Leitsatz (amtlich)

1. Ein ohne Zulassung revisibles Urteil in einer Zolltarifsache liegt vor, wenn das Urteil von einer in ihm getroffenen zolltarifrechtlichen Entscheidung abhängt oder abhängen kann, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob die zolltarifrechtliche Frage die einzige oder auch nur die wesentliche Vorfrage war.

2. Die zollamtliche Feststellung, daß eine im vereinfachten Verfahren vom Ausführer selbst ausgefüllte Warenverkehrsbescheinigung zu Unrecht ausgestellt worden sei, ist ein anfechtbarer Verwaltungsakt.

3. Eine im vereinfachten Verfahren ausgestellte Warenverkehrsbescheinigung ist kein (zurücknehmbarer) Verwaltungsakt der Zollstelle, sondern eine private Wissenserklärung des Ausführers. Ist die Erklärung unrichtig, so darf der darum ersuchende Einfuhrstaat über das Ergebnis der zollamtlichen Feststellung (2.) unterrichtet werden, ohne daß die Wirkung der Bescheinigung zuvor durch eine "Rücknahme" zu beseitigen wäre.

 

Orientierungssatz

1. Für Streitigkeiten betreffend die Feststellung und Mitteilung von Ergebnissen einer Präferenzprüfung (Vorausbehandlung im Warenverkehr mit EFTA-Staaten) ist der Finanzrechtsweg gegeben.

2. Bettücher aus Gewirken gehören nicht zu Tarifnr. 62.02 GZT, sondern als Wirkwaren zur Tarifnr. 60.05 GZT.

3. Hat der Kläger gegen die Feststellung und angekündigte Mitteilung von Ergebnissen einer Präferenzprüfung an die ersuchende Behörde sowohl Anfechtungsklage als auch vorbeugende Unterlassungsklage erhoben, so ist die Unterlassungsklage nicht mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig, weil der Gegenstand des Unterlassungsbegehrens im wesentlichen dem der Anfechtungsklage entspreche.

4. Hat nach Abweisung der Klage durch das FG als unzulässig die beklagte Behörde keine Revision eingelegt, sondern sich darauf beschränkt, die Zurückweisung der Revision des Klägers zu beantragen, so kann der BFH die Revision nicht mit der Maßgabe zurückweisen, daß die Klage --statt als unzulässig-- als unbegründet abgewiesen wird (Literatur).

 

Normenkette

FGO § 116 Abs. 2, § 40 Abs. 1; AO 1977 § 118; EWGV 2840/72; EWGV 2933/77; EWGAbkProt CHE 3 Art. 13 Abs. 2, Art. 17 Abs. 3, Art. 1 Nr. 1 Buchst. b, Art. 5 Abs. 1 Buchst. a; FGO § 33 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 1; GZT Tarifnr 60.05; GZT Tarifnr 62.02; FGO § 118

 

Tatbestand

I. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Hauptzollamt --HZA--) hatte der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) die Vorausbehandlung von Warenverkehrsbescheinigungen (WVB) im Warenverkehr mit den EFTA-Staaten bewilligt, u.a. für Bettwäsche aus Baumwolle der Zolltarifnr. 62.02 (Waren aus Gewebe), hergestellt aus Garnen (Nichtursprungswaren), später auch für Bettwäsche aus Gewirken der Zolltarifnr. 60.05, sog. Spannbettücher, aus Nichtursprungs-Garnen, die laut Erklärung der Klägerin durch Wirken und Vernähen die maßgebende Ursprungseigenschaft erworben hatte. Nachdem die Klägerin von Januar 1979 bis Februar 1980 mehrere Sendungen Spannbettücher in die Schweiz ausgeführt und die Eidgenössische Oberzolldirektion um Nachprüfung von sechs von der Klägerin mit dem Vermerk "vereinfachtes Verfahren" ausgestellten WVB über "Spannbettücher aus Baumwolltrikot" ersucht hatte, wurde bei der Klägerin eine Betriebsprüfung vorgenommen. Nach dem Ergebnis dieser Betriebsprüfung waren die Tücher zum Teil aus Frottee-Stretch-Gewirken hergestellt, für die die Ursprungseigenschaft nicht nachweisbar war. Die Spannbettücher waren aus einem Teil der Gewirke --von Ballen zugeschnittenen Abschnitten--, ohne Zusammennähen, hergestellt worden. Mit Schreiben vom 13.März 1981 unterrichtete das HZA die Klägerin unter Übersendung des Betriebsprüfungsberichts über das Prüfungsergebnis, mit Hinweis darauf, daß die darin näher bezeichneten WVB für Spannbettücher, darunter fünf der Bescheinigungen, die Gegenstand des Nachprüfungsersuchens waren, von der Klägerin zu Unrecht ausgefüllt worden seien. Das mit Rechtsbehelfsbelehrung (Beschwerde) versehene Schreiben schließt mit der Ankündigung, aufgrund des vorliegenden Nachprüfungsersuchens werde der Eidgenössischen Oberzolldirektion das Prüfungsergebnis bezüglich der sechs Präferenznachweise mitgeteilt werden; auf entsprechendes Ersuchen werde auch das übrige Prüfungsergebnis --die anderen WVB betreffend-- mitzuteilen sein.

