Entscheidungsstichwort (Thema)

Feststellung der Nichtigkeit einer Prüfungsanordnung

 

Leitsatz (NV)

Die Rechtswidrigkeit einer Prüfungsanordnung kann nur im Wege der Anfechtungsklage, nicht der Feststellungsklage geltend gemacht werden.

Eine Prüfungsanordnung, die sich gegen eine Grundstücksgemeinschaft richtet, ist unwirksam (nichtig), wenn aus ihr nicht erkennbar ist, wer Mitglied der Gemeinschaft ist.

 

Normenkette

AO 1977 § 125 Abs. 1, § 119 Abs. 1; FGO § 41 Abs. 1

 

Verfahrensgang

FG Hamburg

 

Tatbestand

Am 9. Februar 1982 erließ der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) eine Prüfungsanordnung zur Prüfung der Feststellung der Einkünfte 1976 bis 1979 gegen die ,,Grundstücksgemeinschaft Gebrüder N".

Mit der dagegen erhobenen Klage machten die Kläger und Revisionskläger (Kläger) geltend, die Prüfungsanordnung sei nichtig bzw. rechtswidrig.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unzulässig ab. Zur Begründung führte es u.a. aus:

Soweit die Kläger die Rechtswidrigkeit der Prüfungsanordnung geltend machten, hätten sie dies im Rahmen einer Anfechtungsklage tun müssen (§ 41 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Soweit sie die Feststellung der Nichtigkeit der Prüfungsanordnung begehrten, fehle das Interesse an der baldigen Feststellung (§ 41 Abs. 1 FGO).

Mit der vom FG gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassenen Revision rügen die Kläger Verletzung materiellen Rechts. Die Kläger beantragen, das Urteil des FG aufzuheben und festzustellen, daß die Prüfungsanordnung vom 9. Februar 1982 gegenüber der Grundstücksgemeinschaft Gebrüder N nichtig und hilfsweise rechtswidrig sei.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Der Vorsitzende des erkennenden Senats hat gemäß § 76 Abs. 2 FGO den Prozeßbevollmächtigten der Kläger aufgefordert anzugeben, wer in den Jahren 1976 bis 1982 Beteiligter der Grundstücksgemeinschaft N war. Dieser hat am 24. Juli 1987 mitgeteilt, daß die Kläger zu 4, 6 und 8 und E N ,,Gesellschafter" der Grundstücksgemeinschaft N gewesen seien.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist zulässig und begründet, sie führt zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils.

1. Das FG hat die Klage gegen die genannte Prüfungsanordnung als unzulässig abgewiesen, ohne festzustellen, wer von den Klägern Mitglied der Grundstücksgemeinschaft N war und damit die Feststellung der Nichtigkeit der Prüfungsanordnung begehrt. Gleichwohl richtet sich das finanzgerichtliche Urteil auch insoweit gegen alle Kläger. Das Urteil ist aufzuheben, soweit es sich gegen die Kläger zu 1 bis 3, 5, 7 und 9 richtet. Es ist kein Anzeichen dafür erkennbar, daß auch die Kläger, die nicht Mitglieder der Gemeinschaft waren, gegen die Prüfungsanordnung vom 9. Februar 1982 Klage erheben wollten.

2. Die Revision der Kläger zu 4, 6 und 8 führt darüber hinaus zur Feststellung der Nichtigkeit der Prüfungsanordnung vom 9. Februar 1982 betreffend die Grundstücksgemeinschaft N.

a) Entgegen der Auffassung des FG war die Klage zulässig.

Der vor dem FG gestellte Antrag, festzustellen, daß die Prüfungsanordnung ,,rechtswidrig bzw. nichtig" ist, ist auslegungsbedürftig. Zur Auslegung ist auch noch das Revisionsgericht befugt. Dabei ist der Antrag im Zweifel so auszulegen, daß das Ergebnis dem Willen eines verständigen Klägers entspricht (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 17. Dezember 1981 V R 48/76, nicht veröffentlicht - NV -).

