Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Der Erbe kann Aufwendungen für Reparaturen an einem geerbten Grundstück nach den gleichen Grundsätzen als Erhaltungsaufwand behandeln wie der Erblasser.

Erwirbt ein Miteigentümer eines Grundstücks die Anteile der anderen Miteigentümer entgeltlich, so können die Aufwendungen für Reparaturen, soweit sie auf die entgeltlich erworbenen Anteile entfallen, als nachträgliche Anschaffungskosten zu beurteilen sein.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 4, § 6/1/1

 

Tatbestand

Der Bf. hat im Streitjahr an einem Grundstück Reparaturarbeiten für 36 969 DM ausführen lassen. Streitig ist in der Rb. noch, ob die Aufwendungen für den Wohnungsanteil des Grundstücks in Höhe von 13 720 DM als Anschaffungskosten zu aktivieren oder als Erhaltungsaufwendungen sofort als Betriebsausgaben absetzbar sind. Das Grundstück, das teilweise für eigene betriebliche, teilweise für eigene und fremde Wohnzwecke benutzt wird, gehört zum Betriebsvermögen des Bf.

Das Grundstück stammt aus dem Nachlaß des am 31. Juli 1944 verstorbenen Vaters des Bf. Mit Rücksicht auf die ungeklärten Erbverhältnisse einigten sich die gesetzlichen Erben des Verstorbenen mit Erbauseinandersetzungsvertrag vom 22. Mai 1947 dahin, daß der Bf. und seine Ehefrau zu insgesamt 1/3, die übrigen Erben - unter Ausschluß eines Erbstrangs - zu 2/3 Miteigentümer des Grundstücks wurden. In den Jahren 1950 bis 1952 hat der Bf. die restlichen Eigentumsanteile von den Miteigentümern zu dem als angemessen angesehenen Preis von insgesamt 37 000 DM und unter übernahme des Lastenausgleichs erworben. Der Bf. hatte von Anfang an die Verwaltung des Grundstücks, führte darin sein Geschäft und wohnte auch in dem Grundstück.

Finanzamt und Finanzgericht lehnten den Abzug der fraglichen Aufwendungen als Betriebsausgaben des Streitjahres ab - neben weiteren, die der Bf. zur Modernisierung des im Grundstück befindlichen Ladens gemacht hatte. Das Finanzgericht stützt sich hierbei im wesentlichen auf die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs und des Bundesfinanzhofs, wonach Reparaturaufwendungen größeren Umfangs, die der Erwerber eines Hausgrundstücks in wirtschaftlichem Zusammenhang mit dem Erwerbsvorgang mache, den Anschaffungskosten des Grundstücks zuzurechnen seien. Im Streitfall seien die Voraussetzungen hierfür auch hinsichtlich der streitigen Wohnungsreparaturen erfüllt. Der Bf. habe das Grundstück im wesentlichen käuflich von den Miterben erworben, wobei für die Frage des wirtschaftlichen Zusammenhangs der Reparaturaufwendungen des Streitjahres mit dem Erwerbsvorgang vom Zeitpunkt des Erwerbs des letzten Miteigentumsanteils am 12. November 1952 auszugehen sei. Zwischen diesem Erwerb und den Reparaturen liege nur eine Zeitspanne von etwa 2 1/2 Jahren, wodurch der wirtschaftliche Zusammenhang der Reparaturen mit dem Erwerb noch nicht unterbrochen sei. Der Bf. habe den Kaufpreis an die Miteigentümer auch nach dem schlechten Bauzustand des Grundstücks bemessen und die späteren Reparaturen beim Ansatz des zu zahlenden Kaufpreises berücksichtigt, diesen also entsprechend niedriger festgesetzt. Der Bf. habe das Haus bewohnt und genau gekannt. Daß der Bf. den schlechten Bauzustand des Hauses bei der Kaufpreisbemessung tatsächlich berücksichtigt habe, ergebe sich auch daraus, daß der tatsächliche Kaufpreis noch unter dem damaligen Einheitswert des Grundstücks gelegen habe. Selbst wenn man die Belastung durch den vom Bf. übernommenen Lastenausgleich zum Kaufpreis hinzurechne, ergebe sich, daß der Bf. die letzten 4/6 Miteigentumsanteile mit einem anteiligen Einheitswert von 40 200 DM für rund 54 000 DM (37 000 DM Barzahlung zuzüglich 2/3 Lastenausgleich von 25 000 = 16 667 DM) erworben habe.

