Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer Gewerbesteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Arbeitsverhältnis zwischen Ehegatten kann steuerlich in der Regel nur anerkannt werden, wenn die vereinbarte Arbeitsvergütung jeweils zum üblichen Zahlungszeitpunkt tatsächlich gezahlt wird.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 4; GewStG § 7

 

Tatbestand

Die Steuerpflichtige (Stpfl.) ist Inhaberin eines Einzelhandelsgeschäftes mit vorwiegend kunstgewerblichen Gegenständen. Ihr Ehemann war in den Streitjahren 1958 und 1959 in ihrem Betrieb als Geschäftsführer tätig. Im September 1957 trafen die Eheleute eine schriftliche Vereinbarung, auf Grund deren der Ehemann eine monatliche Vergütung von 1.000 DM erhalten sollte.

In den Verlust- und Gewinnrechnungen für 1958 und 1959 berücksichtigte die Stpfl. gewinnmindernd Vergütungen an ihren Ehemann in Höhe von je 12.000 DM, obwohl weder durchweg monatlich laufend 1.000 DM noch insgesamt je 12.000 DM an ihn gezahlt wurden. Tatsächlich wurden nur gezahlt: 5.760 DM für 1958 und 9.830 DM für 1959. Für den verbleibenden Restbetrag wurde von der Stpfl. in ihren Bilanzen weder eine Darlehnsschuld noch eine sonstige Schuld ausgewiesen. Die Auszahlungen erfolgten in der aus der nachstehenden Aufstellung ersichtlichen Weise monatlich in sehr unterschiedlichen Beträgen, die in der Mehrzahl der Fälle den Betrag von 1.000 DM bei weitem nicht erreichten, in einigen Monaten ihn allerdings auch - zum Teil nicht unerheblich - überschritten:

-------------------------- 1958 -------- 1959 ---------------------------------- DM ------- DM Januar ------------------ 258,00 ------ 520,00 Februar ----------------- 163,70 ------ 212,40 März -------------------- 934,40 ------ 100,00 April --------------------- -,- ----- 1.170,00 Mai --------------------- 797,70 ---- 1.212,40 Juni -------------------- 261,00 -------- -,- Juli -------------------- 318,34 ------ 804,00 August ------------------ 112,40 ------ 200,00 September --------------- 150,00 ---- 2.200,00 Oktober --------------- 1.264,00 ------ 238,00 November ---------------- 262,40 ------ 234,30 Dezember ------------- 1.239,00 ---- 2.939,30 ----------------------- 5.760,94 ---- 9.830,40Das Finanzamt lehnte die Anerkennung eines zwischen den Eheleuten bestehenden Arbeitsverhältnisses ab und erhöhte den Gewinn der Jahre 1958 und 1959 um je 12.000 DM.

Das Finanzgericht berücksichtigte nach erfolglosem Einspruch der Stpfl. die Beträge von 5.760 DM und 9.830 DM gewinnmindernd und setzte die Gewerbesteuern 1958 und 1959 entsprechend geringer fest.

 

Entscheidungsgründe

Auf die Rb. des Vorstehers des Finanzamts ist die Vorentscheidung aufzuheben und die Berufung der Stpfl. als unbegründet zurückzuweisen.

Das Finanzgericht entschied in bewußtem Gegensatz zu der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats, die dahin geht, Arbeitsverhältnisse zwischen Eheleuten steuerlich nur dann anzuerkennen, wenn sie den getroffenen Vereinbarungen entsprechend auch tatsächlich vollzogen werden, insbesondere wenn die vereinbarte Monatsvergütung auch tatsächlich laufend monatlich geleistet wird (Urteile des Bundesfinanzhofs IV 200/61 vom 15. März 1962, IV 149/61 vom 29. März 1962, IV 219/61 vom 29. März 1962 und IV 401/61 vom 30. März 1962, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1963 S. 9, 10, 53 und 286; ferner: IV 146/61 U vom 24. Mai 1962, BStBl 1962 III S. 383, Slg. Bd. 75 S. 319).

