Leitsatz (amtlich)

Wird ein Grundstück in der Weise auf eine Personengesellschaft übertragen, daß der Veräußerer in die Gesellschaft eintritt, das Grundstück einbringt und sofort wieder aus der Gesellschaft gegen Abfindung ausscheidet, so kann dies ein Mißbrauch von bürgerlich rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten sein. Die Steuervergünstigung nach § 5 GrEStG kann dann nicht gewährt werden.

 

Normenkette

StAnpG § 6; Bayer. GrEStG 1969 § 5; GrEStG 1940 § 5

 

Tatbestand

Die Kläger sind Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Der Gesellschaftsvertrag wurde am 21. Januar 1970 geschlossen. Die Gesellschaft hatte zu diesem Zeitpunkt drei Gesellschafter (S. und die Kläger). Gesellschaftszweck ist der Erwerb und die Vermietung des bebauten Grundstücks ... Dieses Grundstück gehörte zunächst Herrn S sowie den Klägern - letzteren in beendeter, aber noch nicht auseinandergesetzter Gütergemeinschaft - zu je 1/2 Anteil. Die Miteigentümer brachten durch notariell beurkundeten Vertrag vom 29. Januar 1970 ihre Grundstücksanteile in die oben genannte Gesellschaft ein, an der sie im gleichen Verhältnis wie an dem Grundstück beteiligt waren. Am gleichen Tage schied Herr S aus der Gesellschaft aus und erhielt dafür von den verbleibenden zwei Gesellschaftern (den Klägern) eine Abfindung.

Das FA (Beklagter) behandelte die vorgenannten Vorgänge gemäß § 5 sowie § 6 StAnpG so, als ob Herr S nicht Gesellschafter geworden wäre, sondern seinen Miteigentumsanteil an dem Grundstück gegen Zahlung der Abfindung an die Gesellschaft veräußert hätte. Es setzte nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Bayerischen Grunderwerbsteuergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Juli 1969 - GrEStG - (GVBl 1969, 170) Grunderwerbsteuer fest. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision der Kläger ist nicht begründet.

a) Das angefochtene Urteil steht im Einklang mit Bundes- und Landesrecht (§ 118 Abs. 1 FGO). Die Einbringung des Grundstücksanteiles durch Herrn S nach Gründung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts und sein anschließender Austritt aus der Gesellschaft müssen so besteuert werden, als habe Herr S seinen Miteigentumsanteil an die aus den Klägern bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts verkauft (§ 6 StAnpG und § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG).

Nach § 6 Abs. 1 StAnpG kann durch Mißbrauch bürgerlich-rechtlicher Formen und Gestaltungsmöglichkeiten die Steuerpflicht nicht umgangen oder gemindert werden. Die vertragliche Gestaltung, welche die Kläger und ihr Vertragspartner im vorliegenden Fall gewählt haben, ist ein solcher Mißbrauch. Der Übergang eines Grundstückes von Miteigentümern auf eine Gesamthand ist nach § 5 Abs. 1 GrEStG steuerfrei, soweit die Beteiligung an dem Grundstück mit derjenigen an der Gesellschaft übereinstimmt. Scheidet ein Gesellschafter einer Gesamthand aus dieser aus, so unterliegt dieser Vorgang nicht der Grunderwerbsteuer, sofern die Gesellschaft fortbesteht. Diese steuerlichen Vergünstigungen haben ihren Grund darin, daß der Zusammenschluß mehrerer Personen zu einer Personengesellschaft und der spätere Wechsel dieser Gesellschafter nicht durch steuerliche Hindernisse erschwert werden sollen. Demnach sind diese Steuervorteile nur insoweit gerechtfertigt, als sie diesen förderungswürdigen Vorgängen zugute kommen. Sie verlieren ihren Sinn, wenn - wie im vorliegenden Fall - ein Grundstücksmiteigentümer nur vorübergehend und lediglich zu dem Zweck in eine Gesellschaft eintritt, um den übrigen Gesellschaftern als Gesamthändern das Miteigentum an dem Grundstück zu verschaffen. Dann wird die Institution der Gesellschaft für Zwecke mißbraucht, für welche sie vom Gesetz nicht vorgesehen ist. Der Eintritt des Herrn S in die Gesellschaft, das Einbringen seines Miteigentumsanteiles und sein anschließender Austritt gegen Abfindung sind gesellschaftsrechtliche Vorgänge; sie sind - was die steuerrechtliche Behandlung anbetrifft - grundsätzlich keine Alternative für einen Kaufvertrag über die Grundstückshälfte zwischen Herrn S als Nichtgesellschafter und den Klägern. Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn die Beteiligten beachtliche außersteuerrechtliche Gründe gehabt hätten, die sie zu dieser Gestaltung veranlaßten. Solche Gründe liegen hier jedoch nicht vor. Die Kläger und Herr S haben vielmehr mit diesem Umweg über die Gesellschaft eine rechtliche Gestaltung gewählt, die nicht ihren wirtschaftlichen Absichten entsprach. Diese ging lediglich dahin, daß die Kläger die Grundstückshälfte des Herrn S übernehmen wollten. Letzterer hatte kein Interesse an einem Eintritt in die Gesellschaft. Das hat das FG für das Revisionsgericht bindend festgestellt (§ 118 Abs. 2 FGO).

