Entscheidungsstichwort (Thema)

Verkauf einer Fahrschulniederlassung als steuerbegünstigte Teilbetriebsveräußerung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ob ein Betriebsteil die für die Annahme eines Teilbetriebs erforderliche Selbständigkeit besitzt, ist nach dem Gesamtbild der Verhältnisse ―beim Veräußerer― zu entscheiden.

2. Wird ein Betriebsteil einer Fahrschule veräußert, so kann dessen Eigenständigkeit nicht allein aus dem Grund verneint werden, dass dem Betriebsteil im Zeitpunkt der Veräußerung nicht mindestens ein Schulungsfahrzeug (hier PKW oder Motorrad) zugeordnet ist.

 

Normenkette

EStG § 18 Abs. 3, §§ 16, 34

 

Verfahrensgang

FG Münster (Entscheidung vom 21.03.2001; Aktenzeichen 10 K 2199/00 E; EFG 2002, 983)

 

Tatbestand

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der im Jahre 1939 geborene Kläger betrieb in B und in einer Niederlassung in E eine Fahrschule. In den vom Kläger gemieteten Räumlichkeiten der Niederlassung in E bestanden Anmelde- und Unterrichtsmöglichkeiten für die aus E stammenden Fahrschüler. Die Fahrstunden wurden überwiegend in A durchgeführt, wobei der Kläger selbst oder ein angestellter Fahrlehrer auch die Fahrschüler aus E dorthin abholten. Die im Betriebsvermögen des Klägers vorhandenen Fahrzeuge (drei PKW Golf, ein Mofa und zwei Motorräder) waren nicht direkt einer Niederlassung zugeordnet.

Der Kläger veräußerte nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) die Niederlassung in E mit Vertrag vom 28. November 1996 mit Wirkung zum 1. Januar 1997 an einen bisher bei ihm beschäftigten Fahrlehrer. Der Kaufpreis in Höhe von 20 000 DM setzte sich aus 4 000 DM für Mobiliar, 13 000 DM für Unterrichtsausstattung und 3 000 DM Abstandszahlung für vorhandene Fahrschüler zusammen. Schulungsfahrzeuge wurden nicht mitveräußert. Außerdem trat der Erwerber in den Mietvertrag über die Räumlichkeiten der Niederlassung ein.

In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr (1997) beantragten die Kläger für den Veräußerungsgewinn in Höhe von 19 998 DM einen Freibetrag in gleicher Höhe nach § 18 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 16 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG), da nach ihrer Ansicht die Niederlassung in E einen eigenständigen Teilbetrieb darstellte. Eine steuerbegünstigte Teilbetriebsveräußerung liege vor, da der Kläger sämtliche wesentlichen Betriebsgrundlagen auf den Erwerber übertragen habe. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) lehnte dagegen die Anerkennung des Freibetrags ab und rechnete den Veräußerungsgewinn zu den laufenden Einkünften des Klägers.

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

Das FG vertrat in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2002, 983 veröffentlichten Urteil die Auffassung, die Veräußerung einer Zweigniederlassung eines Fahrschulbetriebs, der kein eigenes Schulungsfahrzeug zugeordnet sei, sei nicht steuerbegünstigt; in einem solchen Fall werde kein selbständiger, aus sich heraus lebensfähiger Teilbetrieb veräußert.

Mit der Revision machen die Kläger die Verletzung von Bundesrecht geltend und begründen dies wie folgt: Es müsse eine steuerbegünstigte Teilbetriebsveräußerung angenommen werden, da alle wesentlichen Betriebsgrundlagen der Niederlassung in E veräußert worden seien. Ein Wirtschaftsgut sei nicht schon deshalb eine wesentliche Betriebsgrundlage, weil es zum Führen eines Betriebs erforderlich sei. Vielmehr müsse auf den Umfang der enthaltenen stillen Reserven bzw. auf die Wiederbeschaffbarkeit des Wirtschaftsguts abgestellt werden. Danach stelle ein Schulungsfahrzeug keine wesentliche Betriebsgrundlage dar. Zwar sei ein solches Fahrzeug zum Betrieb einer Fahrschule erforderlich. Jedoch enthalte es keine stillen Reserven in erheblichem Umfang. Zudem würden Schulungsfahrzeuge heutzutage geleast werden. Wie schon im finanzgerichtlichen Verfahren vorgetragen worden sei, verursache eine Umrüstung als Schulungsfahrzeug Kosten zwischen 500 DM und 800 DM, so dass ein Fahrzeug, das sich im Eigentum des Fahrschulinhabers befinde, so gut wie nicht mehr von Bedeutung sei.

