Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Die Wahl eines nach § 2 Abs. 5 EStG 1950 unzulässigen Abschlußzeitpunkts nimmt einer Buchführung nicht die Ordnungsmäßigkeit als Voraussetzung für die Gewährung der Vergünstigung nach § 10 a EStG 1950.

 

Normenkette

EStG § 2 Abs. 5, § 10a

 

Tatbestand

Der Beschwerdeführer (Bf.) ist Mitinhaber der im Handelsregister nicht eingetragenen Brauerei A. Diese ermittelt ihre Gewinne durch Vermögensvergleich, jedoch nach einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr vom 1. Oktober bis 30. September. Bei der einheitlichen Gewinnfeststellung für 1950 hat das Finanzamt die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung nicht anerkannt, weil die Gewinnermittlung nicht gemäß den Bestimmungen des § 2 Abs. 5 Ziff. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1950 nach dem Kalenderjahr, sondern nach einem davon abweichenden Wirtschaftsjahr erfolgt war. Der Gewinn für das Kalenderjahr 1950 wurde vom Prüfer und ihm folgend vom Finanzamt entsprechend dem Verhältnis der gesamten im Wirtschaftsjahr erzielten und auf das jeweilige Kalenderjahr entfallenden Umsätze festgestellt. Die vom Bf. beantragte Steuervergünstigung für nichtentnommenen Gewinn wurde nicht gewährt.

Die Sprungberufung, mit der die vom Finanzamt vertretene Rechtsauffassung, daß die Buchführung nicht ordnungsmäßig sei, weil sie nicht für das Kalenderjahr, sondern für ein Wirtschaftsjahr geführt sei, bestritten wurde, blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht kam zu dem Ergebnis, daß die in Verletzung des § 2 Abs. 5 Ziff. 3 EStG 1950 geführte Buchführung nicht ordnungsmäßig sei, und deshalb die Voraussetzung für den Abzug des nichtentnommenen Gewinns nach § 10 a EStG 1950 (das Finanzgericht zitiert fälschlich § 10 Abs. 2 Ziff. 3 EStG, was aber für 1950 nicht zutrifft, da diese Vorschrift in der für 1950 geltenden Fassung des Einkommensteuergesetzes gestrichen und in den § 10 a gebracht war) nicht gegeben sei. Es beruft sich insbesondere auf das Urteil des Reichsfinanzhofs VI A 815/34 vom 23. Januar 1935 (Reichssteuerblatt - RStBl - 1935 S. 939, nicht 993, wie das Finanzgericht schreibt), nach dem eine nach § 2 Abs. 5 EStG nicht berechtigte Buchführung nach dem Wirtschaftsjahr steuerlich wirkungslos sei. Durch die Veränderung des buchmäßigen Gewinnes nach den Umsätzen der einzelnen Veranlagungszeiträume sei das Ergebnis der Buchführung so grundlegend verändert, daß es nicht mehr als Ergebnis einer ordnungsmäßigen Buchführung angesprochen werden könne. Die Voraussetzung für die Steuerbegünstigung des nichtentnommenen Gewinnes sei damit entfallen.

Mit der Rechtsbeschwerde (Rb.) wird der Anspruch auf die Vergünstigung des nichtentnommenen Gewinnes aufrecht erhalten. Der Umstand, daß die Abschlüsse nach Wirtschaftsjahren erfolgt seien, nehme der Buchführung nicht die Ordnungsmässigkeit; dies um so weniger, als nach der für 1950 geltenden Fassung des § 2 EStG bei allen Steuerpflichtigen (Stpfl.) mit abweichendem Wirtschaftsjahr für die Veranlagung eine Umrechnung erfolgen müsse.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. ist begründet.

Die Vorbehörden haben der Buchführung des Bf. die Ordnungsmäßigkeit aberkannt, weil deren Ergebnis - gegen dessen materielle Richtigkeit keine Einwendungen erhoben werden - infolge des vom Kalenderjahre abweichenden Abschlußtages nicht unverändert der Veranlagung zugrunde gelegt werden konnte, sondern nach den Vorschriften des § 2 Abs. 6 EStG 1950 eine Umrechnung auf das Kalenderjahr erforderte.

