Leitsatz (amtlich)

1. Die Verpachtung einer Aufzugsanlage in einem Fernsehturm, der auf dem Turm befindlichen Aussichtsterrasse und im Turmkorb sowie am Fuße des Turms befindlicher Räume, die für den Betrieb einer Gaststätte bestimmt sind, ist ein Betrieb gewerblicher Art.

2. Der Begriff der Körperschaft des öffentlichen Rechts im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG bezieht sich auf alle juristischen Personen des öffentlichen Rechts, z. B. Körperschaften, (rechtsfähige) Anstalten, Zweckverbände und Stiftungen.

2. Die Körperschaft des öffentlichen Rechts - nicht der von ihr unterhaltene Betrieb gewerblicher Art - ist Steuerrechtssubjekt im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG wegen jedes einzelnen Betriebes gewerblicher Art (Änderung der bisherigen Rechtsprechung). Dies ändert jedoch nichts daran, daß für jeden einzelnen Betrieb gewerblicher Art das Einkommen gesondert zu ermitteln und die Körperschaftsteuer gesondert gegen die Körperschaft des öffentlichen Rechts festzusetzen ist.

2. Eine Regel des Landesrechts, nach der eine Anstalt des öffentlichen Rechts die den gemeinnützigen Anstalten zuerkannten Vorrechte genießt, hat keinen Einfluß auf die Besteuerung nach Maßgabe des Bundesrechts.

 

Normenkette

KStG § 1 Abs. 1 Nr. 6, § 2 Abs. 1 Nr. 2, § 4 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 2; KStDV 1961 § 1 Abs. 1, 3, §§ 7, 14 Abs. 2; StAnpG § 17; GemV § 2 Abs. 2; GemV § 6 Abs. 3; GewStDV § 9

 

Tatbestand

Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist der S-Rundfunk, eine Anstalt des öffentlichen Rechts (§ 2 Rundfunkgesetz - RdfG -). Sie hat einen Fernsehturm errichtet, der nicht nur der Ausstrahlung von Sendungen dient, sondern auch als Aussichtsturm wirtschaftlich genutzt wird.

Im Jahre 1955 ist von der Klägerin und von einer GmbH die FtB errichtet worden; die Klägerin hat 70 v. H., die GmbH 30 v. H. der Geschäftsanteile dieser Gesellschaft erworben. Die Klägerin verpachtete die Aussichtsterrasse auf dem Turm, die drei obersten Stockwerke im Turmkorb und bestimmte, in Planskizzen näher bezeichnete Räume in den Gebäuden am Fuße des Turmes an die FtB. Nach dem Vertrag war der von der FtB vorgesehene Pächter der drei obersten Stockwerke im Turmkorb und der in den Gebäuden am Fuße des Turmes gelegenen Räume verpflichtet, dort eine Gastwirtschaft zu betreiben. Die Einrichtung und Ausstattung der Gaststätte in einem für den ordnungsmäßigen Betrieb erforderlichen Umfange oblagen der FtB und dem Unterpächter. Die von der Klägerin leer überlassenen Gaststättenräume hat die FtB teilweise mit Einrichtungsgegenständen versehen und an eine Brauerei-AG verpachtet.

Zur Bedienung, Pflege und Wartung der im Turm befindlichen beiden Aufzüge war die FtB verpflichtet; insbesondere hatte sie über die Betriebssicherheit zu wachen. Sie mußte sicherstellen, daß das technische Personal der Klägerin einen der beiden Aufzüge bei Schichtwechsel, Sendestörungen und ähnlichen dringenden Fällen zu jeder Tageszeit benutzen konnte; die Beförderung dieser Personen und des für den Sender erforderlichen Materials hatte Vorrang vor anderen Beförderungen. Die Preise für die Benutzung der Aufzüge durften für Besucher der Gaststätte nicht günstiger sein als für die der Aussichtsterrasse; auch durfte der Besuch der Aussichtsterrasse nicht von dem Besuch der Gaststätte abhängig gemacht werden.

Das an die Klägerin von der FtB zu zahlende Pachtentgelt war nach deren umsatzsteuerpflichtigen Einnahmen, den Entgelten für die Benutzung der Aufzüge, die Gaststättenverpachtung und die Vermietung von Werbeflächen bemessen. Die von der Klägerin während des umstrittenen Veranlagungszeitraums 1962 erzielten Pachteinnahmen entfielen überwiegend auf die Entgelte aus dem Aussichts- und Aufzugsgeschäft.

Den von der Klägerin aus der Verpachtung erzielten Gewinn hat der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) im Anschluß an eine Betriebsprüfung der Körperschaftsteuer (§ 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG) unterworfen.

Die Sprungklage, mit der die Klägerin die Aufhebung des Körperschaftsteuerbescheides begehrte, ist erfolglos geblieben.

Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr bisheriges Begehren weiter. Sie rügt insbesondere die Verletzung des § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG, § 1 Abs. 3 KStDV als Bundesrecht und des § 3 Abs. 2 RdfG als Landesrecht. Die Klägerin meint, die Vermietung von Teilen des Fernsehturmes an die FtB sei noch Vermögensverwaltung; es fehle an den Voraussetzungen für die Anwendung des § 1 Abs. 1 Nr. 6 Halbsatz 2 KStG (in der Fassung des Art. 4 Nr. 1 des Gesetzes zur Neuordnung von Steuern vom 16. Dezember 1954 BGBl I, 373) zumal die Klägerin kein Inventar bereitgestellt habe. Im übrigen habe § 3 Abs. 2 RdfG, wonach die Klägerin "die den gemeinnützigen Anstalten zuerkannten Vorrechte" genieße, in diesem besonderen Falle als lex specialis den Vorrang vor den allgemeinen steuerrechtlichen Vorschriften.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG sind Betriebe gewerblicher Art von Körperschaften des öffentlichen Rechts unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig; einem solchen Betrieb steht die Verpachtung eines Betriebes gewerblicher Art gleich.

I. Die Klägerin ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG. Der in dieser Vorschrift verwendete Begriff der Körperschaft des öffentlichen Rechts bezieht sich auf alle juristischen Personen des öffentlichen Rechts, z. B. Körperschaften, (rechtsfähige) Anstalten, Zweckverbände und Stiftungen.

In diesem Sinne ist der Ausdruck Körperschaft des öffentlichen Rechts schon in § 2 Nr. 3 KStG vom 10. August 1925 (RGBl I, 208) - KStG 1925 - verstanden worden (vgl. Evers, Kommentar zum Körperschaftsteuergesetz, § 2 Anm. 22; Urteil des RFH vom 8. März 1927 I A 4/27, RFHE 20, 282 [284]). Die gleiche Ansicht ist zu § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG 1934 vertreten worden (Kennerknecht, Kommentar zum Körperschaftsteuergesetz vom 16. Oktober 1934, § 1 Rdnr. 30) und wird noch vertreten (Herrmann-Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, § 1 KStG Rdnr. 31 ff.). Sie liegt dem Gutachten des Obersten Finanzgerichtshofs (OFH) vom 30. Juli 1949 I D 4/49 (Sammlung der Entscheidungen und Gutachten des Reichsfinanzhofs und Obersten Finanzgerichtshofs Bd. 54 S. 362) und den Urteilen des BFH vom 1. März 1951 I 52/50 U (BFHE 55, 311, BStBl III 1951, 120) und vom 5. September 1958 III 179/57 U (BFHE 67, 536, BStBl III 1958, 478) zugrunde. Im gleichen Sinne ist der Ausdruck in § 19 Abs. 1 Satz 1 UStDB 1951 verstanden worden (vgl. Hübschmann-Grabower-Beck-v. Wallis-Schwarz, Kommentar zum Umsatzsteuergesetz, 1. bis 2. Aufl., § 2 Anm. 39; Plückebaum-Malitzky, Umsatzsteuergesetz, Kommentar, 8. Aufl., §§ 1 bis 3 Rdnr. 406 ff.). Demgemäß hat der BFH im Urteil vom 6. Juli 1967 V 76/64 (BFHE 89, 164, BStBl III 1967, 582) eine Anstalt des öffentlichen Rechts als Körperschaft des öffentlichen Rechts im Sinne des § 19 UStDB 1951 bezeichnet. Im Hinblick auf § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG 1967 hat das BVerfG im Urteil vom 27. Juli 1971 2 BvF 1/68, 2 BvR 702/68 (BVerfGE 31, 314 [324]; BStBl II 1971, 567) die Anstalten des öffentlichen Rechts zu den Körperschaften des öffentlichen Rechts gerechnet.

