Leitsatz (amtlich)

1. Ein finanzgerichtliches Verfahren wegen der Feststellung des Einheitswerts des Betriebsvermögens einer Personengesellschaft kann ggf. auch durch die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen eines notwendig beigeladenen Gesellschafters unterbrochen werden. Dies ist jedoch dann nicht der Fall, wenn die gerichtliche Entscheidung, so wie sie nach dem materiellen Recht zu treffen ist, keine unmittelbaren Auswirkungen auf das Konkursverfahren hat.

2. Ist an einer GmbH & Co. KG auch eine natürliche Person als persönlich haftende Gesellschafterin beteiligt, so gehört auch ein ihr zuzurechnender Anteil an der GmbH, die einen eigenen, nicht nur unbedeutenden Geschäftsbetrieb unterhält, nicht zum Betriebsvermögen der GmbH & Co. KG (Fortentwicklung von BFHE 143, 93, BStBl II 1985, 241; BFHE 147, 70, BStBl II 1986, 615).

 

Normenkette

FGO § 155; ZPO § 240; BewG 1965 § 95 Abs. 1, § 97 Abs. 1 S. 1 Nr. 5

 

Tatbestand

Die 1960 gegründete Klägerin zu 2 ist eine Kommanditgesellschaft (KG). Persönlich haftende Gesellschafter waren am 1.Januar 1970 der Beigeladene zu 1, Sohn der Klägerin zu 1 (Sohn) und die Beigeladene zu 2 (eine GmbH). Die Klägerin zu 1 (Mutter) war Kommanditistin. Zur Geschäftsführung und Vertretung war jeder persönlich haftende Gesellschafter allein berechtigt und verpflichtet.

Die beigeladene GmbH verfolgte im wesentlichen denselben Gesellschaftszweck wie die KG (allerdings in einem anderen Absatzgebiet). An der GmbH waren die Mutter, der Sohn und dessen Ehefrau beteiligt. Geschäftsführer der GmbH war bis zum 1.Oktober 1963 die Mutter, danach ihr Sohn.

Durch notariell beurkundeten Vertrag vom 23.Mai 1966 hatte die Mutter von ihrem GmbH-Anteil einen Teilanteil unentgeltlich auf ihren Sohn übertragen, und zwar unter dem Vorbehalt des lebenslänglichen Nießbrauchs und des Stimmrechtes.

Mit Vertrag vom 9.Januar 1970 ist die Mutter mit Rückwirkung ab 1.Januar 1970 aus der KG ausgeschieden.

Im Rahmen der Feststellung des Einheitswertes des Betriebsvermögens der KG auf den 1.Januar 1970 ging das beklagte Finanzamt (FA) davon aus, daß die den Gesellschaftern der KG zustehenden GmbH-Anteile zum Sonderbetriebsvermögen der KG gehörten. Bei der Aufteilung des Einheitswertes des Betriebsvermögens rechnete das FA der Mutter auch den ihrem Sohn 1965 unentgeltlich übertragenen Teilanteil zu.

Nach erfolglosem Einspruch haben die Kläger Klage erhoben. Die KG hat u.a. geltend gemacht, daß die Zurechnung der ihren Gesellschaftern gehörenden GmbH-Anteile zu ihrem Sonderbetriebsvermögen nicht rechtens sei. Die Mutter hat geltend gemacht, daß die ihr zuzurechnenden GmbH-Anteile nicht zum Sonderbetriebsvermögen gehören. Im übrigen hat sie sich dagegen gewandt, daß ihr der ihrem Sohn unentgeltlich überlassene GmbH-Anteil noch zugerechnet worden sei.

In der mündlichen Verhandlung haben die Kläger beantragt, die Zurechnung der GmbH-Anteile zum Sonderbetriebsvermögen der KG zu unterlassen.

Das Finanzgericht (FG) hat die Klagen abgewiesen.

Die Kläger haben Revision eingelegt und ihre Klaganträge weiterverfolgt. Die KG hat beantragt, die ihren Gesellschaftern gehörenden GmbH-Anteile nicht zu ihrem Sonderbetriebsvermögen zu rechnen. Die Mutter hat einen entsprechenden Antrag im Hinblick auf die ihr zuzurechnenden GmbH-Anteile gestellt.

