Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulassungsfreie Revision

 

Leitsatz (NV)

Wirkt ein mit der Sache schon im Verwaltungsverfahren vorbefaßter Richter an der Entscheidung des FG mit, ist auf entsprechende Rüge hin die Revision auch ohne Zulassung gegeben.

 

Normenkette

FGO § 116 Abs. 1 Nr. 2, § 51 Abs. 2, § 119 Nr. 2

 

Verfahrensgang

Niedersächsisches FG

 

Tatbestand

Mit Schreiben vom 18. November 1982 hatten die Kläger und Revisionskläger (Kläger) die Änderung u. a. der Einkommensteuerfestsetzung 1977 gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO 1977 mit Gründen beantragt, die sich anläßlich eines außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens bezüglich der Einkommensteuer-Veranlagung 1981 herausgestellt hatten. Diesen Antrag hat das FA mit Schreiben vom 11. Januar 1983 abgelehnt. Das Schreiben ist vom Vertreter des Vorstehers X unterzeichnet. Auch die vom FA im daraufhin von den Klägern angestrengten außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren abgegebenen schriftlichen Stellungnahmen sind ebenso wie der Einspruchsbescheid vom 9. Mai 1983, mit dem der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen wurde, von X unterzeichnet.

Die Klage hatte keinen Erfolg. Ausweislich des am 26. Juni 1987 ohne mündliche Verhandlung ergangenen Urteils hat an der Sitzung auch der inzwischen zum Richter am Finanzgericht ernannte X mitgewirkt. Nach einem Vermerk des Vorsitzenden war er jedoch durch Urlaub verhindert, das Urteil zu unterzeichnen.

Mit ihrer Revision rügen die Kläger, daß dem Finanzgericht (FG) ein Verfahrensmangel i. S. von § 116 Abs. 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) unterlaufen sei. Richter am Finanzgericht X sei persönlich auch an dem vorhergehenden Verwaltungsverfahren als Sachgebietsleiter tätig gewesen, so daß er gemäß § 51 Abs. 2 FGO an der Ausübung des Amtes als Finanzrichter an dieser Sache ausgeschlossen sei.

Die Kläger beantragen, die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

Das FA schließt sich dem an.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist zulässig und begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).

Die Revision ist auch ohne Zulassung gegeben, wenn als wesentlicher Mangel des Verfahrens gerügt wird, daß bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen ist (§ 116 Abs. 1 Nr. 2 FGO). Dies ist hier der Fall.

Gemäß § 51 Abs. 2 FGO ist von der Ausübung des Amtes als Richter ausgeschlossen, wer bei dem vorangegangenen Verwaltungsverfahren mitgewirkt hat (vgl. dazu m. w. N. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 25. April 1978 VII R 7/78, BFHE 125, 33, BStBl II 1978, 401). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall in der Person des Richters am Finanzgericht X erfüllt. Dennoch hat er, wie aus dem Rubrum der angefochtenen Entscheidung und dem Vermerk des Vorsitzenden zur Unterzeichnung hervorgeht, an der Vorentscheidung mitgewirkt.

Diese diesbezügliche Rüge der Kläger ist nicht verzichtbar, weswegen sich eine Prüfung in dieser Hinsicht erübrigt (zur Unverzichtbarkeit z. B. m. w. N. Stein / Jonas, Kommentar zur Zivilprozeßordnung, 20. Aufl. 1987, § 295 II 7; Wieczorek, ZPO und Nebengesetze (1957), § 551 ZPO B II b 1).

Da es sich um einen absoluten Revisionsgrund handelt (§ 119 Nr. 2 FGO), entfällt die Prüfung, ob die Vorentscheidung auf der Verletzung von Bundesrecht beruht.

 

Fundstellen

Haufe-Index 415501

BFH/NV 1988, 506

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