Leitsatz (amtlich)

1. Die selbständige Berufstätigkeit der Architekten i. S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG kann seit dem Inkrafttreten der Architektengesetze in allen Bundesländern grundsätzlich nur ausüben, wer zumindest die Architektenausbildung an einer höheren Fachschule oder vergleichbaren Einrichtung abgeschlossen hat oder in sonstiger Weise die Berufsbefähigung als Architekt nachweist.

2. Ein der Berufstätigkeit der Architekten ähnlicher Beruf i. S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG setzt eine Ausbildung voraus, die mit der Berufsausbildung eines Architekten vergleichbar ist.

 

Normenkette

EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

Niedersächsisches FG

 

Tatbestand

Der 1939 geborene Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist gelernter Maurermeister. Nach eineinhalbjährigem Besuch der Technikerschule wurde er staatlich geprüfter Bautechniker. Nachdem er sich drei Jahre als Bauunternehmer betätigt hatte, ist er seit 1973 für ein Wohnbauunternehmen (Fa. H.) tätig. Dieses Unternehmen baut unter Einschaltung selbständiger Bauhandwerker in herkömmlicher Bauweise zu Festpreisen. Es hat ein "Rastersystem" entwickelt, das nach den Angaben des Klägers die Voraussetzung für die Kombination von Haustypen- und Wohnraumvarianten schafft. Die Fa. H. unterhält in verschiedenen Orten Zweigstellen, in denen aufgrund besonderer Verträge Mitarbeiter tätig sind, darunter der Kläger zunächst als sog. Bauleiteradjutant, seit Juli 1975 als Bauleiter und nach dem Streitjahr als Oberbauleiter. Im Bauleitervertrag ist u. a. folgendes vereinbart:

Der Bauleiter ist als freier Mitarbeiter mit der Bauleitung beauftragt. Die einzelnen Bauvorhaben werden ihm jeweils gesondert vom Oberbauleiter zur Bauleitung übertragen. Als Bauleiter hat er das Aufgabengebiet eines Architekten zu erledigen.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) behandelte die Einkünfte des Klägers als solche aus Gewerbebetrieb und setzte einen Gewerbesteuermeßbetrag für 1975 fest. Demgegenüber machte der Kläger geltend, er sei freiberuflich tätig gewesen, weil er die Leistungen eines Architekten erbracht habe. Bei genehmigungsbedürftigen Baumaßnahmen sei er als Entwurfsverfasser i. S. des § 58 Abs. 4 der Niedersächsischen Bauordnung (Niedersächsisches Gesetz- und Verordnungsblatt - NiedersGVBl - 1973, 259) tätig geworden. Die Qualifikation als Entwurfsverfasser könnten, wie sich aus den Abs. 3 und 4 dieser Vorschrift ergebe, sowohl Architekten als auch - für kleinere Bauvorhaben - Handwerksmeister besitzen. Deshalb sei die Tätigkeit beider Personengruppen bei den entsprechenden Objekten gleichzustellen.

Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) führte im wesentlichen aus:

Der Kläger habe eine Tätigkeit mit den Merkmalen des § 1 Abs. 1 der Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung (GewStDV) ausgeübt, die indes der Berufstätigkeit eines Architekten nicht ähnlich gewesen sei (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes - EStG -).

Für Ähnlichkeit i. S. der erwähnten Vorschrift sei erforderlich, daß typische Aufgaben eines Architekten wahrgenommen und der ähnliche Beruf auf wissenschaftlicher oder künstlerischer Grundlage ausgeübt würden. An der zweiten Voraussetzung fehle es. Das Berufsbild des Architekten sei in § 3 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 des Niedersächsischen Gesetzes über den Schutz der Berufsbezeichnung "Architekt" und die Errichtung einer Architektenkammer (Niedersächsisches Architektengesetz) vom 23. Februar 1970 (NiedersGVBl 1970, 37) beschrieben. Die Befähigung dazu setze grundsätzlich eine bestimmte Ausbildung voraus. Die Befähigung besitze aber nach § 4 des Niedersächsischen Architektengesetzes auch, wer die im Gesetz beschriebenen Tätigkeiten des Architektenberufs mindestens acht Jahre praktisch ausgeübt habe und anhand eigener Arbeiten die einer Ausbildung an den im Gesetz genannten Schulen entsprechenden Kenntnisse nachweise. Eine derartige Befähigung habe der Kläger nicht gehabt. Daß er als Entwurfsverfasser nach § 58 Abs. 4 der Niedersächsischen Bauordnung tätig gewesen sei, ändere daran nichts. Für diese Tätigkeit genügten aufgrund der Ausnahmeregelung die Ausbildung und Erfahrung als Handwerksmeister, beim Kläger also seine Ausbildung und Erfahrung als Maurermeister.

