Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Auch ein Schriftsteller für Rundfunk und Fernsehen kann eine anteilige AfA auf ein sowohl beruflich wie auch privat genutztes Fernsehgerät nicht als Betriebsausgabe absetzen.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 4, § 12 Nr. 1

 

Tatbestand

Streitig ist bei der Einkommensteuerveranlagung 1958, ob ein Schriftsteller für Funk und Fernsehen die Absetzung für Abnutzung (AfA) auf ein Fernsehgerät teilweise als Betriebsausgabe gewinnmindernd absetzen darf.

Der steuerpflichtige Ehemann (Steuerpflichtiger), der Schriftsteller ist, schreibt Hörspiele für den Rundfunk und das Fernsehen. Er ermittelte den Gewinn aus selbständiger Arbeit nach § 4 Abs. 3 EStG. In der auch aus anderen Gründen eingelegten Sprungberufung beantragte er, ihm die AfA auf ein beruflich genutztes Fernsehgerät mindestens zur Hälfte als Betriebsausgabe anzuerkennen. Er habe sich das Fernsehgerät nur angeschafft, um sich auf dem Bildschirm die Stücke seiner Konkurrenten anzusehen und damit Vergleichsmöglichkeiten zu haben. An Sendungen des Fernsehens habe er nur ein berufliches Interesse. Oft müsse er sich aus beruflichen Gründen Sendungen ansehen, die er sich sonst nicht ansehen würde. Für ihn sei die Benutzung des Fernsehgerätes das einzige Fortbildungs-, Informations- und Arbeitsmittel.

Die Sprungberufung hatte zum Teil Erfolg. Das Finanzgericht ging davon aus, daß ein Fernsehgerät im Gegensatz zu einem Rundfunkgerät heute noch nicht zum Hausrat der breiten Masse gerechnet werden könne. Dem Steuerpflichtigen könne nicht widerlegt werden, daß er das Fernsehgerät überwiegend aus beruflichen Gründen angeschafft habe. Andererseits könne nicht außer acht gelassen werden, daß der Steuerpflichtige und seine Ehefrau oder einer von beiden sich manche Sendungen des Fernsehens auch aus privatem Interesse ansähen. Es sei nicht einzusehen, warum bei einem solchen Gerät der private Nutzungsanteil nicht genauso wie bei einem für berufliche Zwecke angeschafften PKW geschätzt werden könne. Von der Finanzverwaltung werde regelmäßig beim PKW nur ein privater Nutzungsanteil von 20 bis 25 % der Anschaffungskosten angenommen, es sei denn, daß ein geringerer Anteil vom Steuerpflichtigen nachgewiesen werde. Was für Gebrauchsgegenstände gelte, die auch der persönlichen Bequemlichkeit dienten, müsse erst recht für Geräte maßgeblich sein, die überwiegend der Belehrung und Bildung und damit kulturellen Zwecken dienlich seien. Das Finanzgericht ließ deshalb unter Zugrundelegung einer fünfjährigen betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer und eines Kaufpreises von rund 800 DM eine anteilige AfA von 120 DM als Betriebsausgabe zum Abzuge zu, wobei es die private Nutzung in Angleichung an die für PKW geltenden Prozentsätze mit 25 % schätzte.

Mit der Rb. rügt der Vorsteher des Finanzamts Verletzung bestehenden Rechts. Er ist der Ansicht, daß es bei einem Fernsehgerät unmöglich sei, die berufliche und private Nutzung - sei es auch schätzungsweise - zu trennen. Der gesamte Aufwand gehöre zu den nicht abzugsfähigen Kosten der Lebensführung (ß 12 Ziff. 1 EStG).

 

Entscheidungsgründe

Die wegen grundsätzlicher Bedeutung der Streitsache zugelassene Rb. führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.

Der Senat nahm in der Grundsatzentscheidung IV 158/61 S vom 13. März 1964 (BStBl 1964 III S. 455) ausführlich zu der Frage Stellung, unter welchen Voraussetzungen Anschaffungskosten (AfA-Beträge) von Wirtschaftsgütern der gehobenen Lebensführung steuerlich als Betriebsausgaben (ß 4 Abs. 4 EStG) abzugsfähig sind. Legt ein Steuerpflichtiger - wie im Streitfall - glaubhaft dar, daß ein solcher Gegenstand sowohl privaten als auch betrieblichen (beruflichen) Zwecken dient, so kann nach der bezeichneten Entscheidung der Teil der Aufwendungen, der betrieblich veranlaßt ist (die anteilige AfA), nur dann als Betriebsausgabe abgezogen werden, wenn der betriebliche (berufliche) Nutzungsanteil sich nach objektiven, nachprüfbaren Merkmalen leicht und einwandfrei an Hand konkreter Unterlagen von den nicht abzugsfähigen Kosten der Lebenshaltung trennen läßt und er nicht nur von untergeordneter Bedeutung ist. Diese Voraussetzungen liegen bei dem vom Steuerpflichtigen beruflich und privat genutzten Fernsehgerät nicht vor.

