Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Gewerbetreibende mit Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG brauchen Wirtschaftsgüter, die nach § 6 Abs. 2 EStG 1958 abgeschrieben worden sind, nicht in das Verzeichnis nach § 12 Abs. 4 EStDV 1958 aufzunehmen.

 

Normenkette

EStG § 6 Abs. 2; EStDV § 12 Abs. 4

 

Tatbestand

Der Streit geht um die Inanspruchnahme der Bewertungsfreiheit nach § 6 Abs. 2 EStG 1958 für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens.

Der Steuerpflichtige hat die geringwertigen Wirtschaftsgüter, die er bei seiner Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG voll als Betriebsaufwand erfaßt hat, nicht in das Verzeichnis nach § 12 Abs. 4 EStDV 1958 aufgenommen. Die Vorinstanzen haben deshalb die Anerkennung der Abschreibungen nach § 6 Abs. 2 EStG 1958 für das Streitjahr versagt.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. des Steuerpflichtigen (Bf.) ist begründet.

Die Vergünstigung, die Anschaffungskosten geringwertiger beweglicher Wirtschaftsgüter, die der Abnutzung unterliegen, ohne Rücksicht auf ihre Nutzungsdauer im Jahr der Anschaffung in voller Höhe als Betriebsausgaben abzusetzen (§ 6 Abs. 2 EStG), ist an das Vorliegen einer ordnungsmäßigen Buchführung geknüpft. Welche Anforderungen an die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung zu stellen sind, ist im § 12 EStDV 1955-1958 bestimmt. Bei Steuerpflichtigen, die, wie der Bf., ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln, gelten nach § 12 Abs. 2 EStDV Aufzeichnungen der Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben als ordnungsmäßige Buchführung im Sinne des § 6 Abs. 2 des Gesetzes, wenn sie den Vorschriften der Absätze 3 und 4 entsprechen. Nach Abs. 4 müssen diese Steuerpflichtigen Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, bei denen Absetzungen für Abnutzung (AfA) nach § 7 oder Abschreibungen nach § 7 a des Gesetzes oder nach § 75 EStDV vorgenommen werden, in ein Verzeichnis aufnehmen, das den Tag der Anschaffung, die Anschaffungskosten, die AfA und die Abschreibungen zu enthalten hat.

Dem § 12 EStDV 1955-1958 ging § 8 Abs. 4 EStDV 1951-1952 voraus. Er schrieb vor, daß in das Verzeichnis nicht aufzunehmen seien: abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten im neuen oder gebrauchten Zustand 200 DM nicht überstiegen (damalige Wertgrenze für die geringwertigen Wirtschaftsgüter). Es war also für die Inanspruchnahme der Bewertungsfreiheit im Falle der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG nicht erforderlich, diese Gegenstände, die sofort als Betriebsausgaben abgesetzt werden konnten, in das Verzeichnis aufzunehmen. In § 8 Abs. 4 EStDV 1953 und in § 12 Abs. 4 EStDV 1955-1958 ist diese Bestimmung nicht mehr aufgenommen worden. Sie dürfte als selbstverständlich weggefallen sein. Abgeschriebene Wirtschaftsgüter in das Verzeichnis aufzunehmen, erscheint nicht sinnvoll.

Die Anweisungen in Abschn. 31 Abs. 3 EStR 1958 führen zu keiner gegenteiligen Beurteilung. Die EStR behandeln in diesem Abschnitt die bestandsmäßige Erfassung der Wirtschaftsgüter des beweglichen Anlagevermögens bei Gewerbetreibenden, die ihren Gewinn nach § 5 EStG auf Grund ordnungsmäßiger kaufmännischer Buchführung ermitteln. Das hierfür aufzustellende Bestandsverzeichnis des beweglichen Anlagevermögens hat bei diesen Gewerbetreibenden eine andere Bedeutung als das laufend zu führende Verzeichnis im Sinne des § 12 Abs. 4 EStDV 1958 bei Gewerbetreibenden, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln. Das Bestandsverzeichnis des beweglichen Anlagevermögens im Rahmen einer ordnungsmäßigen kaufmännischen Buchführung soll alle hierzu gehörenden Wirtschaftsgüter des Kaufmanns als Unterlage für den Bestandsvergleich erfassen. Das Verzeichnis im Sinne des § 12 Abs. 4 EStDV 1958 dient dagegen ausschließlich zur überwachung der AfA nach § 7 EStG, der Abschreibungen nach § 7 a EStG und nach § 75 EStDV auf Gegenstände des beweglichen Anlagevermögens. Nur sie sind deshalb in dieses Verzeichnis aufzunehmen. Wirtschaftsgüter des beweglichen Anlagevermögens in dem Verzeichnis nach § 12 Abs. 4 EStDV aufzuführen, deren Abschreibung nicht mehr zu überwachen ist, weil sie im Zeitpunkt der Anschaffung als geringwertige Wirtschaftsgüter bereits voll als Betriebsaufwand erfaßt sind, findet im Wortlaut und im Sinn des § 12 Abs. 4 EStDV 1958 keine Grundlage. Wenn der Verordnungsgeber über den Gedanken der überwachung der AfA und der Abschreibungen hinaus auch abgeschriebene Wirtschaftsgüter in diesem Verzeichnis erfassen wollte, so hätte er dies ausdrücklich aussprechen müssen.

Der Senat tritt insoweit der in der Rb. vertretenen Auffassung bei, daß die Inanspruchnahme der Vergünstigung des § 6 Abs. 2 EStG für die geringwertigen Wirtschaftsgüter nicht an deren Aufnahme in das Verzeichnis geknüpft ist.

 

Fundstellen

Haufe-Index 409941

BStBl III 1961, 102

BFHE 1961, 271

BFHE 72, 271

DB 1961, 392

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