Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer Körperschaftsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Die mit dem Gesellschafter-Geschäftsführer vereinbarte Witwenversorgung begründet eine passivierungsfähige Last auch dann, wenn er die Kapitalgesellschaft beherrscht.

EStG §§ 5, 6 Abs. 1 Ziff. 3, 6 a; KStG § 6 Abs. 1.

 

Normenkette

EStG §§ 5, 6/1/3, § 6a; KStG § 6 Abs. 1

 

Tatbestand

An der Steuerpflichtigen, einer GmbH, waren die Eheleute J., die ersteheliche Tochter der Ehefrau J., I. M., und deren früherer Ehemann E. M. zu je 1/4 beteiligt. Durch notariellen Vertrag vom 7. Januar 1957 trat der Gesellschafter E. M. seinen Geschäftsanteil an die Steuerpflichtige ab. Die gleichen Gesellschafter waren während desselben Zeitraums im gleichen Verhältnis an der L.-GmbH beteiligt; der Gesellschafter E. M. trat seinen Geschäftsanteil durch notariellen Vertrag vom 7. Januar 1957 an die L.-GmbH ab.

Alleiniger Geschäftsführer beider Gesellschaften war seit Anfang 1952 der Ehemann J. Er bezog von beiden Gesellschaften Gehalt (18 000 + 28 672 DM in 1954 und 18.000 + 54.000 DM in 1957). Die Gesellschafterversammlung der Steuerpflichtigen und der L.-GmbH beschloß am 29. Dezember 1954, dem am 9. November 1903 geborenen Gesellschafter-Geschäftsführer nach Vollendung des 65. Lebensjahres oder im Falle der Invalidität monatlich je 1000 DM und im Falle seines Ablebens seiner Witwe monatlich je 600 DM zu bezahlen. Das Finanzamt ließ die in der Bilanz der Steuerpflichtigen zum 31. Dezember 1954 gebildete Einmalrückstellung in Höhe von 52 660 DM und die im Jahre 1957 erfolgte Zuführung zur Pensionsrückstellung in Höhe von 4400 DM nicht zu. Auf die Berufung entschied das Finanzgericht durch die angefochtenen Zwischenurteile, daß zum 31. Dezember 1954 eine Rückstellung wegen der dem Gesellschafter- Geschäftsführer erteilten Versorgungszusage nicht gebildet werden dürfe und zum 31. Dezember 1957 eine Zuführung zu dieser Rückstellung nicht statthaft sei. Hingegen sei es zulässig, in der Bilanz zum 31. Dezember 1954 wegen einer seit dem 1. Januar 1954 laufenden Anwartschaft der Ehefrau des Gesellschafter-Geschäftsführers auf Zahlung eines monatlichen Witwengeldes in Höhe von 600 DM eine Rückstellung zu bilden und dieser Rückstellung zum 31. Dezember 1957 einen versicherungsmathematisch zu ermittelnden Betrag zuzuführen.

Mit den gegen beide Zwischenurteile eingelegten Rbn. beantragt der Vorsteher des Finanzamts, Rückstellungen wegen der Versorgungszusage an die Witwe nicht zuzulassen.

 

Entscheidungsgründe

Die Rbn. sind nicht begründet.

