Entscheidungsstichwort (Thema)

Körperschaftsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Möglichkeit der Zusammenfassung eines - steuerfreien - Hoheitsbetriebs mit einem - steuerpflichtigen - Betrieb gewerblicher Art einer Körperschaft des öffentlichen Rechts.

 

Normenkette

KStG § 1 Abs. 1 Ziff. 6; KStDV §§ 1-2

 

Tatbestand

Die beschwerdeführende Stadtgemeinde betreibt ein Wasserwerk und ein Kanalwerk, das der Abführung der Abwässer und Abfälle dient. Streitig ist für die Körperschaftsteuer II/1948 bis 1950, ob das Wasserwerk und das Kanalwerk als ein einheitlicher Betrieb gewerblicher Art i. S. des § 1 Abs. 2 der Verordnung zur Durchführung des Körperschaftsteuergesetzes anzusehen ist.

Das Finanzamt hat den dahingehenden Antrag der Beschwerdeführerin (Bfin.) abgelehnt mit der Begründung, daß das Wasserwerk mit dem Kanalwerk nicht zusammengelegt werden könne, weil das Kanalwerk ein Hoheitsbetrieb sei. Im übrigen seien jedenfalls bis 1951 Wasserwerk und Kanalwerk selbständig geführt worden. Die Zusammenlegung beider Werke zu einem einheitlichen gewerblichen Betrieb solle nur erfolgen, um die Verluste des Kanalwerks gegen die Gewinne des Wasserwerks ausgleichen zu können.

Das Finanzgericht ist in seiner Entscheidung über den Einspruch (Sprungberufung) der Auffassung des Finanzamts beigetreten. Es hat ausgeführt, es brauche nicht untersucht zu werden, wann und unter welchen Voraussetzungen Einrichtungen einer öffentlich- rechtlichen Körperschaft, deren jede für sich einen Betrieb gewerblicher Art darstelle, zu einem einheitlichen derartigen Betrieb verbunden werden könnten. Die Verbindung sei im vorliegenden Falle deshalb unzulässig, weil ein Betrieb gewerblicher Art (Wasserwerk) mit einem Hoheitsbetrieb (Kanalwerk) verbunden werden solle. Die Tatsache, daß auf der einen Seite ein körperschaftsteuerpflichtiger, auf der anderen ein nicht körperschaftsteuerpflichtiger Betrieb stehe, mache beide Betriebe im Verhältnis zueinander so grundverschieden, daß eine Verbindung nicht möglich sei. Es liege sonst im Belieben der Körperschaft, eine ganz klar als Betrieb gewerblicher Art geführte Einrichtung, wie hier das Wasserwerk, steuerfrei zu machen, wenn sie diese mit einem Hoheitsbetrieb verbinde und letzterer überwiege.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde (Rb.) führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache.

Der Senat vermag sich der Auffassung des Finanzgerichts, daß die Verbindung eines Betriebs gewerblicher Art mit einem Hoheitsbetrieb grundsätzlich ausgeschlossen sei, nicht anzuschließen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs, von der abzuweichen kein Anlaß besteht, hat es die Körperschaft öffentlichen Rechts grundsätzlich in der Hand, die organisatorischen Maßnahmen beim Aufbau auch ihrer Hoheitsbetriebe und Betriebe gewerblicher Art im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften (Gemeindeordnung, Eigenbetriebsverordnung) so zu treffen, wie sie es für zweckmäßig hält (vgl. u. a. Urteil des Reichsfinanzhofs I A 62/37 vom 23. Februar 1937, Reichssteuerblatt - RStBl. - S. 966 und die dort angeführte Rechtsprechung). Es ist daher der Gemeinde grundsätzlich nicht verwehrt, einen Hoheitsbetrieb, wie das Kanalwerk, mit einem Betrieb gewerblicher Art, wie dem Wasserwerk, auch mit steuerlicher Wirkung zu verbinden, vorausgesetzt, daß die beiden Betriebe in einem derartig engen inneren wirtschaftlichen Zusammenhang zueinander stehen, daß die Zusammenfassung in einen Betrieb mit einheitlicher Betriebsleitung unter den gegebenen örtlichen Verhältnissen aus rein sachlichen Gründen, also insbesondere unter Ausschaltung steuerlicher Vorteile oder Nachteile, zur besseren wirtschaftlichen Gestaltung der Gemeindeeinrichtungen zweckmäßig und wünschenswert erscheint. Mit Recht weist die Bfin. in diesem Zusammenhang auf das Urteil des Reichsfinanzhofs I 433/39 vom 19. Juni 1940, RStBl. 1941 S. 34 hin, das die Besteuerung von Versorgungsbetrieben, denen ein Kanalwerk angeschlossen war, zum Gegenstand hatte. Die Tatsache, daß es sich auf der einen Seite um einen Hoheitsbetrieb, auf der anderen um einen Betrieb gewerblicher Art handelt, steht somit grundsätzlich der Möglichkeit der Zusammenfassung nicht entgegen. Die Verbindung darf jedoch nicht ausschließlich oder vorwiegend in der Vermeidung oder Einschränkung der Steuerpflicht ihren Grund haben, was für den vorliegenden Fall vom Finanzamt behauptet wird.

Das Finanzamt hat bereits im Berufungsverfahren geltend gemacht, daß bis zum Jahre 1951 das Wasserwerk und das Kanalwerk selbständig geführt worden seien, und daß die Zusammenlegung nur erfolge, um die Verluste des Kanalwerks gegen die Gewinne des Wasserwerks auszugleichen. In der Rb. hat es hierzu zusätzlich ausgeführt, erst durch den Stadtratsbeschluß vom November 1951 sei festgelegt, daß das Wasserwerk und die Kanalisation mit Rückwirkung ab 21. Juni 1948 als ein Eigenbetrieb zu führen seien. In den bezeichneten Jahren sei keine Betriebssatzung, keine einheitliche Betriebsleitung und keine Betriebsbuchführung nach den Vorschriften der Eigenbetriebsverordnung vorhanden.

Da das Finanzgericht die Voraussetzungen für die Steuerpflicht unter den vom Finanzamt angeführten Erwägungen infolge seiner vom Senat nicht gebilligten Rechtsauffassung nicht gewürdigt hat, ist die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache an das Finanzgericht zur neuerlichen Prüfung zurückzuverweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 408178

BStBl III 1955, 210

BFHE 1956, 32

BFHE 61, 32

DB 1955, 711

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