Entscheidungsstichwort (Thema)

Körperschaftsteuer Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Beherrscht der Gesellschafter-Geschäftsführer nur bei Zusammenrechnung seiner Anteile mit denen seiner von ihm nicht getrennt lebenden Ehefrau die GmbH, so kann eine nach der Vollendung des 65. Lebensjahres berechnete Rückstellung für eine von diesem Zeitpunkt ab vereinbarte Pensionszusage an den Gesellschafter-Geschäftsführer steuerlich in der Regel nicht anerkannt werden, weil anzunehmen ist, daß die Interessen der Ehegatten bei der Frage der Pensionierung des Ehemannes gleichlaufen.

 

Normenkette

KStG § 6; EStG § 4 Abs. 1, § 5; StAnpG § 1 Abs. 2

 

Tatbestand

Die steuerpflichtige GmbH (Revisionsbeklagte) wurde mit Vertrag vom Oktober 1953 gegründet. Gesellschafter sind F. R., W. R. und Emmy R. F. R. und W. R. (Anteil am Stammkapital je 40 v. H.) sind Vettern und Emmy R. (Anteil am Stammkapital 20 v. H.) ist die Ehefrau des W. R. F. R. und W. R. sind zu Geschäftsführern bestellt. Die Gesellschafter-Geschäftsführer erhielten für ihre Tätigkeit eine monatliche Entlohnung von 200 DM.

Im Dezember 1954 beschlossen die Gesellschafter, den Geschäftsführern eine Pensionszusage mit folgendem Inhalt zu gewähren: "Altersversorgungszusage"

Im Hinblick auf die geringe Entschädigung der Geschäftsführer für ihre Tätigkeit erhalten sie folgende Zusage:

Nach Vollendung des 65jährigen Lebensjahres bzw. mit Eintritt der Invalidität erhält jeder Geschäftsführer, das sind z. Zt. F. R. und W. R. eine Altersversorgung bzw. Invalidenrente in Höhe von monatlich DM 200,- (Zweihundert). Nach dem Tode des Versorgungsempfängers erhalten die überlebenden Ehegattinnen eine Witwenrente in Höhe von 60% des Rentenanspruchs des Ehemannes Nach dem Tode beider Ehegatten erhält eine dann vorhandene Waise eine Unterstützung von monatlich DM 120,00 bis zur Vollendung ihrer Ausbildung ..."

Mit Gesellschafterbeschluß vom Dezember 1960 wurden die zugesagte Altersversorgung auf 300 DM und die Witwen- und Waisenversorgung auf 200 DM erhöht und die Aufhebung des Beschlusses von der Einstimmigkeit und Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage der Gesellschaft abhängig gemacht. In den Bilanzen der Steuerpflichtigen (Stpfl.) auf den 31. Dezember 1957 betrug die Rückstellung unter Berücksichtigung einer Einmalrückstellung 21 157 DM und auf den 31. Dezember 1958 25 270 DM.

Bei einer Betriebsprüfung im Jahre 1960 kürzten der Prüfer und ihm folgend der Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) den Betrag der Rückstellung zum 31. Dezember 1958 um 4.990 DM (25.270 DM ./. 20.280 DM). Der Prüfer ging von der Gleichverteilung der Last aus und erkannte für 1958 eine Zuführung zur Rückstellung für das an den Gesellschafter W. R. gegebene Pensionsversprechen nicht an.

Nach erfolglosem Einspruch anerkannte das Finanzgericht (FG), dessen Urteil in den "Entscheidungen der Finanzgerichte" 1963 S. 572 veröffentlicht ist, die Zuführung zur Pensionsrückstellung für die Witwen- und Waisenrente und für die Altersversorgung des Geschäftsführers W. R. Der Auffassung des Bundesfinanzhofs (BFH), daß in der Regel die Anteile von Ehegatten zusammengerechnet werden müßten, weil ihre gesellschaftlichen Interessen gleichlaufen, könne das FG nicht folgen. Der Gesellschafter-Geschäftsführer W. R. habe kein Recht, das mit dem Anteil seiner Ehefrau verknüpfte Stimmrecht auszuüben. Das geltende eheliche Güterrecht kenne keine Norm, auf die der Gesellschafter-Geschäftsführer W. R. einen solchen Anspruch stützen könne. Die Ehe begründe über die Unterhaltsgemeinschaft hinaus keine enge Wirtschaftsgemeinschaft. Das Vermögen der Ehegatten werde getrennt gehalten. Nicht in jedem Fall werde die Ehefrau mit ihrem Mann stimmen. Eine solche Lebenserfahrung lasse sich nicht nachweisen.

Gegen dieses Urteil hat der Vorsteher des FA Rechtsbeschwerde (Revision) eingelegt, soweit es die Rückstellung für den Gesellschafter-Geschäftsführer W. R. zugelassen hat. Er beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Rückstellung entsprechend zu kürzen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.

