Entscheidungsstichwort (Thema)

Verantwortlichkeit bei der Bestellung mehrerer GmbH-Geschäftsführer

 

Leitsatz (NV)

1. Von der Verpflichtung zur Abführung einbehaltener Lohnsteuer können Liquiditätsschwierigkeiten der GmbH den Geschäftsführer nicht befreien.

2. Zur Pflicht des Geschäftsführers, sich über die ihm obliegenden steuerrechtlichen Pflichten zu informieren.

3. Sind bei einer GmbH mehrere Geschäftsführer bestellt, so bleibt grundsätzlich jeder Geschäftsführer für die Geschäftsführung im ganzen verantwortlich. Durch eine interne, eindeutige - und deshalb schriftliche - Verteilung der Geschäfte kann die Verantwortung eines Geschäftsführers für die Erfüllung der steuerlichen Pflichten zwar nicht aufgehoben, wohl aber begrenzt werden. Die Begrenzung gilt nur, soweit und solange kein Anlaß besteht, an der Erfüllung der steuerlichen Verpflichtungen durch den hierfür zuständigen Geschäftsführer zu zweifeln. Auf Angaben des Gesellschafters über die finanzielle Lage der Gesellschaft und über die Begleichung steuerlicher Verbindlichkeiten darf der Geschäftsführer sich nicht verlassen.

 

Normenkette

AO 1977 § 34 Abs. 1, § 69

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurde gemäß Gesellschafterbeschluß vom 18. Juni 1981 zum alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer einer GmbH bestellt. Der frühere Geschäftsführer M war am selben Tage mit Wirkung ab 1. Juli 1981 abberufen worden. Mit Wirkung vom 1. September 1981 wurde Frau G zur weiteren Geschäftsführerin bestellt. Am 12. März 1982 stellte der Kläger für die GmbH den Antrag auf Konkurseröffnung; der Antrag wurde mangels Masse abgewiesen.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) nahm den Kläger durch Haftungsbescheid vom 25. Mai 1982 neben den anderen Geschäftsführern M und Frau G für die von der GmbH für die Zeiträume Oktober 1981 bis Februar 1982 einbehaltene und angemeldete, aber nicht an das FA abgeführte Lohnsteuer in Anspruch. Der Einspruch des Klägers blieb erfolglos.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage gegen den Haftungsbescheid ab. Zur Begründung führte es aus:

Der Kläger hafte nach § 69 Satz 1 der Abgabenordnung (AO 1977) für die vom FA festgesetzten verkürzten Steuerabzugsbeträge, weil er die ihm als Geschäftsführer der GmbH obliegende Verpflichtung zur termingerechten Abführung der von der Gesellschaft einbehaltenen und angemeldeten Steuern (§ 35 Abs. 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG -, § 34 Abs. 1 AO 1977) zumindest grob fahrlässig verletzt habe. Er könne sich nicht durch die Behauptung entlasten, er sei zur Bewältigung des Buchhaltungsbereichs fachlich nicht in der Lage gewesen und habe seine Pflichten als Geschäftsführer, was die Steuerangelegenheiten angehe, nicht gekannt. Er habe sich nicht auf die Aussagen der Gesellschafter verlassen dürfen, die finanzielle Lage der Firma sei gut, gegebenenfalls werde Geld nachgeschossen.

Hätte der Kläger sich rechtzeitig und umfassend über seine Pflichten als Geschäftsführer einer GmbH informiert, so hätte er diese auch gegenüber dem Gesellschafter W durchsetzen können. Er hätte auf die gesetzlich umschriebenen Befugnisse eines GmbH-Geschäftsführers verweisen können und gegebenfalls seine Geschäftsführertätigkeit niederlegen müssen. Darüber hinaus hätte er als Inhaber der Konzession für die gewerbliche Arbeitnehmerüberlassung dem Betrieb die Grundlage für die weitere geschäftliche Betätigung entziehen können. Wenn er aber weiter als Strohmann tätig geblieben und sich als Geschäftsführer nicht durchgesetzt habe, so treffe ihn dafür die Verantwortung.

Der Kläger könne sich auch nicht damit entschuldigen, er sei ausschließlich für die Arbeitsbeschaffung und -einteilung zuständig gewesen, und Frau G als die für die Buchhaltung zuständige Geschäftsführerin habe allein den Überblick über die gezahlte bzw. nicht gezahlte Lohnsteuer gehabt. Für den Fall, daß in einer GmbH mehrere Geschäftsführer bestellt seien, treffe jeden von ihnen die Pflicht zur Geschäftsführung und grundsätzlich die Verantwortung für die Geschäftsführung im ganzen. Eine interne Arbeitsteilung könne einen Geschäftsführer nicht von seinem Anteil an der Gesamtverantwortung entlasten. Hierfür müsse auch eine schriftliche Aufteilung vorliegen, die jede Aufgabe in den Zuständigkeitsbereich mindestens eines Geschäftsführers verweise (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 26. April 1984 V R 128/79, BFHE 141, 443, BStBl II 1984, 776). Daran fehle es im Streitfall. Dieses Unterlassen rechtfertige die Inanspruchnahme aller Geschäftsführer wegen Organisationsverschuldens. Die Inanspruchnahme des Klägers neben den anderen Geschäftsführern erscheine deshalb im Streitfall auch nicht als ermessensfehlerhaft.

Mit der Revision rügt der Kläger fehlerhafte Anwendung der §§ 34, 69 AO 1977. Er habe seine Pflichten als Geschäftsführer nicht grob fahrlässig verletzt, weil er innerhalb der GmbH allein für die Auftragsbeschaffung, technische Leitung und Abwicklung der Arbeitseinsätze zuständig gewesen sei. Der kaufmännische und steuerliche Bereich sei durch die Geschäftsführerin G sowie durch die Gesellschafter abgedeckt worden. Die Position als kaufmännischer Leiter eines Gewerbebetriebs habe er mangels Vorbildung auf diesem Gebiet gar nicht ausfüllen können. Weil dies allen Beteiligten von Anfang an klar gewesen sei, habe es einer schriftlichen Abmachung über die Aufteilung der Geschäftsbereiche nicht bedurft. Auf die schriftliche Aufteilung der Geschäftsbereiche komme es im Streitfall auch nicht an, da die Abgabe der Lohnsteueranmeldungen sowie die Abführung der entsprechenden Steuerbeträge an das FA in den Rahmen des laufenden Geschäftsverkehrs fielen und sie für die Gesellschaft nicht von existenzieller Bedeutung gewesen seien. Wenn in diesem Bereich regelmäßig ein Geschäftsführer mit der Sache befaßt sei, so seien der oder die anderen Geschäftsführer auch bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes nicht zur inhaltlichen Nachprüfung verpflichtet. Er habe keine Veranlassung gehabt, den Versicherungen, daß die GmbH finanziell gut dastehe und notfalls die Gesellschafter weiteres Kapital zuschießen würden, zu mißtrauen und etwa beim FA nachzufragen, ob alles in Ordnung sei. Denn die Unregelmäßigkeiten seien nur während eines Zeitraums von fünf Monaten vorgekommen.

Seine Inanspruchnahme sei auch ermessensfehlerhaft. Da dem FA aus den eingereichten Lohnsteueranmeldungen, Umsatzsteuervoranmeldungen und der sonstigen Korrespondenz mit der GmbH erkennbar gewesen sei, daß er für die steuerlichen Belange nicht zuständig war, hätte es bei der Ausübung des Auswahlermessens nahegelegen, die Geschäftsführerin G bzw. die Gesellschafter, nicht aber ihn in Anspruch zu nehmen. Das FA habe zudem seine Ermessenserwägungen in der Einspruchsentscheidung nicht ausreichend kundgetan.

