Leitsatz (amtlich)

1. Das einmalige Entgelt, das der Eigentümer eines gewerblich genutzten Grundstücks für die Übernahme einer Baulast i. S. von § 106 der Landesbauordnung Schleswig-Holstein (GVBI Schleswig-Holstein 1967, 51) erhalten hat, darf nicht als passiver Rechnungsabgrenzungsposten ausgewiesen werden.

2. Eine Rückstellung für die sich aus der Übernahme der Baulast ergebende öffentlich-rechtliche Verpflichtung ist nicht zulässig.

 

Normenkette

EStG § 5 Abs. 3 Nr. 2; AktG § 152 Abs. 7, 9

 

Verfahrensgang

Schleswig-Holsteinisches FG

 

Tatbestand

Die Kläger und Reivisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die im Streitjahr 1973 zur Einkommensteuer zusammenveranlagt wurden. Der Kläger betreibt auf eigenen Grundstücken Parkhäuser. Er ermittelt seinen Gewinn aus Gewerbebetrieb nach § 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

In den Jahren seit 1972 schloß der Kläger mit Bauherren, die nach § 67 Abs. 2 der Landesbauordnung Schleswig-Holstein vom 9. Februar 1967 (Gesetz- und Verordnungsblatt -- GVBI -- Schleswig-Holstein 1967, 51) zur Herstellung von Stellplätzen für Kfz verpflichtet waren, Verträge mit folgendem Inhalt:

"Als Besitzer des Parkhauses... erklärt sich Herr... (Kläger) bereit, zu Gunsten des Grundstücks... für den Berechtigten in das Baulastenverzeichnis... des Grundbuches... für die Kfz-Boxen Nr... eine Baulast dahingehend eintragen zu lassen, daß die Boxen für den Berechtigten zur Nutzung bereitgestellt werden.

Wenn der Berechtigte die Boxen nutzt, hat er hierfür den im Parkhaus üblichen Mietpreis für vollwertige Tag- und Nachtboxen zur Zeit DM... pro Box und Monat zu zahlen. Sofern er die Plätze nicht nutzt, ist Herr... (Kläger) berechtigt, diese anderweitig, mit einer monatlichen Kündigungsfrist vom Ersten zum Letzten, zu vermieten. Dieses Recht gilt auch für etwaige Nachfolger im Eigentum des Parkhauses. Um eine rechtzeitige Freimachung der Boxen im Falle, daß der Berechtigte diese zu mieten wünscht, zu gewährleisten, muß der Berechtigte dies Herrn... (Kläger) rechtzeitig mitteilen (siehe obige Kündigungsfrist).

Der Berechtigte verpflichtet sich, seinem Rechtsnachfolger im Eigentum oder in der sonstigen Nutzung des berechtigten Grundstückes den Inhalt dieser Vereinbarung verbindlich bekannt zu geben.

Als Gegenleistung für die Eintragung in das Baulastenverzeichnis zahlt der Berechtigte gleichzeitig mit der rechtskräftigen Unterzeichnung des Eintragungsantrages durch Herrn... (Kläger) an diesen den Betrag von DM... Weitere Verpflichtungen außer den obengenannten entstehen für die Vertragspartner nicht."

Die einzelnen Baulasten wurden aufgrund der vom Kläger unterzeichneten Verpflichtungserklärungen in das beim Bauaufsichtsamt geführte Baulastenverzeichnis eingetragen.

Im Streitjahr vereinnahmte der Kläger aus den Vereinbarungen mit den Bauherren für acht Kfz-Stellplätze 36 600 DM. In seiner Bilanz auf den 31. Dezember 1973 behandelte er diese Zahlungen als nachträgliche Zuschüsse zu den Herstellungskosten des in 1965 fertiggestellten Parkhauses und minderte um diesen Betrag den Bilanzansatz.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --) setzte die Einkommensteuer 1973 nach § 100 Abs. 2 der Reichsabgabenordnung (AO) vorläufig fest. Im Anschluß an eine Betriebsprüfung sah das FA den Betrag von 36 600 DM als im Jahr der Zahlung zu versteuernde Betriebseinnahme an und erließ einen gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) geänderten Einkommensteuerbescheid.