Im Urteil I 14/57 S vom 22. Januar 1958 (BStBl 1958 III S. 186, Slg. Bd. 66 S. 481) hat der erkennende Senat allgemein eine Rückstellung für Pensionsverpflichtungen versagt, wenn die Zusage von dem Versprechenden nach freiem Belieben widerrufen werden kann. Eine Widerrufs- und Gestaltungsmöglichkeit besteht praktisch auch, wenn die Pensionszusage von einer GmbH ihrem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer gemacht wird. Denn dieser bestimmt selbst die Zeitdauer und den Inhalt seiner Tätigkeit und damit den Eintritt des Pensionsfalls. Darum kann eine Rückstellung für eine Pensionszusage nur anerkannt werden, wenn besondere Umstände vorgebracht werden und vorliegen, aus denen sich die spätere Zahlung der Pension vom vereinbarten Zeitpunkt ab mit Wahrscheinlichkeit ergibt (Urteil des BFH I 11/58 S vom 5. Mai 1959, BStBl 1959 III S. 369, Slg. Bd. 69 S. 286). Die gleiche Rechtsansicht hat der erkennende Senat vertreten, wenn die Beteiligung von Ehegatten zusammen zu einer Beherrschung der GmbH führt (Urteile des BFH I 4/59 S vom 4. August 1959, BStBl 1959 III S. 374, Slg. Bd. 69 S. 299; I 66/59 vom 24. November 1959, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Einkommensteuergesetz, § 5, Rechtsspruch 214).

Es ist der Vorinstanz zuzugeben, daß der Ehemann kein gesetzlich verbrieftes Recht hat, das Stimmrecht der Ehefrau auszuüben. Darauf aber kommt es im vorliegenden Fall auch nicht an; denn eine Rückstellung wird nur zugelassen, wenn der GmbH eine ernst zu nehmende wirtschaftliche Last entstanden ist. Eine solche ernst zu nehmende wirtschaftliche Last ist durch die Zusage der Pension bei der GmbH aber nur anzunehmen, wenn damit zu rechnen ist, daß die Pensionslast zu dem vorgesehenen Zeitpunkt eintritt und nicht widerrufen werden wird. Beherrschen nicht getrennt lebende Eheleute nur bei Zusammenrechnung ihrer Anteile die GmbH, so kommt es darauf an, ob sie bei der Stimmabgabe zur Frage der Pensionierung des Ehegatten voraussichtlich wegen gleichlaufender Interessen übereinstimmen werden. Dies ist anzunehmen. Denn für die Stimmabgabe ist entscheidend, ob der Ehemann aus der Firma ausscheiden und sein bisheriges Gehalt mit der geringeren Pension vertauschen soll. Diese Entscheidung berührt aber die Lebensführung der Gemeinschaft, so daß bei gemeinsamen Interessen auch eine gleiche Entscheidung in dieser Frage der Lebenserfahrung entspricht, solange nicht besondere Umstände dargetan werden, die eine andere Beurteilung rechtfertigen. Wenn die Eheleute es gemeinsam für angebracht halten, daß der Ehemann sein Arbeitsverhältnis mit der GmbH fortsetzt, sind sie auch gemeinsam in der Lage, mit ihrer Stimmenmehrheit die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu erzwingen. Die Vereinbarung der Gesellschafter, daß der Beschluß über die Pensionierung nur einstimmig aufgehoben werden kann, ist am 12. Dezember 1960 getroffen worden und berührt den vorliegenden Rechtsstreit nicht.

Der erkennende Senat hat aber im Urteil I 334/61 U vom 15. Januar 1964 (BStBl 1964 III S. 163, Slg. Bd. 78 S. 422) bei einer Rentenzusage für den Fall völliger Erwerbsunfähigkeit die Bildung einer Rückstellung für möglich gehalten. Diese Rechtsansicht hat er in dem zur Veröffentlichung bestimmten Urteil I 193/62 S vom 15. Dezember 1965 dahin ergänzt, daß in einer Pensionszusage jedenfalls insoweit eine ernst zu nehmende Last liegen und eine Rückstellung grundsätzlich zugelassen werden könne, als bei Erreichung eines geschätzten Grenzalters von 75 Jahren der Eintritt des Pensionsfalls infolge Invalidität angenommen werden könne. Auf den Inhalt der Entscheidungsgründe dieses Urteils wird hingewiesen.

Die Vorentscheidung wird darum aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen. Dieses hat bei seiner erneuten Entscheidung außer der Rückstellung für die Witwenversorgung eine Rückstellung für das Invaliditätsversprechen zu berücksichtigen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 411980

BStBl III 1966, 323

BFHE 1966, 313

BFHE 85, 313

BB 1966, 571

DB 1966, 805

DStR 1966, 347

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