Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Aufwendungen, die ein Gewerbetreibender zur Erlangung des Flüchtlingsausweises C macht, sind nur insoweit Betriebsausgaben, als sie die Höhe des gewerblichen Gewinns (z. B. die Vergünstigung des § 7 a EStG) und nicht unmittelbar die Höhe der Einkommensteuer (z. B. die Vergünstigung des § 10 a EStG) betreffen.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 4, § 12 Nr. 1, § 12/3

 

Tatbestand

Die Revisionsklägerin, eine KG, begehrte mit ihrer Sprungberufung bei der einheitlichen Gewinnfeststellung für 1957 den Abzug von 6.202,45 DM Anwaltskosten als Betriebsausgaben.

Die Kosten entstanden den Eheleuten F., den Komplementären der KG, anläßlich ihres Rechtsstreits um die Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des Gesetzes über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (BVFG) vom 19. Mai 1953 (BGBl I S. 201). Der Rechtsstreit wurde notwendig, weil den Komplementären, die bereits als Sowjetzonenflüchtlinge anerkannt waren, diese Eigenschaft vom Finanzamt (FA) bestritten worden war. Die Behandlung der Anwaltskosten als Betriebsausgaben wurde anläßlich einer im Jahre 1961 durchgeführten Betriebsprüfung beanstandet.

Das FA folgte bei der einheitlichen Gewinnfeststellung für 1957 der Auffassung des Betriebsprüfers und rechnete den Betrag von 6.202,45 DM den Entnahmen zu.

Die Sprungberufung blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) begründete seine Entscheidung wie folgt. Die Anwaltskosten seien Aufwendungen für die private Lebensführung (§ 12 Ziff. 1 EStG). Die Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft gehöre in die persönliche Sphäre. Daß die Flüchtlingseigenschaft auch dem Betrieb der KG zugute komme, ändere an dieser Beurteilung nichts. Denn § 12 Ziff. 1 Satz 2 EStG sehe die Nichtabzugsfähigkeit auch dann vor, wenn Kosten der Lebensführung auch den Beruf oder den Gewerbebetrieb förderten.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. der KG führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.

Dem FG ist ein Ausgangspunkt zuzustimmen, daß grundsätzlich die bestimmte persönliche Eigenschaften der Steuerpflichtigen betreffenden Ausgaben Kosten der Lebenshaltung sind, auch soweit sie den Gewerbebetrieb fördern. Wenn aber der Sachverhalt die Annahme rechtfertigt, daß überwiegend betriebliche Erwägungen maßgebend waren und zudem objektive Anhaltspunkte für eine Aufteilung gegeben sind, so läßt die Rechtsprechung weitgehend eine Aufteilung zu. Der Senat nimmt an, daß diese Voraussetzungen hier vorliegen.

Die überwiegende betriebliche Veranlassung für den die Anwaltskosten verursachenden Rechtsstreit vor dem Landratsamt und dem Verwaltungsgericht ergibt sich daraus, daß das FA nach einer im Jahre 1957 durchgeführten Betriebsprüfung den Komplementären die bis dahin zugestandene Flüchtlingseigenschaft aberkannte und alle bis dahin in Anspruch genommenen, vom FA zugebilligten steuerlichen Vergünstigungen nach §§ 7 a, 7 e und 10 a EStG sowie die nach § 73 BVFG entzog. Die Versagung der Vergünstigungen bezog sich dabei mit Ausnahme der Vergünstigung des § 10 a EStG nicht nur auf den einheitlich festzustellenden Gewinn der KG, sondern auch auf den Gewerbeertrag. Um diese sich auf Gewinn und Gewerbeertrag der KG nachteiligen Auswirkungen abzuwenden, beschritten die Komplementäre der KG den Verwaltungsrechtsweg. Insoweit ist ein für die Abzugsfähigkeit der Anwaltskosten ausreichender Zusammenhang zwischen Aufwendung und Betrieb anzunehmen.

Die Vorentscheidung wird aufgehoben. Die Sache geht zur erneuten Entscheidung an das FG zurück. Dabei wird das FG berücksichtigen müssen, daß der einheitlich festzustellende Gewinn nicht um die gesamten Anwaltskosten zu ermäßigen ist. Die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze für die Abzugsfähigkeit von Steuerberatungskosten sind sinngemäß anzuwenden. Diese Aufwendungen sind nur insoweit Betriebsausgaben, als sie in Zusammenhang mit der Ermittlung der gewerblichen Einkünfte und nicht der persönlichen Einkommensteuer stehen (vgl. Entscheidung des Bundesfinanzhofs VI 207/62 S vom 30. April 1965, BFH 82, 449, BStBl III 1965, 410, und die dortige Rechtsprechungsübersicht). Diese Voraussetzungen erfüllt nur der Teil der Kosten, der sich auf die steuerlichen Vergünstigungen der §§ 7 a, 7 e EStG sowie auf die Vergünstigung nach § 73 BVFG bezieht, während die die Vergünstigung des § 10 a EStG betreffenden Aufwendungen durch Schätzung auszuscheiden sind.

 

Fundstellen

Haufe-Index 412351

BStBl III 1967, 243

BFHE 1967, 561

BFHE 87, 561

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