Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsteuer Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Gehört ein der Grundsteuer unterliegender Steuergegenstand mehreren Personen, so schuldet jede als Gesamtschuldner die ganze steuerrechtliche Leistung.

Gehört ein Grundstück mehreren Personen und wird das Grundstück lediglich von einer dieser Personen für den Betrieb einer Schule benutzt, so kann eine Befreiung von der Grundsteuer nach § 4 Ziff. 7 GrStG nur gewährt werden, wenn dieselbe Person an dem Eigentum des Grundstückes überwiegend beteiligt ist.

 

Normenkette

GrStG § 4 Ziff. 7, § 7 Abs. 2; StAnpG § 11 Ziff. 5

 

Tatbestand

Das Geschäftsgrundstück X. steht folgenden Personen zur gesamten Hand zu:

der Beschwerdegegnerin - Bgin. - (Anteilsverhältnis 1/2) und

ihrer Schwägerin sowie deren beiden Kindern (Anteilsverhältnis 1/8, 3/16 und 3/16, zusammen ebenfalls 1/2).

Das Grundstück selbst wird zu einem geringen Teil für Wohnzwecke, in der Hauptsache jedoch für Zwecke des Unterrichts, und zwar zum Betriebe einer Handelsschule, benutzt. Inhaberin dieser Schule ist die Bgin. allein. Zum Stichtag 1. Januar 1956 ergab sich für das genannte Grundstück ein Einheitswert von 184.700 DM und unter Berücksichtigung einer Steuervergünstigung nach dem Ersten Wohnungsbaugesetz (I. WoBauG) ein Grundsteuermeßbetrag von 1.798,80 DM. Der zusammengefaßte Einheitswert- und Grundsteuermeßbescheid wurde dem Verwalter des Grundstückes, der nach den Akten von den beteiligten Eigentümern als Vertreter benannt war, bekanntgegeben. Gegen diesen Bescheid legte lediglich die Bgin. (oben zu a) Einspruch ein mit dem Antrage, die von ihr in dem Hause für Zwecke des Unterrichts benutzten Räume von der Grundsteuer zu befreien. Die Landesregierung habe anerkannt, daß der Benutzungszweck des Grundstückes im Rahmen öffentlicher Aufgaben liege. Der Einspruch führte lediglich zu einer weiteren geringfügigen Steuervergünstigung nach dem I. WoBauG. Die beantragte Steuerbefreiung wurde dagegen abgelehnt. Das Finanzamt stellte sich auf den Standpunkt, daß die für die Grundsteuerbefreiung erforderliche Personengleichheit zwischen Eigentümern des Grundstückes und Inhaberin der Handelsschule nicht gegeben sei. Für einen halben Anteil an dem Grundstücke fehle die Personengleichheit.

Die Berufung hatte teilweise Erfolg. Das Finanzgericht gewährte der Bgin. im Verhältnis ihres Anteils an dem Grundstücke (d. h. zur Hälfte) die Grundsteuerbefreiung. Hierbei ging die Vorinstanz von folgenden Erwägungen aus: Nach § 11 Ziff. 5 des Steueranpassungsgesetzes (StAnpG) würden Wirtschaftsgüter, die mehreren zur gesamten Hand zuständen, den Beteiligten so zugerechnet, als wären sie nach Bruchteilen berechtigt. Steuerrechtlich sei es demnach gleichgültig, ob es sich um ein Gesamthandseigentum oder um Bruchteilseigentum im Sinne des bürgerlichen Rechts handle. Ein Wirtschaftsgut sei steuerlich in Höhe des Anteils dem Anteilsinhaber allein zuzurechnen. Die Bgin. sei deshalb in Höhe eines Bruchteils von 1/2 als alleinige Eigentümerin des für die Handelsschule benutzten Grundstückes anzusehen. Wenn in § 4 Ziff. 7 des Grundsteuergesetzes (GrStG) und in § 14 Ziff. 2 a der Grundsteuer-Durchführungsverordnung (GrStDV) ein Zusammenfallen des Trägers der Schule und des Eigentümers des Grundstückes in einer Person verlangt werde, so sei damit beabsichtigt, nur demjenigen die Vergünstigung zu gewähren, der auch die steuerliche Last trage. Dies sei in der Regel - wenn auch aus Gründen der steuerlichen Sicherheit nach § 7 Abs. 2 GrStG für Gesamthänder eine Gesamtschuld bestehe - im wirtschaftlichen Ergebnis der Miteigentümer in Höhe des ihm zustehenden Bruchteils.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde des Vorstehers des Finanzamts führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und der Einspruchsentscheidung.