b) Die Kläger meinen demgegenüber, daß sie hier mit steuerlich erlaubten Mitteln ein gesetzlich zulässiges Ziel erreicht haben. Die Steuerbefreiungen nach § 5 GrEStG seien im Gegensatz zu denen nach § 6 GrEStG nicht mit der Bedingung verbunden, daß die Anteile an der Gesellschaft eine bestimmte Zeit lang in der gleichen Hand blieben. Schließlich würden auch in anderen Fällen Gesellschaften gegründet, um die Übertragung von Grundstücksanteilen durch diejenige von Gesellschaftsanteilen ersetzen zu können. Das bedeutendste Beispiel hierfür seien die Investment-Zertifikate. Abgesehen davon sei es grundsätzlich erlaubt, den steuerlich günstigsten Weg zu wählen.

Diese Einwände der Kläger sind für den vorliegenden Fall nicht berechtigt.

Der Umstand, daß § 5 GrEStG im Gegensatz zu § 6 dieses Gesetzes keine Sperrfristen vorsieht, ist unbeachtlich. Diese Fristen in § 6 GrEStG betreffen nur die Person des Erwerbers. Er muß für eine Mindestzeit Gesellschafter gewesen sein, um das Grundstück als Allein- oder Bruchteilseigentümer steuerfrei übernehmen zu können. Damit wird nur für einige Fälle der Rechtsgedanke des § 6 StAnpG verschärft, indem hier nicht einmal ein Mißbrauch vorzuliegen braucht. Das schließt also nicht aus, daß auch andere Vorgänge von der Rechtsordnung mißbilligt und durch § 6 StAnpG erfaßt werden. Diese Vorschrift hat ihren Grund gerade darin, daß die Fälle des Mißbrauchs zu differenziert sind, als daß sie sich durch kasuistische Vorschriften in den einzelnen Steuergesetzen regeln lassen.

Auch der Hinweis der Kläger auf die Grundstücks-Investment-Gesellschaften hat keine Bedeutung. In Betracht kommen hier nur die als Personengesellschaften (meist KG) eingerichteten Grundstücksfonds und nicht die rechtlich anders gestalteten Kapitalgesellschaften mit Sondervermögen nach dem Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften vom 16. April 1957 (BGBl I 1957, 378), zu deren Sondervermögen ebenfalls Grundstücke gehören können (§ 1 Abs. 1 und §§ 23 ff. in der Fassung des Art. 1 des Änderungsgesetzes vom 28. Juli 1969, BGBl I 1969, 986). Auch bei solchen Investment-(Personen-)Gesellschaften ist die Anwendung des § 6 StAnpG nicht ausgeschlossen.

Auch die Vertragsfreiheit wird durch diese Entscheidung nicht berührt. Grundsätzlich können die Beteiligten eines wirtschaftlichen Vorganges ihre rechtlichen Beziehungen so gestalten, daß sie möglichst wenig Steuern zahlen. Das hat der Senat schon mehrfach betont (vgl. das Urteil II 141/64 vom 6. Mai 1969, BFH 96, 326, BStBl II 1969, 630). Bieten sich zur Erreichung eines bestimmten wirtschaftlichen Zieles unabhängig von der steuerrechtlichen Beurteilung mehrere Lösungen an, so können die Beteiligten demnach von diesen Möglichkeiten die steuerlich günstigste wählen. Anders ist es dagegen, wenn sie einen Weg gehen, der außerhalb des vorgenannten Rahmens liegt und - wenn man die Steuer außer acht läßt - daher nicht in Betracht gekommen wäre. Das ist hier der Fall. Wer als Außenstehender an eine Personengesellschaft ein Grundstück verkaufen will, hat keinen Anlaß, lediglich zu diesem Zweck in die Gesellschaft einzutreten und sich mit den Pflichten eines Gesellschafters zu belasten. Die Kläger haben keinen Grund nennen können, der es notwendig gemacht hätte, daß Herr S für kurze Zeit Mitglied der Personengesellschaft wurde. Daß sie nach ihrem Vortrag statt eines Miteigentumsanteils am Grundstück nur einen Gesellschaftsanteil übernehmen wollten, ist keine Rechtfertigung.

c) Nach § 6 Abs. 2 StAnpG muß die Steuer so festgesetzt werden, wie sie bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu erheben wäre. Den wirtschaftlichen Vorgängen angemessen wäre ein Kaufvertrag zwischen den Klägern und Herrn S über die Grundstückshälfte gewesen, denn nach dem Willen der Beteiligten sollte das Miteigentum gegen Bezahlung von Herrn S auf die Kläger als Gesellschafter der BGB-Gesellschaft übergehen. Demnach war die Steuer nach § 6 Abs. 2 StAnpG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG festzusetzen. Ihre Höhe richtet sich nach der gezahlten Abfindung (§ 6 Abs. 2 StAnpG und § 11 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG).

 

Fundstellen

Haufe-Index 70225

BStBl II 1973, 33

BFHE 1973, 240

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