Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern

 

Leitsatz (amtlich)

Der Zwischenerwerb von Grundstücken durch eine Gemeinde, die diese Grundstücke tauschweise zum Erwerb von Bauland verwendet, ist nicht nach Art. 1 Ziff. 3 Buchstabe b des bayerischen Gesetzes über die Grunderwerbsteuerbefreiung für den sozialen Wohnungsbau vom 11. Februar 1954 von der Grunderwerbsteuer ausgenommen.

Bayerisches Gesetz über die Grunderwerbsteuerbefreiung für den sozialen Wohnungsbau vom 11.

 

Normenkette

GrESWGBY 1/3/b

 

Tatbestand

Die Beschwerdeführerin (Bfin.) erwarb durch notariell beurkundeten Kaufvertrag vom 16. März 1955 von den Eheleuten X. 0,0650 ha Krautgarten zum Kaufpreis von 573 DM.

Mit dem Streitfall hängen die weiteren Grundstücksumsätze zusammen:

Die Bfin. übertrug diesen Krautgarten zusammen mit anderen Krautgärten an Frau Y. im Tauschweg gegen überlassung von Bauland. Eine Bebauung der Krautgärten ist nicht vorgesehen.

Die Bfin. veräußerte das zu 1 bezeichnete Bauland im Rahmen des sozialen Wohnungsbaues an Interessenten.

Die Bfin. macht geltend, daß auf den Streitfall (Kaufvertrag vom 16. März 1955) die Steuerbefreiung des Art. 1 Ziff. 3 Buchst. b des bayerischen Gesetzes über die Grunderwerbsteuerbefreiung für den sozialen Wohnungsbau (GrESWG) vom 11. Februar 1954 (Gesetz- und Verordnungsblatt 1954 S. 38, Bundessteuerblatt - BStBl - 1954 II S. 39) anwendbar sei. Das Finanzamt hat die Anwendbarkeit der bezeichneten Befreiungsvorschrift verneint und die Bfin. unter Zugrundelegung der Gegenleistung von 573 DM zur Steuer herangezogen. Die mit Zustimmung des Vorstehers des Finanzamts eingelegte Sprungberufung ist als unbegründet zurückgewiesen worden.

Auch die wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Streitsache zugelassene Rechtsbeschwerde (Rb.) ist ohne Erfolg.

Nach Art. 1 Ziff. 3 Buchstabe b GrESWG ist unter anderem von der Besteuerung ausgenommen "der Erwerb eines Grundstücks, das von einer Gemeinde oder einem Gemeindeverband im Tauschwege gegen ein anderes Grundstück, dessen Erwerb nach den Vorschriften dieses Gesetzes begünstigt ist, hingegeben wird". Das Finanzgericht ist der Auffassung, daß die angeführte Befreiungsvorschrift nicht den hier in Betracht kommenden Erwerbsvorgang betrifft. Dem ist zuzustimmen. Die Befreiungsvorschrift des Art. 1 Ziff. 3 Buchstabe b GrESWG ist schon deshalb nicht anwendbar, weil kein Grundstückstauschvertrag, sondern ein Kaufvertrag vorliegt. Ist aber ein Tauschgrundstück nicht vorhanden, so ist auch dem weiteren Erfordernis der bezeichneten Vorschrift, daß der Erwerb des Tauschgrundstücks steuerbefreit sein muß, nicht genügt.

Die Bfin. ist in dieser Instanz gleichfalls nicht mehr der Meinung, daß die Befreiungsvorschrift des Art. 1 Ziff. 3 Buchstabe b GrESWG unmittelbar auf den Streitfall anwendbar ist. Sie macht jedoch geltend, daß eine Gesetzeslücke vorliegt. Es handle sich um ein Versehen des Gesetzgebers. Habe aber der Gesetzgeber einen bedeutsamen Tatbestand versehentlich nicht geregelt, so sei es die Aufgabe der Gerichte, diese Lücke unter Heranziehung von Sinn und Zweck des Gesetzes zu schließen.

 

Entscheidungsgründe

Dieser Auffassung kann nicht zugestimmt werden.

Die Schließung einer Gesetzeslücke im Weg der Rechtsprechung kommt nur in Betracht, wenn feststeht, daß eine solche wirklich vorhanden ist. Im Streitfall ist eine Gesetzeslücke nicht feststellbar. Die Befreiungstatbestände sind im Art. 1 des Gesetzes fest umrissen und von anderen Tatbeständen genau abgegrenzt. Umstände, die dafür sprechen, daß auch beabsichtigt war, die Fälle der vorliegenden Art (d. h. den Zwischenerwerb von Vorratsgelände durch Gemeinden) von der Steuer auszunehmen, sind nicht ersichtlich. Die Ausdehnung der Steuerbefreiung auf diese Fälle würde in Wirklichkeit nicht die Schließung einer Gesetzeslücke, sondern eine Erweiterung der Befreiungsvorschriften darstellen. Eine Erweiterung von Steuerbefreiungen ist nicht die Aufgabe der Rechtsprechung.

Die Rb. war somit als unbegründet zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 424030

BStBl III 1958, 229

BFHE 1958, 595

BFHE 66, 595

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Finance Office Professional. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge