Leitsatz (amtlich)

Steuerpflichtige, die ihre Umsätze nach vereinbarten Entgelten (§ 13 Abs. 1 Nr. 1 a UStG 1973) versteuern, können pauschale Wertberichtigungen auf Kundenforderungen zur Abdeckung des Ausfallwagnisses nur hinsichtlich der Nettorechnungsbeträge (d. h. ausschließlich Umsatzsteuer) vornehmen.

 

Normenkette

EStG § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2

 

Verfahrensgang

Hessisches FG

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), die ihren Gewinn nach § 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelt und ihre Umsätze nach vereinbarten Entgelten versteuert, wies für das Jahr 1974 (Streitjahr) neben einer Einzelwertberichtigung eine pauschale Wertberichtigung zu ihren Kundenforderungen in Höhe von 3 v. H. aus. Bei der Berechnung der Pauschalwertberichtigung, die dem Ausgleich des Ausfallwagnisses dienen sollte, ging sie von dem aktivierten, um die Einzelwertberichtigung verminderten Forderungsbestand aus und setzte den Betrag von 3 666 DM ab.

Bei der einheitlichen Gewinnfeststellung für das Streitjahr vertrat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) die Auffassung, die pauschale Wertberichtigung sei lediglich hinsichtlich der Nettorechnungsbeträge - aktivierte Forderungen abzüglich der darin enthaltenen Umsatzsteuerbeträge - anzuerkennen. Er kürzte die Wertberichtigung um 365 DM auf 3 301 DM. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.

Das Finanzgericht (FG), dessen Entscheidung in Entscheidungen der Finanzgerichte 1980 S. 382 (EFG 1980, 382) veröffentlicht ist, wies die Klage ab.

Mit der Revision, die das FG gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zugelassen hat, rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.

Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und der Klage stattzugeben, hilfsweise die Sache an das FG zurückzuverweisen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

1. Die Klägerin hat ihre Forderungen, soweit der Teilwert unter dem Nennbetrag liegt, mit dem niedrigeren Teilwert zu bewerten (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 EStG, § 40 Abs. 3 HGB).

Das von ihr angewandte Verfahren, bei dem ein Teil der Forderungen einzeln, der Rest pauschal bewertet wird, ist weithin gebräuchlich und entspricht den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 1. April 1958 I 60/57 U, BFHE 67, 47, BStBl III 1958, 291). Forderungen können ebenso wie andere gleichartige Wirtschaftsgüter zu Sammelposten in der Bilanz zusammengefaßt und der kaufmännischen Übung folgend auch pauschal wertberichtigt werden, wenn die Gemeinsamkeiten die Unterschiede überwiegen und die individuelle Behandlung schwierig oder unzumutbar erscheint.

Der Betrag der pauschalen Wertberichtigung kann mit einem Hundertsatz des zu bewertenden Forderungsbestandes geschätzt werden (Urteil des BFH vom 9. Mai 1961 I 128/60, S, BFHE 73, 187, BStBl III 1961, 336). Die Beteiligten gehen übereinstimmend davon aus, das Ausfallwagnis sei mit 3 v. H. des um die einzeln berichtigten Forderungen bereinigten Forderungsbestandes zu veranschlagen. Das FG hat diese Schätzung übernommen. Der Senat ist an diese mögliche Tatsachenwürdigung gemäß § 118 Abs. 2 FGO gebunden, da insoweit keine begründeten Verfahrensrügen erhoben sind, die Würdigung auch frei von Rechtsfehlern ist und weder gegen die Denkgesetze verstößt noch der Lebenserfahrung widerspricht.

2. Der Senat teilt die Auffassung des FG, daß das Ausfallwagnis nach den Nettorechnungsbeträgen, also ohne Berücksichtigung der Umsatzsteuer zu berechnen ist.

Bei der Besteuerung der Umsätze nach vereinbarten Entgelten gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) führt ein Forderungsausfall in Höhe des in dem Rechnungsbetrag enthaltenen Umsatzsteuerbetrages nicht zu einer endgültigen Belastung des Steuerpflichtigen. Der Forderungsausfall führt zur Ermäßigung der bisher zugrunde gelegten Bemessungsgrundlage und in der Folge zu einer entsprechenden Rückzahlung oder Verrechnung der abgeführten Umsatzsteuer (§ 17 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 Satz 1, § 18 UStG). Dieser Umstand ist bei der Bemessung der pauschalen Wertberichtigung zur Ermittlung des niedrigeren Teilwerts i. S. des § 6 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 EStG zu berücksichtigen. Der Senat schließt sich der überwiegend im Schrifttum vertretenen Meinung an, daß die pauschale Wertberichtigung zu Forderungen, soweit sie ein Ausfallwagnis abdecken soll, nur in Höhe des zu erwartenden Forderungsausfalls abzüglich des darin enthaltenen Umsatzsteuerbetrages gebildet werden kann (Herrmann/Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, 18. Aufl., § 6 Anm. 1500 "Umsatzsteuer"; Littmann, Das Einkommensteuerrecht, 12. Aufl., § 6 Anm. 446a; Blümich/Falk, Einkommensteuergesetz, Kommentar, 11. Aufl., § 6 Anm. V, 2; Runge, Deutsche Steuer-Zeitung, Ausgabe A 1970 S. 319 - DStZ A 1970, 319 - ; vgl. auch FG Baden-Württemberg, Außensenate Stuttgart, Urteil vom 23. November 1977 V 210/77, EFG 1978, 316; Oberfinanzdirektion Düsseldorf, Verfügung vom 12. Juli 1971 S 1471 A-129/71 - St 41 H, Der Betrieb 1971 S. 1387 - DB 1971, 1387 -).

Gegen diese Auffassung werden Bedenken geäußert, weil nach dem sog. Imparitätsprinzip der drohende Forderungsausfall auch hinsichtlich der den Kunden berechneten Umsatzsteuer berücksichtigt werden müsse, während der Ausgleichsanspruch gegenüber dem FA erst später mit der tatsächlichen Uneinbringlichkeit der Forderung entstehe und erst dann als Ertrag berücksichtigt werden könne (vgl. Güldenagel, DB 1972, 1043; Reichel, Die Information über Steuer und Wirtschaft, 1972 S. 343). Diese Bedenken sind unbegründet.

Es kann dahinstehen, ob bereits das Imparitätsprinzip dahin führt, daß bei der Bewertung einer zweifelhaften Forderung nur die endgültig zu erwartende Einbuße aus dem Geschäft berücksichtigt werden kann (vgl. Schäfer, Grundsätze ordnungsmäßiger Bilanzierung für Forderungen, 2. Aufl., S. 100). In der Steuerbilanz kann dieser Grundsatz jedenfalls nur nach Maßgabe des geltenden Bilanzrechts berücksichtigt werden Dieses läßt eine Wertberichtigung von Forderungen nur bis zur Höhe ihres Teilwerts zu. Ein gedachter Erwerber des Betriebs würde eine Kundenforderung aber in jedem Fall in Höhe der berechneten Umsatzsteuer vergüten, da ihm im Hinblick auf die Regelung des Umsatzsteuergesetzes bei Uneinbringlichkeit der Forderung insoweit kein Nachteil droht. Dem Forderungsausfall steht insoweit notwendig eine Entlastung bei der Umsatzsteuer gegenüber; das wirkt sich unmittelbar auf die Forderungsbewertung aus. Diesen Erwägungen ist auch bei der Bemessung einer Pauschalwertberichtigung Rechnung zu tragen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 413684

BStBl II 1981, 766

BFHE 1981, 27

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