Das Finanzgericht (FG) wies die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage, mit der die Klägerin beantragt hatte, den "Bescheid" vom 13.März 1981 in Gestalt der Beschwerdeentscheidung aufzuheben und es dem HZA zu untersagen, "den Inhalt" der angefochtenen Entscheidungen der Eidgenössischen Oberzolldirektion mitzuteilen, mit folgender Begründung ab: Mit der Anfechtungsklage könne die Klägerin nicht durchdringen. Zwar stelle das Schreiben vom 13.März 1981 einen Verwaltungsakt dar, wie insbesondere die Rechtsbehelfsbelehrung zeige, doch sei die zolltarifliche und ursprungsrechtliche Beurteilung der Spannbettücher --Waren der Tarifnr. 60.05, nicht der Tarifnr. 62.02-- nicht zu beanstanden. Die vorbeugende Unterlassungsklage sei mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Die Klägerin könne nicht beanspruchen, daß bereits im Rahmen der Anfechtungsklage überprüftes und für rechtmäßig befundenes behördliches Handeln nochmals auf seine Rechtmäßigkeit überprüft werde. Da die Feststellungen des HZA rechtmäßig seien, könne die Mitteilung des Ergebnisses des Nachprüfungsersuchens an die Eidgenössische Oberzolldirektion nicht verhindert werden. Zu einer solchen Mitteilung seien die ersuchten Zollbehörden verpflichtet.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin, die im wesentlichen geltend macht, es komme nicht darauf an, ob die Voraussetzungen für die Ausstellung der sechs WVB gegeben gewesen seien, sondern darauf, ob das HZA Prüfungsergebnisse mitteilen dürfe, die inhaltlich in Widerspruch zu erteilten und nicht zurückgenommenen Verwaltungsakten --den WVB-- ständen. Das sei zu verneinen. Dem Mitteilungsverfahren müsse ein Rechtsschutzverfahren vorausgehen, in dem die Rücknahmevoraussetzungen zu prüfen seien; dies gelte sowohl bei Prüfungen aufgrund Ersuchens als auch bei sog. Spontanprüfungen. Die Rücknahmevoraussetzungen seien nicht gegeben, die für die Rücknahme maßgebende Jahresfrist schon vor Urteilsverkündung abgelaufen. Daraus ergebe sich, daß die Anfechtungsklage begründet sei. Zulässig und begründet sei aber auch die Unterlassungsklage, deren Gegenstand nicht dem der Anfechtungsklage entspreche.

Das HZA führt aus, die zollamtlich vorausbehandelten WVB seien von der Klägerin im vereinfachten Verfahren selbst ausgestellt worden; Verwaltungsakte der Zollstellen lägen nicht vor. Eine Delegation hoheitlicher Befugnisse im vereinfachten Verfahren scheide für den Streitfall schon deshalb aus, weil die Bewilligung für Bettücher aus Baumwoll-Trikot (Ursprungsware) die ausgeführten Spannbettücher aus Frottee-Stretch-Gewirken nicht umfaßt habe. Es habe mithin keiner Rücknahme bedurft.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist zulässig, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob sie als Streitwertrevision (§ 115 Abs.1 der Finanzgerichtsordnung --FGO-- i.V.m. Art.1 Nr.5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs a.F.) statthaft wäre, denn das angefochtene Urteil ist in einer Zolltarifsache ergangen (§ 116 Abs.2 FGO), die Revision mithin ohne Zulassung gegeben.