Mit ihrer Sprungklage begehrten die Kläger, die vereinbarten Ablösungsbeträge von 36 600 DM nur in Höhe eines Teilbetrags von 1 464 DM (=4%) als Betriebseinnahme des Streitjahrs anzusetzen und wegen des verbleibenden Betrags gemäß § 5 Abs. 3 Nr. 2 EStG einen passiven Abgrenzungsposten zu bilden.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage ab. Es ging davon aus, daß die Ablösungsbeträge nicht für eine dauernde Nutzungsüberlassung von Kfz-Stellplätzen gezahlt worden seien. Vielmehr seien die strittigen Beträge als Entgelt sowohl für die Übernahme der öffentlich-rechtlichen Baulast als auch für die Verschaffung des Rechts auf den Abschluß von Mietverträgen gezahlt worden. In einem solchen Fall richte sich die steuerliche Behandlung nach dem Teil der Leistung, der der Gesamtleistung das Gepräge gebe (Urteil des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 26. August 1975 VIII R 167/71, BFHE 116, 550, BStBl II 1976, 62). Eine Aufteilung des Entgelts im Wege der Schätzung sei nicht möglich. Im Streitfall habe die Hauptleistung des Klägers darin bestanden, die Bauherren von der öffentlich-rechtlichen Verpflichtung zur Herstellung von Kfz-Einstellplätzen zu befreien. Zwar habe der Kläger den Bauherren zugleich das Recht zum Abschluß von Mietverträgen hinsichtlich der entsprechenden Zahl von Kfz-Stellplätzen eingeräumt. Dabei handele es sich aber nur um eine Nebenleistung, die wirtschaftlich nicht ins Gewicht falle.

Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung der §§ 4 Abs. 1, 5 EStG. Sie meinen, das FG habe die strittigen Ablösungsbeträge zu Unrecht in voller Höhe als Ertrag des Streitjahrs behandelt. Tatsächlich stellten diese Beträge die Gegenleistung für das Recht zur Nutzung der Kfz-Stellplätze in künftigen Jahren dar. Das ergebe sich bereits aus den §§ 67, 106 der Landesbauordnung Schleswig-Holstein. Zweck dieser Vorschriften sei es, ein dauerndes Nutzungsrecht der Bauherren an den betreffenden Stellplätzen zu begründen. Die öffentlich-rechtliche Baulast entspreche der privatrechtlichen Grunddienstbarkeit. Das Entgelt für die Einräumung einer Grunddienstbarkeit habe der BFH zu Recht als Einnahme behandelt, die im wesentlichen den Ertrag künftiger Jahre bilde und für die deshalb ein passiver Rechnungsabgrenzungsposten zu bilden sei (vgl. Urteil vom 17. Oktober 1968 IV 84/65, BFHE 94, 369, BStBl II 1969, 180). Für die entgeltliche Übernahme einer öffentlich-rechtlichen Baulast könne nichts anderes gelten. Entsprechend den Grundsätzen des Urteils in BFHE 94, 369, BStBl II 1969, 180 seien die strittigen Einnahmen auf einen Zeitraum von 25 Jahren zu verteilen.

Die Kläger machen hilfsweise geltend, die Passivierung des strittigen Betrages sei jedenfalls unter dem Gesichtspunkt einer Rückstellung geboten. Die Übernahme der Baulasten wirke sich auf den Ertrag späterer Jahre ungünstig aus. Der Kläger sei aufgrund der eingegangenen Verpflichtungen nicht in der Lage, die Stellplätze langfristig an Dritte zu Vermieten. Darüber hinaus sei er gezwungen, künftig zusätzliches Personal einzustellen, um die Einstellplätze für die Berechtigten freizuhalten.

Die Kläger beantragen sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben und den geänderten Einkommensteuerbescheid 1973 dahingehend zu ändern, daß die im Streitjahr vereinnahmten Entgelte in Höhe von 36 600 DM bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb lediglich mit einem Teilbetrag von 1 464 DM (4%) berücksichtigt werden.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

1. Das FG hat im Ergebnis zu Recht die Voraussetzungen für die Bildung eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens verneint.

a) Das FG ist ohne Rechtsfehler davon ausgegangen, daß die Ablösungsbeträge nicht als Entgelt für eine dauernde Nutzungsüberlassung der Stellplätze gezahlt wurden.