Mit der Revision wird Verletzung formellen und materiellen Rechts gerügt.

Der Kläger beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung den Gewerbesteuermeßbescheid für 1975 ersatzlos aufzuheben.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO). Die Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) erlauben keine endgültige Entscheidung darüber, ob der Kläger im Streitjahr selbständig oder nichtselbständig tätig war.

Die Frage, ob der Kläger selbständig tätig war, kann nicht deshalb offenbleiben, weil er freiberuflich tätig war und schon aus diesem Grund die Gewerbesteuerpflicht entfiele. Letzteres ist nicht der Fall. Der Kläger hat weder die Berufstätigkeit der Architekten i. S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG noch einen ähnlichen Beruf ausgeübt.

Die Berufstätigkeit eines Architekten kann nur ausüben, wer selbst Architekt ist (vgl. BFH-Urteil vom 31. Juli 1980 I R 66/78, BFHE 132, 22, BStBl II 1981, 121). Der Kläger war im Streitjahr nicht Architekt, weil ihm die dafür erforderliche Qualifikation fehlte. Zwar bestimmt das EStG im einzelnen nicht, wer ein Architekt ist. Zur Auslegung dieses Begriffs können aber die Architektengesetze der Länder herangezogen werden. Entgegen der Ansicht der Revision verbietet sich die Berücksichtigung dieser Vorschriften nicht deshalb, weil sie erst nach der hier maßgeblichen Fassung des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG erlassen wurden. Das müßte dazu führen, daß der Architektenbegriff aus der Zeit der Entstehung der Vorschrift, d. h. 1919 (vgl. § 9 Nr. 2 EStG vom 29. März 1920, RGBl 1920, 359) oder spätestens 1925 (vgl. § 35 Abs. 1 Nr. 1 EStG vom 10. August 1925, RGBl 1925, 189), zugrunde zu legen wäre, denn die Architekten sind in dem Zusammenhang bereits in diesen Vorschriften erwähnt. Bei der Auslegung des Gesetzes ist aber dessen objektiv zum Ausdruck kommender Wille in dem Zeitpunkt zu berücksichtigen, in dem der zu beurteilende Tatbestand verwirklicht wurde (vgl. BFH-Urteil vom 25. November 1965 IV 216/64 S, BFHE 84, 303, BStBl III 1966, 110). Bei der Auslegung des Wortes "Architekt" ist auf den Wortsinn und Sprachgebrauch abzustellen, wie er im Streitjahr galt. Dieser wurde entscheidend geprägt durch die Architektengesetze (vgl. bereits BFH-Urteile vom 16. März 1962 IV 318/59 U, BFHE 75, 89, BStBl III 1962, 302, und vom 12. August 1965 IV 61/61, 100/61, 336/64 U, BFHE 83, 237, BStBl III 1965, 586; ferner Herrmann/Heuer/Raupach, a. a. O., § 18 EStG Anm. 83). Nachdem diese im Streitjahr von einem im wesentlichen übereinstimmenden Berufsbild des Architekten ausgehen, sind sie auch bei der Auslegung des einkommensteuerrechtlichen Begriffs "Architekt" zu beachten. Sie können zwar als Landesgesetze den Inhalt eines Bundesgesetzes (des EStG) nicht unmittelbar festlegen (vgl. BFH-Urteil vom 18. Juni 1980 I R 109/77, BFHE 132, 16, BStBl II 1981, 118). Da sie aber festlegen, unter welchen Voraussetzungen die Berufstätigkeit der Architekten ausgeübt werden darf, bestimmen sie mittelbar auch den Inhalt des einkommensteuerrechtlichen Begriffs "Architekt" (vgl. §§ 1, 3, 4 des Niedersächsischen Architektengesetzes; ferner § 3 des Architektengesetzes von Baden-Württemberg vom 7. Juli 1975, Gesetzblatt für Baden-Württemberg - GBl. BW - 1975, 581; Art. 4 des Bayerischen Architektengesetzes vom 31. Juli 1970, Bayerisches Gesetz- und Verordnungsblatt - GVBl BY - 1970, 363; § 4 Abs. 1 des Berliner Architektengesetzes vom 16. Februar 1973, Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin - GVBl Bln - 1973, 429; § 4 Abs. 1 des Bremischen Architektengesetzes vom 27. April 1971, Gesetzblatt der Freien Hansestadt Bremen - BremGBl - 1971, 122; § 4 des Hamburgischen Architektengesetzes vom 26. November 1965, Hamburgisches Gesetz- und Verordnungsblatt - GVBl HA - 1965, 205; § 4 Abs. 1 des Hessischen Architektengesetzes vom 11. September 1974, Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen - GVBl HE - 1974, 433; § 4 Abs. 1 des Architektengesetzes Nordrhein-Westfalen vom 4. Dezember 1969, Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Nordrhein-Westfalen - GV NW - 1969, 888; § 5 Abs. 1 des Architektengesetzes für Rheinland-Pfalz vom 29. März 1974, Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Rheinland-Pfalz - GVBl RP - 1974, 143; § 4 Abs. 1 des Saarländischen Architektengesetzes vom 21. Juni 1972, Amtsblatt des Saarlandes - ABl SL - 1972, 369; § 3 Abs. 1 des Architektengesetzes für Schleswig-Holstein i. d. F. vom 12. Januar 1971, Gesetz- und Verordnungsblatt für Schleswig-Holstein - GVOBl SH - 1971, 15).

