Leitsatz (amtlich)

1. Zum Wahlrecht der Ehegatten, ob Bausparbeiträge als Sonderausgaben geltend gemacht oder Wohnungsbauprämien beantragt werden sollen.

2. Ist nur ein Ehegatte prämienberechtigt und hat er die Gewährung von Prämien beantragt, so ist die mit der Antragstellung ausgeübte Wahl bindend. Die prämienbegünstigten Beiträge können, auch wenn die Ehegatten Zusammenveranlagung beantragt haben, nicht mehr als Sonderausgaben berücksichtigt werden.

 

Normenkette

WoPG 1960 § 8; EStG 1963 § 10 Abs. 1 Nr. 3

 

Tatbestand

Die Steuerpflichtigen sind Ehegatten. Die Ehefrau hat zwei Bausparverträge geschlossen, auf die sie im Jahre 1963 insgesamt 14 394 DM eingezahlt hat. Auf ihren Antrag vom 26. Februar 1964 sind ihr 400 DM Wohnungsbauprämien gewährt worden.

In der Einkommensteuererklärung 1963 machten die Steuerpflichtigen die Beiträge als Sonderausgaben geltend. In einem Schreiben wiesen sie darauf hin, daß der Antrag auf Wohnungsbauprämien in Unkenntnis des wahren Sachverhalts gestellt worden sei.

Das FA hielt die getroffene Wahl, auch wenn die Ehefrau allein sie ausgeübt habe, für bindend und veranlagte die Steuerpflichtigen, ohne die Beiträge als Sonderausgaben zu berücksichtigen.

Die Sprungklage hatte keinen Erfolg. Das FG führte im wesentlichen aus: Die Steuerpflichtige habe das ihr nach § 8 Abs. 1 des Wohnungsbau-Prämiengesetzes (WoPG) zustehende Wahlrecht ausgeübt. Daß die einmal getroffene Wahl nicht mehr geändert werden könne, ergebe sich aus § 8 Abs. 2 WoPG. Entgegen der Ansicht der Kläger sei der Antrag auch rechtswirksam. Die Zustimmung des Ehemanns sei nicht erforderlich gewesen. Die Wahl, ob die prämienbegünstigten Aufwendungen als Sonderausgaben geltend gemacht oder ob die Prämien beansprucht werden sollten, könnten Ehegatten allerdings nur gemeinsam treffen, wenn beide Ehegatten prämienberechtigt seien. Im Streitfall sei aber allein die Ehefrau prämienberechtigt gewesen. Sie habe im eigenen Namen die Verträge mit der Bausparkasse geschlossen; nur sie habe auch die Zahlungen an die Bausparkasse geleistet. Auf die Behauptung, sie habe die Bausparverträge nur treuhänderisch für ihren Ehemann geschlossen, komme es nicht an. Die verdeckte Stellvertretung, bei der der Wille, im fremden Namen zu handeln, nicht erkennbar hervortrete, sei im Rechtsleben ohne rechtliche Wirkung (§ 164 Abs. 2 BGB). Schließlich sei das von der Ehefrau ausgeübte Wahlrecht auch nicht dadurch unwirksam geworden, daß die Ehefrau die Wahl der Bausparkasse gegenüber angefochten habe. Die Voraussetzungen einer Anfechtung nach § 119 BGB lägen nicht vor; überdies sei das Schreiben als Anfechtungsschreiben nicht gemäß § 121 BGB unverzüglich an die Bausparkasse gerichtet worden.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision, mit der die Steuerpflichtigen unrichtige Anwendung des § 8 WoPG und des § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG rügen, kann keinen Erfolg haben.

Nach § 8 Abs. 2 WoPG ist der Prämienberechtigte an die einmal getroffene Wahl gebunden. Hat er sich für die Wohnungsbauprämie entschieden, so kann er die Beiträge nicht nachher als Sonderausgaben geltend machen. Hat er sich entschlossen, den Abzug als Sonderausgaben geltend zu machen, so kann er nicht nachher Wohnungsbauprämien beantragen.

Sind Ehegatten wahlberechtigt, so können sie das Wahlrecht nach der Rechtsprechung des Senats, die vor allem im Urteil VI 109/65 S vom 4. Mai 1965 (BFH 83, 23, BStBl III 1965, 509) niedergelegt ist, nur gemeinsam ausüben. Ehegatten müssen sich über das, was sie wollen, einig werden. Diese Rechtsgrundsätze gelten aber, wie das FG zutreffend annimmt, nur, wenn beide Ehegatten auch selbst prämienberechtigte Beiträge geleistet haben, also selbst prämienberechtigt sind. Nur wer prämienberechtigt ist, kann ein Wahlrecht haben. Das gilt auch für Ehegatten.

Aus der Zusammenveranlagung der Ehegatten ergibt sich nichts anderes. Die Zusammenveranlagung führt zur Zusammenrechnung der Einkünfte der Ehegatten. Die Einkünfte jedes Ehegatten müssen aber zuvor für sich ermittelt werden. Etwaige steuerliche Vorteile sind nach der Person des berechtigten Ehegatten zu beurteilen. Wenngleich Sonderausgaben bei Ehegatten gemeinsam anzusetzen sind, gleichviel, welcher Ehegatte sie tatsächlich gemacht hat, so besagt dies nichts dafür, wem das Wahlrecht nach § 8 WoPG zusteht und welche Wirkung eine ausgeübte Wahl hat. Das Wahlrecht stand, wie das FG zutreffend ausführt, allein der Ehefrau zu; der Zustimmung des Ehemannes zur Ausübung der Wahl bedurfte es nicht. Durch die getroffene Wahl der Ehefrau sind die prämienberechtigten Beiträge aus den Aufwendungen, die bei der Zusammenveranlagung als Sonderausgaben geltend gemacht werden können, unwiderruflich ausgeschieden.

Wie das FG in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats darlegt, kommt eine Anfechtung wegen Irrtums über die Rechtslage und die steuerlichen Folgen der Wahl nach § 119 BGB nicht in Betracht. Die mit der Wahl eingetretene Bindung ist auch nicht dadurch beseitigt worden, daß die gewährten Prämien von der Bausparkasse und der Ehefrau zurückgegeben (storniert) worden sind. Die kraft Gesetzes eingetretene Wirkung der Bindung an die getroffene Wahl ist öffentlich-rechtlicher Art. Sie kann nicht durch bürgerlich-rechtliche Willenserklärungen, wie die Anfechtung (§ 119 BGB), oder durch bürgerlich-rechtliche Maßnahmen, wie die Rückzahlung der gewährten Prämien, aus der Welt geschafft werden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 412829

BStBl II 1968, 199

BFHE 1968, 31

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