Für diese Begriffsbestimmung spricht der Zweck des § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG, durch den das gleiche Ziel wie mit § 2 Nr. 3 Buchst. a KStG 1925 verfolgt wird (vgl. die amtliche Begründung zu § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG 1934, RStBl 1935, 81 [82]). Im Gegensatz zum Körperschaftsteuergesetz vom 30. März 1920 (RGBl 393) - KStG 1920 -, das durch § 1 Abs. 1 Nr. 1 auch "juristische Personen des öffentlichen Rechts" der Körperschaftsteuer unterwarf, diesen Grundsatz durch Befreiungsvorschriften jedoch praktisch einschränkte, regelten das Körperschaftsteuergesetz 1925 und das Körperschaftsteuergesetz 1934 diesen Bereich in der Weise, daß sie die "Betriebe und Verwaltungen" (Körperschaftsteuergesetz 1925) bzw. "Betriebe gewerblicher Art" (Körperschaftsteuergesetz 1934) von Körperschaften des öffentlichen Rechts der Körperschaftsteuer unterwarfen. Allen drei Gesetzen ist das Prinzip gemein, die wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand außerhalb des Bereichs der Ausübung öffentlicher Gewalt der Körperschaftsteuer zu unterwerfen; hierbei kann im vorliegenden Zusammenhange außer Betracht bleiben, daß die drei Gesetze dieses Ziel auf verschiedenen Wegen zu erreichen suchten, daß die sogenannten Versorgungsbetriebe nach dem Körperschaftsteuergesetz 1925 von der Besteuerung ausgenommen waren und ferner der Begriff "Ausübung öffentlicher Gewalt" im Bereich der Körperschaftsteuer in einem engeren Sinne verstanden worden ist als im sonstigen Verwaltungsrecht. Der genannte Zweck würde nicht erreicht, wenn der in § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG bezeichnete Begriff Körperschaft des öffentlichen Rechts im engeren Sinne unter Ausschluß der Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts zu verstehen wäre.

Für die weite Fassung des Begriffes ist auch der Umstand wesentlich, daß der Begriff der Körperschaft des öffentlichen Rechts schon in der Vergangenheit in der Rechtslehre und vor allem in der Gesetzessprache nicht einheitlich verwendet worden ist und auch heute noch nicht verwendet wird. Nur beispielhaft sei aus dem Schrifttum verwiesen auf: Anschütz, Die Verfassung des deutschen Reiches, 14. Aufl., S. 644; Forsthoff, Die öffentliche Körperschaft im Bundesstaat, 1931, S. 1 ff.; Jecht, Die Öffentliche Anstalt, S. 26 ff.; Werner Weber, Die Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, 2. Aufl., S. 15 f., 86; derselbe, Handwörterbuch der Sozialwissenschaften, Stichwort: Körperschaften des öffentlichen Rechts, S. 38; H. J. Wolff, Verwaltungsrecht II, 3. Aufl., S. 165. Wegen der Uneinheitlichkeit im Sprachgebrauch der Gesetze wird auf Art. 34, 73 Nr. 8, 75 Nr. 1, 87 Abs. 2, 130 Abs. 3 GG, § 89 BGB, § 1006 ZPO, §§ 385a bis 385c AktG 1965, § 59 des Gesetzes über die Umwandlung von Kapitalgesellschaften und bergrechtlichen Gewerkschaften (UmwG) 1969 hingewiesen. Sie zeigt sich auch im Steuerrecht, in dem die Ausdrücke Körperschaft des öffentlichen Rechts und juristische Person des öffentlichen Rechts offensichtlich synonym verwandt werden (vgl. einerseits: § 49 LStDV, § 2 GewStDV, § 2 Abs. 3 UStG 1967; andererseits: § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. 9 VStG, § 4 Nr. 16 Buchst. a, Nr. 21 Buchst. b, Nr. 22, Nr. 26 Buchst. a UStG 1967; siehe auch §§ 5 Abs. 2, 11 Abs. 4 VwZG).

II. Soweit die Klägerin Rundfunksendeanlagen betreibt und Rundfunksendungen veranstaltet, unterliegt sie nicht der Körperschaftsteuer, weil sie in diesem Umfange eine öffentliche Aufgabe erfüllt (vgl. Urteil des BVerfG 2 BvF 1/68, 2 BvR 702/68). Als Subjekt der Körperschaftsteuer kommt sie jedoch insofern in Betracht, als sie einen Betrieb gewerblicher Art unterhält.

1. § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG wird allgemein in dem Sinne verstanden, daß der Betrieb gewerblicher Art Subjekt der Körperschaftsteuer sei (Kennerknecht, a. a. O., § 1 Anm. 31, 32; Herrmann-Heuer, a. a. O., § 1 Rdnr. 32; BFH-Urteil vom 24. Oktober 1961 I 105/60 U, BFHE 73, 785, BStBl III 1961, 552 mit Nachweisen; vgl. auch BFH-Urteil vom 12. Juli 1967 I 267/63, BFHE 89, 416, BStBl III 1967, 679). Dies entspricht der schon zu § 2 Nr. 3 KStG 1925 vertretenen Rechtsauffassung (vgl. Evers, StuW 1926, Sp. 221; derselbe, Kommentar zum Körperschaftsteuergesetz, § 2 Anm. 19, 20; Urteile des RFH vom 25. Juli 1933 I A 74/33, RStBl 1933, 1060; vom 7. April 1936 I A 198/35, RStBl 1936, 769).

a) Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG sind Betriebe gewerblicher Art von Körperschaften des öffentlichen Rechts unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig. Die aus diesem Satz abgeleitete Bezeichnung des Betriebes gewerblicher Art als Pflichtsubjekt der Körperschaftsteuer ist ungenau. Wörtlich verstanden wäre dann ein wirtschaftlich und technisch abzugrenzender Teil der Betätigung einer Körperschaft des öffentlichen Rechts Subjekt der Körperschaftsteuer, obwohl diesem Subjekt werder durch Normen des Steuerrechts noch durch andere Rechtsnormen eine Organisation (Organe, gesetzliche Vertreter) gegeben ist, die die Handlungsfähigkeit eben dieses Steuersubjektes im Rechtsverkehr bewirken könnte. Außerhalb des Körperschaftsteuerrechts ist der "Betrieb gewerblicher Art" - als organisatorisch im Rahmen der Körperschaft des öffentlichen Rechts mehr oder minder selbständige Einrichtung - unselbständiger Teil der juristischen Person des öffentlichen Rechts. Das Steuerrecht, insbesondere die AO, hat den Betrieben gewerblicher Art von Körperschaften des öffentlichen Rechts eine die Handlungsfähigkeit wenigstens für den Bereich des Körperschaftsteuerrechts bewirkende Verfassung nicht gegeben. Die §§ 102 ff. AO - auch §§ 105 Abs. 2, 106 Abs. 1 AO - knüpfen an rechtliche Organisationsformen an, die dem Steuerrecht vorgegeben sind. Mangels einer für den Betrieb gewerblicher Art gesetzlich angeordneten rechtlichen Organisation bleibt nur der Rückgriff auf die Körperschaft (juristische Person) des öffentlichen Rechts.

b) Diese Erkenntnis legt die mit dem Wortsinn des § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG ebenfalls vereinbare Auslegung dieser Vorschrift nahe, daß die Körperschaft des öffentlichen Rechts, soweit sie einen oder mehrere Betriebe gewerblicher Art unterhält, Subjekt der Körperschaftsteuer wegen jedes einzelnen Betriebes ist. Diese Auslegung wird einer sinnvollen Anwendung des Gesetzes, auch dem Zweck der Vorschrift und der Entwicklungsgeschichte der Besteuerung der Körperschaften öffentlichen Rechts (vgl. oben I) durch die Körperschaftsteuergesetze gerecht. Sie ändert jedoch nichts daran, daß für jeden Betrieb gewerblicher Art (auch für mehrere zu einer Einheit zusammengefaßte Betriebe) das Einkommen gesondert zu ermitteln und die Körperschaftsteuer gesondert gegen die Körperschaft des öffentlichen Rechts festzusetzen ist. Die Körperschaft des öffentlichen Rechts ist Zuordnungssubjekt des § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG wegen jedes einzelnen Betriebes gewerblicher Art.

Die Körperschaft des öffentlichen Rechts ist voll rechtsfähig für den Bereich des öffentlichen und des privaten Rechts; sie ist handlungsfähig durch ihre Organe. Ein Teilbereich oder Teilbereiche der Betätigung juristischer Personen des öffentlichen Rechts - nicht aber diese selbst in ihrer Gesamtfunktion - werden durch das Körperschaftsteuergesetz mit der Besteuerung der Betriebe gewerblicher Art erfaßt. Dies bringt das Gesetz mit den Worten zum Ausdruck: "Betriebe gewerblicher Art von Körperschaften des öffentlichen Rechts". Durch die Anknüpfung an die Körperschaft des öffentlichen Rechts wird deutlich, daß die "Rechtsperson" Körperschaft des öffentlichen Rechts im Hinblick auf den einzelnen oder einzelne Betriebe gewerblicher Art Zuordnungssubjekt des § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG einschließlich der mit der Verwirklichung der Steuerpflicht und gegebenenfalls auch der Abwehr ungerechtfertigter Inanspruchnahme zusammenhängender Normen ist. Nur sie ist durch Organe handlungsfähig. Der Betrieb gewerblicher Art hat keine Organe, die ihn - auch nur für die Besteuerung nach dem Körperschaftsteuergesetz - handlungsfähig machten. Er ist nur eine gedankliche Ausprägung einer der vielen Funktionen der Körperschaften des öffentlichen Rechts, nicht aber fähig, etwa eine Steuerschuld zu erfüllen oder Subjekt von Vollstreckungsmaßnahmen zu sein. Im gleichen Sinne geht Evers, StuW 1926 Sp. 221, davon aus, daß die Besteuerung des Betriebes gewerblicher Art die öffentlichen Körperschaften selbst treffe.