Bei der Auslegung der Ablösungsverträge hatte das FG zunächst den Wortlaut der Vereinbarungen zu beachten. Danach wurde das von den Bauherren zu entrichtende Entgelt "als Gegenleistung für die Eintragung in das Baulastenverzeichnis" gezahlt. Außerdem wurde eine Nutzung der in den Verträgen bezeichneten Stellplätze durch die Bauherren ausdrücklich von dem Zustandekommen eines Mietvertrages zu den üblichen Bedingungen abhängig gemacht. Außerhalb des Vertragstextes liegende Umstände, die darauf hindeuten könnten, daß der im Vertrag zum Ausdruck gekommene Wille nicht dem wirklichen Willen der Vertragspartner entsprach, sind hier nicht ersichtlich. Vielmehr hat das FG aus den Begleitumständen beim Zustandekommen der Ablösungsverträge zu Recht den Schluß gezogen, daß es den Vertragspartnern des Klägers entscheidend auf die Übernahme der öffentlich-rechtlichen Baulast ankam und daß das vereinbarte Entgelt überwiegend für diese Leistung des Klägers gezahlt wurde.

b) Nach der für das Streitjahr anzuwendenden Vorschrift des § 5 Abs. 3 Nr. 2 EStG 1971 sind auf der Passivseite Einnahmen vor dem Abschlußstichtag anzusetzen, die Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Tag darstellen (ebenso § 152 Abs. 9 des Aktiengesetzes --AktG -- 1965). Nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift setzt der Rechnungsabgrenzungsposten grundsätzlich voraus, daß einer Vorleistung des einen Vertragsteils eine noch nicht erbrachte zeitbezogene Gegenleistung des anderen Vertragsteils gegenübersteht (vgl. BFH-Urteile vom 7. März 1973 I R 48/69, BFHE 109, 172, BStBl II 1973, 565; vom 11. Juli 1973 I R 140/71, BFHE 110, 248, BStBl II 1973, 840; vom 17. Juli 1974 I R 195/72, BFHE 113, 115, BStBl II 1974, 684; vom 4. März 1976 IV R 78/72, BFHE 121, 318, BStBl II 1977, 380, und vom 26. Juni 1979 VIII R 145/78, BFHE 128, 243, BStBl II 1979, 625). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt.

aa) Soweit die Ablösungsbeträge für die übernahme der öffentlich-rechtlichen Baulast gezahlt wurden, kommt die Bildung eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens schon deshalb nicht in Betracht, weil es sich insoweit nicht um das Entgelt für eine noch ausstehende Gegenleistung des Klägers handelt. Der Kläger hat diese Verpflichtung mit der Abgabe der entsprechenden öffentlich-rechtlichen Willenserklärung gegenüber der Baubehörde erfüllt. Es fehlt insoweit an einer zeitbezogenen Leistung.

Entgegen der Ansicht der Kläger steht die Verpflichtung zur übernahme einer öffentlich-rechtlichen Baulast der Bestellung einer privatrechtlichen Grunddienstbarkeit (vgl. § 1018 des Bürgerlichen Gesetzbuches -- BGB --) wirtschaftlich nicht gleich. Rechtsgrundlage für die Übernahme der Baulast ist im Streitfall § 106 der Landesbauordnung Schleswig-Holstein. Danach sind Baulasten freiwillig übernommene öffentlich-rechtliche Verpflichtungen von Grundstückseigentümern gegenüber der Baubehörde zu einem ihr Grundstück betreffenden Tun, Dulden oder Unterlassen, das sich nicht schon aus öffentlich-rechtlichen Vorschriften ergibt. Grundlage der Baulast und ihre Entstehungsvoraussetzung ist somit die einseitige und unwiderrufliche Verpflichtungserklärung des Grundstückseigentümers. Der Eintragung der Baulast in das Baulastenverzeichnis kommt demgegenüber nur deklaratorische Bedeutung zu (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs -- BGH -- vom 9. Januar 1981 V ZR 58/79, Neue Juristische Wochenschrift -- NJW -- 1981, 980, 982 m. w. N.). Der durch die Baulast begründeten öffentlich-rechtlichen Verpflichtung (gegenüber der Baubehörde) steht kein obligatorisches oder dingliches Nutzungsrecht der begünstigten Grundstückseigentümer gegenüber (h. M.: vgl. BFHE 116, 550, BStBl II 1976, 62; Thiel/Rößler/Schumacher/Dittus/Klose, Baurecht in Nordrhein-Westfalen, Kommentar zur Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen, Anm. 2 zu § 99; Füsslein in Deutsches Verwaltungsblatt -- DVBI -- 1965, 270, 271; Krawietz in DVBI 1973, 605, 615).

Die Kläger können sich deshalb nicht auf das Urteil in BFHE 94, 369, BStBl II 1969, 180 berufen. Die mit der öffentlich-rechtlichen Erklärung gegenüber der Baubehörde eingegangene Verpflichtung des Klägers, eine Teilfläche seines Grundstücks ohne zeitliche Begrenzung als Einstellplatz für Kfz nutzen zu lassen, ist keine Leistung des Klägers an den anderen Vertragsteil, sondern Leistung an einen Dritten (die Baubehörde), die einen Rechnungsabgrenzungsposten nicht rechtfertigt (Urteil in BFHE 128, 243, 246, BStBl II 1979, 625 m. w. N.).

Der Kläger macht zu Unrecht geltend, es sei lebensfremd anzunehmen, daß er die Ablösungsbeträge hauptsächlich für die Abgabe einer öffentlich-rechtlichen Willenserklärung erhalten habe. Das FG hat zutreffend darauf hingewiesen, daß ein erhebliches wirtschaftliches Interesse der Bauherren an der Übernahme der Baulast bestand, und zwar unabhängig von dem zugleich erlangten Recht, die in den Verträgen bezeichneten Stellplätze zu mieten. Denn erst durch die Übernahme der Baulast wurde die Voraussetzung für die Erteilung eines Dispenses von der grundsätzlich bestehenden Verpflichtung zur Errichtung von Stellplätzen auf dem Baugrundstück (vgl. § 67 Abs. 6 Nr. 1 Satz 1 der Landesbauordnung Schleswig-Holstein) geschaffen (Krawietz, DVBI 1973, 609). Die Übernahme der Baulast durch den Kläger ermöglichte den Bauherren somit eine bessere bauliche Ausnutzung ihrer. Grundstücke (vgl. BFH-Urteil vom 27. Mai 1964 IV 149/62 S. BFHE 80, 5, BStBl III 1964, 477).

bb) Auch soweit ein Teil des vereinbarten Entgelts für die Einräumung des zeitlich nicht begrenzten Rechts, den Abschluß eines Mietvertrages zu verlangen, gezahlt wurde, kommt die Passivierung eines Rechnungsabgrenzungspostens nicht in Betracht.

Das FG hat nicht geprüft, ob die Voraussetzungen des § 5 Abs. 3 Nr. 2 EStG hinsichtlich dieser Leistung erfüllt sind. Es hat sich an einer Prüfung dieser Frage zu Unrecht durch das Senatsurteil in BFHE 116, 550, BStBl II 1976, 62 gehindert gesehen. Der Senat hat in der genannten Entscheidung ausgeführt, daß sich die steuerliche Zuordnung einer Einnahme zu einer von mehreren in Betracht kommenden Einkunftsarten nach dem Teil der Leistung des Steuerpflichtigen richtet, der der Gesamtleistung das Gepräge gibt. Diese Aussage kann nicht verallgemeinert werden. Handelt es sich -- wie im Streitfall -- um die Frage, ob im Rahmen von Gewinneinkünften ein Teil des vereinbarten Gesamtentgelts Gegenleistung für eine noch nicht erbrachte Leistung des Steuerpflichtigen ist, so ist das auf diese Leistung entfallende Entgelt gegebenenfalls im Schätzungswege zu ermitteln (vgl. BFH-Urteil vom 24. März 1982 IV R 96/78, BFHE 135, 483, BStBl II 1982, 643). Im Streitfall ist eine Aufteilung des Gesamtentgelts nicht erforderlich, weil die Voraussetzungen für die Bildung eines Rechnungsabgrenzungspostens auch hinsichtlich des Entgelts für die Nebenleistung nicht erfüllt sind.