Das Finanzamt hat gegen alle Personen, die an dem Grundstück beteiligt sind, einen einheitlichen Feststellungsbescheid (ß 215 Abs. 1 der Reichsabgabenordnung - AO -) und einen einheitlichen Grundsteuermeßbescheid (ß 212 a Abs. 2 in Verbindung mit § 210 Abs. 2 AO) erlassen. Die Bescheide sind dem als Vertreter benannten Grundstücksverwalter mit Wirkung für alle Beteiligten bekanntgegeben worden. Einspruch und Berufung hat jedoch nur die Bgin. für sich persönlich eingelegt. Die Vorinstanzen haben nicht beachtet, daß nach § 239 Abs. 2 AO zur Einlegung von Rechtsmitteln, die einen einheitlichen Feststellungsbescheid betreffen, jeder Mitberechtigte befugt ist. Entsprechendes muß im Steuermeßbetragsverfahren gelten, wenn ein einheitlicher Steuermeßbescheid erlassen worden ist und eine etwaige Befreiung von der Grundsteuer allen Mitberechtigten zugute kommen würde. In derartigen Fällen müssen die Mitberechtigten zu dem Rechtsmittelverfahren von Amts wegen zugezogen werden, zumal auch im Rechtsmittelverfahren nur einheitliche Entscheidungen für und gegen alle Mitberechtigten getroffen werden können (ß 239 Abs. 3 AO). Die Vorentscheidung und der Einspruchbescheid unterliegen daher der Aufhebung. Die Sache geht zweckmäßig an das Finanzamt zurück.

Zur Streitfrage selbst ist auf folgendes hinzuweisen:

In § 11 Ziff. 5 StAnpG ist allerdings bestimmt, daß Wirtschaftsgüter, die mehreren zur gesamten Hand zustehen, den Beteiligten so zugerechnet werden, als wären die Beteiligten nach Bruchteilen berechtigt. Die Vorinstanz hat jedoch übersehen, daß diese Vorschrift nach ihren Eingangsworten nur gilt, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist. Die in § 11 Ziff. 5 StAnpG getroffene Regelung paßt für Personensteuern (z. B. für die Vermögensteuer, bei der jeder mit seinem Vermögen herangezogen wird), sie ist aber ungeeignet für die Grundsteuer als einer Real- oder Objektsteuer, bei der Gegenstand der Besteuerung eine Sache ist. Für diese Steuer ist deshalb auch gegenüber § 11 Ziff. 5 StAnpG eine Sonderregelung in § 7 GrStG getroffen. Nach § 7 Abs. 2 GrStG sind, wenn ein der Grundsteuer unterliegender Steuergegenstand mehreren Personen gehört, die Beteiligten Gesamtschuldner. Diese Vorschrift ist dahin zu verstehen, daß jeder Gesamtschuldner die ganze steuerrechtliche Leistung schuldet (ebenso Scholz, Kommentar zum Grundsteuergesetz, Anm. 18 bis 20 zu § 7, und Gürsching-Stenger, Kommentar zum Grundsteuergesetz, Anm. 15 bis 17 zu § 7). Danach ist die Auffassung des Finanzgerichts, die Bgin. sei in Höhe des ihr zustehenden Anteils am Grundstück als Steuerschuldnerin der Grundsteuer anzusehen, unzutreffend. Demgemäß käme auch eine Befreiung von der Grundsteuer, wenn eine solche wegen der Benutzung des Grundstückes für Unterrichtszwecke zu gewähren wäre, allen Beteiligten und nicht lediglich der Bgin. zugute.

Nach Angabe der Bgin. - eine Bestätigung befindet sich nicht bei den Akten - hat die Landesregierung anerkannt, daß der Benutzungszweck des Grundstückes, soweit dieses für die Handelsschule benutzt wird, im Rahmen öffentlicher Aufgaben liegt. Die Befreiung von der Grundsteuer hängt aber auch davon ab, von wem der Grundbesitz für den begünstigten Zweck benutzt wird. Aus § 4 Ziff. 7 GrStG ergibt sich, daß Eigentümer und Benutzer des Grundbesitzes personengleich sein müssen (eine Ausnahme ist lediglich für den Fall zugelassen, daß der Eigentümer des Grundbesitzes eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ist). Der Grundsatz der Personengleichheit zwischen Eigentümer und Benutzer des Grundbesitzes würde jedoch bei Beteiligung mehrerer Personen zu Unbilligkeiten führen. Der Reichsfinanzhof hat es daher in seinem Urteil III 151/40 vom 5. März 1942 (RStBl 1942 S. 471), das zur Vorschrift des § 4 Ziff. 8 GrStG ergangen ist, als für die Steuerbefreiung ausreichend angesehen, wenn Personengleichheit mindestens für den überwiegenden Anteil am Grundstück gegeben ist. Der erkennende Senat schließt sich dieser Auffassung an. Im Streitfalle ist die Bgin., die die Handelsschule allein betreibt, nicht überwiegend am Grundstück beteiligt, so daß die Steuerbefreiung zu versagen wäre.

 

Fundstellen

Haufe-Index 409334

BStBl III 1959, 220

BFHE 1959, 578

BFHE 68, 578

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