Die Kläger beantragen danach sinngemäß, unter Aufhebung der Vorentscheidung den Einkommensteuerbescheid 1997 vom 12. Juli 1999 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10. März 2000 dahin gehend zu ändern, dass die Einkommensteuer 1997 um 6 244 DM niedriger auf 14 556 DM festgesetzt wird.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Kläger ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).

Anhand der vom FG getroffenen Feststellungen lässt sich nicht abschließend beurteilen, ob der Kläger mit der Veräußerung der Niederlassung in E steuerbegünstigt einen Teilbetrieb veräußerte.

1. Nach § 18 Abs. 3 Satz 1 EStG gehört zu den Einkünften aus selbständiger Arbeit auch der Gewinn, der bei der Veräußerung des Vermögens (Praxis) oder eines selbständigen Teils des Vermögens (Teilpraxis) erzielt wird, das der selbständigen Arbeit dient. In diesem Falle gilt u.a. § 16 Abs. 2 bis 4 EStG in der für das Streitjahr (1997) maßgeblichen Fassung entsprechend (§ 18 Abs. 3 Satz 2 EStG); der Veräußerungsgewinn wird, soweit er hiernach nicht steuerfrei bleibt, mit den ermäßigten Sätzen des § 34 Abs. 1 EStG besteuert (§ 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG).

Der Begriff des selbständigen Teils des Vermögens i.S. des § 18 Abs. 3 Satz 1 EStG ist im Gesetz nicht näher definiert. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist er unter entsprechender Heranziehung der Voraussetzungen des Teilbetriebs i.S. des § 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu bestimmen (BFH-Beschluss vom 18. Oktober 1999 GrS 2/98, BFHE 189, 465, BStBl II 2000, 123). Danach ist ein Teilbetrieb ein organisch geschlossener, mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestatteter Teil eines Gesamtbetriebs, der ―für sich betrachtet― alle Merkmale eines Betriebs im Sinne des EStG aufweist und als solcher lebensfähig ist (ständige Rechtsprechung, vgl. nur BFH-Urteil vom 13. Februar 1996 VIII R 39/92, BFHE 180, 278, BStBl II 1996, 409, m.w.N.). Ob ein Betriebsteil die für die Annahme eines Teilbetriebs erforderliche Selbständigkeit besitzt, ist nach dem Gesamtbild der Verhältnisse ―beim Veräußerer― zu entscheiden (Senatsurteil vom 15. März 1984 IV R 189/81, BFHE 140, 563, BStBl II 1984, 486, und BFH-Urteil vom 13. Februar 1980 I R 14/77, BFHE 130, 384, BStBl II 1980, 498). Den Abgrenzungsmerkmalen ―z.B. räumliche Trennung vom Hauptbetrieb, gesonderte Buchführung, eigenes Personal, eigene Verwaltung, selbständige Organisation, eigenes Anlagevermögen, ungleichartige betriebliche Tätigkeit, eigener Kundenstamm― kommt je nachdem, ob es sich um einen Fertigungs-, Handels- oder Dienstleistungsbetrieb handelt, unterschiedliches Gewicht zu (vgl. z.B. Senatsurteile vom 24. August 1989 IV R 120/88, BFHE 158, 257, BStBl II 1990, 55, und in BFHE 140, 563, BStBl II 1984, 486, m.w.N.). Ein Dienstleistungsbetrieb ―so wie im Streitfall die Fahrschule― ist primär geprägt vom persönlichen Arbeitseinsatz des Betriebsinhabers oder seiner Beschäftigten und von den Beziehungen zur Kundschaft.

