Leitsatz (amtlich)

Führt ein Gesellschafter einer auf die Errichtung und Veräußerung von Wohnungen gerichteten Personengesellschaft im Rahmen seines daneben bestehenden Einzelbetriebes (Bauunternehmung) Bauarbeiten für die Gesellschaft aus, so gehört die dafür erbrachte Gegenleistung (einschließlich des Unternehmergewinns des Gesellschafters) zu den Herstellungskosten der Gebäude der Gesellschaft.

 

Normenkette

EStG § 6 Abs. 1, §§ 7b, 15 Nr. 2

 

Tatbestand

A und B hatten eine Gesellschaft gegründet mit dem Zweck, Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen zu errichten und zu veräußern. A war Bauunternehmer. Seiner Einzelfirma waren für Bauarbeiten, die er für die Gesellschaft ausgeführt hatte, 1 000 000 DM gezahlt worden. Die Gesellschaft, die die Sonderabschreibungen des § 7b EStG in Anspruch nehmen wollte, war der Auffassung, daß diese 1 000 000 DM in vollem Umfange zu den Herstellungskosten der Gebäude gehörten, also in die für § 7b EStG maßgebliche Bemessungsgrundlage mit einbezogen werden müßten. Das FA war dagegen der Ansicht, die Ausführung der Bauten stelle eine Einlage des A dar, die dieser nur zu den Selbstkosten habe bewirken können. Von dem von der Gesellschaft gezahlten Betrag sei ein Teilbetrag von 150 000 DM Gewinn der Einzelfirma des A gewesen, der mithin nicht in die Herstellungskosten einbezogen werden dürfe und als Entnahme des A zu behandeln sei. Das FG folgte dem.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Gesellschaft ist begründet.

Das FG hat die Anschaffungskosten der von dem Gesellschafter A erstellten Bauten und damit die Bemessungsgrundlage für die 7 b-Abschreibungen zu Unrecht um den als Unternehmergewinn bezeichneten Betrag von 150 000 DM gemindert. Es handelt sich insoweit nicht, wie das FG annahm, um eine Einlage, die nach § 6 EStG zu bewerten wäre, sondern um Lieferungen und Leistungen des Gesellschafters aus seinem gewerblichen Einzelunternehmen, in dem er den entsprechenden Gewinn zu versteuern hat, an die Gesellschaft. Der Wert dieser Lieferungen und Leistungen geht deshalb in voller Höhe der erbrachten Gegenleistung in die Herstellungskosten der Gebäude ein. Das setzt allerdings voraus, daß Geschäfte der hier vorliegenden Art zwischen Gesellschaft und Gesellschafter wie Geschäfte zwischen Fremden behandelt werden dürfen und daß insbesondere die Vorschrift des § 15 Nr. 2 EStG das nicht verbietet.

Die Grundsätze, die der BFH zu § 15 Nr. 2 EStG entwickelt hat, stehen einer solchen Behandlung nicht entgegen. Nach der genannten Vorschrift und der Auslegung, die sie durch die Rechtsprechung erfahren hat, werden Leistungen, die ein Gesellschafter durch eine Tätigkeit im Dienste der Gesellschaft oder durch die Hingabe von Darlehen oder durch die Überlassung von Wirtschaftsgütern erbringt, nicht durch Betriebsausgaben der Gesellschaft, sondern durch Vorwegzuweisung eines entsprechenden Anteils am Gewinn vergütet. Der BFH hat dabei insbesondere den Begriff der Dienstleistungen für die Gesellschaft weit ausgelegt (vgl. z. B. das zusammenfassende Urteil des Senats vom 28. Oktober 1964 IV 155/63, HFR 1965, 159), und zwar aus der Erwägung heraus, daß personengesellschaften keine selbständigen Rechtsgebilde, sondern nur eine Zusammenfassung von Unternehmern sind, die in dieser Gemeinschaft zwar gemeinsam aber grundsätzlich doch wie Einzelunternehmer ihre Gewinne erzielen, und daß jede Vergütung für Leistungen für die Gesellschaft, mögen sie im Gesellschaftsvertrag vorgesehen sein oder nicht, wie bei einem Einzelunternehmer nur Gewinn sein können.

Der BFH hat indessen - allerdings in nicht entscheidungserheblichen Bemerkungen - in den Urteilen vom 6. September 1960 I 29/60 U (BFHE 71, 521, BStBl III 1960, 443) und vom 18. September 1969 IV 338/64 (BFHE 97, 19, BStBl II 1970, 43) ausgesprochen, es seien Fälle denkbar, in denen der Gesellschafter der Gesellschaft wie ein Fremder entgegentrete, so zum Beispiel, wenn er der Gesellschaft im Rahmen seines üblichen (außerhalb der Gesellschaft betriebenen) gewerblichen Betriebes Waren liefere. Das ergebe sich (vgl. das Urteil IV 338/64) schon daraus, daß die Lieferung von Waren nicht als "Überlassung von Wirtschaftsgütern" bezeichnet werden könne.

Ein derartiger, sich von den sonst in § 15 Nr. 2 EStG aufgezählten Fällen unterscheidender Sachverhalt liegt hier vor. § 15 Nr. 2 EStG bezieht sich offenbar insbesondere auf solche Fälle, in denen die Gesellschaft Aufwendungen macht, die sich - wären sie Fremden gegenüber erbracht worden - als sofort abziehbare Betriebsausgaben auswirken würden (Vergütungen für Dienstleistungen, Zinsen für Darlehen, Mieten für überlassene Wirtschaftsgüter), nicht dagegen auf Anschaffungsgeschäfte, die nicht zum sofortigen Abzug, sondern zur Aktivierung eines Gegenpostens und - gegebenenfalls - dessen allmählicher Abschreibung führen.

Anmerkung: Die Zahlen wurden geändert.

 

Fundstellen

Haufe-Index 70491

BStBl II 1973, 630

BFHE 1973, 344

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