Der Kläger beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung den Haftungsbescheid aufzuheben.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

1. Das FG hat die Haftung des Klägers für die Lohnsteuerabzugsbeträge, die während der Dauer seiner Geschäftsführertätigkeit von den Arbeitslöhnen der Arbeitnehmer der GmbH zwar einbehalten und angemeldet, nicht aber an das FA abgeführt worden sind, und die darauf bis zur Stellung des Konkursantrags entfallenden Säumniszuschläge zu Recht bejaht. Die Haftung bestimmt sich nach den § 34 Abs. 1, § 69 AO 1977, weil die haftungsbegründenden Tatbestände nach dem 31. Dezember 1976 verwirklicht worden sind (Art. 97 § 11 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung - EGAO 1977 -). Als Geschäftsführer der GmbH (§ 35 Abs. 1 GmbHG) traf den Kläger die Verpflichtung, bis zum 10. Tag nach Ablauf eines jeden Lohnsteueranmeldungszeitraums (Kalendermonat) für die Abführung der von der GmbH einbehaltenen Lohnsteuer an das FA zu sorgen (§ 34 Abs. 1 AO 1977, § 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes - EStG -). Von dieser Verpflichtung können den Geschäftsführer etwaige Liquiditätsschwierigkeiten der GmbH nicht befreien. Falls die zur Verfügung stehenden Mittel zur Zahlung der vollen Löhne einschließlich des Steueranteils nicht ausreichen, darf er die Löhne nur gekürzt als Vorschuß oder als Teilbetrag auszahlen, und er muß dann aus den übrigbleibenden Mitteln die entsprechende Lohnsteuer an das FA abführen (so die ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 20. April 1982 VII R 96/79, BFHE 135, 416, BStBl II 1982, 521).

Wie das FG zutreffend ausgeführt hat, konnte auch eine Unkenntnis des Klägers über das Ausmaß der ihm als Geschäftsführer obliegenden steuerlichen Pflichten ihn von der Verpflichtung zur Abführung der einbehaltenen Lohnsteuer nicht befreien. Der Geschäftsführer einer GmbH ist, wenn seine bisherigen Kenntnisse und beruflichen Erfahrungen nicht ausreichen, verpflichtet, sich über die ihm obliegenden gesetzlichen Pflichten auch steuerlicher Art zu informieren. Denn die ordnungsgemäße Beachtung der gesetzlichen Vorschriften muß von jedem kaufmännischen Leiter eines Gewerbebetriebs verlangt werden (BFHE 135, 416, BStBl II 1982, 521, 522). In dieser Rechtsstellung mit den damit verbundenen Befugnissen und Verpflichtungen befindet sich der GmbH-Geschäftsführer auch dann, wenn - wie im Streitfall - neben ihm noch andere Geschäftsführer bestellt worden sind und er nach der internen Aufgabenverteilung innerhalb der GmbH nicht für deren kaufmännischen Bereich zuständig ist. Denn auch in diesem Falle bleibt grundsätzlich jeder Geschäftsführer für die Geschäftsführung im ganzen verantwortlich (vgl. § 43 Abs. 2 GmbHG, und BFHE 141, 443, BStBl II 1984, 776, 777). Im übrigen liegt, worauf die Vorentscheidung mit Recht hingewiesen hat, die dem Kläger vorgeworfene Pflichtverletzung in der mangelnden Abführung der Lohnsteuer. Für die Entrichtung der bereits rechnerisch ermittelten und einbehaltenen Steuerbeträge bedurfte es aber weder buchhalterischer, steuerrechtlicher noch besonderer kaufmännischer Kenntnisse.

2. Der Kläger hat sich, wie er selbst eingeräumt und das FG festgestelt hat, um die Abführung der in den Monaten Oktober 1981 bis Februar 1982 einbehaltenen und angemeldeten Lohnsteuer jedenfalls bis zu deren Fälligkeitszeitpunkten (§ 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG) nicht gekümmert. Er hat damit, wie das FG zu Recht entschieden hat, die ihm obliegenden steuerlichen Pflichten zumindest grob fahrlässig verletzt und den Haftungstatbestand des § 69 AO 1977 erfüllt. Im Hinblick auf die bereits oben angeführte Gesamtverantwortlichkeit jedes Geschäftsführers kann sich der Kläger nicht damit entschuldigen, daß er innerhalb der GmbH allein für die Auftragsbeschaffung, technische Leitung und Abwicklung der Arbeitseinsätze zuständig gewesen sei, während der kaufmännische und steuerliche Bereich durch die Geschäftsführerin G und - vor deren Bestellung - durch die Gesellschafter besorgt worden sei, so daß allein Frau G einen Überblick darüber gehabt habe, welche Steuern gezahlt worden seien. Denn die Gesamtverantwortung verlangt zumindest eine gewisse Überwachung der Geschäftsführung im ganzen.