Eine solche Umrechnung auf das Kalenderjahr ist nach der Fassung des Einkommensteuergesetzes 1950 in jedem Falle erforderlich, in dem ein vom Kalenderjahr abweichender Abschlußzeitpunkt gegeben ist. Auch bei Stpfl., deren Firma im Handelsregister eingetragen ist, und die nach § 2 Abs. 5 ein vom Kalenderjahr abweichendes Wirtschaftsjahr bei ihren Abschlüssen zugrunde legen können, ist eine solche Umrechnung unumgänglich. Nach der noch für 1949 gültigen Fassung des § 2 EStG war die Behandlung der im Handelsregister eingetragenen Gewerbetreibenden eine andere. Bei diesen war der Gewinn des vom Kalenderjahre abweichenden Wirtschaftsjahres unverändert als Gewinn des Kalenderjahres anzusetzen, in dem das Wirtschaftsjahr endete. Nach der jetzt seit 1950 gültigen Fassung muß jedoch eine Umrechnung auf das Kalenderjahr erfolgen, für die im neuen Abs. 6 des § 2 die Art und Weise gesetzlich geregelt ist. Die Notwendigkeit der Gewinnaufteilung ergibt sich nach der Fassung des § 2 im EStG 1950 bei einem vom Kalenderjahre abweichenden Abschlußzeitpunkt mithin in jedem Falle, ob die Firma im Handelsregister eingetragen ist oder nicht.

Nach § 2 Abs. 5 EStG sind aber nur solche Firmen zu einem vom Kalenderjahr abweichenden Abschlußzeitpunkt befugt, die im Handelsregister eingetragen sind. Der Bf., dessen Firma nicht eingetragen ist, hat also gegen die Vorschrift des § 2 Abs. 5 Ziff. 3 EStG verstoßen, weil er abweichend vom Kalenderjahr abschloß. Er hat damit seine Buchführung der steuerlichen Wirksamkeit insofern beraubt, als er das Anspruches verlustig gegangen ist, die Ergebnisse seiner Buchführung der Besteuerung zugrunde zu legen (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs VI 815/34 vom 23. Januar 1935, RStBl 1935 S. 939). Die Vorbehörden haben daraus geschlossen, daß damit auch die Voraussetzung zur Gewährung der Steuervergünstigung des nichtentnommenen Gewinnes fehle. Dem kann nicht gefolgt werden. Das Gesetz knüpft diese Vergünstigung an das Vorhandensein einer ordnungsmäßigen Buchführung. Ob eine Buchführung ordnungsmäßig ist, beurteilt sich aber nicht danach, ob ihre Ergebnisse unverändert der Besteuerung zugrunde gelegt werden können - wie oben ausgeführt ist dies bei Firmen mit abweichendem Abschlußzeitpunkt niemals der Fall -, sondern ob sie den Vorschriften des HGB und den allgemeinen Grundsätzen einer ordnungsmäßigen Buchführung entspricht (so auch Urteil des Reichsfinanzhofs VI 115/38 vom 9. März 1938, Steuer und Wirtschaft (StuW) 1938 Nr. 229). Wenn der Gesetzgeber die Steuervergünstigungen von dem Vorhandensein einer ordnungsmäßigen Buchführung abhängig macht, so hat das nur den Sinn einer Sicherstellung. Nur da, wo die Buchführung mit Sicherheit den gesamten Geschäftsablauf widerspiegelt, soll die Steuervergünstigung gegeben werden. Der Umstand, daß hier der Bf. zu einem vom Kalenderjahr abweichenden Zeitpunkt abgeschlossen hat und diesen Zeitpunkt noch dazu in übereinstimmung mit der in seinem Gewerbezweig geübten Gewohnheit und auch den Vorschriften der Landesgesetze über das Sudjahr gewählt hat, vermag der Buchführung als solcher nicht die Ordnungsmäßigkeit als Voraussetzung der Steuervergünstigung zu nehmen.

Da die Buchführung des Bf. unbestritten die Gewähr für materielle Vollständigkeit und Richtigkeit bietet, kann dem Bf. die Steuervergünstigung des nichtentnommenen Gewinnes nicht vorenthalten werden.

Die für die Berechnung des nichtentnommenen Gewinnes erforderlichen Feststellungen, insbesondere die notwendigen Gewinn- und Entnahmeaufteilungen auf die Kalenderjahre, sind noch nicht erfolgt. Die angegriffene Entscheidung ist deshalb aufzuheben und die Sache ist an das Finanzgericht zurückzuverweisen, das die noch fehlenden Feststellungen zu treffen und dem Bf. die Vergünstigung des nichtentnommenen Gewinnes zuzubilligen hat.

 

Fundstellen

Haufe-Index 424186

BStBl III 1953, 117

BFHE 1954, 293

BFHE 57, 293

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