Dabei kann dahinstehen, ob die Vereinbarungen mit den Bauherren insoweit bürgerlich-rechtlich als Vorverträge oder als Optionsverträge zu beurteilen sind (vgl. zur Abgrenzung beider Vertragstypen: Larenz, Schuldrecht I, 13. Aufl., I § 7; Henrich, Vorvertrag, Optionsvertrag, Vorrechtsvertrag, 1965, S. 232 ff.). Handelt es sich um einen Optionsvertrag, so kann der Berechtigte durch Ausübung seines Optionsrechts, also durch einseitige Erklärung, den Mietvertrag zustande bringen; handelt es sich um einen Vorvertrag, so erwirbt er lediglich das Recht, vom Kläger den Abschluß eines Mietvertrages zu verlangen. In beiden Fällen stellt das Entgelt für die Einräumung dieses Rechts wirtschaftlich die Gegenleistung für die immerwährende einseitige Gebundenheit des Klägers und die damit verbundenen wirtschaftlichen Nachteile und Risiken dar (vgl. Georgiades in Festschrift für Karl Larenz, 1973, S. 409, 432). Es handelt sich also um Einnahmen, die wirtschaftlich im wesentlichen den Ertrag künftiger Jahre bilden. Nach § 5 Abs. 3 Nr. 2 EStG dürfen passive Rechnungsabgrenzungsposten jedoch nur für solche Einnahmen gebildet werden, die Ertrag für eine bestimmte Zeit nach dem Bilanzstichtag darstellen. Eine bestimmte Zeit in diesem Sinne ist grundsätzlich ein kalendermäßig festgelegter oder doch berechenbarer Zeitraum. Für die Beurteilung, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist auf das einzelne Vertragsverhältnis abzustellen (Urteil in BFHE 109, 172, BStBl II 1973, 565).

Der I. Senat des BFH hat die Bildung eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens für eine Entschädigung, durch die eine zeitlich unbefristete Verpflichtung zur Unterlassung von Wettbewerb abgegolten wurde, mit der Begründung abgelehnt, es fehle an dem Erfordernis einer bestimmten Zeit (Urteil vom 26. Mai 1965 I 84/63 U. BFHE 82, 645, BStBl III 1965, 480). Demgegenüber hat der IV. Senat des BFH in einer neueren Entscheidung eine zeitlich nicht begrenzte (immerwährende) Verpflichtung zur Duldung einer Ferngasleitung genügen lassen, um einen passiven Rechnungsabgrenzungsposten für das empfangene Entgelt zu fordern (vgl. Urteil in BFHE 135, 483, BStBl II 1982, 643). Der erkennende Senat läßt offen, ob er der Auffassung des IV. Senats folgen könnte. Im Streitfall bedarf es keiner abschließenden Entscheidung der Frage, ob bei einer zeitlich nicht begrenzten Verpflichtung noch von einer "bestimmten Zeit" i. S. des § 5 Abs. 3 EStG gesprochen werden kann. Bei dem hier zu beurteilenden Sachverhalt kann jedenfalls -- bezogen auf den einzelnen Vertrag -- nicht mit hinreichender Bestimmtheit festgestellt werden, für welchen Zeitraum das Entgelt geleistet worden ist. Denn nach den vertraglichen Vereinbarungen ist nicht voraussehbar, ob und gegebenenfalls wann die einzelnen Bauherren von ihrem Recht auf Abschluß eines Mietvertrages Gebrauch machen werden. Eine Zeitbestimmung ist deshalb nicht möglich.