Weiter führt die Personenbezogenheit der selbständigen Arbeit dazu, dass nach der Rechtsprechung des Senats in Fällen, in denen ―wie im Streitfall― eine sachlich einheitliche Praxis mit gleichartiger Tätigkeit vorliegt, die Annahme einer Teilpraxisveräußerung i.S. des § 18 Abs. 3 EStG dann in Betracht kommt, wenn die Tätigkeit im Rahmen selbständiger Büros mit besonderem Personal, wobei die Büros sich nicht unbedingt an verschiedenen Orten befinden müssen, in voneinander entfernten örtlichen Wirkungsbereichen mit getrennten Kundenkreisen ausgeübt wird (Senatsurteile vom 8. Juni 2000 IV R 63/99, BFH/NV 2000, 1341; vom 6. März 1997 IV R 28/96, BFH/NV 1997, 746, und in BFHE 158, 257, BStBl II 1990, 55, jeweils m.w.N.). Eine steuerbegünstigte Teilpraxisveräußerung setzt dann die Veräußerung des einen Büros samt den Kundenbeziehungen und die völlige Einstellung der freiberuflichen Tätigkeit in dem dazugehörigen örtlich abgegrenzten Wirkungsbereich voraus. Die Einstellung der freiberuflichen Tätigkeit ist deshalb erforderlich, weil es gerade der eigene, von der übrigen Praxis abgegrenzte örtliche Wirkungsbereich ist, der dem organisatorisch selbständigen Büro trotz der sachlich einheitlichen freiberuflichen Praxis das Gepräge einer selbständigen Teilpraxis verleiht (vgl. insbesondere Senatsurteil in BFHE 158, 257, BStBl II 1990, 55, m.w. Rechtsprechungshinweisen).

So hat der Senat in der Entscheidung in BFHE 158, 257, BStBl II 1990, 55 (unter 2.a) bereits ausgeführt, dass bei einer Fahrschule der örtliche Wirkungsbereich wesentlich und entscheidend von der Lage der Räume bestimmt wird, in denen der theoretische Fahrunterricht erteilt wird und sich die Fahrschüler zum Unterricht anmelden. Denn jeweils dorthin müssen sich die Fahrschüler begeben, um sich verbindlich anzumelden und unterrichtet zu werden. Von dort aus treten sie auch ihre Übungsfahrten an. Danach hängt es wesentlich von der Lage dieser Räumlichkeiten ab, welche Personen als Fahrschüler in Betracht kommen. Hat eine Fahrschule mehrere Räumlichkeiten dieser Art an verschiedenen Orten, liegen hiernach selbständige örtliche Wirkungsbereiche vor, wenn diese Orte so weit voneinander entfernt sind, dass jedenfalls im Regelfall Einwohner des einen Ortes nur als Schüler des hier gelegenen Teils der Fahrschule, Einwohner des anderen Ortes nur als Schüler des dort gelegenen Teils der Fahrschule in Betracht kommen.

Unter Heranziehung und entsprechender Gewichtung dieser Abgrenzungsmerkmale ist nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu entscheiden, ob die Niederlassung in E einen eigenständigen Teilbetrieb darstellte, der steuerbegünstigt veräußert werden konnte.

2. a) Die Vorentscheidung weist bereits den Mangel auf, dass das FG den Inhalt des "Übergabevertrags" vom 28. November 1996 seiner Entscheidung nicht vollständig zugrunde gelegt hat. Mit diesem Vertrag verkaufte der Kläger nicht nur die Niederlassung in E zum 1. Januar 1997, sondern auch die Fahrschule in B zum 1. Juli 2000. Zu diesem zweiten Veräußerungsvorgang fehlen jegliche Feststellungen seitens des FG. So ist insbesondere nicht geklärt, ob der Kläger in einem einheitlichen Vertrag seinen gesamten Betrieb sukzessive veräußern wollte oder ob zuerst die Niederlassung in E als Teilbetrieb und anschließend die Fahrschule in B als verbleibender Betrieb veräußert werden sollte. Diese Feststellungen sind nun nachzuholen.

b) Ferner hat das FG die Grundsätze der BFH-Rechtsprechung nicht beachtet, soweit es allein aufgrund der Tatsache, dass bei der Veräußerung der Niederlassung in E nicht zumindest ein Schulungsfahrzeug mitveräußert wurde, eine steuerbegünstigte Teilbetriebsveräußerung verneint hat. Unter Zugrundelegung der oben (unter 1.) aufgezeigten Rechtsprechungsgrundsätze hätte das FG eine Gesamtwürdigung der Verhältnisse im Einzelfall durchführen müssen, um beurteilen zu können, ob es sich bei der Niederlassung in E um einen selbständigen und lebensfähigen Teilbetrieb handelte. Eine entsprechende Würdigung hat das FG aber unterlassen.