2. Geht man von dieser Rechtsauffassung aus, so ist die Klägerin Subjekt der Körperschaftsteuer im Hinblick auf den Betrieb gewerblicher Art "Fernsehturmverpachtung". Rechtsgrund für ihre Inanspruchnahme ist die Qualifikation der Verpachtung von technischen Einrichtungen, Räumen und Flächen des Fernsehturmes als Betrieb gewerblicher Art.

Das beklagte FA hat die Klägerin in dem angefochtenen Bescheid mit ihrem Namen - entsprechend der allgemeinen Übung unter Beifügung des Zusatzes "Fernsehturmverpachtung" - richtig bezeichnet. Das Urteil des FG lautet nur auf den Namen der Klägerin. Abgesehen davon, daß aus den Gründen des angefochtenen Urteils ohne weiteres ersichtlich ist, daß sich das Urteil auf die von der Klägerin betriebene "Fernsehturmverpachtung" bezieht, würde das Fehlen der in der Praxis üblichen Bezeichnung des Betriebes gewerblicher Art neben der Körperschaft des öffentlichen Rechts nicht die Ungültigkeit des Steuerbescheides zur Folge haben oder zur Aufhebung des Urteils führen. Es mag zwar zweckmäßig sein, den Betrieb gewerblicher Art, der die Steuerpflicht der Körperschaft des öffentlichen Rechts ausgelöst hat, im Zusammenhang mit deren Namen zu nennen; dies gilt vor allem dann, wenn eine Körperschaft des öffentlichen Rechts mehrere Betriebe gewerblicher Art unterhält und wegen jedes dieser (nicht zusammengefaßten) Betriebe ein gesonderter Bescheid ergehen muß. Dieser besondere Hinweis betrifft den Rechtsgrund für die Inanspruchnahme der Körperschaft des öffentlichen Rechts als Steuerpflichtiger, dient aber nicht der Bezeichnung des Steuerpflichtigen.

III. Die Klägerin hat einen Betrieb gewerblicher Art verpachtet. Als Verpachtung eines Betriebes gewerblicher Art definiert § 1 Abs. 3 KStDV jede entgeltliche Überlassung von Einrichtungen, Anlagen oder Rechten, die beim Verpächter einen Betrieb gewerblicher Art darstellen würden. Im Streitfall kann dahingestellt bleiben, ob § 1 Abs. 3 KStDV 1961, der - inhaltlich dem § 1 Abs. 3 Satz 2 der Ersten Verordnung zur Durchführung des Körperschaftsteuergesetzes (Erste KStDVO) vom 6. Februar 1935 (RGBl I 163) entsprechend - durch die Verordnung zur Durchführung des Körperschaftsteuergesetzes vom 23. Dezember 1955 eingeführt worden ist, auf einer gesetzlichen Ermächtigung beruht und ob diese Ermächtigung den Erfordernissen des Art. 80 Abs. 1 GG entspricht. Die Aussage des § 1 Abs. 3 KStDV ist in der Anordnung des § 1 Abs. 1 Nr. 6 Halbsatz 2 KStG enthalten.