Eine Zolltarifsache liegt vor, wenn das FG durch Urteil in einer zolltarifrechtlichen Frage entschieden hat (Senat, Beschluß vom 22.März 1977 VII R 39/74, BFHE 121, 400, BStBl II 1977, 430), dies auch, wenn es nicht um die Einordnung einer Ware in das Tarifschema ging (Senat, Beschluß vom 14.Mai 1986 VII B 25/86, BFHE 146, 312, 314). Zolltarifrecht ist nicht nur das zolltarifliche Gemeinschaftsrecht und das innerstaatliche Zolltarifrecht, sondern auch das zwischenstaatliche Recht des Brüsseler Zolltarifschemas, das bei der Anwendung der Ursprungsregeln im Verkehr mit den EFTA-Staaten maßgebend ist (Senat, Urteil vom 30.Juli 1985 VII R 142/82, BFHE 144, 297, 299). Über eine zolltarifliche Frage dieses Schemas hat das FG entschieden, indem es erkannt hat, die fraglichen Spannbettücher, die die Klägerin in die Schweiz ausgeführt hatte, seien Gewirke der Zolltarifnr. 60.05, nicht Spinnstoffwaren der Tarifnr. 62.02. Auf dieser Entscheidung beruht das Urteil der Vorinstanz. Der Umstand, daß die zolltarifrechtliche Frage nur als Vorfrage eine Rolle spielte, ist nicht geeignet, den Charakter der Vorentscheidung als Urteil in einer Zolltarifsache in Frage zu stellen. § 116 Abs.2 FGO erfordert nicht, daß nur oder hauptsächlich über eine zolltarifrechtliche Frage geurteilt worden ist. Auch wenn eine solche Frage im Vordergrund des Rechtsstreits steht, wird über sie stets nur im Zusammenhang mit anderen Rechtsfragen entschieden, z.B. zwecks Beurteilung, ob ein angefochtener Zollbescheid im Hinblick auf die zugrunde liegende Tarifierung rechtmäßig ist. Daß als Urteil in einer Zolltarifsache nur eine solche Entscheidung anzusehen sei, für die die zolltarifrechtliche Frage die einzige oder die wesentliche Vorfrage gewesen ist, läßt sich dem Gesetz nicht entnehmen. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, daß das Urteil von der in ihm getroffenen zolltarifrechtlichen Entscheidung abhängt oder abhängen kann. Das trifft im Streitfalle zu.

Die Revision ist nicht begründet. Das FG hat die Klage mit Recht abgewiesen und dabei --bezüglich der Anfechtungsklage-- eine Sachentscheidung getroffen. Dazu war das FG befugt, denn öffentlich-rechtliche Streitigkeiten der vorliegenden Art sind solche über Abgabenangelegenheiten, hier mit der Anwendung der abgabenrechtlichen Vorschriften durch Finanzbehörden zusammenhängende Angelegenheiten (§ 33 Abs.1 Nr.1, Abs.2 Satz 1 FGO; vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 12.Aufl., § 33 FGO Tz.17; FG Hamburg, Beschluß vom 7.August 1979 IV 185/78 S-H, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1980, 28). Für solche Streitigkeiten ist der Finanzrechtsweg eröffnet.

1. Die Anfechtungsklage ist, wie das FG zutreffend entschieden hat, zulässig, aber unbegründet.

a) Sie ist zulässig, weil mit ihr die Aufhebung eines Verwaltungsakts, enthalten in dem Schreiben des HZA vom 13.März 1981, begehrt wird (vgl. § 40 Abs.1 FGO).