Jedenfalls kann die fehlende Zuordnung zumindest eines Schulungsfahrzeugs zu der Niederlassung in E im Zeitpunkt der Veräußerung nicht allein dafür ausschlaggebend sein, der Niederlassung eine gewisse Selbständigkeit und Lebensfähigkeit abzusprechen. Denn entgegen der Auffassung des FG gehört ein Schulungsfahrzeug nicht notwendig zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen einer Fahrschule.

aa) Die steuerbegünstigte Veräußerung eines selbständigen Teils des Vermögens gemäß § 18 Abs. 3 Satz 1 EStG setzt genauso wie eine Teilbetriebsveräußerung nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG voraus, dass alle wesentlichen Betriebsgrundlagen des Teilbetriebs in einem einheitlichen Vorgang veräußert werden. Zu den wesentlichen Grundlagen eines Betriebs oder Teilbetriebs gehören im Zusammenhang mit einer (Teil-)Betriebsveräußerung sowohl die Wirtschaftsgüter, die zur Erreichung des Betriebszwecks erforderlich sind und ein besonderes wirtschaftliches Gewicht für die Betriebsführung besitzen, als auch solche Wirtschaftsgüter, die funktional gesehen für den Betrieb oder Teilbetrieb nicht erforderlich sind, in denen aber erhebliche stille Reserven gebunden sind (vgl. Senatsurteil vom 2. Oktober 1997 IV R 84/96, BFHE 184, 425, BStBl II 1998, 104, und BFH-Urteil in BFHE 180, 278, BStBl II 1996, 409, jeweils m.w.N.). Diese Auslegung des Begriffs "wesentliche Betriebsgrundlage" im Rahmen des § 16 EStG kann mit dem Zweck der §§ 16, 18 Abs. 3, 34 EStG gerechtfertigt werden, der allein darin besteht, eine zusammengeballte Realisierung der über die Zeit entstandenen, gesammelten stillen Reserven nicht dem progressiven Einkommensteuertarif zu unterwerfen (BFH-Beschluss in BFHE 189, 465, BStBl II 2000, 123, unter C.V.1.c, m.w.N.). Unschädlich für die Annahme einer Tarifbegünstigung ist demnach nur die Zurückbehaltung von Wirtschaftsgütern, die nicht zugleich wesentliche Betriebsgrundlagen sind (BFH-Urteil vom 26. Mai 1993 X R 101/90, BFHE 171, 468, BStBl II 1993, 710, unter 2.b).

bb) Auch wenn funktional betrachtet die Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens in der Regel ―d.h., sofern sie nicht kurzfristig wieder beschafft werden können― wesentliche Betriebsgrundlagen sind (vgl. Nachweise in Schmidt/Wacker, Einkommensteuergesetz, 22. Aufl., 2003, § 16 Rz. 103), gilt dies im Streitfall nicht für das Wirtschaftsgut eines (PKW- oder Motorrad-)Schulungsfahrzeugs. Funktional betrachtet fällt den Schulungsfahrzeugen im Zusammenhang mit der Veräußerung der Niederlassung in E ein besonderes wirtschaftliches Gewicht nicht zu. Zwar ist dem FG in dem Punkt zuzustimmen, dass zumindest ein Schulungsfahrzeug erforderlich ist, um den praktischen Fahrunterricht durchführen und somit die Fahrschulniederlassung betreiben zu können. Zu Recht weist aber der Kläger darauf hin, dass im Falle einer steuerbegünstigten Teilbetriebsveräußerung nach §§ 18 Abs. 3, 16 EStG die Übertragung aller für den Betrieb notwendigen Wirtschaftsgüter auf den Erwerber nicht erforderlich ist. Vielmehr entspricht es dem Gesetzeszweck der §§ 18 Abs. 3, 16, 34 EStG, die Übertragung jener Wirtschaftsgüter zu fordern, die für den Betriebsinhaber wirtschaftlich besonders bedeutsam sind.

Dies ist hinsichtlich des Schulungsfahrzeugs hier nicht der Fall. Ein solches Fahrzeug wird sehr häufig beansprucht und weist deshalb grundsätzlich schon nach kurzer Zeit hohe Abnutzungserscheinungen auf. Daher müssen diese Fahrzeuge in der Regel oft ausgetauscht werden, so dass sie für den Betriebsinhaber wirtschaftlich nicht besonders bedeutsam sind. Nach dem unwidersprochenen Vorbringen des Klägers im finanzgerichtlichen Verfahren betragen die Kosten für die Umrüstung (hier) eines PKW als Schulungsfahrzeug zwischen 500 DM und 800 DM, so dass auch aus diesem Grund die Schulungsfahrzeuge kein besonderes wirtschaftliches Gewicht für das Betreiben der Fahrschule hatten (vgl. Senatsurteil vom 15. November 1984 IV R 139/81, BFHE 142, 464, BStBl II 1985, 205, zu Reitpferden einer Reitschule; vgl. zu einer Fahrschule: Urteil des FG Baden-Württemberg vom 15. April 1991 11 K 224/87, EFG 1991, 613, rkr.; Schmidt/ Wacker, a.a.O., § 16 Rz. 103; a.A. Stahl in Korn, Einkommensteuergesetz, § 16 Rz. 36, unter Stichwort "Fahrschule").