Nach § 3 Abs. 1 und § 4 des Niedersächsischen Architektengesetzes und entsprechenden Vorschriften der Architektengesetze der anderen Bundesländer kann als Architekt grundsätzlich nur zugelassen werden, wer eine Ausbildung zumindest an einer höheren Fachschule, einer Akademie, Werkkunstschule, Höheren Technischen Lehranstalt oder einer gleichgestellten Schule abgeschlossen hat. Diese Voraussetzung erfüllt der Kläger nicht. Die Technikerschule, die er besucht hat, ist keine höhere Fachschule, sondern eine Fachschule (zum Unterschied vgl. Meyers Enzyklopädisches Lexikon, Bd. 23, 1978, Stichworte "Technikerschule", Bd. 8, 1973, Stichwort "Fachschule", Bd 12, 1974, Stichwort "Höhere Fachschule"; ferner Molle, Wörterbuch der Berufs- und Berufstätigkeitsbezeichnungen, Stichwort "Techniker").

Zur Eintragung in die Architektenliste kann nach den Architektengesetzen der Länder auch zugelassen werden, wer zumindest acht Jahre die Tätigkeit eines Architekten oder eine gleichwertige Tätigkeit ausgeübt hat und in der Regel anhand eigener Arbeiten entweder Kenntnisse, die der Architektenausbildung entsprechen (vgl. § 4 Abs. 2 des Saarländischen Architektengesetzes, § 4 Abs. 2 des Bremischen Architektengesetzes, § 4 Abs. 2 des Niedersächsischen Architektengesetzes, § 4 Abs. 2 des Bayerischen Architektengesetzes und § 4 Abs. 1 des Baden-Württembergischen Architektengesetzes) oder besondere Kenntnisse und Fähigkeiten auf dem Gebiet der Architektur, Innenarchitektur oder der Landschafts- und Gartenbauarchitektur (vgl. § 4 Abs. 2 des Nordrhein-Westfälischen Architektengesetzes), zumindest aber die für den Architektenberuf erforderlichen Kenntnisse oder Fähigkeiten (vgl. § 5 des Hessischen Architektengesetzes, § 5 Abs. 2 des Rheinland-Pfälzischen Architektengesetzes, § 3 Abs. 2 des Schleswig-Holsteinischen Architektengesetzes, § 5 des Hamburgischen Architektengesetzes und § 4 Abs. 2 des Berliner Architektengesetzes) nachweist.

