Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewerbesteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Versorgungsrenten, die wirtschaftlich mit dem Erwerb eines Anteils am Betrieb zusammenhängen, werden bei der Ermittlung des Gewerbeertrages hinzugerechnet, wenn sie bei der Gewinnermittlung als Betriebsausgaben abgezogen werden.

 

Normenkette

GewStG § 8 Ziff. 2

 

Tatbestand

Streitig ist in den Gewerbesteuermeßbetragsverfahren für die Erhebungszeiträume 1955 und 1956, ob die an einen ausgeschiedenen Gesellschafter gezahlte Versorgungsrente dem Gewerbeertrag zuzurechnen ist (§ 9 Ziff. 2 GewStG).

Der Revisionskläger (Steuerpflichtiger - Stpfl. -) betrieb zusammen mit seinem Vater in der Rechtsform der OHG ein Handelsgeschäft. Der Vater schied zum 31. Dezember 1954 aus dem Unternehmen aus. Der Stpfl. führte das Geschäft als Alleininhaber fort. Der Vater ließ seinen Kapitalanteil als verzinsliches Darlehen stehen. Der Stpfl. gewährte ihm eine Leibrente von monatlich 400 DM.

Das Finanzamt (FA) ließ bei der Gewinnermittlung die Rentenleistungen als Betriebsausgaben (betriebliche Versorgungsrente) zum Abzug zu. Bei der Ermittlung des Gewerbeertrages rechnete es sie hinzu (§ 8 Ziff. 2 GewStG).

Einspruch und Berufung blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte aus, die Rente sei als Betriebsausgabe abzugsfähig und stehe mit dem Erwerb des Anteils des Ausgeschiedenen in Zusammenhang. Sie wäre nicht gewährt worden, wenn der Vater in der Gesellschaft verblieben wäre und lediglich die Mitarbeit für die Gesellschaft eingestellt hätte. Der ausgeschiedene Gesellschafter könne nicht einem Arbeitnehmer gleichgestellt werden.

In seiner Rb. rügt der Stpfl. unrichtige Rechtsanwendung.

 

Entscheidungsgründe

Die als Revision zu behandelnde Rb. ist unbegründet. Renten, die wirtschaftlich mit dem Erwerb eines Anteils am Betrieb zusammenhängen, werden dem Gewinn aus Gewerbebetrieb (§ 7 GewStG) hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind, es sei denn, daß diese Beträge beim Empfänger zur Steuer nach dem Gewerbeertrag heranzuziehen sind (§ 8 Ziff. 2 GewStG). Die Voraussetzungen der Hinzurechnung sind hier erfüllt.

Die Auffassung des Stpfl., daß die Hinzurechnung der Rentenleistungen schon deshalb nicht zulässig sei, weil die Renten bei dem Empfänger der Gewerbesteuer unterlägen, ist unzutreffend. Zwar stellen betriebliche Renten, die auf Grund des Ausscheidens eines Gesellschafters gewährt werden, soweit sie als Einkünfte zu erfassen sind und nicht - wie dies bei den Veräußerungsrenten der Fall ist - mit hingegebenen Vermögenswerten (Kapitalkonto) zu verrechnen sind, nachträgliche Einkünfte aus Gewerbebetrieb dar (§§ 24 Ziff. 2, 15 Ziff. 1 EStG). Sie unterliegen jedoch nicht der Gewerbesteuer, weil sie nicht im Rahmen eines stehenden (werbenden) Betriebes anfallen (§ 2 Abs. 1, Abs. 5 Satz 1 GewStG).

Die Rente hängt mit dem Erwerb des Anteils zusammen. Ein solcher Zusammenhang ist nicht nur dann gegeben, wenn es sich um eine betriebliche Kaufpreisrente handelt. Auch betriebliche Versorgungsrenten, soweit sie ausscheidenden Gesellschaftern eingeräumt werden, rechnen hierher (vgl. Urteil des RFH VI 140/39 vom 7. Februar 1940, RStBl 1940, 461). Es entspricht dem Objektsteuercharakter der Gewerbesteuer, auch solche Versorgungsrenten dem Gewerbeertrag hinzuzurechnen, die ohne den zugrunde liegenden Vorgang des Betriebs- oder Anteilserwerbs nicht gezahlt worden wären und die deshalb nicht zu den laufenden, normalen Ausgaben des eigentlichen Betriebs gehören.

Dem steht nicht entgegen, daß Pensionszahlungen an leitende Angestellte nicht hinzuzurechnen sind. Denn ein im Betrieb tätiger Mitunternehmer steht einem leitenden Angestellten ertragsteuerlich nicht gleich. Seine Einkünfte beruhen grundsätzlich auf der Mitunternehmerschaft als solcher und damit auf seinem Anteil am Betrieb, nicht etwa auf seiner davon losgelöst zu denkenden Arbeitstätigkeit. Er leistet der Gesellschaft seine Dienste als Unternehmer. Solange die Mitunternehmerschaft besteht, rechnen daher Arbeitsvergütungen oder Vergütungen für eine frühere Tätigkeit zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb (§ 15 Ziff. 2 EStG), und zwar auch mit Wirkung für die Gewerbesteuer (§ 7 GewStG). Scheidet der Mitunternehmer aus, so sind deshalb bei ihm die betrieblichen Versorgungsrentenbezüge als nachträgliche Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu erfassen. Bei dem Rentenverpflichteten folgt aus dem Zusammenhang mit seiner Nachfolge in die Mitunternehmerschaft ohne weiteres die Verknüpfung der Rente mit dem Anteilserwerb. Die Hinzurechnung von betrieblichen Versorgungsrenten, die im Zusammenhang mit dem Ausscheiden von Mitunternehmern vereinbart werden, ergibt sich somit aus zwingenden gesetzessystematischen Erwägungen. Die vom Stpfl. behauptete Verletzung des Grundsatzes der Gleichmäßigkeit der Besteuerung liegt nicht vor.

Der Senat bemerkt, daß es zumindest zweifelhaft ist, ob die Rente zu Recht bei der Gewinnermittlung als betriebliche Versorgungsrente abgezogen wurde. Es liegt die Annahme viel näher, daß es sich um eine außerbetriebliche Versorgungsrente handelt. Der Senat braucht diese Frage im Gewerbesteuermeßbetragsverfahren nicht zu prüfen, weil es für die Hinzurechnung zum Gewerbeertrag nur darauf ankommt, daß die Rente gewinnmindernd (als betriebliche Versorgungsrente) behandelt wurde.

 

Fundstellen

Haufe-Index 412116

BStBl III 1966, 597

BFHE 1966, 559

BFHE 86, 559

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