Während des Revisionsverfahrens ist über das Vermögen des Sohnes das Konkursverfahren eröffnet worden.

 

Entscheidungsgründe

Die Revisionen sind zulässig und begründet. Die den Gesellschaftern der KG gehörenden GmbH-Anteile sind nicht Teil des Betriebsvermögens der KG.

1. Der Senat ist an der Entscheidung über die Revisionen nicht dadurch gehindert, daß über das Vermögen des (notwendig) beigeladenen Sohnes das Konkursverfahren eröffnet worden ist. Zwar kann auch die Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen eines notwendig Beigeladenen die Unterbrechung des Revisionsverfahrens gemäß § 155 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 240 der Zivilprozeßordnung (ZPO) zur Folge haben, wenn das Revisionsverfahren die Konkursmasse betrifft. Die letztere Voraussetzung ist jedoch im vorliegenden Verfahren deshalb nicht erfüllt, weil die Entscheidung des Senats so wie sie nach dem materiellen Recht zu treffen ist, keine unmittelbaren Auswirkungen auf das Konkursverfahren hat. Denn die Höhe der von dem Sohn zu zahlenden Vermögensteuer wird durch die Herausnahme der GmbH-Anteile aus dem Betriebsvermögen der KG nicht beeinflußt. Auswirkungen auf das Konkursverfahren können sich ggf. erst durch die in einem späteren Verfahren zu treffende Entscheidung über die Zurechnung der zum sonstigen Vermögen gehörenden GmbH-Anteile ergeben.

2. Im Anschluß an die Rechtsprechung des III. Senats ist davon auszugehen, daß zu dem gewerblichen Betrieb einer Personengesellschaft auch die Gegenstände gehören, die im Eigentum eines oder aller an der Gesellschaft beteiligten Gesellschafter stehen und dem Betrieb dieser Gesellschaft dienen (vgl. die Urteile vom 7.Mai 1986 II R 137/79, BFHE 147, 70, BStBl II 1986, 615, und vom 29.Oktober 1986 II R 226/82, BFHE 148, 72, BStBl II 1987, 99). Hiernach können im Einzelfall Anteile an einer GmbH, die persönlich haftende Gesellschafterin einer Personengesellschaft ist, zum Sonderbetriebsvermögen dieser Personengesellschaft gehören, wenn sie ihren Gesellschaftern zustehen.

Etwas anderes gilt aber, wenn die GmbH, die persönlich haftende Gesellschafterin einer Personengesellschaft ist, einen nicht ganz untergeordneten eigenen Geschäftsbetrieb neben ihrer Beteiligung an der Personengesellschaft unterhält (vgl. die Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 7.Dezember 1984 III R 91/81, BFHE 143, 93, 97, BStBl II 1985, 241; sowie in BFHE 147, 70, 78, BStBl II 1986, 615). Die genannten Urteile betreffen zwar nur GmbH-Anteile in Händen von Kommanditisten. Für die GmbH-Anteile, die einer natürlichen Person gehören, die neben der GmbH persönlich haftende Gesellschafterin der Personengesellschaft ist, kann aber nichts anderes gelten. Denn auch insoweit läßt sich bei eigenem nicht unbedeutenden Geschäftsbetrieb der GmbH nicht feststellen, daß die GmbH-Anteile überwiegend dem Gewerbe der KG als Hauptzweck dienen.

Da die GmbH nach den Feststellungen des FG im wesentlichen denselben Geschäftszweck wie die KG in einem anderen Absatzgebiet verfolgt und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, daß diese Tätigkeit nur von untergeordneter Bedeutung ist, sind die GmbH-Anteile der Gesellschafter der KG kein Sonderbetriebsvermögen. Der Einheitswert des Betriebsvermögens ist demgemäß unter Außerachtlassung der GmbH-Anteile auf ... DM herabzusetzen.

Da die GmbH-Anteile kein Sonderbetriebsvermögen sind, kann der Senat über die darüber hinaus strittige Frage nicht entscheiden, ob der verschenkte GmbH-Anteil der Mutter oder dem Sohn zuzurechnen ist.

 

Fundstellen

Haufe-Index 61857

BStBl II 1988, 23

BFHE 151, 15

BFHE 1988, 15

DB 1988, 1582-1582 (S)

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