Es kann offenbleiben, ob hier für die Bejahung der Architekteneigenschaft bereits genügt, wenn der Kläger zwar nicht die Zulassung als Architekt besaß, wohl aber die Voraussetzungen dafür erfüllte. Auch letzteres ist nicht der Fall. Die Entwurfstätigkeit gemäß § 58 Abs. 4 der Niedersächsischen Bauordnung ist keine Tätigkeit, mit der die Berufsbefähigung als Architekt nachgewiesen werden kann. Nach dieser Vorschrift dürfen für genehmigungspflichtige Baumaßnahmen, die Handwerksmeister aufgrund ihrer beruflichen Ausbildung und Erfahrung entwerfen können, auch Meister des Maurer-, des Beton- oder Stahlbetonbauer- oder des Zimmerhandwerks sowie handwerksrechtlich gleichgestellte Personen als Entwurfsverfasser tätig sein. Nach Ansicht des FG ist die Vorschrift dahin auszulegen, daß darin nur von solchen Entwürfen die Rede ist, die Handwerksmeister entwerfen können. Daraus ergibt sich, daß es sich dabei nicht um Entwürfe handelt, die die Berufsfähigkeit oder die Kenntnisse des Architekten voraussetzen und deshalb nachweisen. Der Senat ist an die Auslegung des § 58 Abs. 4 der Niedersächsischen Bauordnung durch das FG wie an eine tatsächliche Feststellung (§ 118 Abs. 2 FGO) gebunden, denn es handelt sich dabei um Auslegung von Landesrecht (§ 562 der Zivilprozeßordnung - ZPO - i. V. m. § 155 FGO, vgl. auch BFH-Urteil vom 22. Oktober 1980 II R 169/78, BFHE 131, 459, BStBl II 1981, 104). Mit der Rüge, das FG habe die Vorschrift falsch ausgelegt, kann der Kläger, abgesehen davon, daß er selbst nicht behauptet, er sei Architekt gewesen, an dieser Stelle schon deshalb nicht gehört werden, weil das FG nicht darauf abstellte, ob der Kläger Kenntnisse eines Architekten hatte, sondern nur, ob er ähnliche Kenntnisse wie dieser hatte.

Der Kläger hat jedoch auch nicht einen der Berufstätigkeit der Architekten ähnlichen Beruf ausgeübt.

Ein Beruf ist einem der Katalogberufe i. S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG ähnlich, wenn er in wesentlichen Punkten mit ihm verglichen werden kann (BFH-Urteil vom 25. April 1978 VIII R 149/74, BFHE 125, 369, BStBl II 1978, 565). Auszugehen ist danach von den Merkmalen des Katalogberufs, hier denen des Architektenberufs. Setzt dieser eine bestimmte Ausbildung voraus, muß auch die Ausbildung desjenigen, der einen ähnlichen Beruf ausübt, vergleichbar sein. Das kann im Streitfall nicht schon deshalb bejaht werden, weil der Kläger die Technikerschule absolviert hat. Die Ausbildung des Technikers in engerem Sinne (vgl. dazu Molle, a. a. O., Stichwort "Techniker", ferner Rahmenordnung für die Ausbildung von Technikern - Beschluß der Kultusministerkonferenz vom 18. Januar 1973) ist durch ihren engen Bezug zum Praktischen und Handwerklichen wesentlich verschieden von der eines Absolventen höherer Fachschulen (vgl. auch BFHE 132, 22, BStBl II 1981, 121, betreffend Ingenieur).

