Leitsatz (amtlich)

Erhalten Eltern, die Gesellschafter einer OHG sind, von ihrer Tochter Vergütungen für die Verwaltung eines ihr gehörenden Gewerbebetriebs, so gehören die Vergütungen nicht notwendig zum Gewinn der OHG. Es kann sich um Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit (§ 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG) handeln.

 

Normenkette

EStG § 18 Abs. 1 Nr. 3, § 15 Nr. 2

 

Tatbestand

Streitig ist für die Veranlagungszeiträume 1958 und 1959 die Behandlung von Vergütungen, die Eltern für die Verwaltung eines ihrer Tochter gehörenden Einzelhandelsgeschäfts bezogen haben.

Die Steuerpflichtigen sind als Eheleute zu je 50 v. H. an einer OHG beteiligt. Die OHG betreibt die Pralinenund Schokoladenherstellung und deren Vertrieb im Großund Einzelhandel. Der Betrieb befindet sich in X, Haus Nr. 11. Die 1937 geborene Tochter der Steuerpflichtigen hat das Reformhaus B geerbt, das sich gleichfalls im Haus Nr. 11 befindet, Bis zur Volljährigkeit ihrer Tochter, dem 30. Juni 1958, führten die Steuerpflichtigen das Reformhaus als gesetzliche Vertreter ihrer Tochter. Dann vereinbarten sie mit der Tochter, daß das Geschäft an die Tochter übergeben werde, diese aber die Steuerpflichtigen bevollmächtigte, die Firma B vertretungsweise für sie weiter zu führen. Als Entgelt für die Geschäftsführung durften die Steuerpflichtigen bis zu je 6 000 DM jährlich aus der Firma B entnehmen.

Bei einer im Jahre 1961 durchgeführten Betriebsprüfung vertrat der Prüfer den Standpunkt, die von den Steuerpflichtigen für die Verwaltung der Firma B bezogenen Vergütungen seien seit der Volljährigkeit der Tochter den Einkünften aus der OHG zuzurechnen, da diese Verwaltungstätigkeit in engem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der OHG stehe. Das FA folgte dem Prüfer. Der Einspruch blieb erfolglos.

Die Berufung hatte Erfolg. Das FG vernahm die steuerpflichtige Ehefrau. Auf den Inhalt des Vernehmungsprotokolls wird Bezug genommen. Das FG führte aus, in tatsächlicher Hinsicht habe sich nach seinen Feststellungen nach der Volljährigkeit der Tochter an der Führung und Verwaltung der Firma B durch die Steuerpflichtigen nichts geändert. Nach dem Vertrag habe die Tochter ihre Eltern und nicht die OHG mit der Verwaltung der Firma B beauftragt. Aus dem gesamten Sachverhalt ergebe sich nach der Überzeugung der Vorinstanz nicht, daß die Steuerpflichtigen nicht als Eltern ihrer Tochter, sondern als Inhaber der OHG die Firma B verwaltet hätten. Es hätten wohl geschäftliche Beziehungen zwischen beiden Firmen bestanden. Diese Beziehungen seien auch enger als sonst üblicherweise zwischen zwei fremden Firmen. Die Firmen lägen räumlich nebeneinander, hätten zum Teil gemeinsames Personal (Büro- und Reinigungskräfte). Sonst seien beide Firmen aber völlig getrennte Firmen mit verschiedenen Eigentümern. Beide Betriebe hätten eigene getrennte Buchführungen, hätten eigene Bilanzen erstellt und seien nach der Buchführung bemüht gewesen, die gemeinsam entstandenen Kosten kostenmäßig aufzuteilen und auch insoweit eine scharfe Trennung herbeizuführen. Hieraus folge, daß jede Firma bzw. deren Inhaber die Verfügungsrechte über den Betrieb nach Belieben auf dritte Personen hätten übertragen dürfen. Die Tochter habe diese Rechte zur Verwaltung des Betriebs auf ihre Eltern, nicht aber auf die OHG übertragen; tatsächlich hätten auch die Eltern, nicht aber die OHG die Firma B verwaltet. Nur ihnen stehe daher die Verwaltungsgebühr zu, nicht aber der OHG. Wollte man der Ansicht des FA folgen, daß die OHG die Firma B verwaltet habe und daher ihr auch die Vergütungen zuständen, so würde das auch dann der Fall sein, wenn ohne Änderung des Vertrages vom 30. Juni 1958 die Inhaber der OHG gewechselt hätten. Das hätten die Vertragsparteien sicher nicht gewollt.

