Leitsatz (amtlich)

1. Das Abzugsverbot des § 12 Nr.1 KStG 1968 (§ 10 Nr.1 KStG 1977) greift nicht ein, soweit sich die Erfüllung satzungsmäßiger Zwecke gleichzeitig als gewerbliche Tätigkeit darstellt.

2. Der durch die Aberkennung der Gemeinnützigkeit bedingte Verlust der Steuerbefreiung hat bei einem Verein der Fußball- Bundesliga nicht zwingend die Steuerbarkeit seiner gesamten Tätigkeit zur Folge.

 

Orientierungssatz

1. Ein Verein der Fußball-Bundesliga (sonstige juristische Person des Privatrechts), der nicht als gemeinnützig anerkannt ist, kann die in den Amateurabteilungen entstandenen Verluste nur insoweit bei der Ermittlung seines Einkommens berücksichtigen, als die dort entfaltete Tätigkeit für sich die Voraussetzungen einer der Einkunftsarten des § 2 Abs. 3 EStG (bis 1974) erfüllt (Erzielung positiver Einkünfte oder Überschüsse auf eine größere Zahl von Jahren gesehen --vgl. BFH-Beschluß vom 25.6.1984 GrS 4/82--) oder dergestalt mit dem Gewerbebetrieb der Lizenzspielerabteilung verbunden ist, daß dieser ohne die anderweitige Betätigung nicht ausgeübt werden könnte.

2. Eine Klage gegen einen Körperschaftsteuerbescheid, mit dem die Steuer auf 0 DM festgesetzt worden ist, ist mangels Beschwer unzulässig (vgl. BFH-Urteil vom 24.1.1975 VI R 148/72).

 

Normenkette

FGO § 40 Abs. 2; EStG § 2 Abs. 3; KStG 1968 § 12 Nr. 1; KStG 1977 § 10 Nr. 1; KStG 1968 § 1 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2, § 4 Abs. 1 Nr. 6; KStG 1977 § 1 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2, § 5 Abs. 1 Nr. 9

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist ein eingetragener Verein, der nach seiner Satzung die körperliche Ertüchtigung und sittliche Weiterbildung seiner Mitglieder durch Ausübung von Sport bezweckt. Er war in den Streitjahren (1967 bis 1972) wegen Fehlens der nach § 4 Abs.2 der Gemeinnützigkeitsverordnung (GemVO) für steuerbegünstigte Körperschaften vorgeschriebenen Satzungsregelung über die Gewinn- und Vermögensverwendung nicht als gemeinnützig anerkannt.

Der Kläger führt Fußballveranstaltungen unter Einsatz von Lizenzspielern nach dem Bundesligastatut des Deutschen Fußballbundes durch. Neben der Lizenzspielermannschaft unterhält er weitere Abteilungen, die nach Amateurgrundsätzen betrieben werden.

Der Kläger erfaßte in den den Körperschaftsteuererklärungen der Streitjahre zugrunde liegenden Gewinn- und Verlustrechnungen nicht nur die Einnahmen und Ausgaben der Lizenzspielerabteilung, sondern auch die Erträge und Aufwendungen im Amateurbereich und ließ hierbei lediglich einen dem Verhältnis der steuerfreien Einnahmen (Mitgliederbeiträge und Spenden) zu den Gesamteinnahmen entsprechenden Teil der Gesamtausgaben außer Ansatz. ...

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) änderte im Anschluß an Betriebsprüfungen für die Streitjahre die zunächst gemäß den eingereichten Steuererklärungen durchgeführten Veranlagungen zur Körperschaftsteuer 1967 sowie 1969 bis 1972 und erhöhte die Einkünfte aus Gewerbebetrieb um die im Amateurbereich entstandenen Aufwendungen, soweit diese die dort erzielten Einnahmen überstiegen. ...

Für das Jahr 1968 ergab sich aufgrund der Feststellungen der Betriebsprüfung, ebenso wie bereits bei der ursprünglichen Veranlagung, ein negatives Einkommen. Ein Änderungsbescheid erging insoweit nicht.

Die gegen die geänderten Körperschaftsteuerbescheide 1967 bis 1972 eingelegten Einsprüche wies das FA als unbegründet zurück. Die hiergegen erhobene Klage blieb ebenfalls erfolglos. Das Finanzgericht (FG) wertete die Ausgaben des Klägers im Amateurbereich als Aufwendungen für satzungsmäßige Zwecke, die unter das Abzugsverbot des § 12 Nr.1 des Körperschaftsteuergesetzes in der vor dem 1.Januar 1977 geltenden Fassung (KStG a.F.) fallen.

Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Er macht geltend, in den Streitjahren einen einheitlichen Gewerbebetrieb unterhalten zu haben, der sowohl die Lizenzspielerabteilung wie auch die Amateurabteilungen umfaßt habe. Die in diesem Gewerbebetrieb entstandenen Betriebsausgaben fielen nicht unter das Abzugsverbot des § 12 Nr.1 KStG a.F. ...

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist hinsichtlich der Körperschaftsteuer für 1967 und 1969 bis 1972 begründet; hinsichtlich der Körperschaftsteuer für das Jahr 1968 ist die Revision jedoch unbegründet.

I. Soweit sich die Revision gegen die Vorentscheidung wegen Körperschaftsteuer 1967 und 1969 bis 1972 richtet, ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 126 Abs.3 Nr.2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat die Ablehnung einer gewinnmindernden Berücksichtigung der Verluste, die im Amateurbereich des Klägers entstanden sind, zu Unrecht auf § 12 Nr.1 KStG a.F. gestützt.

1. Nach § 12 Nr.1 KStG a.F. sind die Aufwendungen für die Erfüllung von Zwecken des Steuerpflichtigen, die durch Stiftung, Satzung oder sonstige Verfassung vorgeschrieben sind, nicht abzugsfähig. Dem FG ist zuzugeben, daß die Ausgaben des Klägers für die Amateurabteilungen zu seinen satzungsmäßigen Aufgaben gehören. Die Entstehungsgeschichte der Vorschrift zeigt jedoch, daß sie kein Abzugsverbot für Aufwendungen enthält, die der Erzielung von Einkünften dienen. Soweit sich die Erfüllung satzungsmäßiger Zwecke gleichzeitig als gewerbliche Tätigkeit darstellt, sind die hiermit zusammenhängenden Ausgaben bei der Gewinnermittlung zu berücksichtigen.

Bereits nach § 8 Nr.1 KStG 1920 (RGBl 1920, 393) durften Aufwendungen für die Erfüllung der durch die Stiftung, Satzung oder sonstige Verfassung vorgeschriebenen Zwecke des Steuerpflichtigen nicht abgezogen werden. Der Vorschrift lag der Gedanke zugrunde, daß Aufwendungen zur Erfüllung satzungsmäßiger Zwecke nicht der Einkommenserzielung dienten, sondern Einkommensverwendung darstellten und deshalb wie Ausgaben natürlicher Personen für private Zwecke das Einkommen nicht mindern dürften. Nach der amtlichen Begründung zum KStG 1920 (RTDrucks 1976, 24) ging das KStG von der Anschauung aus, daß die nichtphysischen Steuerpflichtigen neben ihren wirtschaftlichen Zwecken und Aufgaben Zwecke hätten, die den außerhalb der wirtschaftlichen Tätigkeit liegenden Zwecken des Menschen entsprächen. Was für die wirtschaftlichen Zwecke verwendet werde, sei wie bei den natürlichen Personen nicht Gegenstand besonderer Besteuerung, wohl aber das für die "eigenen" Zwecke verwendete.

§ 12 Nr.1 KStG a.F. will somit --ähnlich wie § 12 des Einkommensteuergesetzes (EStG)-- lediglich verhindern, daß Ausgaben, die ihrer Art nach eine Verwendung des erzielten Einkommens bedeuten, bei der Ermittlung des Einkommens abgezogen werden (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 10.Mai 1960 I 205/59 U, BFHE 71, 233, BStBl III 1960, 335, und vom 6.November 1968 I R 15/66, BFHE 94, 138, BStBl II 1969, 93). Soweit der BFH in BFHE 71, 233, BStBl III 1960, 335 den Vorrang des Betriebsausgabenabzugs vor dem Abzugsverbot des § 12 Nr.1 KStG a.F. auf die gleiche steuerliche Behandlung bei Geber und Empfänger gestützt hat, beruht dies auf den Besonderheiten des Urteilsfalls. Die Besteuerung beim Empfänger ist für den Abzug von Betriebsausgaben grundsätzlich ohne Bedeutung (vgl. Schmidt/Heinicke, Einkommensteuergesetz, Kommentar, 5.Aufl., § 4 Anm.91 d).