Dafür, dass über die Buchwerte hinaus in den nicht übertragenen Schulungsfahrzeugen erhebliche stille Reserven enthalten waren, ergibt sich aus den Feststellungen des FG nichts. Die nicht übertragenen Schulungsfahrzeuge können unter diesen Umständen nicht als wesentliche Grundlagen des Betriebsteils in E angesehen werden. Daher war es auch nicht erforderlich, die Schulungsfahrzeuge einem bestimmten Fahrschulteil zuzuordnen.

3. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG hat im zweiten Rechtszug in einem ersten Schritt zu prüfen, ob der Kläger in einem einheitlichen Vertrag seinen gesamten Betrieb veräußern wollte oder ob zuerst die Niederlassung in E als Teilbetrieb und später die Fahrschule in B als verbleibender Betrieb veräußert werden sollte. Falls das FG zu dem Ergebnis kommt, dass von einem einheitlichen Vertrag nicht auszugehen ist, muss in einem zweiten Schritt festgestellt werden, ob mit dem Vertrag vom 28. November 1996 überhaupt ein Teilbetrieb veräußert werden konnte. Dabei ist unter Heranziehung und Gewichtung der einzelnen, oben (unter 1.) genannten Abgrenzungsmerkmale und unter Berücksichtigung des Gesamtbildes der Verhältnisse zu entscheiden, ob die Niederlassung in E im Zeitpunkt der Veräußerung eine so gewichtige Selbständigkeit und Lebensfähigkeit aufwies, dass von einem eigenständigen Teilbetrieb auszugehen war.

Dabei hat das FG zu beachten, dass der Senat im (hier vorliegenden) Fall der Veräußerung eines selbständigen Teils des Vermögens i.S. des § 18 Abs. 3 Satz 1 EStG den persönlichen Arbeitseinsatz verbunden mit einem abgrenzbaren Kundenstamm sowie einen abgrenzbaren örtlichen Wirkungsbereich als gewichtige Indizien für das Vorliegen eines Teilbetriebs ansieht. Ist in der Entscheidung des erkennenden Senats in BFHE 158, 257, BStBl II 1990, 55 (unter 2.c) noch als wesentlich erachtet worden, dass dem dortigen Fahrschulteilbetrieb besonderes Personal für die berufstypische Tätigkeit zur Verfügung stand, so ist im Streitfall nicht entscheidend, ob ein Fahrlehrer ausschließlich der Niederlassung in E zugeteilt war. Im Falle der Ausübung einer freiberuflichen Tätigkeit i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG ―so wie im Streitfall durch den Kläger als Fahrlehrer― kann zwar Fachpersonal eingesetzt werden. Der Freiberufler muss aber nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG stets leitend und eigenverantwortlich tätig sein, um nicht als Gewerbetreibender zu gelten. Es würde daher zu einem Widerspruch führen, wenn Voraussetzung für die Annahme einer Teilpraxis die Zuordnung eines bestimmten Fahrlehrers zu der auswärtigen Niederlassung wäre.

Stellt schließlich das FG nach Würdigung des Gesamtbildes der Verhältnisse fest, dass die Niederlassung in E einen Teilbetrieb darstellte, der zum 1. Januar 1997 steuerbegünstigt veräußert wurde, ist im Hinblick auf die vereinbarte Veräußerung des verbleibenden Betriebs zum 1. Juli 2000 noch darauf hinzuweisen, dass der Kläger ―soweit er auch tatsächlich die Fahrschule in B zu diesem Zeitpunkt veräußerte― nur einmal den Freibetrag nach §§ 18 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. 16 Abs. 4 EStG in Anspruch nehmen kann. Denn aufgrund der Zeitspanne von 3 1/2 Jahren zwischen beiden Veräußerungen ist nicht davon auszugehen, dass die Niederlassung in E und die Fahrschule in B steuerrechtlich in einem einheitlichen Vorgang veräußert wurden. Der Freibetrag ist dem Kläger nämlich auch nach der für das Streitjahr geltenden Fassung des § 16 Abs. 4 Satz 2 EStG nur einmal zu gewähren.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1003706

BFH/NV 2003, 1631

BStBl II 2003, 838

BFHE 2004, 47

BFHE 203, 47

BB 2003, 2390

DB 2004, 118

DStRE 2003, 1380

HFR 2003, 1174

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