Allerdings ist es nicht erforderlich, daß die Fachkenntnisse auf einer höheren Fachschule erworben wurden, das kann auch durch Kurse oder Selbststudium geschehen sein. Den Nachweis, daß der Kläger sie besitzt, kann er auch anhand eigener Arbeiten führen (vgl. § 4 Abs. 2 des Niedersächsischen Architektengesetzes, dort allerdings "entsprechende Kenntnisse"). Dazu gehört einmal, daß seine Arbeiten einen der Architektentätigkeit vergleichbaren Schwierigkeitsgrad aufweisen und zum anderen, daß der Kläger in einem für den Architektenberuf wesentlichen oder typischen Bereich tätig geworden ist (vgl. BFHE 132, 22, BStBl II 1981, 121 "fachliche Breite").

Zu den Leistungen des Architekten gehören zwar auch die Mitwirkung bei der Vergabe und die Bauaufsicht (vgl. § 19 der Gebührenordnung für Architekten vom 13. Oktober 1950, Bundesanzeiger - BAnz - 216 vom 8. November 1950, und § 15 der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure vom 17. September 1976, BGBl I 1976, 2805). Schwerpunkt der Architektentätigkeit ist aber die gestalterische, technische und wirtschaftliche Planung von Bauwerken (vgl. z. B. § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Niedersächsischen Architektengesetzes, ferner BFH-Urteil vom 16. Januar 1975 IV R 75/74, BFHE 115, 42, BStBl II 1975, 558). In diesem Bereich müßte auch der Schwerpunkt eines vergleichbaren Berufs liegen. Aus den Bestimmungen in den Verträgen des Klägers mit der Fa. H., wonach der Kläger das Aufgabengebiet eines Architekten zu erledigen habe, kann dies noch nicht geschlossen werden. Das FG hat ohne Rechtsirrtum verneint, daß die Tätigkeit des Klägers als Entwurfsverfasser gemäß § 58 Abs. 4 der Niedersächsischen Bauordnung eine Befähigung voraussetze, die mit der eines Architekten vergleichbar sei. Die Rüge, das FG habe die Vergleichbarkeit zu Unrecht verneint, ist nicht begründet. Das FG konnte zu dieser Auffassung gelangen, es ist nicht erforderlich, daß es dazu kommen mußte. Das FG hat jedenfalls bei seiner Auslegung des § 58 Abs. 4 der Niedersächsischen Bauordnung nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen (vgl. dazu allgemein Gräber, Finanzgerichtsordnung, Kommentar, § 118 Anm. 10). Das FG konnte die Formulierung "Baumaßnahmen, die Handwerksmeister aufgrund ihrer beruflichen Ausbildung und Erfahrung entwerfen können", in § 58 Abs. 4 der Niedersächsischen Bauordnung in der Weise auslegen, daß der Schwierigkeitsgrad der Baumaßnahme und nicht die Kenntnisse des genannten Handwerkers im Einzelfall dafür entscheidend waren, ob ein Handwerksmeister einen Entwurf selbst anfertigen durfte. Das FG durfte also auch annehmen, daß § 58 Abs. 4 der Niedersächsischen Bauordnung nur solche Entwürfe meint, die Handwerksmeister mit Berufserfahrung fertigen können, eine andere Qualifikation als die handwerkliche also nicht erforderlich ist und darauf auch nicht aufgrund der Entwurfstätigkeit geschlossen werden kann. Wenngleich danach eine gewisse Ähnlichkeit mit der Tätigkeit des Architekten in weiterem Sinne bejaht werden kann, so genügt diese nicht, die Berufstätigkeit des Klägers als dem Architektenberuf ähnlich i. S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG anzusehen. Sie bleibt auch in bezug auf die Entwurfstätigkeit vom Handwerklichen geprägt und läßt keine Rückschlüsse auf Kenntnisse zu, die denen des Architekten vergleichbar sind.

 

Fundstellen

Haufe-Index 74292

BStBl II 1982, 492

BFHE 1982, 421

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