1. § 1 Abs. 1 Nr. 6 Halbsatz 2 KStG stellt den Betrieben gewerblicher Art von Körperschaften des öffentlichen Rechts die Verpachtung solcher Betriebe gleich. Diese (ursprünglich in § 1 Abs. 3 Satz 1 der Ersten KStDVO enthaltene) Regelung ist geschaffen worden, um angesichts der Rechtsprechung des RFH zum Körperschaftsteuergesetz 1925 sicherzustellen, daß die aus der Verpachtung solcher Betriebe erzielten Einnahmen der Körperschaftsteuer unterworfen werden (vgl. Kennerknecht, a. a. O., § 1 Rdnr. 39).

a) § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG bezeichnet einen Teilbereich der Gesamtbetätigung der Körperschaft des öffentlichen Rechts als Betrieb gewerblicher Art. Ein Gegenstand im Sinne des § 581 Abs. 1 BGB ist der Betrieb gewerblicher Art nicht; Gegenstand können nur Sachen und Rechte sein. Ein Inbegriff von Sachen und Rechten, eine Vielzahl von Gegenständen, ist möglicher Gegenstand eines Pachtvertrages. Insofern kann auch ein Betrieb gewerblicher Art - ebenso wie ein gewerbliches Unternehmen (§ 22 Abs. 2 HGB; § 292 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 AktG 1965) - Gegenstand eines Pachtvertrages sein.

b) Die Verpachtung eines Betriebes gewerblicher Art ist demzufolge nur denkbar als Gebrauchs- und Nutzungsüberlassung hinsichtlich eines Inbegriffes von Sachen und Rechten. Dieser Inbegriff von Sachen und Rechten kann jedoch nur dann als "Betrieb gewerblicher Art" verpachtet sein, wenn er in der Hand der verpachtenden Körperschaft ein Betrieb gewerblicher Art wäre. Dies ist der Fall, wenn die mittels des Inbegriffes von Sachen und Rechten von der Körperschaft des öffentlichen Rechts entfaltete Tätigkeit einen Betrieb gewerblicher Art darstellen würde (vgl. Urteile des RFH vom 24. Januar 1939 I 390/38, RFHE 46, 88, RStBl 1939, 560; vom 23. August 1939 I 143/36, RFHE 47, 220, RStBl 1939, 1039).

c) Der RFH hat im Urteil vom 22. Oktober 1929 I Aa 644/29 (RStBl 1929, 666) den Begriff des Betriebes im Sinne des dem § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG 1934 entsprechenden § 2 Abs. 1 Nr. 3 KStG 1925 definiert als einen Inbegriff fortdauernder wirtschaftlicher Verrichtungen, die unter einem einheitlichen Willen auf ein bestimmtes sachliches Ziel gerichtet sind, dadurch in sich wirtschaftlich zusammenhängen und eine funktionelle Einheit bilden, sich aber innerhalb der Gesamtbetätigung der Körperschaft des öffentlichen Rechts als etwas Besonderes herausheben (vgl. auch RFH-Urteil vom 25. Juli 1933 I A 74/33, RStBl 1933, 1060). Hieran knüpft die Umschreibung des § 1 Abs. 1 KStDV an (vgl. RFH-Urteil vom 1. März 1938 I 149/37, RStBl 1938, 477; amtliche Begründung zum Körperschaftsteuergesetz 1934, RStBl 1935, 81, 82); danach gehören zu den Betrieben gewerblicher Art von Körperschaften des öffentlichen Rechts alle Einrichtungen, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen oder anderen wirtschaftlichen Vorteilen dienen und sich innerhalb der Gesamtbetätigung der Körperschaft wirtschaftlich herausheben.

2. Die erwähnten Voraussetzungen sind nach den tatsächlichen Feststellungen des FG erfüllt. Die Verpachtung der Aufzugsanlage, der auf dem Turm befindlichen Aussichtsterrasse und der am Fuße des Turmes und im Turmkorb befindlichen Räume, die für den Betrieb einer Gaststätte bestimmt sind, ist ein Betrieb gewerblicher Art.

a) Die Klägerin beanstandet zu Unrecht, daß das FG der Aufzugsanlage besondere Bedeutung zugemessen habe. Für die Entscheidung des Rechtsstreites kommt es nicht darauf an, welche Bedeutung der Aufzugsanlage im Rahmen des Sendebetriebes zukommt. Es braucht daher auch nicht geprüft zu werden, ob die Klägerin für den Sendebetrieb zweier Aufzüge bedürfte, Entscheidend ist, daß die Aufzugsanlage in erheblichem Umfange für privatwirtschaftliche Zwecke - Vermittlung der Zugänge zum Aussichtspunkt - genutzt wird. Die Benutzung der Aufzüge wird Privatpersonen gegen Entgelt gestattet. Diese Betätigung steht im Vordergrund. Die Aussichtsterrasse und die im Turmkorb befindlichen Gaststättenräume, die wegen der Aussicht besonders anziehend auf das Publikum wirken, können nur mit Hilfe der Aufzugsanlage genutzt werden. Durch Beförderung mit dem Aufzug zu der im Turmkorb befindlichen Gaststätte oder zur Aussichtsterrasse wird die Gelegenheit verschafft, die Aussicht zu genießen. Dementsprechend dürfen die Preise für die Benutzung der Aufzüge für die Besucher der Gaststätte nicht günstiger sein als für die Besucher der Aussichtsterrasse; in gleicher Weise spricht für diese Zweckbestimmung, daß der Besuch der Aussichtsterrasse nicht vom Besuch der im Turmkorb befindlichen Gaststätte abhängig gemacht werden darf.