Mit der nach Inkrafttreten der FGO als Revision zu behandelnden Rb. beantragt das FA, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Klage abzuweisen. Die Einkünfte aus der Verwaltung der Firma B könnten entgegen der Ansicht der Steuerpflichtigen nicht als Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG behandelt werden. Es liege eine sehr enge räumliche, wirtschaftliche, organisatorische und personelle Verknüpfung beider Firmen vor. Die Steuerpflichtigen hätten die Verwaltung der Firma B tatsächlich nur ausüben können, weil sie gleichzeitig Inhaber der OHG gewesen seien und daher die Räumlichkeiten und ihre gewerblichen Erfahrungen hätten zur Verfügung stellen können. Es bestehe ein enger wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den beiden Tätigkeiten, der zur Folge habe, daß die Einkünfte aus der Verwaltungstätigkeit den gewerblichen Einkünften der Steuerpflichtigen aus der OHG zuzurechnen seien. Wenn die Vorinstanz die Ansicht des FA deshalb für unzutreffend halte, weil z. B. die Inhaber der OHG wechseln könnten, ohne daß der Vertrag der Tochter mit den Eltern geändert würde, so gehe es von einem nicht vorliegenden besonderen Umstand aus, mit dessen Eintritt nicht einmal zu rechnen sein dürfte. Da die Einkünfte für die Führung der Firma B den Eltern gemeinsam zugeflossen seien - die Eltern betrieben auch gemeinsam die OHG -, seien diese Einkünfte gemäß § 215 AO auch einheitlich festzustellen. Diese einheitliche Feststellung, die nach dem Gesetz zwingend vorgeschrieben sei, sei vom FG nicht vorgenommen worden.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Steuerpflichtigen beantragen Zurückweisung der Revision.

Die Revision ist nicht begründet.

Die Einkünfte aus der Verwaltung eines einem Dritten gehörenden gewerblichen Betriebs können, wenn, wie im Streitfall, die Annahme von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit ausscheidet, Einkünfte aus sonstiger selbständiger Arbeit (§ 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG) oder Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) sein. Welcher Einkunftsart sie zuzurechnen sind, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, deren Würdigung dem FG als Tatsacheninstanz obliegt. Die Vorinstanz hat ohne Rechtsirrtum die Annahme gewerblicher Einkünfte verneint. Entgegen der Ansicht des FA ist der wirtschaftliche Zusammenhang zwischen den beiden Tätigkeiten der Steuerpflichtigen, der Führung der OHG und der Verwaltung der Firma B, nicht so eng, daß die letztere Tätigkeit zwingend als eine solche gewerblicher Art im Rahmen der OHG angesehen werden müßte. Daß beide Firmen sich im gleichen Gebäude befanden und teilweise gemeinsames Personal hatten, zwingt nicht zu dieser Annahme. Wesentlich ist, daß - entgegen der Ansicht des FA - jede der Firmen wirtschaftlich selbständig war. Es kann der Ansicht des FA nicht beigepflichtet werden, die Steuerpflichtigen hätten die Verwaltung der Firma B tatsächlich nur ausüben können, weil sie gleichzeitig Inhaber der OHG gewesen seien und daher die Räumlichkeiten und ihre gewerblichen Erfahrungen hätten zur Verfügung stellen können. Die OHG stellte Pralinen und Schokolade her und vertrieb sie; die Firma B war ein Reformhaus. Die beiden Gewerbezweige hatten zwar eine gewisse Berührung insofern, als die OHG ihre Erzeugnisse an Reformhäuser absetzte. Dieser Zusammenhang ist aber nur ein sehr loser. Es kann keine Rede davon sein, daß die Steuerpflichtigen das Reformhaus B nur deshalb hätten verwalten können, weil sie als Inhaber der OHG Schokolade und Pralinen herstellten und vertrieben.

Eine Einbeziehung in die gemeinsam festzustellenden Einkünfte aus der OHG scheidet hiernach aus. Ob und inwieweit aus anderen Gründen eine gemeinsame Feststellung gemäß § 215 AO in Betracht kommt, braucht in diesem Verfahren nicht entschieden zu werden.

 

Fundstellen

Haufe-Index 67990

BStBl II 1968, 410

BFHE 1968, 539

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