Wenn der Bf. geltend mache, er habe das Grundstück im Erbwege nach seinem verstorbenen Vater erworben, für den Erben aber gälten die Grundsätze über die Behandlung der in wirtschaftlichem Zusammenhang mit dem Erwerbsvorgang aufgewendeten Reparaturkosten als nachträgliche Anschaffungskosten nicht, so könne dem nicht gefolgt werden. Der Bf. sei von der Erbfolge ausgeschlossen gewesen. Wenn er nach dem Erbauseinandersetzungsvertrag vom 22. Mai 1947 zusammen mit seiner Frau 1/3 Miteigentumsanteil an dem Hausgrundstück erhalten habe, so liege kein Erwerb im Erbweg, sondern ein solcher von den Erben vor. Als Gegenleistung habe die Ehefrau des Bf. auf ihr zustehende Grundschulden verzichtet; für den Bf. selbst habe die Einräumung eines Miteigentumsanteils die Abfindung seiner Pflichtteilsansprüche bedeutet. Der Bf. habe also seinen Miteigentumsanteil sowie den seiner Frau ebenfalls entgeltlich erworben.

Schließlich handele es sich bei den fraglichen Reparaturaufwendungen auch um solche, die gegenüber dem bezahlten Kaufpreis ins Gewicht fielen.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. führt zur Aufhebung der Vorentscheidung

Die Rechtsgrundsätze des Finanzgerichts über die Behandlung größerer Reparaturaufwendungen nach Erwerb eines Hausgrundstücks sind zutreffend. Insbesondere ist der Einwand der Rb. unbeachtlich, der Bf. habe entgegen der Annahme des Finanzgerichts den Kaufpreis für das Grundstück nicht im Hinblick auf einen schlechten Bauzustand niedriger bemessen. Hierauf kommt es nicht an. Entscheidend ist vielmehr, daß die Reparaturaufwendungen im Verhältnis zum Kaufpreis nicht unerheblich sind und daß sie objektiv in wirtschaftlichem Zusammenhang mit dem Erwerbsvorgang stehen (vgl. insbesondere Urteil des Bundesfinanzhofs VI 26/55 U vom 12. Dezember 1956, BStBl 1957 III S. 36, Slg. Bd. 64 S. 92). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Hieran kann bei dem Gesamtaufwand von 36 969 DM, der dem Bf. im Streitjahr für Modernisierung und Reparaturen entstanden ist und von dem streitigen 13 720 DM nur einen Teilbetrag darstellen, kein Zweifel sein. Es ist auch richtig, wenn das Finanzgericht für die Frage nach dem zeitlichen und damit wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen Reparatur und Grundstückserwerb vom Zeitpunkt des Erwerbs des letzten Bruchteils am 12. November 1952 ausgeht. Zutreffend hat das Finanzgericht festgestellt, daß der Bf. von vornherein nach einem einheitlichen Gesamtplan beabsichtigt habe, das Grundstück durch allmählichen Erwerb der weiteren Bruchteile ganz in seine Hand zu bekommen. Diese Feststellung des Finanzgerichts wird in der Rb. nicht nur nicht bestritten, sondern ausdrücklich mit der Maßgabe bestätigt, über den übergang des ganzen Grundstücks auf den Bf. habe von vornherein Einigkeit zwischen sämtlichen Beteiligten bestanden, da der Bf. das Grundstück geschäftlich nutze und auch darin wohne. Dann aber liegt ein einheitliches, sich über mehrere Jahre hinziehendes Anschaffungsgeschäft vor, das erst am 12. November 1952 endgültig vollendet worden ist. Auf diesen Zeitpunkt kommt es daher an.