Der BFH hat in seinem Urteil in BFHE 141, 443, BStBl II 1984, 776 entschieden, daß bei einer Verteilung der Geschäfte der GmbH auf mehrere Geschäftsführer durch Gesellschaftsvertrag, förmlichen Gesellschafterbeschluß oder Geschäftsordnung die Verantwortung eines Geschäftsführers für die Erfüllung der steuerlichen Pflichten, die diesem nicht zugewiesen sind, zwar nicht aufgehoben, aber begrenzt werden kann. Die Begrenzung der Verantwortlichkeit gilt insoweit und so lange, als kein Anlaß besteht, an der exakten Erfüllung der steuerlichen Verpflichtungen durch den hierfür zuständigen Geschäftsführer zu zweifeln. Die von den Geschäftsführern anzuwendende Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes (§ 43 Abs. 1 GmbHG) erfordert aber eine vorweg getroffene, eindeutige - und damit schriftliche - Klarstellung, welcher Geschäftsführer für welchen Bereich zuständig ist, damit nicht im Haftungsfalle jeder Geschäftsführer auf die Verantwortlichkeit eines anderen verweist (BFHE 141, 443, BStBl II 1984, 776, 778). Da es im Streitfalle, wie der Kläger einräumt, zu schriftlich niedergelegten Gesellschafterbeschlüssen oder Vereinbarungen zwischen den Gesellschaftern und/oder den Geschäftsführern über die interne Aufgabenverteilung innerhalb der GmbH nicht gekommen ist, kann sich der Kläger auch auf eine nur eingeschränkte Verantwortlichkeit für die Erfüllung der steuerlichen Verpflichtungen nicht berufen.

Der Kläger vertritt demgegenüber die Ansicht, auf seine schriftliche Aufgabenverteilung komme es im Streitfalle nicht an, weil die Anmeldung und die Abführung der Lohnsteuer in den Rahmen des laufenden Geschäftsverkehrs fielen und sie für die Gesellschaft nicht von existenzieller Bedeutung seien. Wenn in diesem Bereich regelmäßig ein bestimmter Geschäftsführer mit der Sache befaßt sei, so seien die anderen Geschäftsführer auch bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes nicht zu einer inhaltlichen Nachprüfung verpflichtet. Diese Rechsauffassung kann sich zwar ebenfalls auf die Ausführungen im Urteil des V. Senats des BFH in BFHE 141, 443, BStBl II 1984, 776, 778, 779 stützen. Der BFH hat aber hierzu ergänzend ausgeführt, daß der vorstehende Grundsatz nicht gilt, wenn die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft oder die Person des handelnden Geschäftsführers oder Gesellschafters zu einer Überprüfung Veranlassung geben. Voraussetzungen für das Vertrauen des in diesem Bereich nicht tätig werdenden Geschäftsführers sind danach persönliche Vertrauenswürdigkeit des handelnden Geschäftsführers, die generelle Kenntnis von der Ordnungsmäßigkeit seiner Geschäftsführung und die Gewähr, daß die vorgenommenen Geschäfte die Grenzen laufenden Geschäftsverkehrs nicht übersteigen.