Die Kläger konnten mit der Feststellungsklage zulässigerweise nur die Nichtigkeit, nicht dagegen die Rechtswidrigkeit der Prüfungsanordnung geltend machen. Die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Prüfungsanordnung konnten sie auch nicht neben der Nichtigkeit oder hilfsweise begehren, denn dann würden die Vorschriften betreffend das Vorverfahren (§§ 41, 44 FGO) umgangen. Grundsätzlich kann die Rechtswidrigkeit einer Prüfungsanordnung nur im Wege der Beschwerde und Anfechtungsklage geltend gemacht werden (BFH-Beschluß vom 24. Juni 1982 IV B 3/82, BFHE 136, 192, BStBl II 1982, 659). Einer künftigen Anfechtungsklage darf durch eine Feststellungsklage grundsätzlich nicht vorgegriffen werden (BFH-Urteil vom 16. Februar 1977 I R 222/74, NV). Besondere Umstände, die dies ausnahmsweise rechtfertigen könnten, sind im Streitfall nicht gegeben (vgl. dazu BFH-Urteil vom 27. Februar 1973 VII R 100/70, BFHE 109, 4, BStBl II 1973, 536).

Sollte die Außenprüfung bereits durchgeführt sein, so könnten die Kläger die Rechtswidrigkeit der Prüfungsanordnung im Wege der Fortsetzungs-Feststellungsklage (§ 100 Abs. 1 Satz 4 FGO) geltend machen. Das heißt aber nicht, daß sie sich damit im Klageverfahren gemäß § 41 Abs. 1 FGO befinden und damit nachträglich das Erfordernis der Beschwerde (§ 349 der Abgabenordnung - AO 1977 -) entfiele. In beiden Fällen handelt es sich zwar um Feststellungsklagen, gleichwohl sind sie, was ihre Voraussetzungen und ihren Zweck angeht, unterschiedlich.

Wollten die Kläger die Nichtigkeit der Prüfungsanordnung geltend machen, mußten sie sich von vornherein für eine Klageart entscheiden (d. h. Anfechtungs- oder Feststellungsklage, vgl. BFH-Urteil vom 7. November 1974 IV R 108/70, NV). Der Senat geht davon aus, daß sie sich für die Feststellungsklage gemäß § 41 Abs. 1 FGO entschieden haben. Das ergibt sich aus der Klagebegründung und auch daraus, daß die Kläger sogleich Klage erhoben und nicht erst Beschwerde eingelegt haben. Soweit die Kläger begehren, die Nichtigkeit ,,bzw." die Rechtswidrigkeit der Prüfungsanordnung festzustellen, geht der Senat davon aus, daß es sich um einen Hilfsantrag handelt.

Auch das für eine Feststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse (§ 41 Abs. 1 FGO) war gegeben. Es ist regelmäßig zu bejahen, wenn die Nichtigkeit eines Verwaltungsakts geltend gemacht wird (BFH-Urteil vom 18. Dezember 1973 VII R 121/71, NV).

b) Die Prüfungsanordnung vom 9. Februar 1982 gegen die ,,Grundstücksgemeinschaft Gebrüder N" ist nichtig (§ 125 Abs. 1 AO 1977), weil sie inhaltlich nicht bestimmt ist (§ 119 Abs. 1 AO 1977). Sie bezeichnet nicht den Steuerpflichtigen (§ 33 Abs. 1 AO 1977), gegen den sie sich richten soll (Adressaten, vgl. BFH-Urteil vom 28. März 1979 I R 219/78, BFHE 128, 14, BStBl II 1979, 718).

Die Miteigentümergemeinschaft als solche hat rechtlich weder einen Namen noch ist sie selbst Trägerin von steuerlichen Pflichten und Rechten (§ 33 Abs. 2 AO 1977), vielmehr lediglich ihre Mitglieder. Gegen diese muß sich ein Verwaltungsakt und damit auch eine Prüfungsanordnung, die die steuerlichen Verhältnisse der Gemeinschaft zum Gegenstand hat, richten. Das ist hier nicht geschehen. Es ist auch im übrigen aus der Prüfungsanordnung nicht ersichtlich, wer Mitglied der Gemeinschaft und mithin Adressat des Verwaltungsakts sein könnte (vgl. BFH-Urteil vom 12. August 1976 IV R 105/75, BFHE 120, 129, BStBl II 1977, 221).

 

Fundstellen

Haufe-Index 415436

BFH/NV 1988, 214

BFH/NV 1988, 215

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