Das Bestehen einer rückstellungsfähigen Last wegen der für die Ehefrau des Gesellschafter-Geschäftsführers erteilten Versorgungszusage kann nicht aus den Gründen verneint werden, die in den Fällen der Urteile des Bundesfinanzhofs I 11/58 S vom 5. Mai 1959 (BStBl 1959 III S. 369, Slg. Bd. 69 S. 286)und I 4/59 S vom 4. August 1959 (BStBl 1959 III S. 374, Slg. Bd. 69 S. 299 zur Versagung der Rückstellungen wegen der dem herrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer gewährten Versorgungszusage führten. An der dort vertretenen Rechtsauffassung wird nach erneuter Prüfung der Rechtslage festgehalten. Jedoch ist die Interessenlage im Fall der versprochenen Versorgung für die Ehefrau eine andere. Die in den oben genannten Urteilen angeführten Gründe, nach denen es im Regelfall wenig wahrscheinlich ist, daß der Geschäftsführer aus dem aktiven Dienst der von ihm beherrschten Kapitalgesellschaft ausscheidet und die ihm für seine laufende Tätigkeit zustehenden Dienstbezüge mit dem niedrigeren Ruhegeld vertauscht, gelten hinsichtlich der versprochenen Versorgung für die Ehefrau nicht. Die Fortführung einer Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer kommt hier nicht in Frage. Anders als beim herrschenden Gesellschafter- Geschäftsführer ist der Eintritt des Versorgungsfalles, weil durch den Tod des Ehemannes bedingt, vom Willen der durch die Zusage begünstigten Ehefrau unabhängig. Ihr Interesse ist darauf gerichtet, nach dem durch den Tod des Ehemannes bedingten Wegfall der Geschäftsführerbezüge in den Genuß des Witwengeldes zu kommen, daß ihre Versorgung sicherstellen soll. Hinzu kommt, daß die Versorgungsbezüge im Gegensatz zu Gewinnanteilen steuerlich nicht doppelt belastet sind und daß diese Bezüge von der Kapitalgesellschaft auch dann zu zahlen sind, wenn sie Gewinne nicht ausschütten kann oder will.

Aus diesen Gründen ist auch der Umstand nicht erheblich, daß die Ehefrau selbst an der Steuerpflichtigen unmittelbar zu 25 % beteiligt ist. Die Tatsache, daß beide Ehegatten und die Tochter der Ehefrau an der GmbH beteiligt sind, gibt zwar Anlaß zur Prüfung der Angemessenheit der laufenden Dienstbezüge des Ehemannes in Verbindung mit der versprochenen Versorgung. Sie rechtfertigt es jedoch nicht, das Bestehen einer rückstellungsfähigen Last hinsichtlich der versprochenen Versorgung für die Ehefrau schlechthin zu verneinen. Da die Interessenlage hinsichtlich der Witwenversorgung eine andere ist, kann der durch den Anteilsbesitz der Ehefrau begründeten Machtstellung an der GmbH - auch wenn es sich um eine Familiengesellschaft handelt - nicht die gleiche Bedeutung zugemessen werden wie bei dem Gesellschafter-Geschäftsführer. Bezüglich der Angemessenheit der Bezüge gibt der vom Finanzgericht festgestellte Sachverhalt keinen Anlaß zu Bedenken.

Auch die weitere Voraussetzung für die Anerkennung einer rückstellungsfähigen Last wegen der für die Ehefrau versprochenen Versorgung, die zivilrechtliche Gültigkeit des Versorgungsversprechens, ist erfüllt. Hierfür genügt es, daß ein gültiger Vertrag zwischen der Kapitalgesellschaft und dem Gesellschafter-Geschäftsführer vorliegt, in dem diesem versprochen wird, der Ehefrau im Falle seines Todes Witwenversorgung zu gewähren. Es ist nicht erforderlich, daß der Vertrag unmittelbar zwischen der Kapitalgesellschaft und der Ehefrau geschlossen wurde oder daß die Ehefrau auf Grund des Vertrages zwischen der Gesellschaft und dem Gesellschafter-Geschäftsführer (Ehemann) im Augenblick der Zusage einen unentziehbaren Rechtsanspruch erlangt. Vielmehr genügt es, wenn ihr Rechtsanspruch auf Versorgungsleistungen entsprechend der Zweifelsregel des § 331 Abs. 1 BGB im Zeitpunkt des Todes des Ehemannes (Versprechensempfänger) entsteht.

 

Fundstellen

Haufe-Index 410322

BStBl III 1962, 138

BFHE 74, 364

DB 1962, 355

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