vertrag vom 7. Februar 1985 teilte der Kläger das Eigentum an den beiden Grundstücken nach § 8 des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) in zwölf Miteigentumsanteile auf, die jeweils mit Sondereigentum an ausgewiesenen gewerblichen bzw. zu Wohnzwecken genutzten Teilen verbunden sind. Eine der so entstandenen Eigentumswohnungen wurde von den Klägern weiterhin zu Wohnzwecken selbst genutzt. Verkäufe erfolgten vorerst nicht. Der Kläger bilanzierte die Grundstücke weiterhin als Betriebsvermögen.

Im Anschluß an eine Außenprüfung vertrat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) die Auffassung, die Teilung nach dem WEG führe im Hinblick auf die selbstgenutzte Wohnung zu einer Entnahme, und setzte den Entnahmewert mit ... DM an. Der gegen den gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) geänderten Einkommensteuerbescheid gerichtete Einspruch blieb erfolglos.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Es führte zur Begründung im wesentlichen folgendes aus: Die Teilung der Betriebsgrundstücke in Miteigentumsanteile sei hinsichtlich der selbstgenutzten Wohnung der Kläger als Entnahmehandlung zu werten. Denn darin komme unmißverständlich der klägerische Wille zum Ausdruck, diese Wohnung nicht mehr zu betrieblichen Zwecken, sondern allein zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nach § 21 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der für das Streitjahr geltenden Fassung einzusetzen. Es handele sich hierbei um einen äußerlich erkennbaren Akt, durch den die Verbindung der Wohnung zum Betrieb des Klägers gelöst worden sei.

Bei Gebäuden, die teils eigenbetrieblich, teils fremdbetrieblich, teils zu eigenen und teils zu fremden Wohnzwecken genutzt werden, stelle jeder der unterschiedlichen Gebäudeteile ein eigenständiges Wirtschaftsgut dar, für das die Frage nach der Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen gesondert zu prüfen sei. Allein aus Vereinfachungsgründen sei es nach Abschn. 14 Abs. 4 Satz 1 EStR unter bestimmten Voraussetzungen möglich gewesen, das ganze Grundstück als Betriebsvermögen zu behandeln. Teile jedoch der Steuerpflichtige das Grundstück nach § 8 WEG in verschiedene Miteigentumsanteile auf, schaffe er eine Rechtslage, die die Anwendung dieser Vereinfachungsregelung verbiete. Denn nach der Teilung bestehe kein ungeteiltes Eigentum an dem Grundstück mehr. Vielmehr seien dadurch mehrere eigenständig veräußerliche und belastbare Rechte entstanden. Mit der Aufgabe der Sach- und Rechtseinheit fehle das bindende Element für die Behandlung betriebsfremder Grundstücksteile als Betriebsvermögen.

Mit der Teilung sei die selbstgenutzte Wohnung zum notwendigen Privatvermögen geworden. Dies gelte um so mehr, als der Kläger in der mündlichen Verhandlung weder vortragen konnte noch vorgetragen habe, die Wohnung diene in irgendeiner Weise dem Betrieb. Auch eine spätere Verwendung der Wohnung zu betrieblichen Zwecken erscheine ausgeschlossen. Die Loslösung sei daher nicht nur von vorübergehender Natur.

Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts.

Sie tragen im wesentlichen vor: Eine von einem Entnahmewillen getragene Handlung sei im Streitfall nicht gegeben. In der Teilung der Grundstücke nach dem WEG könne kein Verhalten gesehen werden, das einen Entnahmewillen deutlich und unmißverständlich zum Ausdruck bringe. Auch habe zu keinem Zeitpunkt die Absicht bestanden, die Art der Nutzung zu ändern. Die Wohnung sei derart in das gesamte Anwesen integriert, daß es nicht möglich sei, diese an Fremde zu veräußern. Das ergebe sich bereits aus Geräusch- und Geruchsentwicklungen, denen ein fremder Bewohner dieser Wohnung ausgesetzt wäre. Da die Wohnung direkt über den Büro-, Lager- und Werkstatträumen liege, wäre sie zudem bei einer evtl. Erweiterung des Betriebes ideal als Büro oder Aufenthaltsraum für Mitarbeiter geeignet.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet. Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, daß der Kläger den die selbstgenutzte Wohnung betreffenden Miteigentumsanteil entnommen hat.