b) Würde die Klägerin die Aufzugsanlage selbst in der Weise benutzen, wie sie es der FtB mittels der Verpachtung ermöglicht hat, so hätte der Senat keinen Zweifel daran, daß sie insoweit einen Betrieb gewerblicher Art unterhielte. Die laufende entgeltliche Beförderung interessierter Personen, die von der im Turmkorb gelegenen Gaststätte oder von der darüber befindlichen Aussichtsterrasse aus die Aussicht genießen wollen, ist eine auf Einnahmeerzielung gerichtete Tätigkeit. Würde die Klägerin sie selbst ausüben, so läge eine Beteiligung am (allgemeinen) wirtschaftlichen Verkehr durch nachhaltige Betätigung vor.

Diese auf einen wirtschatlichen Erfolg gerichtete Betätigung, die mit der öffentlichen Aufgabe der Klägerin nichts zu tun hätte, wäre eine funktionelle Einheit, die sich von der sonstigen Tätigkeit der Klägerin abhebt. Unter diesen Umständen wäre es unerheblich, ob diese fortgesetzte Betätigung auch durch vermögensmäßige Trennung des ihr gewidmeten Vermögens und einer besonderen Buchführung äußerlich sichtbar geworden wäre. Weder führen solche Maßnahmen allein stets zur Qualifikation als Betrieb gewerblicher Art, noch schließt ihre Unterlassung eine solche Qualifikation schlechthin aus.

c) Dem FG ist auch darin zu folgen, daß die Klägerin mit der pachtweisen Überlassung von Aufzugsanlage, Räumen für einen Gaststättenbetrieb und Aussichtsterrasse einen einheitlichen Betrieb gewerblicher Art verpachtet hat. Zwar ist die bloße Vermietung oder Verpachtung von Räumen - auch zu einem bestimmten Zweck - Vermögensverwaltung (§ 14 Abs. 2 KStDV, § 9 GewStDV, § 6 Abs. 3 der Gemeinnützigkeitsverordnung - GemV -) und kein Betrieb gewerblicher Art (vgl. RFH-Urteile I 143/36; vom 28. Oktober 1939 I 414/38, RFHE 47, 329, RStBl 1940, 60, und vom 20. Januar 1942 I 77/41, RFHE 51, 166, RStBl 1942, 405). Dies kann jedoch nicht gelten, wenn die vermieteten oder verpachteten Räumlichkeiten in einem engen wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem ebenfalls verpachteten Betrieb gewerblicher Art stehen (vgl. RFH-Urteil vom 26. April 1938 VI a 27/37, RFHE 44, 67, RStBl 1938, 613, ergangen zu § 4 Abs. 1 Nr. 6 KStG 1934).

Im Streitfall besteht ein solcher Zusammenhang. Dies wird besonders deutlich, wenn man unterstellt, die Klägerin würde die Aufzugsanlage selbst betreiben, hätte aber die umstrittenen Räume im Turmkorb (zum Zwecke des Betriebes einer Gastwirtschaft) vermietet oder verpachtet. Dies wäre nur möglich, wenn dem für den Betrieb der Gastwirtschaft erforderlichen Personal und den Gästen die Benutzung der Aufzugsanlage erlaubt ist. Das FG weist in diesem Zusammenhang mit Recht darauf hin, daß die besondere Lage und die Aussicht vom Fernsehturm einen Anreiz zum Besuch der Gaststätte und der Aussichtsterrasse geben. Dieser Umstand und die Tatsache, daß die entgeltliche Benutzung der Aufzugsanlage Voraussetzung für den Betrieb der Gaststätte im Turmkorb und die Benutzung der Gaststättenräume und der Aussichtsterrasse ist, erweisen den notwendigen wirtschaftlichen Zusammenhang der Verpachtung der Aufzugsanlage, der im Turmkorb gelegenen Gaststättenräume und der Aussichtsterrasse.