Entgegen der Auffassung des FG kann aus dem BFH-Urteil vom 2.Mai 1974 I R 225/72 (BFHE 112, 359, BStBl II 1974, 549) für den Streitfall nichts hergeleitet werden. In dem dort entschiedenen Falle wurden Verluste aus Vermietung und Verpachtung nicht anerkannt, weil der erzielte Mietzins in Erfüllung des Satzungszwecks des Vermieters hinter den Selbstkosten zurückblieb. Bei einem Verzicht auf kostendeckende Einnahmen fehlt es bereits an der Einkunftserzielungsabsicht. Die Frage des Vorrangs der Gewinnermittlungsvorschriften stellt sich hier nicht.

2. Der durch die Aberkennung der Gemeinnützigkeit bedingte Verlust der Steuerbefreiung des § 4 Abs.1 Nr.6 KStG a.F. hat nicht zwingend die Steuerbarkeit der gesamten Tätigkeit des Klägers zur Folge. Dieser kann die in den Amateurabteilungen entstandenen Verluste nur insoweit bei der Ermittlung seines Einkommens berücksichtigen, als die dort entfaltete Tätigkeit für sich die Voraussetzungen einer der Einkunftsarten des § 2 Abs.3 EStG (in der bis zum EStG 1974 vom 15.August 1974 --BGBl I, 1993-- geltenden Fassung) erfüllt oder dergestalt mit dem Gewerbebetrieb der Lizenzspielerabteilung verbunden ist, daß dieser ohne die anderweitige Betätigung nicht ausgeübt werden könnte.

Der Kläger ist als sonstige juristische Person des Privatrechts nach § 1 Abs.1 Nr.4 KStG a.F. unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig. Der Steuerpflicht unterliegen sämtliche Einkünfte, die nach den Vorschriften des KStG und des EStG zu seinem Einkommen gehören (§§ 1 Abs.2, 5 Abs.1 und 6 Abs.1 KStG a.F.). Bei der Ermittlung des Einkommens für die Einkommensteuer sind nur solche positiven oder negativen Einkünfte anzusetzen, die unter die Einkünfte des § 2 Abs.3 Nr.1 bis 3 EStG 1974 fallen (Beschluß des Großen Senats des BFH vom 25.Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, 434, BStBl II 1984, 751 unter C IV 3 c aa 1). Kennzeichnend für diese Einkunftsarten ist, daß die ihnen zugrunde liegenden Tätigkeiten oder Vermögensnutzungen auf eine größere Zahl von Jahren gesehen der Erzielung positiver Einkünfte oder Überschüsse dienen (BFHE 141, 405, 435, BStBl II 1984, 751, wie vor). Der hiernach erforderlichen Prüfung, ob und inwieweit es sich wirtschaftlich um auf Vermögensmehrung gerichtete Tätigkeiten handelt, bedarf es zumindest bei solchen körperschaftsteuerpflichtigen Rechtssubjekten, deren satzungsmäßiger Zweck nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist und deren Tätigkeit auch nicht nach § 2 Abs.2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) stets und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb gilt.

3. Die Vorentscheidung muß aufgehoben werden, da das FG von anderen rechtlichen Erwägungen ausgegangen ist. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG hat --von seinem Rechtsstandpunkt folgerichtig-- keine Feststellungen zu Art und Umfang der gewerblichen Tätigkeit und der hierbei erforderlichen Abgrenzung zwischen Lizenzspieler- und Amateurabteilung getroffen. Die Sache ist daher zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen. ...

II. Die Revision ist unbegründet, soweit sie sich gegen die Vorentscheidung wegen Körperschaftsteuer 1968 wendet. Sie war insoweit zurückzuweisen (§ 126 Abs.2 FGO).

Das FG hat zutreffend die Klage wegen Körperschaftsteuer 1968 abgewiesen. Diese ist allerdings entgegen den Ausführungen des FG nicht unbegründet, sondern unzulässig. Für dieses Streitjahr ist bereits bei der ursprünglichen Veranlagung keine Körperschaftsteuer festgesetzt worden. Der von dem Kläger angefochtene Änderungsbescheid existiert nicht. Da für den Kläger insoweit keine Beschwer gegeben war, war die Klage mithin unzulässig (vgl. BFH-Urteil vom 24.Januar 1975 VI R 148/72, BFHE 115, 9, BStBl II 1975, 382). Mit dieser Maßgabe war die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 61973

BStBl II 1988, 75

BFHE 151, 27

BFHE 1988, 27

DStR 1987, 802-802 (ST)

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