Dem Finanzgericht kann darin nicht zugestimmt werden, daß das Fernsehgerät anders als ein Rundfunkgerät heute noch nicht zu den in der Entscheidung IV 158/61 S behandelten Wirtschaftsgütern zu rechnen sei, die nach der Auffassung weiter Kreise der Bevölkerung bei Ansprüchen auf eine gehobene Lebensführung zur Ausstattung der Wohnung und damit zum Hausrat gehören. Es ist eine Erfahrungstatsache, daß gerade die Bezieher geringer und mittlerer Einkünfte seltener auf die Annehmlichkeiten eines Fernsehgeräts in ihrer Wohnung verzichten, als das wohlhabende Kreise der Bevölkerung tun. Wenn das Fernsehgerät deshalb heute zur Ausstattung einer Wohnung jedenfalls bei gehobener Lebensführung gerechnet werden muß, so kann es nicht allein deshalb anders beurteilt werden, weil es im einzelnen Fall für die Ausübung des Berufs nicht entbehrlich ist und deshalb neben der Aufgabe, der Ausstattung der Wohnung zu dienen, auch den Charakter eines Arbeitsmittels annimmt. Diese Beziehung zum Beruf kann nur dann von entscheidender Bedeutung werden, wenn das Gerät nicht mehr in der Wohnung zu einer dem Umfang nach unkontrollierbaren privaten Benutzung dem Steuerpflichtigen, seiner Familie und seinen Freunden zur Verfügung steht, sondern sich in Räumen befindet, die ausschließlich der Ausübung des Berufs dienen, z. B. in einem Studio. Wenn auch in diesen Fällen eine private Benutzung nicht ausgeschlossen ist, so ist doch die enge Verknüpfung mit der privaten Lebensführung dadurch weitgehend beseitigt, daß sich das Gerät nicht mehr in der Privatwohnung befindet und seine Benutzung durch die Familie und im privaten Kreise nach der Lebenserfahrung in den Hintergrund tritt.

Es ist unstreitig, daß das Fernsehgerät vom Steuerpflichtigen oder seiner Ehefrau auch privat benutzt wurde. Zu Unrecht beruft sich das Finanzgericht dafür, daß hier eine Abgrenzung der privaten und der betrieblichen Benutzung durch Schätzung möglich und deshalb auch notwendig sei, auf die steuerliche Praxis und Rechtsprechung beim für berufliche Zwecke angeschafften, aber auch privat benutzten PKW. Während bei einem PKW sich objektiv der betriebliche Nutzungsanteil an Hand konkreter Unterlagen (Fahrkilometer, Treibstoff- und ölverbrauch sowie Zweck der Fahrten) gegebenenfalls durch ein Fahrtenbuch feststellen und nachprüfen läßt, ist diese Möglichkeit bei einem Fernsehgerät nicht gegeben. Betrachtet ein Steuerpflichtiger, der sich Fernsehsendungen aus beruflichen Gründen ansehen muß, sei es allein oder in Gegenwart seiner Ehefrau, die auf dem Bildschirm erscheinenden Sendungen, so kann unter keinerlei objektiven Gesichtspunkten festgestellt werden, ob die Betrachtung betrieblich (beruflich) oder privat veranlaßt ist. Eine objektive und nachprüfbare Abgrenzung kann weder nach zeitlichen Gesichtspunkten noch nach der Art und dem Zweck der Sendung vorgenommen werden. Selbst beim Steuerpflichtigen, der sich einzelne Stücke seiner Konkurrenten oder seine eigenen Stücke nur zum Zwecke des Vergleichs, der Kontrolle und der Fortbildung ansieht, kann nicht festgestellt werden, welche weiteren Sendungen er sich privat angesehen hätte. Der Vorsteher des Finanzamts weist mit Recht auf das Urteil des Bundesfinanzhofs VI 164/59 U vom 8. April 1960 (BStBl 1960 III S. 274, Slg. Bd. 71 S. 70) hin, in dem aus gleichen Erwägungen die Kosten für die Anschaffung eines Tonbandgeräts bei einem Lehrer zu den Kosten der privaten Lebensführung gerechnet wurden. In dieser Entscheidung brachte der VI. Senat des Bundesfinanzhofs zum Ausdruck, daß Gleiches auch für ein von einem Lehrer angeschafftes Fernsehgerät, das auch er für Unterrichtszwecke auswerte, gelten müsse. Ist somit eine leichte und einwandfreie, nach objektiven Maßstäben vorzunehmende Trennung in privaten und beruflichen (betrieblichen) Aufwand - auch schätzungsweise - nicht möglich, so ist der gesamte Aufwand zu den nicht abzugsfähigen Kosten der Lebensführung zu rechnen (ß 12 Ziff. 1 EStG). Die Vorentscheidung, die von anderen Rechtsgrundsätzen ausging, ist deshalb wegen Rechtsirrtums aufzuheben.

Die Sache ist spruchreif. Die AfA auf das Fernsehgerät in Höhe von 120 DM ist zu streichen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 411345

BStBl III 1964, 528

BFHE 1965, 146

BFHE 80, 146

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