Der Senat ist in seinem Urteil in BFHE 144, 297 ohne nähere Erörterung davon ausgegangen, daß die zollamtliche Feststellung unrechtmäßiger Ausstellung einer WVB im vereinfachten Verfahren ein anfechtbarer Verwaltungsakt ist. An dieser Auffassung, die auch im Schrifttum vertreten wird (Dorsch in Bail/Schädel/Hutter, Zollrecht, F IV 5/16, 17 Rdziff.4 a; vgl. auch Duric, Zeitschrift für Zölle + Verbrauchsteuern --ZfZ-- 1980, 367, 369 zur Feststellung unberechtigter Ausstellung von Formblättern EUR.2 durch den Ausführer), hält der Senat fest. Im Streitfalle stellt sich das Schreiben des HZA vom 13.März 1981 als hoheitliche Maßnahme mit Regelungscharakter dar, gerichtet auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen (§ 118 Satz 1 der Abgabenordnung --AO 1977--), nicht etwa nur als bloße Meinungsäußerung oder Wissenserklärung. Das ergibt sich sowohl aus dem Inhalt des Schreibens --Feststellung gegenüber der Klägerin als Aussteller der WVB und als Ausführer der darin bezeichneten Waren und der Ankündigung, die ersuchende ausländische Behörde werde über das Prüfungsergebnis unterrichtet werden-- als auch aus dessen äußerer Form (Rechtsbehelfsbelehrung; vgl. die in Vorschriftensammlung der Bundesfinanzverwaltung --VSF-- Z 4215 Abs.10 enthaltene Dienstanweisung des Bundesministers der Finanzen an die Zollstellen).

b) Unbegründet ist die Anfechtungsklage, weil die durch das Schreiben des HZA vom 13.März 1981 getroffene Feststellung zutreffend ist und das zugrunde liegende Prüfungsergebnis der ersuchenden Behörde mitgeteilt werden darf, ohne daß es zuvor einer "Rücknahme" der von der Klägerin ausgestellten Präferenznachweise bedürfte.

aa) Es ist umstritten, ob in der zollamtlichen Ausstellung einer WVB EUR.1 im Regelverfahren --Einzelausstellung-- ein (rechtsfeststellender begünstigender) Verwaltungsakt zu sehen ist (so die überwiegend vertretene Meinung; vgl. Dorsch, a.a.O., F IV 5/9-11 Rdziff.1 b; derselbe, ZfZ 1985, 130 f.; Tipke/Kruse, a.a.O., § 118 AO Tz.2 und 17, jeweils mit Nachweisen; offengelassen von FG Münster, Beschluß vom 18.April 1980 IV 229/80 Z-A, EFG 1980, 469, 471 = ZfZ 1980, 341, 343; verneinend --für die frühere WVB D.D.4-- Senat, Urteil vom 13.Oktober 1970 VII R 40/68, BFHE 100, 279, 285). Soweit dies angenommen wird, besteht auch Streit über die Frage, ob ein zu Unrecht ausgestellter Präferenznachweis zurückgenommen werden muß (vgl. § 130 Abs.2 Nr.3, Abs.3 Satz 1 AO 1977), bevor dem Einfuhrstaat das (negative) Ergebnis einer nachträglichen Überprüfung mitgeteilt werden darf (bejahend Wilser, Der Betrieb --DB-- 1979, 2248 f., und ZfZ 1981, 108 f.; Duric, ZfZ 1980, 367, 369; verneinend FG Münster, a.a.O., Dewitz, ZfZ 1981, 107 f.). Einer Entscheidung dieser Fragen bedarf es im Streitfalle nicht, weil es hier um die vom Ausführer im "vereinfachten Verfahren" selbst ausgestellten WVB geht. Diese sind --im Gegensatz zur Auffassung der Revision-- keine Verwaltungsakte, die zurücknehmbar wären, deren Rücknahme etwa Voraussetzung für die Unterrichtung der Behörden des Einfuhrstaates wäre (ebenso Dorsch, a.a.O., F IV 5/16, 17 Rdziff.4 a; derselbe, ZfZ 1985, 130, 132; vgl. auch Tipke/Kruse, a.a.O., § 130 AO Tz.4).