Eine Entnahme i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 2 EStG ist nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) gegeben, wenn ein Wirtschaftsgut aus dem betrieblichen Bereich in den privaten Bereich übergeht. Voraussetzung einer Entnahme ist grundsätzlich, daß eine Entnahmehandlung vorliegt. Dazu reicht ein schlüssiges Verhalten des Steuerpflichtigen aus, durch das die Verknüpfung mit dem Betriebsvermögen gelöst wird. In besonders gelagerten Fällen kann ein Rechtsvorgang genügen, der das Wirtschaftsgut aus dem Betriebsvermögen ausscheiden läßt (vgl. BFH-Entscheidung vom 7. Oktober 1974 GrS 1/73, BFHE 114, 189, BStBl II 1975, 168 m.w.N.).

Unstreitig gehörte das Grundstück, auf dem sich die selbstgenutzte Wohnung befand, vor seiner Aufteilung in Miteigentumsanteile zum Betriebsvermögen des klägerischen Betriebs. Nach dem Beschluß des Großen Senats des BFH vom 26. November 1973 GrS 5/71 (BFHE 111, 242, BStBl II 1974, 132) sind dann, wenn ein Gebäude teils eigenbetrieblich, teils fremdbetrieblich, teils zu Wohnzwecken durch Vermietung oder Eigengebrauch genutzt wird, die einzelnen Gebäudeteile gesondert zu behandeln, sei es als notwendiges oder gewillkürtes Betriebsvermögen, sei es als Privatvermögen. Nach Abschn. 14 Abs. 4 EStR bestand ein Wahlrecht, das von der Rechtsprechung gebilligt wurde (vgl. u.a. das BFH-Urteil vom 2. Okober 1980 IV R 42/79, BFHE 131, 497, BStBl II 1981, 63), auch die privatgenutzten Grundstücksteile, soweit diese von untergeordneter Bedeutung waren, dem (gewillkürten) Betriebsvermögen zuzuordnen. Dieses Wahlrecht bestand jedoch nur dann, wenn es sich bei dem bebauten Grundstück um ein einheitliches Wirtschaftsgut handelte (vgl. BFH-Urteil vom 18. Oktober 1989 X R 99/87, BFH/NV 1990, 424).

Von einer Bewertungseinheit Gebäude kann nach der Schaffung von Miteigentumsanteilen, verbunden mit Sondereigentum an ausgewiesenen gewerblichen bzw. zu Wohnzwecken genutzten Teilen, durch eine Teilungserklärung nach § 8 WEG nicht mehr ausgegangen werden. Durch die Teilung sind u.a. mehrere rechtlich selbständige Wohnungseigentumsrechte (Eigentumswohnungen) entstanden, die nach der Verkehrsauffassung einer besonderen Bewertung zugänglich sind (vgl. BFH-Urteil vom 26. November 1974 VIII R 61-62/73, BFHE 114, 354, BStBl II 1975, 352).

Der Teilungsvorgang hat die Voraussetzungen für das Recht, auch privatgenutzte Grundstücksteile durch Aufnahme in Buchführung und Bilanz zum Betriebsvermögen zu ziehen, beseitigt. Die weiterhin den eigenen Wohnzwecken dienende Eigentumswohnung ist damit zwangsläufig notwendiges Privatvermögen geworden. Die Beziehung der streitigen Eigentumswohnung zu dem Betrieb des Klägers hat sich durch den Teilungsvorgang derart verändert, daß sie - unabhängig von einer etwaigen willentlichen Entnahmehandlung - aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden ist. Ihrer Bilanzierung stehen die Regelungen der §§ 4, 5 EStG entgegen.

Nicht entscheidungserheblich ist, ob die streitige Eigentumswohnung objektiv geeignet ist, dem Betrieb des Klägers zu dienen. Denn die bloße Eignung, einem Betrieb zu dienen, läßt das Wirtschaftsgut allein noch nicht Teil des Betriebsvermögens werden. Das FG hat für den Senat bindend festgestellt (§ 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -), daß die Eigentumswohnung in keiner Weise betrieblich genutzt wird. Auch das Vorbringen, die Wohnung sei wegen der Nähe zum Betrieb nicht vermietbar, ist für die Frage nach ihrer Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen ohne Bedeutung. Insoweit handelt es sich im übrigen um nicht zu berücksichtigendes neues tatsächliches Vorbringen.

Die Lösung des Grundstücksteils bzw. der Eigentumswohnung aus dem Betriebsvermögen führt zur Aufdeckung der in diesem Wirtschaftsgut enthaltenen stillen Reserven.

 

Fundstellen

Haufe-Index 65104

BFH/NV 1994, 780

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