2. Der begehrte Passivposten ist auch nicht als Rückstellung gerechtfertigt.

Rückstellungen können nur gebildet werden für ungewisse Verbindlichkeiten, für drohende Verluste aus einem schwebenden Geschäft und in beschränktem Umfang für bestimmte Betriebslasten, die nicht Verbindlichkeiten im Rechtssinn sind (vgl. § 152 Abs. 7 AktG 1965, § 5 EStG). Keine dieser Voraussetzungen ist im Streitfall erfüllt.

a) Für die öffentlich-rechtliche Verpflichtung des Klägers, die Nutzung bestimmter Kfz-Stellplätze auf seinem Grundstück durch die von der Baulast begünstigten Grundstückseigentümer zu dulden, darf eine Rückstellung nicht gebildet werden. Zwar kann auch eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung Grundlage einer Rückstellung sein (vgl. BFH-Urteile vom 26. Oktober 1977 I R 148/75 und I R 124/76, BFHE 123, 547 und 551, BStBl II 1978, 97 und 99; vom 20. März 1980 IV R 89/79, BFHE 130, 165, BStBl II 1980, 297); sie muß jedoch genügend konkretisiert sein. Dazu bedarf es nicht unbedingt einer Verfügung oder Auflage der zuständigen Behörde. Ergibt sich die Verpflichtung aus einem Gesetz, so reicht es aus, wenn dieses ein inhaltlich genau bestimmtes Handeln innerhalb eines bestimmten Zeitraums vorschreibt und wenn an die Verletzung der öffentlich-rechtlichen Verpflichtung Sanktionen geknüpft sind (BFHE 123, 547 und 551, BStBl II 1978, 97 und 99; BHFE 130, 165, BStBl II 1980, 297). Entsprechendes gilt, wenn die Verpflichtung -- wie hier -- auf einer öffentlich-rechtlichen Willenserklärung des Verpflichteten beruht.

Im Streitfall ist die Verpflichtung des Klägers aus der Übernahme der Baulast in zeitlicher Hinsicht nicht ausreichend bestimmt. Der Senat nimmt insoweit Bezug auf die Ausführungen oben unter 1. b) bb). Dabei ist zu berücksichtigen, daß zwischen der öffentlich-rechtlichen Baulast und der ihr zugrunde liegenden privatrechtlichen Vereinbarung -- ungeachtet ihrer rechtlichen Selbständigkeit -- ein enger sachlicher Zusammenhang besteht: Solange die Vertragspartner des Klägers von ihrem Recht, den Abschluß eines Mietvertrages zu verlangen, keinen Gebrauch machen, mußder Kläger auch nicht damit rechnen, von der Baubehörde auf Erfüllung der sich aus der Baulast ergebenden Leistungspflichten in Anspruch genommen zu werden.

b) Entgegen der Ansicht der Kläger ist die Bildung einer Rückstellung auch nicht deshalb zulässig und geboten, weil sich die Übernahme der Baulast und die Einräumung des unbefristeten Rechts auf den Abschluß von Mietverträgen möglicherweise ungünstig auf den Ertrag späterer Jahre auswirken. Eine Rückstellung für die mit den Ablösungsverträgen verbundenen wirtschaftlichen Risiken und Kosten kann nicht mit der Begründung gerechtfertigt werden, die künftigen Ausgaben seien wirtschaftlich als Aufwand des abgelaufenen Geschäftsjahres anzusehen. Eine allgemein umschriebene Rückstellung für künftige Ausgaben (sog. Aufwandsrückstellung) ist dem geltenden Recht fremd. Der Gesetzgeber hat sie im Zuge der Aktienrechtsreform ausdrücklich abgelehnt (vgl. § 152 Abs. 7 Satz 3 AktG 1965; Urteil in BFHE 113, 115, BStBl II 1974, 684).

3. FA und FG sind auch zu Recht davon ausgegangen, daß die vom Kläger vereinnahmten Ablösungsbeträge keine Zuschüsse zu den Herstellungskosten der Parkhäuser sind. Zahlungen Dritter mindern die Anschaffungs- oder Herstellungskosten jedenfalls dann nicht, wenn sie -- wie hier -- als Entgelt für eine Leistung des Zuschußempfängers anzusehen sind. In einem solchen Fall steht dem "Zuschuß" eine Verpflichtung des Zuschußempfängers gegenüber, eine Minderung seiner Belastung durch Herstellungskosten tritt nicht ein (BFH-Urteil vom 28. Oktober 1980 VIII R 34/76, BFHE 132, 41, BStBl II 1981, 161).

 

Fundstellen

Haufe-Index 74677

BStBl II 1983, 572

BFHE 1983, 443

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