Mit der Rb. wird jedoch - wie auch schon in der Vorinstanz - noch eingewendet, der Bf. habe einen Bruchteil des Grundstücks als Erbe erworben. Trifft das zu, so müssen die Reparaturaufwendungen wenigstens teilweise als Erhaltungsaufwand anerkannt werden. Im Erbauseinandersetzungsvertrag vom 22. Mai 1947 sind die Miterben nach dem verstorbenen Vater des Bf. übereingekommen, diesen trotz letztwilligen Erbfolgeausschlusses als zu 1/4 beteiligten Miterben anzusehen. Der Senat trägt keine Bedenken, hiernach den Bf. insoweit als Miterben anzusehen, zumal dieses seinerzeitige übereinkommen der gesetzlichen Erben, zu denen der Bf. unstreitig gehörte, das Ergebnis langwieriger Verhandlungen war, um Streitigkeiten beizulegen, die durch letztwillige Verfügung des Erblassers unter den Erben eingetreten waren, nachdem der Bf. das väterliche Testament angefochten hatte. Der Bf. ist daher mindestens zu 1/4 im Erbweg Miteigentümer des fraglichen Grundstücks geworden (vgl. auch Urteil des Bundesfinanzhofs VI 166/56 U vom 6. Dezember 1957, BStBl 1958 III S. 33, Slg. Bd. 66 S. 82). Als Erbe aber tritt er in die Rechtsstellung des Erblassers ein, so daß er Aufwendungen, die bei dem letzteren Reparaturaufwendungen und damit Erhaltungsaufwand darstellen würden, ebenfalls als Erhaltungsaufwand abziehen kann. Dieser erste Teilerwerb durch Erbfolge bewirkt, daß er dem Bf. nicht als Anschaffungsvorgang angerechnet werden kann. Dann greift aber der Gedanke eines von vornherein geplanten, sich über einen längeren Zeitraum hinziehenden Anschaffungsgeschäfts nicht Platz. Mit Rücksicht darauf, daß der Bf. im Erbauseinandersetzungsvertrag vom 22. Mai 1947 aber nicht nur zu 1/4, sondern zu 1/3 Bruchteilseigentümer - zusammen mit seiner Frau - geworden ist, trägt der Senat keine Bedenken, davon auszugehen, daß nur der Erwerb der restlichen 2/3 Miteigentum in den Jahren 1950 bis 1952 als planmäßiger, einheitlicher Erwerbsvorgang angesehen werden kann. Im Verhältnis zu ihm sind die fraglichen Reparaturkosten zu betrachten. Hierbei aber ergibt sich, daß nur 2/3 dieser Kosten mit dem Erwerbsvorgang in ursächlichem wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Das andere Drittel belastet den Bf. als bisherigen langjährigen Miteigentümer. Er hätte, wenn die Grundstücksgemeinschaft so wie seit 1947 auch 1955 noch bestanden hätte, gemäß § 748 BGB 1/3 der Reparaturkosten als seinem Anteil entsprechend ohnehin tragen müssen. Sie wären in dieser Höhe sofort abziehbarer Erhaltungsaufwand gewesen. Für diesen Teil der Gesamtreparaturen ändert sich die Rechtslage nicht dadurch, daß der Bf. weitere Miteigentumsanteile erworben hat. Hierdurch wird nur die Beurteilung des Teils der Reparaturaufwendungen berührt, der den hinzuerworbenen Bruchteilen entspricht. Insoweit aber sind nachträgliche Anschaffungskosten anzunehmen.

Es sei noch darauf hingewiesen, daß die getrennte Beurteilung des hier streitigen Betrages von 13 720 DM gegenüber den übrigen Beträgen, insbesondere dem Betrag für die Ladenmodernisierung und für die Verlegung des Eingangs, rechtlich einwandfrei ist. Die Aufwendungen sind an räumlich nicht in Zusammenhang stehenden Grundstücksteilen entstanden (vgl. hierzu Urteil des Bundesfinanzhofs VI 100/59 U vom 14. Oktober 1960, BStBl 1960 III S. 493, Slg. Bd. 71 S. 653).

 

Fundstellen

Haufe-Index 410008

BStBl III 1961, 458

BFHE 1962, 528

BFHE 73, 528

BB 1961, 1116

DB 1961, 1342

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