Entscheidungsstichwort (Thema)

Reparaturaufwendungen an einer Wohnung vor der eigenen Nutzung

 

Leitsatz (NV)

Übliche Reparaturaufwendungen an einer bisher vermieteten Wohnung, die der Eigentümer nunmehr selbst nutzen will, sind auch dann keine Werbungskosten, wenn sie überwiegend durch die Nutzung des Mieters verursacht worden sind.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1, §§ 12, 21 Abs. 1

 

Verfahrensgang

FG Rheinland-Pfalz

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) werden zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Sie errichteten ein Einfamilienhaus, das sie ab Oktober 1985 vermieteten. Nach Beendigung des Mietverhältnisses am 31. Juli 1990 führten die Kläger im Hause Malerarbeiten für rd. 12 000 DM, Reparaturen an Parkettfußböden und Innentüren für rd. 5 500 DM sowie Fliesen- und Elektroarbeiten für rd. 600 DM aus. In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1990 machten sie diese Kosten als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, hilfsweise als Vorkosten gemäß § 10e des Einkommensteuergesetzes (EStG), geltend. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt -- FA --) lehnte dies ab.

Nach vergeblichem Einspruch erhoben die Kläger Klage und trugen vor, die Mieter hätten die Wohnung in erhöhtem Maße abgenutzt.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt.

Mit der Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts (§ 9 Abs. 1 EStG). Ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit der inzwischen aufgegebenen Erzielung von Einkünften sei nur dann gegeben, wenn die Aufwendungen allein oder nahezu ausschließlich durch die bisherige Einkünfteerzielung veranlaßt seien. Im vorliegenden Fall könnten die Maßnahmen objektiv sowohl mit der bisherigen Vermietungstätigkeit als auch mit der zukünftigen Eigennutzung des Hauses in Zusammenhang stehen.

Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist zulässig und begründet. Die Revisionsbegründung genügt den Anforderungen des § 120 Abs. 1 und 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO); sie setzt sich in ausreichender Weise mit dem Urteil des FG auseinander.

Die Revision des FA führt zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO). Das FG hat die streitigen Reparaturkosten zu Unrecht als Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG) behandelt.

1. Die Aufwendungen der Kläger für Maler-, Schreiner- sowie Elektro- und Fliesenarbeiten sind keine nachträglichen Werbungskosten. Werbungskosten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung Aufwendungen, bei denen ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit der Vermietung oder Verpachtung besteht und die zur Förderung der Nutzungsüberlassung gemacht werden (Urteile vom 8. Dezember 1992 IX R 68/89, BFHE 170, 134, BStBl II 1993, 434, und vom 27. Juni 1995 IX R 48/93, BFHE 178, 155). Nachträgliche Werbungskosten sind Aufwendungen, die in wirtschaftlichem Zusammenhang mit einer früheren auf Einnahmeerzielung gerichteten Tätigkeit stehen (BFH-Urteil in BFHE 178, 155). In jedem Fall müssen die Aufwendungen (fast) ausschließlich mit der Einnahmeerzielung in Zusammenhang stehen. Sind sie daneben auch durch die private Lebensführung veranlaßt (§ 12 Nr. 1 EStG), können sie insgesamt nicht als Werbungskosten abgezogen werden; eine Aufteilung ist grundsätzlich nicht möglich (zum sog. Aufteilungsverbot BFH-Beschluß vom 19. Oktober 1970 GrS 2/70, BFHE 100, 309, BStBl II 1971, 17). Durch die private Lebensführung veranlaßt sind die Aufwendungen auch dann, wenn sie mit Rücksicht auf die eigene Nutzung der Wohnung nach dem 31. Dezember 1986 aufgewendet worden sind (BFH-Urteil vom 21. Juni 1994 IX R 62/91, BFH/NV 1995, 108). Es ist unerheblich, ob die Aufwendungen überwiegend durch die Nutzung der Mieter oder die zukünftige Nutzung der Kläger verursacht worden sind; eine nicht unerhebliche private Veranlassung schließt bereits den Werbungskostenabzug aus.

Die streitigen Aufwendungen mögen durch die Nutzung der Mieter verursacht sein und insoweit auch im Zusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 Abs. 1 EStG) stehen. Sie sind aber im Streitfall -- nicht nur unwesentlich -- auch durch die bevorstehende Eigennutzung veranlaßt. Sowohl die Malerarbeiten als auch die Schreinerarbeiten an Türen und Parkett und die kleineren sonstigen Reparaturen sind typische Arbeiten, wie sie beim Wechsel des Benutzers einer Wohnung nach fünf Jahren vorkommen. Daß sie in diesem Fall überhaupt nicht mit Rücksicht auf die bevorstehende Nutzung durchgeführt wurden, widerspricht jeder Lebenserfahrung (vgl. auch BFH-Urteile in BFH/NV 1995, 108, und vom 20. Dezember 1994 IX R 61/91, BFH/NV 1995, 958).

Der Senat läßt offen, ob Reparaturaufwendungen deshalb als Werbungskosten zu beurteilen sein können, weil sie an sich der Mieter zu tragen hätte. Dafür gibt es in den Feststellungen des FG keine Anhaltspunkte. Der Umstand allein, daß die Mieter die Wohnung in erhöhtem Maße abgenutzt haben, schließt nicht aus, daß die Reparaturen, insbesondere die Schönheitsreparaturen, auch mit Rücksicht auf die bevorstehende eigene Nutzung durchgeführt wurden.

Das FG beruft sich zu Unrecht auf das BFH- Urteil vom 7. August 1990 VIII R 223/85 (BFH/NV 1991, 294). Darin hatte der BFH sich nicht mit der Frage auseinanderzusetzen, wie Aufwendungen zu behandeln sind, die sowohl durch die frühere als auch durch die zukünftige Nutzung veranlaßt sind.

2. Die streitigen Aufwendungen sind schließlich auch keine Vorkosten i. S. des § 10e Abs. 6 EStG. Dafür ist u. a. Voraussetzung, daß die Aufwendungen unmittelbar mit der Herstellung des Gebäudes zusammenhängen. Das ist bei Erhaltungsaufwand grundsätzlich nicht der Fall. Ein unmittelbarer Zusammenhang wäre allenfalls dann zu bejahen, wenn die Aufwendungen in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Anschaffung stünden (vgl. BFH-Urteil vom 11. März 1992 X R 113/89, BFHE 167, 396, 400, BStBl II 1992, 886). Bei einem Abstand von fast fünf Jahren ist ein enger zeitlicher Zusammenhang jedoch zu verneinen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 421078

BFH/NV 1996, 533

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