Rechtsgrundlage des "vereinfachten Verfahrens" im Warenverkehr mit der Schweiz ist das zum Abkommen EWG/Schweiz vom 22.Juli 1972 gehörende Protokoll Nr.3 über die Bestimmung des Begriffs "Erzeugnisse mit Ursprung in" und "Ursprungserzeugnisse" und über die Methoden der Zusammenarbeit der Verwaltungen, hier in der Fassung des Beschlusses 1/77 des Gemischten Ausschusses EWG/Schweiz vom 14.Dezember 1977, veröffentlicht mit Verordnungen (EWG) Nr.2840/72 des Rates vom 19.Dezember 1972 (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- L 300/188) und Nr.2933/77 des Rates vom 20.Dezember 1977 (ABlEG L 342/27), das jetzt in der durch Verordnung (EWG) Nr.3391/84 des Rates vom 3.Oktober 1984 (ABlEG L 323/312) veröffentlichten Fassung gilt (vgl. VSF Z 4137-1). Nach Art.13 Abs.2 des Protokolls Nr.3 können die Zollbehörden des Ausfuhrstaates Ausführer präferenzierter Waren unter bestimmten Voraussetzungen ermächtigen, "zum Zweck der Ausstellung einer Bescheinigung EUR.1" Waren ohne Gestellung und ohne Vorlage von Anträgen auf (zollamtliche) Ausstellung von EUR.1 auszuführen. Bewilligt wird entweder die zollamtliche Vorausbehandlung mit Sichtvermerk im voraus --dann muß die WVB den Vermerk "vereinfachtes Verfahren" aufweisen-- oder die besondere Kennzeichnung der Bescheinigung durch den ermächtigten Ausführer mittels zugelassenen Sonderstempels (Art.13 Abs.4 und 5 des Protokolls Nr.3). In beiden Fällen fehlt es an einer in der WVB getroffenen zollamtlichen Feststellung über den Ursprungscharakter der Waren, wie sie im Regelverfahren aufgrund der zollamtlichen Prüfung der in der Bescheinigung bereits enthaltenen Angaben über den Ursprung usw. erfolgt (vgl. insbesondere Art.10 Abs.3 des Protokolls Nr.3). Der im voraus vollzogene zollamtliche Sichtvermerk (Feld Nr.11 der Bescheinigung) im Verfahren der Vorausbehandlung, das im Streitfalle bewilligt und genutzt worden ist, bringt damit zwangsläufig nur zum Ausdruck, daß der Ausführer, wie auch aus dem der Unterrichtung des Einfuhrstaates dienenden Vermerk in Feld Nr.7 der Bescheinigung ersichtlich, zum vereinfachten Verfahren zugelassen ist. Das gilt nach Auffassung des Senats selbst dann, wenn die Bescheinigung --was nicht erforderlich ist (vgl. VSF Z 4229 Abs.12, früher Abs.2)-- außer der Benennung des Ausführers, seiner Unterschrift und dem Datum weitere Angaben enthält, die für die (zollamtliche) Ausstellung der Bescheinigung im Regelverfahren erforderlich wären. Auch hier hat der Sichtvermerk --wie sich aus seinem Zweck im Rahmen des vereinfachten Verfahrens ergibt--, entgegen seinem insoweit mißverständlichen Wortlaut ("Die Richtigkeit der Erklärung wird bescheinigt"), keine (weitere) Bescheinigungswirkung, mithin nicht die Wirkung einer im Regelverfahren aufgrund Einzelprüfung erteilten zollamtlichen Bescheinigung. Vielmehr ist die vorausbehandelte WVB, abgesehen von der amtlichen Bestätigung der Zulassung zum vereinfachten Verfahren, eine reine Wissenserklärung des Ausführers. Anhaltspunkte für die Annahme, der ermächtigte Ausführer nehme kraft Delegation oder kraft Mandats eine "amtliche Bescheinigung" der Richtigkeit der eigenen Erklärung vor, lassen sich weder aus dem zwischenstaatlichen Recht --Protokoll Nr.3-- noch aus den Vorschriften des innerstaatlichen Rechts gewinnen. Im Gegenteil ist aus der Vorschrift über die Kennzeichnung der WVB im vereinfachten Verfahren (durch entsprechenden Vermerk oder durch Sonderstempel), die erkennen läßt, daß es sich nicht um im Regelverfahren erteilte zollamtliche Bescheinigungen handelt, zu schließen, daß die vom Ausführer selbst (privat) ausgestellten Bescheinigungen eine andere rechtliche Qualität haben als zollamtliche Bescheinigungen.