Das Finanzgericht verkennt die Beweggründe, die den Senat zu seiner - zugegeben - strengen Rechtsprechung in der Frage der Ehegatten-Arbeitsverhältnisse veranlaßten. Bei Eheleuten besteht die Gefahr der Vermischung vertraglicher Vereinbarungen mit den sich aus der Ehe als Wirtschaftsgemeinschaft ergebenden Erwägungen in einer Weise, daß eine völlig eindeutige und klare Trennung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse gefordert werden muß. Selbst bei äußerem Anschein ernsthaft getroffener und vollzogener Vereinbarung ist nicht ohne weiteres auszuschließen, daß die im Hintergrund stehende tatsächliche Gestaltung in ihrer Handhabung und in ihrer Auswirkung dennoch lediglich von Erwägungen bestimmt wird, die nur durch die eheliche Lebensgemeinschaft veranlaßt sind. Es muß deshalb gefordert werden, daß nach außen hin objektive Merkmale in Erscheinung treten, die die steuerliche Anerkennung eines zwischen Eheleuten bestehenden Arbeitsverhältnisses rechtfertigen oder jedenfalls ermöglichen, weil anderenfalls dem Mißbrauch zur Erlangung ungerechtfertigter Steuervorteile Tor und Tür geöffnet wäre. Diese objektiven Merkmale können sich aber, wie der Senat in den angeführten Entscheidungen wiederholt dargelegt hat, nur nach dem bestimmen, was zwischen Vertragspartnern üblich ist, die nicht Eheleute sind.

Das Finanzamt bejaht die Möglichkeit der - zeitweiligen - darlehnsweisen überlassung der monatlichen Vergütungen des mitarbeitenden Ehegatten an den anderen Ehegatten als Betriebsinhaber. Dazu ist zu sagen, daß sich in aller Regel - und nur auf den Regelfall kann es im gegebenen Zusammenhang entscheidend ankommen - ein fremder Arbeitnehmer auf eine solche Gestaltung nicht einlassen würde. Dieser besteht auf Auszahlung des vereinbarten Arbeitslohns zu den üblichen Lohnzahlungszeitpunkten. Auch der Umweg tatsächlicher Zahlung und jeweils sofortige Darlehnsgewährung in Höhe der erfolgten Zahlung wäre bei Ehegatten - was das Finanzgericht ebenfalls verkennt - nur eine die Rechtswirklichkeit in unzulässiger Weise verdeckende Konstruktion.

Der Ehemann der Stpfl. erhielt die von der Vereinbarung abweichenden Monatsbezüge in der verbleibenden Höhe nicht jeweils laufend monatlich, sondern zeitlich in sehr unterschiedlichen Teilbeträgen. Zudem wurden auch die unterschiedlich ausgezahlten Monatsbeträge ihrerseits wieder in einzelnen, offenbar auf die Einzelbedürfnisse des Ehemannes abgestellten Teilbeträgen ausgezahlt. Das Finanzgericht räumt selbst ein, daß sich diese Handhabung nur aus den "durch die Ehe bestehenden gemeinsamen Interessen" erklärt. Sie käme bei einem Dritten als Arbeitnehmer nicht in Betracht. Der Senat sah in seiner Entscheidung IV 401/61 lediglich "als unschädlich und vertretbar an, wenn sich die Gehaltszahlung einmal kurzfristig verschoben hat und einwandfrei dargetan wird, daß hierfür betriebliche Gründe maßgebend waren (z. B. erhebliche Liquiditätsanspannung), die auch einen fremden Arbeitnehmer veranlaßt hätten, sich mit einer vorübergehenden, zeitlich abgegrenzten Kreditierung (Stundung) des Gehaltsanspruchs einverstanden zu erklären". Diese Voraussetzung ist hier schon deshalb nicht gegeben, weil es sich nicht um einen einmaligen Vorgang, sondern um eine fortlaufende Erscheinung handelte.

Bei dieser Sachlage kann von einem dem Arbeitsvertrag entsprechenden tatsächlichen Vollzug nicht die Rede sein.

 

Fundstellen

Haufe-Index 411054

BStBl III 1964, 131

BFHE 1964, 335

BFHE 78, 335

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