Im Streitfall bestand für den Kläger eine besondere Veranlassung, sich im Rahmen seiner Gesamtverantwortung als Geschäftsführer um die Abführung der Steuern zu kümmern, die von den Arbeitslöhnen der Arbeitnehmer der GmbH einbehalten waren. Wie er zu Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem FG erklärt hat, ist er nur als Strohmann gegenüber der Arbeitsverwaltung als Geschäftsführer eingestellt worden, weil der Gesellschafter W von dieser Verwaltung die Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung nicht bekommen hätte. Die Verfügungsmacht über die Bankkonten der Gesellschaft ist weiterhin bei diesem Gesellschafter und dessen Ehefrau verblieben und dem Kläger nicht übertragen worden. Im Hinblick auf die dem Kläger bekannten Zweifel der Arbeitsverwaltung an der Zuverlässigkeit des Hauptgesellschafters W hinsichtlich der Tätigkeit der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung konnte er nicht darauf vertrauen, daß die im Zusammenhang mit der Beschäftigung dieser Arbeitnehmer bestehenden gesetzlichen Pflichten ohne seine Mitwirkung oder Überwachung erfüllt würden, zumal die Verfügungsmacht über die Bankkonten der GmbH weiterhin bei dem aus der Sicht der Arbeitsverwaltung unzuverlässigen Gesellschafter W verblieb. Denn das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) vom 7. August 1972 (BGBl I, 1393) nennt als ersten Grund für eine Versagung der hiernach erforderlichen Erlaubnis die mangelnde Zuverlässigkeit des Antragstellers, weil dieser u. a. die Vorschriften über die Einbehaltung und Abführung der Lohnsteuer nicht einhält (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 AÜG).

Wenn dem Kläger als Geschäftsführer der GmbH jede Verfügungsmacht über die Bankkonten der Gesellschaft entzogen war, durfte er sich - wie das FG ausgeführt hat - nicht auf die Versicherung der Gesellschafter verlassen, daß die GmbH finanziell gut dastehe und die steuerlichen Verbindlichkeiten beglichen wären. An dieser Beurteilung ändert auch die spätere Bestellung der Mitgeschäftsführerin G, die die Buchhaltung und steuerlichen Angelegenheiten erledigen sollte, nichts. Da seit dem Zeitpunkt der Übernahme der Geschäftsführung durch Frau G die einbehaltenen Lohnsteuern nicht mehr an das FA abgeführt worden sind, konnte der Kläger insoweit keinen positiven Eindruck von der persönlichen Vertrauenswürdigkeit der Mitgeschäftsführerin und der Ordnungsmäßigkeit ihrer Geschäfsführung gewinnen. Der Kläger hat sich demnach über seine nach den vorstehenden Ausführungen bestehende Überwachungsverpflichtung hinsichtlich der Abführung der Lohnsteuer leichtfertig und damit schuldhaft i. S. des § 69 Satz 1 AO 1977 hinweggesetzt.

3. Die in der Inanspruchnahme des Klägers liegende Ermessensentscheidung des FA (§ 191 Abs. 1 Satz 1 AO 1977) ist nicht zu beanstanden. Nach der zutreffenden Beurteilung des FA und des FG hat der Kläger die ihm obliegende Verpflichtung zur Abführung der einbehaltenen Steuern zumindest grob fahrlässig verletzt. Durch diese im Rahmen des § 69 AO 1977 zu treffende Rechtsentscheidung wird die Ermessensentscheidung in gewisser Weise vorgeprägt. Bei dem festgestellten schweren Verschulden kann davon ausgegangen werden, daß das FA von seinem Ermessen sachgerecht Gebrauch gemacht hat. Die Verwaltung braucht dann die die Ermessensausübung bestimmenden Erwägungen nicht ausdrücklich in den Verwaltungsakt oder die Einspruchsentscheidung aufzunehmen (BFH-Urteil vom 13. April 1978 V R 109/75, BFHE 125, 126, BStBl II 1978, 508). Das FA hat sein Auswahlermessen hinsichtlich des Klägers schon deshalb nicht fehlerhaft ausgeübt, weil es nicht nur ihn, sondern auch die beiden anderen Geschäftsführer der GmbH als Haftungsschuldner in Anspruch genommen hat. Von diesen war der Geschäftsführer M sogar schon vor dem Beginn des hier maßgeblichen Haftungszeitraums als Geschäftsführer abberufen worden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 414942

BFH/NV 1987, 550

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