Hinsichtlich der ebenfalls verpachteten Räume, die sich in dem am Fuße des Turmes stehenden Gebäuden befinden, ist der wirtschaftliche Zusammenhang schon darin zu sehen, daß diese Räume zum Betrieb der Gaststätte gehören sollen. Das FG hat festgestellt, daß nach dem zwischen der Klägerin und der FtB geschlossenen Pachtvertrag der von der FtB zu bestellende Pächter in den drei oberen Stockwerken im Turmkorb und in den (näher bezeichneten) Räumen im Gebäude am Fuße des Turmes auf seine Kosten eine Gastwirtschaft zu betreiben hat. Selbst wenn man entgegen dem angefochtenen Urteil, in dem nur von einer Gaststätte die Rede ist, entsprechend dem Vorbringen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung davon ausgehen könnte (§ 118 Abs. 2 FGO), im Turmkorb und am Fuße des Turms würden verschiedene Gaststätten betrieben, wäre das Ergebnis nicht anders. In diesem Falle wäre der wirtschaftliche Zusammenhang deshalb zu bejahen, weil auch der gesonderte Betrieb einer Gastwirtschaft am Fuße des Turmes seine besondere Anziehungskraft durch die mittels des Aufzuges zu erreichende Aussichtsterrasse auf dem Turm empfängt.

3. Erfolglos muß auch die Rüge bleiben, die angefochtene Entscheidung sei unter Verstoß gegen § 3 Abs. 2 RdfG zustande gekommen. Da die Revision im Streitfall nur darauf gestützt werden darf, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Bundesrecht beruhe (§ 118 Abs. 1 FGO), ist der Senat nicht befugt zu prüfen, ob das angefochtene Urteil gegen § 3 Abs. 2 RdfG verstößt. Hiervon abgesehen, kann die Regel des § 3 Abs. 2 RdfG, nach der die Klägerin die den gemeinnützigen Anstalten zuerkannten Vorrechte genießt, keinen Einfluß auf die Besteuerung auf Grund von Bundesgesetzen haben (vgl. auch Art. 31 GG). Die Frage, ob die Klägerin oder der von ihr unterhaltene Betrieb gewerblicher Art ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken dient, ist allein nach Maßgabe des Bundesrechts zu prüfen (§ 4 Abs. 1 Nr. 6 KStG, § 7 KStDV, § 17 StAnpG, § 2 Abs. 2 GemV). Tatsachen, die entsprechende Schlüsse rechtfertigen könnten, sind vom FG nicht festgestellt. Eine hierauf bezügliche Verfahrensrüge (§ 118 Abs. 2 FGO) hat die Klägerin nicht erhoben.

a) Selbst wenn man unterstellt, die Klägerin sei in ihrer Eigenschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechts an sich, d. h. als Rundfunkanstalt, gemeinnützig, so wäre § 4 Abs. 1 Nr. 6 KStG auf sie unanwendbar. Als Rundfunkanstalt des öffentlichen Rechts unterliegt die Klägerin - vom Fall des § 2 Abs. 1 Nr. 2 KStG abgesehen (vgl. auch § 4 Abs. 2 KStG) - nicht der Körperschaftsteuerpflicht (vgl. oben II.). Die Steuerbefreiung gemäß § 4 Abs. 1 KStG setzt Steuerpflicht nach Maßgabe des § 1 KStG voraus (Urteil des RFH vom 26. Juni 1939 I 131/38, RStBl 1939, 910; vgl. auch Urteil des BFH vom 29. November 1967 I 67/65, BFHE 91, 45, BStBl II 1968, 236).

b) Zwar ist § 4 Abs. 1 Nr. 6 KStG auf die Klägerin insoweit anwendbar, als sie einen Betrieb gewerblicher Art unterhält, d. h. soweit sie Zuordnungssubjekt des § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG ist (vgl. oben II.). In diesem Falle kommt es nicht auf den von der Klägerin als Träger einer öffentlichen Aufgabe verfolgten Zweck an (Urteil des RFH I 131/38). Die Steuerbefreiung im Hinblick auf den Betrieb gewerblicher Art ist vielmehr davon abhängig, daß die Körperschaft mit diesem Betrieb die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt. Die Klägerin hat jedoch selbst nicht behauptet, daß die Verpachtung der Aufzugsanlage und der dem Gaststättenbetrieb dienenden Räume ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen Zwecken diene. Es handelt sich hierbei - wie schon dargelegt (vgl. III 2 c) - um eine privatwirtschaftliche Betätigung, die nicht Vermögensverwaltung ist.

 

Fundstellen

BStBl II 1974, 391

BFHE 1974, 61

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