bb) Nach den durch das FG getroffenen Feststellungen, die für den Senat bindend sind (§ 118 Abs.2 FGO), waren die von der Klägerin mit vorausbehandelten WVB ausgeführten Bettücher aus Gewirken hergestellt, die teilweise (Frottee-Stretch-Gewirke) keinen Ursprungscharakter hatten. Bettücher aus Gewirken gehören, wie vom FG richtig entschieden, nicht zur Tarifnr.62.02 (vgl. Vorschrift 1 zu Kapitel 62), sondern als Wirkwaren zur Tarifnr.60.05. Solche Bettücher, aus Nichtursprungswaren hergestellt, sind nicht schon aufgrund Tarifsprungs (vom Vorprodukt zum Endprodukt), sondern nur dann Ursprungserzeugnisse, wenn sie durch Zusammennähen oder sonstiges Zusammenfügen der gewirkten (zugeschnittenen oder abgepaßten) Teile hergestellt worden sind (Art.1 Nr.1 Buchst.b, Art.5 Abs.1 Buchst.a des Protokolls Nr.3 mit Liste A zu ex 60.05). Diese Voraussetzungen waren nach den Feststellungen der Vorinstanz nicht erfüllt.

Ob die Zulassung überhaupt Spannbettücher aus Frottee-Stretch-Gewirken umfaßt hätte, wenn sie (die Endprodukte) als Ursprungserzeugnisse anzusehen wären, kann offenbleiben.

cc) Das HZA ist berechtigt und, soweit es um die Erledigung des Nachprüfungsersuchens geht, auch verpflichtet, der Eidgenössischen Oberzolldirektion das Prüfungsergebnis mitzuteilen (Art.17 Abs.3 des Protokolls Nr.3). Ob --wie überwiegend angenommen wird (von Duric, ZfZ 1980, 367, 369; Dorsch, a.a.O., F IV 5/16, 17 Rz.10; vgl. VSF Z 4215 Abs.14; ablehnend Wilser, DB 1979, 2248 f., und ZfZ 1981, 108 f.)-- Mitteilungen nach dem Protokoll Nr.3 auch "spontan", ohne entsprechendes Ersuchen, gemacht werden dürfen, braucht im Streitfalle nicht entschieden zu werden, weil das HZA die weiteren Prüfungsergebnisse nur auf Grund zusätzlichen Nachprüfungsersuchens mitzuteilen beabsichtigt.

2. Soweit das FG die Unterlassungsklage abgewiesen hat, ist seine Entscheidung im Ergebnis richtig. Allerdings kann dem FG nicht darin gefolgt werden, daß diese Klage, die sich, wie die Vorinstanz zutreffend erkannt hat, als vorbeugende Klage auf Verurteilung zu einer "anderen" Leistung (§ 40 Abs.1 FGO) darstellt, mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig sei, weil der Gegenstand des Unterlassungsbegehrens "im wesentlichen" dem der (unbegründeten) Anfechtungsklage entspreche. Die Klagen haben, wie die Klägerin mit Recht bemerkt, einen unterschiedlichen Gegenstand: die Anfechtungsklage zielt auf Aufhebung des in dem Schreiben des HZA vom 13.März 1981 enthaltenen, durch Beschwerdeentscheidung bestätigten Verwaltungsakts, die Unterlassungsklage auf Verhinderung einer Mitteilung des Prüfungsergebnisses an die ersuchende Behörde. Auch diese Klage ist zulässig (vgl. Dewitz, ZfZ 1981, 107 f.). Sie ist indessen unbegründet, weil --wie vorstehend (Nr.1) ausgeführt-- das HZA zu der Mitteilung, die die Klägerin unterbunden wissen will, berechtigt und verpflichtet ist.

Der Senat sieht sich daran gehindert, die Revision mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß die Unterlassungsklage --statt als unzulässig-- als unbegründet abgewiesen wird (mit weiterreichender Rechtskraftwirkung), weil das HZA keine Revision eingelegt, sondern sich darauf beschränkt hat, die Zurückweisung der Revision der Klägerin zu beantragen (vgl. auch Gräber, Finanzgerichtsordnung, 1977, § 118 Anm.3 a.E.).

 

Fundstellen

Haufe-Index 61452

BFHE 148, 372

BFHE 1987, 372

DB 1987, 620-620 (S)

DStR 1987, 166-166 (ST)

HFR 1987, 133-134 (ST)

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